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Kamm
Der Kamm ist das älteste und am längsten in Benutzung stehende Werkzeug zur Körperpflege. Mit seiner Hilfe können Haare in eine Richtung ausgerichtet und Verschmutzungen beseitigt werden. Ein Kamm besteht aus einem Griffteil sowie einer unterschiedlich großen Anzahl mehr oder weniger feiner Zähne, den Zinken. Auch zum Befestigen von Haaren können Kämme genutzt werden.[1]
Materialien
In den Anfängen wurden Kämme aus Elfenbein, Panzer von Schildkröten, Knochen oder Holz gefertigt. Später verwendete man dann auch Metall (Bronze), Horn, Geweih oder andere Materialien. Heutzutage werden die modernen Kämme meist aus Kunststoff, rostfreiem Edelstahl, Silikon oder Hartgummi hergestellt.
Kulturgeschichte
Ein Kamm aus dem 3. Jahrhundert wurde vor einigen Jahren in Frienstedt in Thüringen entdeckt. Der aus Hirschgeweih geschnitzte 12,5 cm lange Kamm trägt als älteste deutsche Runeninschrift das Wort kaba für „Kamm“.
Mythologisch gesehen ist der Kamm ein sehr weibliches Symbol. In antiker Zeit wurden vor allem Wasserwesen mit Kämmen in Verbindung gebracht. So kämmen sich beispielsweise die Sirenen, Meerjungfrauen und Nereiden. Auch vielen Göttinnen – insbesondere Liebes- und Wassergöttinnen – wurde der Kamm als Attribut zugeschrieben: Venus Salacia, Aphrodite Marina, Thetis und Thalassa.
Das Kämmen als magische Handlung bzw. der Kamm als solcher haben in der Folklore mehrere Bedeutungen: einerseits als Symbol für die Schönheit bzw. die sexuelle Anziehungskraft von Frauen, andererseits als Symbol für etwas Undurchdringliches, etwas, woran man nicht vorbeikommt. Beide Motive tauchen z. B. im Gedicht Die Lore-Ley von Heinrich Heine auf. In den Volksmärchen vieler Kulturen kommen Helden vor, die während der Flucht einen magischen Kamm hinter sich werfen, aus dem anschließend ein Dickicht oder ein Wald entsteht, der die Verfolger aufhält.
Den Hexen im europäischen Raum wurde nachgesagt, sie könnten durch das Kämmen ihrer Haare das Wetter beeinflussen oder Stürme auslösen.
Archäologie
Die älteste bekannte Kamm stammt aus Schweden. Um 2500 v. Chr. wurden Kämme nicht nur für die Haarpflege, sondern auch als eines der wichtigsten Accessoires verwendet. Aus archäologischen Funden sind zahlreiche Kämme bekannt. Häufig fanden sich Beinkämme als Grabbeigabe in Bestattungen von Frauen und Männern aus der Merowingerzeit.
Kämme im Friseurhandwerk
Im Friseurhandwerk werden Kämmer nach ihrem Verwendungszweck und Aussehen unterschieden in Haarschneidekämme, Stielkämme, Wasserwellkämme, Frisierkämme, Strähnenkämme und Toupierkämme mit Lockenhebern.[2]
Textilverarbeitung
In der Textilverarbeitung werden Fasern durch spezifische Kämme zur weiteren Nutzung wie Spinnen oder Filzen vorbereitet. Der Vorgang dient zur Rohstoffauswertung bzw. zur Erzielung einer bestimmten Durchschnittsstapellänge der bearbeiteten Faserart. Dabei kommen drei ganz unterschiedliche Verfahren zur Anwendung:
- Kurze Naturfasern wie Baumwolle und kurzfasrige Wollsorten werden kardiert, die flachen Handkarden und die Trommel-Kardiermaschinen sind dabei mit 1–2 cm langen, gebogenen Häkchen besetzt. Jeweils mehrere Häkchen pro Quadratzentimeter sind beweglich auf einem elastischen Kardenbelag angebracht. Das Fasermaterial wird zwischen zwei Kardierbelägen auseinandergezogen. Langstapelige hochwertige Baumwollen werden oft zusätzlich gekämmt.
- Langfasrige Wollsorten werden erst gekrempelt und dann gekämmt. Hierfür typisches Garn ist das Kammgarn. Im Kämmprozeß werden Noppen, Nissen, Vegetabilien und der Kurzfaseranteil mit Hilfe von Nadelkämmen maschinell ausgekämmt. Je nach verarbeiteter Faserlänge ist dieser ausgekämmte Kurzfaseranteil länger oder kürzer. Durch das Auskämmen wird die Faserlängenverteilung (Stapellänge) im Kammzug erheblich verbessert und damit die späteren Garnwerte. Das Kämmen beeinflusst erheblich die Spinngrenze. Des Weiteren werden die Fasern im Kämmprozeß parallel ausgerichtet. Nach dem Strecken und Kämmen wird der Faserverbund wieder in Bandform zur weiteren Verarbeitung abgeliefert. Hand-Wollkämme bestehen aus bis zu 20 cm langen, sehr spitz geschliffenen Stahlzinken, die in bis zu 5 Reihen – versetzt zueinander – fest im Kamm eingelassen sind. Ein Kamm wird durch die Wolle geschlagen, die auf einem anderen Kamm fixiert ist. Beim Wollkämmen werden kurze und schwache Fasern aussortiert. Es dürfen nur Fasern einer Länge zusammen gekämmt werden.
- Pflanzliche, sehr lange Naturfasern wie Flachs und Hanf werden gehechelt. Hecheln sind ähnlich wie Wollkämme aufgebaut, die Zinken sind allerdings nur 8–10 cm lang. Es gibt grobe, mittlere und feine Hecheln, die nacheinander verwendet werden, um die Bastfasern in immer feinere Streifen aufzuspalten. Die Pflanzenfasern werden durch die Hechel geführt, nicht die Hechel durch die Faser, wie beim Kardieren und Wollkämmen.
Während beim Kardieren das Material bis zum Ende des Prozesses auf den Karden verbleibt und verlustfrei als Kardvlies oder Kardenband abgezogen wird, fallen beim Wollkämmen und Hecheln ganz erhebliche Mengen an minderwertigen Restpartien an, die sogenannten Kämmlinge bzw. das Werg. Das Endprodukt beim Kämmen bezeichnet man als Kammzug.
In der Weberei werden Webkämme – auch Webblätter genannt – eingesetzt, um Garne, nicht Fasern zu ordnen. Die Zähne eines Webkamms werden als Riete bezeichnet, sie stehen längs zu den Kettfäden. Webkämme mit Rieten aus Stahl werden als Teil des Webstuhls eingesetzt, um den Schussfaden an das Gewebe anzuschlagen. Webkämme aus Holz, sogenannte Gatter- oder Gördelkämme, dienen dagegen in der bäuerlichen Bandweberei sowie bei Hobby- und Schul-Webrahmen auch zur Fachbildung der Schussfäden, die Holzzähne stehen dabei quer zur Webkette und sind mittig durchbohrt.
Literatur
Geschichte
- Klaus Düwel, Heinrich Tiefenbach, Ingrid Ulbricht: Kamm. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 16, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2000, ISBN 3-11-016782-4, S. 200–207.
- Steven P. Ashby: An Atlas of Medieval Combs from Northern Europe. 2011
- Evelyn Haertig: Antique combs and purses. Carmel, Calif., 1983.
- Tina Tuohy: Prehistoric combs of antler and bone. 2 Bde. (British archaeological reports / British series ; 285). Oxford 1999, ISBN 1-84171-112-8.
- F. Winter (Hrsg.): Die Kämme aller Zeiten – von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Eine Sammlung von Abbildungen. Leipzig 1906.
Weblinks
Einzelnachweise
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kamm aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |