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Kunststoff

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zum gleichnamigen Kulturmagazin des Plöttner Verlags siehe Kunststoff (Kulturmagazin), zur Fachzeitschrift des Carl Hanser Verlags siehe Kunststoffe (Zeitschrift).
Polypropylen (Kugel-Stab-Modell; blau: Kohlenstoff; grau: Wasserstoff)

Als Kunststoff (umgangssprachlich Plastik, Plast oder Plaste, selten Technopolymer) bezeichnet man einen organischen, polymeren Festkörper, der synthetisch oder halbsynthetisch aus monomeren organischen Molekülen oder Biopolymeren hergestellt wird. Unterschieden wird dabei zwischen drei großen Gruppen: Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere.

Kunststoffe können sowohl aus linearen Ketten als auch aus verzweigten und vernetzten Ketten bestehen. Die Kettenlänge der einzelnen polymeren Moleküle variiert zwischen einigen tausend Moleküleinheiten bis über eine Million monomeren organischen Moleküleinheiten. Chemiefasern, Kunstharze in Lack- und Klebstoffen sind auch synthetische Polymere aus monomeren organischen Molekülen. In der Wirtschaftsstatistik sind diese Produktgruppen jedoch getrennt ausgewiesen. Ein Werkstück aus Kunststoff besteht aus Millionen sehr langer, ineinander verschlungener Molekülketten (Polymeren), die aus sich stets wiederholenden Grundeinheiten (Monomeren) zusammengesetzt sind. Beispielsweise besteht der Kunststoff Polypropylen aus sich vielfach wiederholenden Propyleneinheiten (Erklärung im Bild rechts).

Ein herausragendes Merkmal von Kunststoffen ist, dass sich ihre technischen Eigenschaften, wie Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperatur-, Wärmeformbeständigkeit und chemische Beständigkeit, durch die Wahl von Ausgangsmaterial, Herstellungsverfahren und Beimischung von Additiven in weiten Grenzen variieren lassen. Kunststoffe werden zu Formteilen, Halbzeugen, Fasern oder Folien weiterverarbeitet. Sie dienen als Verpackungsmaterialien, Textilfasern, Wärmedämmung, Rohre, Bodenbeläge, Bestandteile von Lacken, Klebstoffen und Kosmetika, in der Elektrotechnik als Material für Isolierungen, Leiterplatten, Gehäuse, im Fahrzeugbau als Material für Reifen, Polsterungen, Armaturenbretter, Benzintanks und vieles mehr.

Synthetische Kunststoffe werden durch Kettenpolymerisation, Polyaddition oder Polykondensation aus Monomeren oder Prepolymeren erzeugt. Rohstoff ist meist gecracktes Naphtha. Halbsynthetische Kunststoffe entstehen durch die Modifikation natürlicher Polymere (vorwiegend Zellulose zu Zelluloid) während andere biobasierte Kunststoffe wie Polymilchsäure oder Polyhydroxybuttersäure durch die Fermentation von Zucker oder Stärke hergestellt werden.

Zelluloid – hier ein verwitterter Filmstreifen – gilt als das erste Thermoplast.

Entwicklungsgeschichte der Kunststoffe

Natürlicher ‚Kunststoff‘ Bernstein

Vorstufe

Biopolymere und natürlich vorkommende Polymere werden von Menschen schon seit Urzeiten verwendet. Alle Tiere und Pflanzen enthalten in ihren Zellen Polymere. Holz dient dem Menschen zunächst als Brennholz und Werkzeug, etwa als Wurfholz, Speer und als Baumaterial. Der Zellverband Tierhaut oder Fell wurde durch Gerben stabilisiert, damit vor dem raschen Verwesen geschützt und so zu haltbarem Leder. Aus Wolle, abgeschnittenen Tierhaaren, stellte man durch Verspinnen und Weben oder durch Filzen Bekleidung und Decken her.

Birken lieferten den ersten Kunststoff der Menschheitsgeschichte, das aus Birkenrinde durch Trockendestillation gewonnene Birkenpech, das sowohl Neandertalern als auch dem steinzeitlichen Homo sapiens als Klebstoff bei der Herstellung von Werkzeugen diente.

In Arabien wurden Wasserbecken und Kanäle mit natürlichem Asphalt abgedichtet. Ebenso wurden dort bestimmte Baumharze als Gummi Arabicum eingesetzt und nach Europa exportiert. Aus Europa ist Bernstein als fossiles Harz für die Verwendung bei Pfeilspitzen und Schmuckgegenständen bekannt. Im Mittelalter wurde Tierhorn durch bestimmte Verfahrensschritte in einen plastisch verformbaren Stoff verwandelt. Bereits um 1530 wurde im Hause der Fugger nach einem Rezept des bayerischen Benediktinermönches Wolfgang Seidel[1] durchsichtiges Kunsthorn aus Ziegenkäse gefertigt und vertrieben.

Entwicklung einer Kunststoffindustrie

Frühe Entdeckungen

Im 17. und 18. Jahrhundert brachten Naturforscher aus Malaysia und Brasilien aus milchigen Baumsäften gewonnene elastische Massen (Kautschuk) mit. Für diese wurde in Deutschland der Begriff Gummi eingeführt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine rasch wachsende Gummi-Industrie.

Der Erfinder Charles Goodyear stellte 1839 fest, dass sich Kautschuk bei Hitzeeinwirkung durch Zusatz von Schwefel in Gummi umwandelt.[2] Dieser Prozess wird Vulkanisation genannt. Charles Goodyear fertigte aus dem neuen Material zunächst Gummihandschuhe. Um 1850 entdeckte er außerdem Hartgummi, ein durch Erhitzen in Gegenwart von Schwefel erhärteter Naturkautschuk, welcher anfangs als Ebonit vermarktet wurde. Daraus wurden zum Beispiel Schmuckstücke, Füllfederhalter, Klaviertasten, Tabakpfeifen und Teile von Telefonen hergestellt. Dieser erste Duroplast startete die Entwicklung der Kunststoffe als Werkstoff im Umfeld des Menschen.

Tischtennisbälle für Wettkämpfe aus Zelluloid

Die Entwicklung des Zelluloids ist mehreren Chemikern zu verdanken. Christian Friedrich Schönbein entwickelte 1846 die Schießbaumwolle, indem er Baumwolle mit Salpetersäure versetzte.[2] Der Engländer Maynard löste Schießbaumwolle in einem Ethanol-Äther-Gemisch und erhielt nach Verdampfung elastische Häutchen (Kollodium). Der Engländer Cuttin verknetete das Kollodium mit alkoholischer Campherlösung zu Zelluloid. Im Jahre 1869 nutzte John Wesley Hyatt das Zelluloid als Kunststoff und entwickelte drei Jahre später die erste Spritzgussmaschine. Später wurde in England das Zellulosenitrat zur Imprägnierung von Textilien und in den USA Schellack entwickelt.

Im Jahr 1844 wurde das Linoleum von Frederic Walton erfunden. Es wurde aus Leinöl, Sikkativen und Harzen durch Lufteinblasung gewonnen. Anwendungsbereiche waren Fußbodenbeläge, Wandbekleidungen, Tischflächen.

Max Fremery und Johann Urban lösten mit einer ammoniakalischen Kupferhydroxidlösung Zellulose auf. Mit dieser Lösung (Cupro) konnten leicht Kupfer-Reyon-Fäden als erste Viskosefaser hergestellt werden.

Adolf von Baeyer beschrieb 1872 die Polykondensation von Phenol und Formaldehyd. Der belgische Chemiker Leo Hendrik Baekeland untersuchte die Wirkung von Säure und Alkali bei dieser Reaktion und entwickelte ein Verfahren (1907; seit 1909 technische Produktion) zur Herstellung und Weiterverarbeitung eines Phenolharzes. Dieser von ihm Bakelit getaufte Kunststoff war der erste in großen Mengen industriell hergestellte, synthetische Duroplast. Dank seiner Eignung als elektrischer Isolator wurde er unter anderem in der aufstrebenden Elektroindustrie eingesetzt.

Krischa und Spittler entwickelten 1885 das Galalith (Kunsthorn). Der Kunststoff ähnelt stark dem tierischen Horn oder Elfenbein. Das Kunsthorn wird aus Kasein und Formaldehydlösung hergestellt. Man fertigte daraus zum Beispiel Knöpfe, Anstecknadeln, Gehäuse für Radios, Zigarettendosen, Spielzeuge, Griffe für Regenschirme und vieles mehr in den verschiedensten Farben.

Im Jahr 1909 meldete der deutsche Chemiker Fritz Hofmann ein Patent auf den synthetischen Kautschuk Buna an. Die ersten vollsynthetischen Reifen aus Isoprenkautschuk wurden 1912 hergestellt.[2]

Der Berliner Apotheker E. Simon beschrieb im Jahr 1839[2] das Polystyrol. Das Styrol verwandelte sich zunächst in eine gallertartige Masse. Im Jahr 1909 untersuchte H. Stobbe die Polymerisationsreaktion von Styrol detailliert. Erst zwanzig Jahre später wurde diese Entdeckung genutzt.

Im Jahr 1835 entdeckte Victor Regnault das Vinylchlorid, aus dem sich Polyvinylchlorid (PVC) herstellen ließ. Die erste Patentierung von PVC und von Polymeren aus Vinylacetat geht auf Fritz Klatte im Jahr 1912 zurück.[3] Als weltweiter Pionier der Kunststoffverarbeitung gilt aber Coroplast, das sich als eines der ersten Unternehmen mit der Verarbeitung des PVC beschäftigte.[4] Erst 1950 wurde dieses Verfahren durch Verbesserungen von Dow Chemical abgelöst.

Schon 1901 befasste sich Otto Röhm mit der Herstellung von Acrylsäure und Acrylsäureestern. Aber erst im Jahr 1928 fand er die für die Polymerisation besser geeigneten Methacrylsäuremethylester. Das Patent für Polymethylmethacrylat (PMMA, Handelsname „Plexiglas“) startete eine Ära.

Entwicklung der Polymerchemie

Bis Ende des 19. Jahrhunderts war wenig über die genauen Strukturen polymerer Materialien bekannt. Man wusste lediglich aus Dampfdruck- und Osmosemessungen, dass es sich um sehr große Moleküle mit hoher Molmasse handeln müsste. Fälschlicherweise war man jedoch der Meinung, dass es sich um kolloidale Strukturen handelte.

Als Vater der Polymerchemie gilt der deutsche Chemiker Hermann Staudinger. Bereits 1917 äußerte er vor der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft, dass „hochmolekulare Verbindungen“ aus kovalent gebundenen, langkettigen Molekülen bestehen. 1920 veröffentlichte er in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft einen Artikel, der als Begründung der modernen Polymerwissenschaften gilt.[5] Vor allem in den Jahren von 1924 bis 1928 folgten weitere wichtige Theorien über den Aufbau von Kunststoffen, welche die Grundlage für das heutige Verständnis dieser Werkstoffklasse bilden.[6][7][8] Für diese Arbeiten erhielt Staudinger 1953 den Nobelpreis.

Volksempfänger mit Bakelit-Gehäuse

Die Arbeiten Staudingers ermöglichten der chemischen Industrie nun, basierend auf gesicherten naturwissenschaftlichen Grundlagen, eine rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Polymerchemie.

Der Münchner Chemiker Ernst Richard Escales gab 1910 der Werkstoffgruppe den Namen „Kunststoffe“. Die von ihm gegründete gleichnamige Zeitschrift erschien erstmals 1911.

Bei dem Unternehmen Imperial Chemical Industries (ICI) in Großbritannien wurde unter hohem Druck (200 bar) und bei hohen Temperaturen im Jahre 1933 erstmals Polyethylen hergestellt. Erst 20 Jahre später entwickelte Karl Ziegler ein Verfahren, das mit Katalysatoren aus Aluminiumalkylen und Titantetrachlorid die Polymerisation von Ethen zu Polyethylen schon bei Raumtemperatur erlaubt.[9][10][11] Das Niederdruck-Polyethylen erwies sich als wärmestabiler und mechanisch belastbarer. Kurz darauf fanden Ziegler und Giulio Natta[12] einen Katalysator zur Polymerisation von Propen zu Polypropylen. 1955–1957 liefen die großtechnischen Synthesen von Polyethylen und Polypropylen an.[2] Heute sind die so hergestellten Polyethylene (PE) und Polypropylen (PP) neben Polystyrol (PS) die am häufigsten als Verpackungsmaterialien von Lebensmitteln, Kosmetika etc. verwendeten Kunststoffe. Ziegler und Natta erhielten im Jahre 1963 für ihre Arbeiten den Nobelpreis für Chemie.

Kunststoffe aus Polyestern wurden schon sehr früh angedacht (Berzelius, 1847). 1901 gab es Glyptalharze (aus Glycerin und Phthalsäure). Fritz Hofmann, Wallace Hume Carothers und Paul Schlack suchten erfolglos nach synthetischen Fasern auf Basis von Polyestern. Erst den Briten Whinfield und Dickson gelang bei Calico Printers im Jahre 1941 die Herstellung von brauchbaren Polyesterfasern (Polyethylenterephthalat, PET). Wichtige Polyesterfasern wurden Dacron (Du Pont), Diolen (ENKA-Glanzstoff), Terylen (ICI), Trevira (Hoechst).[2]

In Ludwigshafen begann 1934 die Herstellung von Epoxidharzen nach einem Verfahren von Paul Schlack. 1935 wurde gleichzeitig von Henkel (Mainkur) und Ciba (Schweiz) die Entwicklung von Melamin-Formaldehydharz beschrieben.

Im Jahr 1931 meldete der US-Chemiker Wallace Hume Carothers bei Du Pont ein Patent für ein Polyamid aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure an. Erst sieben Jahre später war die neue Kunstfaser Nylon (1938) verkaufsfähig. Das von Paul Schlack 1937 hergestellte Polyamid 6 auf Basis von Caprolactam wurde Perlon getauft. Die großtechnische Herstellung begann 1939 bei den IG-Farben. Das Herstellungsverfahren von Perlon in Deutschland war preiswerter als die Nylonproduktion in den USA.[2]

Etwa zeitgleich begannen die Buna-Werke der I.G. Farben mit der Fertigung von Buna S und Buna N als synthetischem Gummi-Ersatz. 1939 entwickelte Otto Bayer das Polyurethan (PU) in Leverkusen.

Bei DuPont wurde 1938 der Kunststoff Polytetrafluorethylen (Teflon) von R. J. Plunkett entwickelt. Das Produkt zeigte hohe Temperaturbeständigkeit und eine hohe chemische Beständigkeit. Die Verarbeitung stieß jedoch auf Probleme. Erst 1946 ging Teflon in die Großproduktion. [2]

Silikon hatte im Jahr 1901 bereits Frederic Stanley Kipping aus Silanonen hergestellt. Erst durch die Synthese von Organosiliciumhalogeniden mit Alkylhalogeniden gelang es 1944 in den USA und Deutschland, Silikon günstig herzustellen (Eugene G. Rochow, Richard Müller)[2].

Seit Anfang der 1930er Jahre war die Polymerisation von Acrylnitril bekannt. Es war als Kunststoff jedoch so nicht brauchbar. Der Chemiker Rein konnte Polyacrylnitril in Dimethylformamid lösen und so für die Kunststoffproduktion brauchbar machen. 1942 wurde bei den IG Farben ein Polymerisationsverfahren zu Polyacrylnitril entwickelt. 1942 entdeckte Harry Coover (USA) bei Eastman Kodak den „SekundenkleberMethylcyanacrylat.

Vor allem nach 1950 nahm aufgrund der zahlreichen Erfolge auf dem Gebiet der Polymerchemie die Produktion von Kunststoffen enorm zu. Durch die Entwicklung der Thermoplaste und insbesondere von entsprechenden Verarbeitungsverfahren konnten Formteile jetzt auf unschlagbar billige Weise hergestellt werden. Kunststoff wurde von einem Ersatzstoff mit besonderer Bedeutung zu einem Werkstoff für die industrielle Massenfertigung. In der Folge ging der Anteil der Duroplaste stetig zurück und lag im Jahre 2000 nur noch bei 15 %. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Kunststoffen lag im Jahr 2000 bei 92 kg in Westeuropa, 13 kg in Osteuropa, 130 kg in Nordamerika, 19 kg in Lateinamerika, 86 kg in Japan, 13 kg in Südostasien und 8 kg im Mittleren Osten / Afrika.

Die Kunststoffindustrie ist bis heute eine Wachstumsbranche, wobei die Herstellungskapazitäten in Asien voraussichtlich zwischen 2006 und 2008 die führenden und etwa gleich starken Regionen Europa sowie Nord- und Südamerika überholen werden.

Einteilung

Datei:Plastiktueten.jpg
Kunststofftragetaschen, ein typisches Produkt aus Polyethylen

Thermoplaste

Thermoplaste sind Kunststoffe, die aus langen linearen Molekülen bestehen. Durch Energiezufuhr werden diese Materialien beliebig oft weich und formbar (plastisch) und schmelzen schließlich. Sie können durch verschiedene Ur- und Umformverfahren in die gewünschte Form gebracht werden. Nachdem das jeweilige Teil abgekühlt ist, behält es seine Form bei. Dieser Prozess ist somit reversibel (lat. umkehrbar). Ursache für dieses Verhalten sind fadenförmige, lineare Makromoleküle.

Die meisten der heute verwendeten Kunststoffe fallen unter diese Gruppe (Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol, Polyester). Für einfache Konsumwaren, Verpackungen etc. werden sie ebenso häufig eingesetzt, wie für technische Teile in der Automobil- und Elektroindustrie oder in der Bauindustrie, insbesondere für Dachbahnen, Fensterprofile und Rohre.

Um neue, bisher noch nicht vorhandene Eigenschaften zu erzeugen, können auch zwei oder mehrere (miteinander verträgliche) Thermoplaste vermischt werden (Polyblend).

Tretboote haben typischerweise einen Duroplast-Rumpf.

teilkristalline Thermoplaste: (Beispiele) POM - Polyoxymethylen, PE - Polyethylen, PP - Polypropylen, PA - Polyamid, PET - Polyethylenterephtalat, PBT - Polybutylenterephtalat.

amorphe Thermoplaste: (Beispiele) ABS - Acrylnitril-Butadien-Styrol, PMMA - Polymethylmethacrylat, PS - Polystyrol, PVC - Polyvinylchlorid, PC - Polycarbonat, SAN - Styrol-Acrylnitril-Copolymer, PPE - Polyphenylenether.

Duroplaste

Duroplaste sind Polymere, die in einem Härtungsprozess aus einer Schmelze oder Lösung der Komponenten durch eine Vernetzungsreaktion hervorgehen. Diese irreversible Reaktion wird meist durch Erhitzen bewirkt (daher auch der englische Fachterminus thermosets), kann aber auch durch Oxidationsmittel, energiereiche Strahlung oder Einsatz von Katalysatoren initiiert und beschleunigt werden. Eine Erwärmung von Duroplasten führt nicht zu einer plastischen Verformbarkeit, sondern lediglich zu deren Zersetzung. Ausgehärtete Duroplaste sind meist hart und spröde sowie im weitergehenden Fertigungsprozess nur noch mechanisch bearbeitbar. Ursache für dieses Verhalten sind die raumvernetzten Makromoleküle.

Wegen ihrer mechanischen und chemischen Beständigkeit auch bei erhöhten Temperaturen werden sie häufig für Elektroinstallationen verwendet. Einer der verbreitetsten und ältesten Kunststoffe dieser Klasse ist Bakelit. In diese Gruppe fallen auch Polyesterharze, Polyurethanharze für Lacke und Oberflächenbeschichtungen und praktisch alle Kunstharze wie beispielsweise Epoxide.

Elastisches Gummiband

Elastomere

Durch Druck oder Dehnung können Elastomere ihre Form kurzzeitig verändern, nach Beendigung von Druck oder Dehnung nimmt das Elastomer schnell wieder seine ursprüngliche Form an.

Zu den Elastomeren gehören alle Arten von vernetztem Kautschuk. Die Vernetzung erfolgt beispielsweise durch Vulkanisation mit Schwefel, mittels Peroxiden, Metalloxiden oder Bestrahlung.

Die Elastomere sind weitmaschig vernetzt und daher flexibel. Sie werden beim Erwärmen nicht weich und sind in den meisten Lösemitteln nicht löslich. Daher werden sie für Hygieneartikel oder Chemikalienhandschuhe verwendet. Die Gummimischung von Autoreifen ist ebenfalls ein Elastomer, das seine Eigenschaften durch Vulkanisation erhält.

Elastomere sind Naturkautschuk (NR), Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR), Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), Chloropren-Kautschuk (CR), Butadien-Kautschuk (BR) und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM).

Thermoplastische Elastomere

Thermoplastische Elastomere (TPE oder auch Elastoplaste) sind Elastomere, die sich bei Raumtemperatur wie klassische Vertreter verhalten, jedoch beim Erhitzen verformbar werden. Meist sind dies Copolymere, die aus einer „weichen“ Elastomer- und einer „harten“ thermoplastischen Komponente bestehen. Die Eigenschaften der Elastoplaste liegen zwischen denen von Duroplasten und Thermoplasten.[13] Beispiele sind ab 1965 von Shell entwickelte Blockcopolymere aus Styrol und Polyolefinen.

Ein großer Vorteil dieser elastischen Kunststoffe ist die Möglichkeit, diese Schweißen zu können, um damit wasserfeste Verbindungen zu erzeugen.[14]

Internationales Kurzzeichensystem

Einzelne Kunststoffe werden nach einem weltweit standardisierten Kurzzeichen-System bezeichnet, welches für Deutschland in der DIN EN ISO 1043 Teil 1 und DIN ISO 1629 (Kautschuke) beschrieben ist.

Eigenschaften

Kunststoffe zeichnen sich, verglichen mit keramischen oder metallischen Werkstoffen, durch eine Reihe von ungewöhnlichen Eigenschaften aus:

BMW H2R mit Außenhaut aus carbonfaserverstärktem Kunststoff

Dichte und Festigkeit

Die Dichte der meisten Kunststoffe liegt zwischen 800 und 2200 kg/m3. Sie sind damit erheblich leichter als Metalle oder keramische Werkstoffe.

In Bezug auf die mechanischen Eigenschaften sind Kunststoffe anderen Werkstoffklassen häufig unterlegen. Ihre Festigkeit und Steifigkeit erreicht meist nicht die von Metallen oder Keramiken. Wegen der geringen Dichte kann dies jedoch teilweise mit konstruktiven Mitteln (höhere Wandstärken) oder dem Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen kompensiert werden. Ein Beispiel ist der Einsatz von Kevlar in Flugzeugtragflächen.

Obwohl die Festigkeiten vergleichsweise niedrig sind, brechen Kunststoffteile weniger leicht als beispielsweise Keramik oder Glas. Sie weisen zumeist eine gute Zähigkeit auf. Deshalb werden Gebrauchsgegenstände für Kinder und Spielzeug vielfach aus Kunststoff gefertigt.

Chemische Beständigkeit

Viele Kunststoffe sind im Gegensatz zu Metallen aufgrund ihrer organischen Natur beständig gegenüber anorganischen Medien. Dies schließt Mineralsäuren, Laugen, sowie wässrige Salzlösungen ein. Daher bevorzugt man Werkstoffe aus Kunststoff zur Herstellung von pflegeleichten Haus- und Elektrogeräten, Fahrzeugausstattungen, Spielzeugen usw.

Im Gegensatz zu Metallen reagieren sie allerdings empfindlich auf organische Lösungsmittel, wie Alkohole, Aceton, Benzin. Dennoch gelang es auch auf diesem Gebiet, beständige Kunststoffe zu entwickeln. Ein Beispiel ist der Kraftstofftank aus Polyethylen in modernen Personenkraftwagen. Er ist überaus beständig gegenüber Korrosion und trotzdem unempfindlich gegenüber dem Benzin.

Niedrige Verarbeitungstemperaturen

Die gängigen Verarbeitungstemperaturen für Kunststoffe liegen im Bereich von 250 bis 300 °C. Während Metalle bei hohen Temperaturen aufwendig gegossen werden müssen und Einschränkungen bezüglich der Gussformen bestehen, lassen sich aus Thermoplasten auch kompliziertere Formteile mit vergleichsweise geringem Aufwand fertigen. Gleichzeitig können in einem Verarbeitungsschritt Additive, wie Farbpigmente oder Fasern, in das Material eingearbeitet werden, die sich bei den hohen Temperaturen des Metallgießens oder des Sinterns von Keramik zersetzen würden.

Niedrige Leitfähigkeiten

Die Wärmeleitfähigkeit von Kunststoffen liegt deutlich unter der von Metallen. Daher werden viele Kunststoffe, vor allem Schaumstoffe, als Dämmstoffe eingesetzt.

Die elektrische Leitfähigkeit von Kunststoffen ist um 15 Größenordnungen kleiner als die von Metallen. So werden viele Kunststoffe zur Isolation von elektrischen Leitungen und Kabeln eingesetzt.

Herstellung

Anlage zur Herstellung und Reinigung von Monomeren im Chemieunternehmen Ticona in Kelsterbach bei Frankfurt

Kunststoffe werden generell durch schrittweises Aneinanderfügen von Monomeren zu langen Ketten – den Polymeren – hergestellt, wobei grundsätzlich zwischen Kettenpolymerisation und Stufenpolymerisation unterschieden wird.

Kettenpolymerisationen

Bei einer Kettenpolymerisation beginnt das Wachstum mit einem Molekül, an das sukzessive weitere Monomere addiert werden. Das die Polymerisation startende Molekül nennt man Initiator, das auf diesen aufwachsende heißt Monomer. Die Zahl der Monomere, aus denen das Polymer letztendlich besteht, ist der Polymerisationsgrad. Der Polymerisationsgrad kann durch das Verhältnis von Monomer zu Initiator eingestellt werden. Mathematisch wird er durch die Mayo-Gleichung abgeschätzt.[15]

Radikalische Polymerisation

Bei der radikalischen Polymerisation werden die Wachstumsreaktionen durch Radikale initiiert und fortgepflanzt. Sie ist verglichen mit anderen Kettenreaktionen unempfindlich, leicht zu kontrollieren und liefert schon bei recht kleinen Umsätzen hohe Polymerisationsgrade. Sie wird daher vor allem bei der Herstellung von billigen Kunststoffen, wie LD-PE, PS oder PVC, eingesetzt.

Eine Gefahr bei diesem Verfahren stellt die freiwerdende Polymerisationswärme dar. Die radikalische Polymerisation ist exotherm, das heißt bei der Reaktion wird Wärme freigesetzt. Diese Wärme erzeugt, wenn sie nicht abgeführt wird, weitere Radikale, so dass sich die Reaktion selbst beschleunigen kann. Im Extremfall kann eine solche „Selbstbeschleunigung“ zur Überlastung des Reaktormaterials und damit zu einer thermischen Explosion führen.[15]

Ionische Polymerisation

Bei ionischen Polymerisationen werden die Wachstumsreaktionen durch ionische Spezies initiiert und fortgepflanzt. Die wachsenden Ketten sind langlebiger (mehrere Stunden bis Tage) als ihre radikalischen Analoga (Lebensdauer etwa 10−3s), man spricht in diesem Zusammenhang auch von sogenannten lebenden Polymeren. Daher kann man nach Abschluss einer Polymerisation auf die noch lebenden, das heißt zur Polymerisation befähigten Ketten, ein weiteres Monomer aufgeben und so ein erneutes Wachstum fortführen.[16][17]

Polymere, deren Ketten aus zwei oder mehr unterschiedlichen Monomertypen bestehen, nennt man Copolymere. Findet man in einem Copolymeren lange Blöcke des einen Monomers, gefolgt von Blöcken des anderen, spricht man von Blockcopolymeren. Für eben solche speziellen Anwendungen wird die ionische Polymerisation angewandt. Ein Beispiel sind die synthetischen Gummis Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) und Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), die bei der Herstellung von Autoreifen Verwendung finden. Nachteil dieses Verfahrens ist seine hohe Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen, Wasser und Sauerstoff.[15] Ionische Polymerisationen sind daher aufwendiger und kostenintensiver als die radikalische Polymerisation.

Metallorganische Katalysatoren

Diese Polymerisationen finden in Gegenwart von Katalysatoren statt. Beim Katalysator handelt es sich um einen Metallkomplex (Verbindung aus Metallatomen, umgeben von weiteren Spezies), der in der Lage ist, die wachsende Kette zu binden. Die Addition weiterer Monomere geschieht durch Einschub (Insertion) des Monomers zwischen wachsende Kette und Katalysatorspezies. Resultat ist ein höherer Ordnungsgrad der entstehenden Polymere sowie ein geringerer Verzweigungsgrad. Aufgrund dieser reguläreren Struktur erfolgt auch die Packung der einzelnen Ketten im Festkörper effizienter, der Kunststoff wird dichter. Die zurzeit industriell wichtigste Katalysatorklasse ist die der Ziegler-Natta-Katalysatoren. Eine Rolle spielen sie zum Beispiel bei der Herstellung von Polyethylen.[18]

Beim Low-Density-Polyethylen (LD-PE) handelt es sich um in der Gasphase polymerisiertes Ethen mit geringem Ordnungsgrad, vielen Seitenverzweigungen und geringer Dichte. Diesen Kunststoff findet man vor allem als transparente oder gefärbte Verpackungsfolie von Getränkeflaschen, Büchern, CDs etc.

High-Density-Polyethylen wird mit einem metallorganischen Katalysator im Ziegler-Natta-Verfahren hergestellt. Es resultiert ein Polymer mit hohem Ordnungsgrad, wenigen Verzweigungen und hoher Dichte. Dieser Kunststoff findet beispielsweise Verwendung als Material für Autotanks, Benzinkanister etc.

Herstellung eines Nylon-6,6-Fadens im Labormaßstab

Stufenpolymerisationen

Im Gegensatz zur Kettenpolymerisationen erfolgt in Stufenpolymerisationen die Bildung der Polymere nicht durch Initiation einer wachsenden Kette, die weiter sukzessive Monomere addiert, sondern durch direkte Reaktion der Monomere untereinander. Diese Reaktion kann unter Freisetzung eines Nebenprodukts wie Wasser als Polykondensation oder durch einfache Addition der Monomere zu einer neuen Verbindung durch Polyaddition erfolgen.

Polykondensation

Bei Polykondensationen erfolgt die Bildung der linearen Kette durch intermolekulare Reaktion bifunktioneller Polymere unter Abspaltung einer kleineren Spezies, wie beispielsweise Wasser oder Alkohole. Eine wesentliche Bedeutung besitzt die Polykondensation für die Polyamide.

Bildung eines Amids (schematische Darstellung)
Bildung eines Amids (schematische Darstellung)

Carbonsäuren reagieren mit Aminen zu Amiden. Setzt man Moleküle ein, die zwei Carbonsäuregruppen tragen, kann eines dieser Moleküle mit zwei Aminen reagieren. Es entsteht so ein Polymer aus drei Monomeren (eine Carbonsäureeinheit, zwei Amine). Tragen die eingesetzten Amine auch wieder zwei Amingruppen, kann die zuvor entstandene Spezies wiederum mit zwei Carbonsäuremolekülen reagieren usw. Die so entstehenden Polymere können sich dann auch noch weiter untereinander verbinden, so dass der Polymerisationsgrad entscheidend von der Reaktionsdauer abhängt Der Vorgang wird durch die Carothers-Gleichung beschrieben.

Durch Reaktion von Dicarbonsäuren mit Diolen (Dialkohol) werden so Polyester hergestellt. Unter den wichtigsten durch Polykondensation hergestellten Kunststoffen sind Polyethylenterephthalat (PET), ein Polyester, Nylon, ein Polyamid und Bakelit, ein Duroplast.

Polyaddition

Bei Polyadditionen erfolgt die Bildung des Polymers durch Addition der einzelnen Monomere untereinander, ohne die Bildung von Nebenprodukten. Eine große Gruppe von Polyaddukten bilden die Polyurethane.

Polyaddition von 1,6-Hexandiisocyanats mit 1,4-Butandiol (n ≈ 40)
Polyaddition von 1,6-Hexandiisocyanats mit 1,4-Butandiol (n ≈ 40)

Isocyanate reagieren mit Alkoholen in einer Additionsreaktion zu sogenannten Urethanen. Auch hier gilt: setzt man bifunktionelle Monomere ein, erfolgt die Bildung langer linearer Ketten. Auf diese Weise hergestelltes Polyurethan wird für Armaturenbretter, Lacke, Klebstoffe etc. verwendet. Setzt man der Polymerisationsmischung Wasser zu, reagiert dieses mit den Isocyanaten zu Aminen und Kohlenstoffdioxid. Das in der Mischung freiwerdende CO2 wird in Form von Bläschen in den Kunststoff eingeschlossen, so dass man einen Schaumstoff erhält. Polyurethanschaumstoff wird für Matratzen, Sitzmöbel, Schwämme, etc. verwendet.

Additive

Kunststoffen werden im Verlauf des Herstellungsprozesses sogenannte Additive zugesetzt (Compoundierung). Sie dienen der genauen Einstellung der Materialeigenschaften auf die Bedürfnisse der jeweiligen Anwendung und der Verbesserung der chemischen, elektrischen und mechanischen Eigenschaften. Solche mit Zuschlagsstoffen versehene Formmassen werden nach DIN EN ISO 1043 (Thermoplaste) und nach DIN 7708 (Duroplaste) gekennzeichnet.

Weichmacher

Etwa zwei Drittel der weltweit hergestellten Additive werden für die Produktion von Polyvinylchlorid aufgewendet, fast drei Fünftel der hergestellten Additive sind Weichmacher.[19] Sie verringern Sprödigkeit, Härte und Glastemperatur eines Kunststoffes und machen ihn so besser form- und verarbeitbar. Es handelt sich um Stoffe, die in der Lage sind, auf molekularer Ebene in den Kunststoff einzudringen und so die Beweglichkeit der Ketten gegeneinander zu erhöhen. Qualitativ kann man sie als „molekulares Schmiermittel“ verstehen. Bis vor wenigen Jahren war Diethylhexylphthalat (DEHP) (synonym: Dioctylphtalat DOP) der am häufigsten verwendete Weichmacher. Dieser stellte sich jedoch als umwelt- und gesundheitsschädlich heraus, weshalb die europäische Industrie inzwischen weitgehend auf seinen Einsatz verzichten will.

Extender verbessern ebenfalls die Verarbeitbarkeit, man spricht deshalb auch von sekundären Weichmachern. Wichtige Extender sind epoxidierte Öle, hochsiedende Mineralöle und Paraffine.[20]

Stabilisatoren

Stabilisatoren dienen der Verbesserung der chemischen Eigenschaften. Sie erhöhen die Lebensdauer des Kunststoffes und schützen ihn vor schädigenden Einflüssen (Oxidation, Strahlung und Wärme etwa durch Feuer) in seinem Einsatzgebiet.

Durch Reaktion mit Luftsauerstoff kann sich der Kunststoff verfärben, und die Polymerketten können sich zersetzen oder neu vernetzen. Dies verhindert man durch Zugabe von Antioxidantien, welche die bei der Reaktion entstehenden freien Radikale abfangen (Radikalkettenabbrecher), oder gleich die Bildung der Radikale verhindern (Desaktivatoren).[20] Als Abbrecher setzt man beispielsweise Phenole oder Amine zu, als Desaktivatoren dienen Phosphane und ebenfalls Amine.

Alter Ventilator mit doppelter Schädigung durch UV-Licht: Versprödung des Gehäuses und Vergilbung des Scharniers

Lichtschutzmittel schützen gegen eine Schädigung durch ultraviolettes Licht. Doppelbindungen zwischen Kohlenstoffatomen sind in der Lage, Licht dieser Wellenlänge zu absorbieren, daher sind vor allem Kunststoffe durch UV-Licht gefährdet, die dieses Strukturelement aufweisen (z. B. Polyisopren). Allerdings können aufgrund von Katalysatorrückständen, Strukturfehlern und Nebenreaktionen bei der Verarbeitung praktisch alle Polymere ein Absorptionsvermögen für UV-Strahlung zeigen. Diese induziert die Bildung von freien Radikalen im Material, die Nebenreaktionen, wie Zerfall der Kette und Vernetzungen einleiten. Es existieren grundsätzlich drei Wege eine Schädigung zu verhindern: Reflexion des Lichts, Zusatz von lichtabsorbierenden Stoffen und Zusatz von Radikalfängern. Wichtige Lichtschutzmittel sind Ruß, der die Strahlung absorbiert, σ-Hydroxybenzophenon, das die Energie in Infrarotstrahlung umwandelt und Dialkyldithiocarbamate, die UV-Licht absorbieren und als Radikalfänger fungieren.[21]

Kunststoffe sind empfindlich gegenüber Wärmeeinwirkung. Oberhalb einer für das Material charakteristischen Temperatur (Zersetzungstemperatur) setzt der Zerfall der molekularen Struktur ein. Wärmestabilisatoren sollen dies verhindern. Unerlässlich sind diese für Polyvinylchlorid, das sonst, unter Bildung von Chlorwasserstoff und u. U. gesundheitsschädlicher Zerfallprodukte, seine mechanische Stabilität einbüßen würde.[22] Der Zerfallmechanismus verläuft über die Bildung von Doppelbindungen. Organische Barium-, Zink-, Zinn-, und Cadmiumverbindungen und anorganische Bleisalze komplexieren diese und unterbrechen so den Zerfallmechanismus.[21] Vor allem die Bleiverbindungen stellen hinsichtlich der Entsorgung des Kunststoffs ein nicht unerhebliches Umweltproblem dar. Derzeit sind 80 % der Wärmestabilisatoren auf der Basis von Blei.[19] Die chemische Industrie ist zurzeit allerdings bemüht, diese zu ersetzen. So wurde bei Cognis, einer Tochterfirma des Henkel-Konzerns, speziell für Fensterprofile ein Stabilisator auf der Basis von Calcium und Zink entwickelt.[19]

Bei Bränden geht von Kunststoffen eine große Gefahr aus, da sie zum einen in der Lage sind die Brände zu unterhalten und zum anderen bei einer unkontrollierten Verbrennung giftige oder ätzende Gase, wie Blausäure, Kohlenstoffmonoxid, Chlorwasserstoff und Dioxine frei werden. Flammschutzmittel verhindern entweder den Sauerstoffzutritt zum Brand oder stören die chemischen Reaktionen (Radikalkettenmechanismen) der Verbrennung.[23] Polycarbonate erfordern oft keine Flammschutzmittel, da als Löschmittel wirkendes Kohlendioxid ein Zerfallsprodukt des Polymers darstellt.

Wichtige Flammschutzmittel sind[20]

  • polybromierte Diphenylether (PBDEs): setzen Radikale frei, welche die Zwischenprodukte des Brennvorgangs abfangen
  • Aluminiumhydroxid (Al(OH)3), auch (ATH): setzt Wassermoleküle frei
  • Phosphorhaltige Verbindungen: bilden Phosphorsäuren, die eine Wasserabspaltung katalysieren

Farbmittel

Synthetisches Ultramarinblau

Die meisten Polymere sind in reiner Form farblos, farbig werden sie erst durch Zusatz von Farbmitteln. Man unterscheidet zwischen Farbstoffen (lösen sich auf molekularer Ebene im Polymer oder adsorbieren an der Oberfläche) und Pigmenten (unlösliche, meist anorganische Aggregate).[21] Textilien färbt man praktisch ausschließlich mit Farbstoffen ein.[21] Der weit überwiegende Teil der Kunststoffe wird allerdings mit Pigmenten gefärbt, da diese lichtechter und meist auch billiger sind.[21] Wichtige Pigmente in diesem Bereich sind Rutil (weiß), Ruß (schwarz), Cobalt- oder Ultramarinblau, sowie Chromoxidgrün.[21] Inzwischen ist auch der Einsatz von Effektpigmenten möglich, so zeigen mit seltenen Erden dotierte Strontium-Aluminate ein intensives Nachtleuchten.[24] Einsatzgebiete für derartig gefärbte Kunststoffe sind bei Dunkelheit leichter auffindbare Sicherheitsmarkierungen, Lichtschalter oder Taschenlampen. Um Metallglanz zu erreichen werden Aluminiumpigmente in Blättchenform eingesetzt, sphärische Pigmentkörner ergeben eine Graueinfärbung.

Füllstoffe

Füllstoffe sind klassische Streckmittel, die so die Herstellung des Kunststoffs verbilligen. „Aktive Füllstoffe“ verbessern zusätzlich die mechanischen Eigenschaften des Materials. Wichtige Füllstoffe sind unter anderem: Kreide, Sand, Kieselgur, Glasfasern und -kugeln, Zinkoxid, Quarz, Holzmehl, Stärke, Graphit, Ruße und Talkum. Wichtig sind Füllstoffe auch um das Brandverhalten der Kunststoffe zu minimieren.

Verstärkungsstoffe

Unter Verstärkungsstoffe (reinforcement) versteht man in Kunststoffen eingesetzte anorganische oder organische Zusatzstoffe, die die Kunststoffmatrix verstärken. Unter Verstärkung ist die Verbesserung mechanischer und physikalischer Eigenschaften, wie Elastizität, Biegefestigkeit, Kriechmechanik und Wärmeformbeständigkeit zu verstehen. Verstärkungsstoffe werden gezielt zur Verbesserung dieser Werkstoffeigenschaften eingesetzt.

Einteilung der Verstärkungsstoffe

Erfolgt einerseits nach der chemischen Zusammensetzung, andererseits auch nach der physikalischen Gestalt des Stoffes. So gibt es flächige Verstärkungsstoffe in Form von Gewebe, Gelege, Gestricke, Gewirke.

Ausgangsstoffe für diese flächigen Verstärkungsstoffe sind faserförmige Verstärkungsstoffe, wobei die Fasern meist aus Glas, Kohlenstoff, Aramid, Polyester oder Naturprodukte wie z. B. Flachs, Jute. gebildet sind.

Neben den faserförmigen Verstärkungsstoffen gibt es auch eine Vielzahl an teilchenförmigen Verstärkungsstoffen, wie beispielsweise Talkum, Glimmer, Graphit, Aluminiumhydroxyd.

Die Eigenschaften verstärkter Thermoplaste werden vor allem vom Volumenanteil des Verstärkungsstoffes, dessen Form (Formfaktor, Länge/Durchmesser-, L/D- oder Aspektverhältnis) und der Wechselwirkung an der Grenze zur Matrix beeinflusst.

Aspektverhältnis

Zum Füllen und Verstärken von Thermoplasten werden Zusatzstoffe stark unterschiedlicher Form verwendet. Der für die mechanischen Eigenschaften des Verbunds bedeutsame Formfaktor ist definiert als das Verhältnis seiner Länge zu seiner Dicke (L/D-Verhältnis).

  • Kugelförmige und kubische Partikel haben einen Formfaktor von 1. Beispiele sind Glaskugeln oder Calciumcarbonat.
  • Fasern oder andere anisotrope plättchenförmige Füllstoffe können sehr hohe Formfaktoren aufweisen und dieser liegt meist deutlich über 100.
  • Plättchenförmige Verstärkungsstoffe, zu denen Schichtsilikate wie Talk und Glimmer zählen, liegen meist zwischen 5 und 50.

Verstärkungsstoffe mit hohem L/D-Verhältnis versteifen Polymermatrices in der Regel stärker als Füllstoffe mit geringerem Aspektverhältnis.

Die Verstärkungswirkung beruht darauf, dass eine angelegte mechanische Spannung von der Polymermatrix aufgenommen wird und auf den Verstärkungsstoff übertragen wird. Je größer das Aspektverhältnis des Verstärkungsstoffes ist, desto besser kann die durch die Spannung verursachte Energie im Material abgeführt werden. Eine Beschichtung der Zusatzstoffe mit Kupplungsreagenzien (sog. Koppler) kann die Verträglichkeit mit der Matrix und damit die Verarbeitbarkeit und auch die resultierenden mechanischen Eigenschaften zusätzlich deutlich verbessern. So gelingt es innovativen Compounding-Betrieben durch optimale Formulierung der Rezeptur und Einsatz von geeigneten Kopplersystemen hochqualitative Compounds herzustellen.

Plättchenförmige Verstärkungsstoffe weisen zwar meist einen geringeren E-Modul wie faserförmige Verstärkungsstoffe auf, erhöhen aber den E-Modul trotzdem beträchtlich. Ein wesentlicher Vorteil der teilchenförmigen Verstärkungsstoffe ist, dass die Endeigenschaften des Kunststoffbauteils durch die Teilchenform nahezu isotrop, also richtungsunabhängig sind. Durch das Aspektverhältnis zwischen 5 und 50 sind plättchenförmige Verstärkungsstoffe, wie beispielsweise Talkum eine sehr gute Lösung, um Kunststoffe zu verstärken, gleichzeitig jedoch die Richtungsabhängigkeit der Eigenschaften nicht allzu sehr negativ zu beeinflussen.

Die Eigenschaftsverbesserung durch Verstärkungsstoffe betrifft beispielsweise:

  • die Erhöhung des E-Moduls
  • die Erhöhung der Biegefestigkeit
  • die positive Beeinflussung des Schwindungsverhaltens
  • die Verbesserung des Kriechverhaltens
  • oder die Erhöhung der Wärmeformbeständigkeit.

Einsatz findet Talkum als Verstärkungsstoff beispielsweise bei der Verstärkung von Polyolefinen, wie HDPE oder PP, für einen vielseitigen Einsatz in der Auto- oder Bauindustrie. Verstärkte Polypropylencompounds sind seit ca. 30 Jahren auf dem Markt. Ende der 60er Jahre wurden erstmals talkum- (TV) und glasfaserverstärkte (GFV) Produkte auf Basis PP angeboten.

Beschichtung

Kunststoffmetallisierung bei einem Duschkopf

Die Beschichtung mit Metallen wird Kunststoffmetallisierung genannt. Einsatz findet es in Bereichen in denen Kunststoff zum Ersatz von Metallen verwendet wird, aber das hochwertigere Aussehen von Metallglanz beibehalten werden soll. In der Automobilindustrie werden galvanisierte Kunststoffelemente in der Außenverkleidung eingesetzt. In Elektrogeräten erlaubt der metallisierte Kunststoff eine Abschirmung. Im Sanitärbereich werden Elemente für Mischbatterien, Dusch-Köpfe und Wasserhahngriffe verwendet.

Kunststoffindustrie

Kunststoffnetz zum Schutz der Trauben

Die kunststofferzeugende Industrie ist ein wichtiger Zweig der chemischen Industrie. 2006 erzielten in diesem Bereich in Deutschland 3570 Unternehmen mit rund 372.900 Arbeitnehmern einen Gesamtumsatz von 79,4 Milliarden Euro.[25] Tätig sind sie in den sich teilweise überschneidenden Teilgebieten

  • Kunststofferzeugung
  • Kunststoffverarbeitung
  • Kunststoffmaschinenbau

Die Kunststofferzeugung erfolgt zu großen Teilen bei global agierenden Chemiekonzernen wie beispielsweise Basell, BASF, Bayer, Celanese/Ticona, Dow Chemical, DSM, DuPont und Solvay. Sie liefern ein begrenztes Sortiment an Kunststoffen in Mengen von teilweise mehreren 100 kt pro Jahr.

Verarbeitung

Das Blasform-Verfahren zur Herstellung von Kunststoffflaschen

Die Kunststoffverarbeitung ist Gegenstand eines eigenständigen Industriezweiges. Dabei kommen überwiegend Urformverfahren zum Einsatz, die im Gegensatz zu den metallischen Werkstoffen bei wesentlich geringeren Verarbeitungstemperaturen (bis 430 °C) ablaufen. Dadurch können die Fertigungseinrichtungen (sog. Werkzeuge) mehrfach verwendet werden und erlauben so eine kostengünstige Fertigung.

Es kommt eine Vielzahl von Verfahren zum Einsatz, die teilweise ihren Ursprung in der wesentlich älteren Metallbearbeitung haben und auf die Eigenschaften der Kunststoffe abgestimmt und weiterentwickelt wurden. So ist beispielsweise das Spritzgießen für Kunststoffe dem Druckguss für Metalle sehr ähnlich. Andere Verfahren, wie das Extrudieren oder Blasformen sind nur für Kunststoffe gebräuchlich.

Die Schäumverfahren haben wiederum ihren Ursprung bei den Kunststoffen, werden aber, wie Metallschaum, inzwischen auch für andere Werkstoffklassen verwendet. Sie lassen sich weiter in chemische, physikalische oder mechanische Treibverfahren untergliedern.

Für alle diese Verfahren werden spezielle Maschinen und Werkzeuge benötigt, die der Kunststoffmaschinenbau zur Verfügung stellt.

Wichtige Massenkunststoffe

Etwa 90 % der weltweiten Produktion (jährlich etwa 150 Mio. t.) entfallen in der Reihenfolge ihres Anteils auf die folgenden sechs Kunststoffe:[26]

Polyethylen

Polyethylen wird hauptsächlich in drei unterschiedlichen Qualitäten hergestellt: HD-PE (High-Density-PE), LLD-PE (Linear-Low-Density-PE), LD-PE (Low-Density-PE). HD-PE wird mittels Ziegler-Natta-Katalysatoren synthetisiert, seine Ketten zeigen einen sehr hohen Ordnungs- und niedrigen Verzweigungsgrad. Diese können sich daher im Festkörper effizient anordnen, so dass ein teilkristallines Material entsteht, dessen Dichte höher ist als die von LD-PE (beide weisen aber eine Dichte auf, die geringer ist als die von Wasser). Es wird zur Fertigung von Flaschen, Getränkekästen, Fässern, Batteriegehäusen, Eimern, Schüsseln, etc verwendet. LD-PE wird unter hohem Druck in der Gasphase polymerisiert, in LLD-PE werden 1-Buten, 1-Hexen und 1-Octen einpolymerisiert, um so einen kontrollierten Verzweigungsgrad zu erzeugen. Beide Varianten weisen so einen geringen kristallinen Anteil und einen hohen oder mittleren Verzweigungsgrad auf. Das Material besitzt hervorragende filmbildende Eigenschaften und wird vor allem zur Herstellung von Verpackungsfolien für Zigarettenpäckchen, CDs, Bücher, Papiertaschentücher, etc, sowie Tragetaschen verwendet.

Deckel der TicTac-Packung aus PP

Polypropylen

Polypropylen wird fast ausschließlich auf metallkatalytischem Wege hergestellt, da nur das so erhaltene kristalline Material kommerziell verwertbare Eigenschaften aufweist. Es handelt sich um einen sehr harten, festen und mechanisch belastbaren Kunststoff mit der geringsten Dichte aller Massenkunststoffe. Aufgrund dieser Eigenschaften hat es teilweise bereits Metallwerkstoffe verdrängt. Wie bei dem rechts abgebildeten Deckel zeigt es außerdem den sogenannten Filmscharniereffekt, d. h. es kann durch einen dünnen Film Gehäuse und Deckel miteinander verbinden, ohne aufgrund der Biegebelastung zu brechen. Ein erheblicher Teil des weltweit hergestellten Polypropylens wird für Lebensmittelverpackungen aufgewendet, weitere Anwendungsgebiete sind:

  • Automobilindustrie: als Material für Luftfiltergehäuse, Spoiler, Scheinwerfergehäuse, Sitzbezüge und Gaspedale.
  • Bauwesen: Gartenmöbel, Klodeckel, Kunstrasen, Möbelscharniere, etc.
  • Sonstiges: Brillenetuis, Koffer, Schulranzen, sterilisierbare medizinische Geräte.
PVC-Rohre

Polyvinylchlorid

Polyvinylchlorid galt aufgrund des ungewöhnlich hohen Chloranteils, und der damit bei der Verbrennung entstehenden Nebenprodukte wie Chlorgas und Chlorwasserstoff (Salzsäure), lange Zeit als umweltschädlichster Kunststoff. Zudem ist das zur Herstellung benötigte Vinylchlorid krebserregend. Inzwischen führt man jedoch den Chloranteil auch als positiven Aspekt an (Einsparung von Rohöl). Man unterscheidet generell zwischen Hart-Polyvinylchlorid und durch Zusatz von Weichmachern hergestelltes Weich-Polyvinylchlorid. Hart-PVC ist ein amorpher Thermoplast und besitzt eine hohe Steifigkeit und Härte. Es ist extrem schwer entflammbar, kann in der Hitze eines bestehenden Brandes allerdings Chlorwasserstoff und Dioxine freisetzen. Es zeigt eine sehr gute Beständigkeit gegen Säuren, Basen, Fette, Alkohole und Öle. Aus diesem Grund wird es auch vor allem zur Herstellung von Abwasserrohren und Fensterprofilen eingesetzt. Gravierende Nachteile sind seine sehr geringe Wärmebeständigkeit, es kann dauerhaft nur bis 65 °C und kurzfristig bis 75 °C eingesetzt werden, und seine Neigung zum "Weißbruch" beim Biegen. Weich-PVC ist ein gummielastischer, lederähnlicher Thermoplast. Wichtige Anwendungen sind die Herstellung von Bodenbelägen, Dichtungen, Schläuchen, Kunstleder, Tapeten, Dachbahnen, Wood-Plastic-Composite-Produkte etc.

Schaumpolystyrol als Verpackungsmaterial

Polystyrol

Polystyrol wird überwiegend als amorpher Thermoplast hergestellt, durch neuere Entwicklungen gibt es aber mittlerweile auch kristallines Polystyrol, dieses hat aber geringere Bedeutung. Beide Varianten zeichnen sich durch geringe Feuchtigkeitsaufnahme, gute Verarbeitbarkeit und sehr gute elektrische Eigenschaften aus. Sie unterscheiden sich in ihrer Schlagfestigkeit. Nachteile sind seine Neigung zur Spannungsrissbildung, die geringe Wärmebeständigkeit, Entflammbarkeit und seine Empfindlichkeit gegenüber organischen Lösungsmitteln. Mittels Kohlenstoffdioxid bei der Polymerisation aufgeschäumtes Polystyrol wird unter anderem als Styropor vertrieben.

Anwendungsgebiete:

  • Elektrotechnik: als Isolierung von elektrischen Kabeln, Material für Gehäuse, (als High Impact Polystyrene (HIPS)), Schalter, etc.
  • Bauindustrie: als Dämmstoff (Schaumpolystyrol)
  • Verpackungen: Schaumpolystyrol, Verpackungsfolien, Joghurtbecher, etc.
Schwamm aus Polyurethan

Polyurethan

Die Eigenschaften von Polyurethanen können durch Wahl der Isocyanat- oder Urethan-haltigen Monomerkomponenten sehr stark in ihrer Elastizität variiert werden. So werden sehr elastische PUR-Textil-Fasern (Elastan) aus Polyestern und Urethan-haltigen Polyestern hergestellt, ebenso dienen Urethan-haltige Polymere als Zusatz in Lacken und Materialien für Leiterplatten (Bectron).

  • Die bekannteste Anwendung dürften Polyurethanschaumstoffe sein. Sie dienen als Matratzen, in Autositzen, Sitzmöbeln, Dämmmaterial, Schwämmen, etc. Auch hier können mittels der Wahl der Einzelkomponenten die genauen Materialeigenschaften eingestellt werden.
  • Die wichtigste Anwendung ist wohl für den Rostschutz der Auto-Karosserien verantwortlich. Auf den blanken Eisenkarossen werden Hydroxygruppen-haltige und Urethangruppen-haltige Einzelpolymere abgeschieden. Bei 120–160 °C werden diese dann untereinander vernetzt, es bildet sich eine überall gleichdicke rostverhindernde Polymerschicht auf dem Eisen.
Flasche aus PET

Polyethylenterephthalat

Polyethylenterephthalat ist ein Polyester aus Terephthalsäure und Ethylenglycol. Es kristallisiert sehr langsam, so dass man auch hier je nach Anwendungsbereich amorphes und teil-kristallines (C-PET) Material herstellen kann. C-PET besitzt hohe Steifigkeit, Härte, Abriebfestigkeit und ist beständig gegen verdünnte Säuren, Öle, Fette und Alkohole. Es ist jedoch empfindlich gegenüber heißem Wasserdampf.

Anwendungsbeispiele:

  • Elektrotechnik: Teile für Haushalts- und Küchengeräte, Computer, etc.
  • Maschinenbau: Zahnräder, Lager, Schrauben, Federn.
  • Fahrzeugtechnik: Sicherheitsgurte, LKW-Abdeckplanen
  • Medizin: Implantate wie beispielsweise Gefäßprothesen

Amorphes PET zeigt eine geringere Steifigkeit und Härte als C-PET, aber bessere Schlagzähigkeit. Da es transparent, aber leichter als Glas ist, wird es als Material für Getränkeflaschen und Verpackungen für Lebensmittel und Kosmetika verwendet. In der Elektrotechnik finden PET-Folien als Trägermaterial für Magnetbänder Verwendung.

Hochleistungspolymere

Neben den Kunststoffen, die in großen Mengen für Massenartikel hergestellt werden, wurden in der Vergangenheit auch Polymere für Spezialanwendungen entwickelt. Als einige Beispiele sind zu nennen:

Flüssigkristalline Polymere

Zwei Polyamidketten des Kevlar in paralleler Orientierung

Als Flüssigkristalline Polymere (engl. Liquid Crystalline Polymers (LCP)) bezeichnet man Polymere, deren Ketten in der Schmelze sogenannte Flüssigkristalline Phasen bilden. In Kristallen liegt generell eine feste Ordnung vor, während in Flüssigkeiten/Schmelzen die Verteilung der Moleküle oder Atome in der Regel weitgehend zufällig ist. Insofern stellt der Ausdruck "flüssigkristallin" eigentlich einen Widerspruch dar. In LCPs orientieren sich die Polymerketten jedoch aufgrund intramolekularer Wechselwirkungen parallel zu Bündeln an. So bilden beispielsweise aromatische Polyamide in Schwefelsäure in Verbindung mit Calcium- oder Lithiumchlorid derartige Phasen.[27] Presst man eine derartige Lösung aus einer Spinndüse durch einen Zwischenraum mit Luft in ein Fällbad (Dry-Jet-Wet-Spinnverfahren), erhält man Fasern, in denen die Ketten in Richtung der Längsachse orientiert sind.[28] Derartige Fasern sind in der Lage, eine für Kunststoffe ungewöhnlich hohe Zugbelastung auszuhalten, die vergleichbar mit Metallen oder Kohlenstofffasern ist. Aufgrund ihrer geringen Dichte setzt man sie, eingebettet in Kunstharze (Composites) im Flugzeug- und Fahrzeugbau ein. Weitere Anwendungen sind schusssichere Westen, Schutzhelme, Schutzanzüge, Surfbretter, Segelbootbau, etc. Wichtige Marken sind: Kevlar, Nomex und Faser B.

Elektrisch leitende Polymere

Kunststoffe gelten im Allgemeinen als hervorragende Isolatoren. Das liegt daran, dass Polymeren die Grundvoraussetzung für elektrische Leitfähigkeit, quasi freie Elektronen, völlig fehlt. Durch Zugabe von Substanzen (Dotierung), die entweder der Kette Elektronen zuführen (Reduktion) oder durch Entfernung (Oxidation) freie Stellen für die Elektronenbewegung schaffen, ist es möglich elektrisch leitfähige Polymere zu erzeugen. So werden beispielsweise Polyacetylen und Poly(p-phenylen) elektrisch leitend, wenn man sie mit Brom, Iod oder Perchlorsäure dotiert. Weitere wichtige elektrisch leitende Polymere sind Polyanilin, dotiert mit Salzsäure und Polypyrrol aus anodischer Oxidation. Anwendungen sind Materialien für Elektroden und Batterieelemente, sowie antistatische Beschichtungen. Durch geeignete Dotierung können den bisher genannten Polymeren auch halbleitende Eigenschaften verliehen werden. Aus solchen Materialien bestehen beispielsweise Polymer-Leuchtdioden. Für die Entwicklung leitfähiger Polymere wurde den Wissenschaftlern Alan J. Heeger, Alan G. MacDiarmid und Hideki Shirakawa im Jahre 2000 der Nobelpreis für Chemie verliehen.

Kunststoffe in der Medizin

Einweg-Kunststoffspritze mit Kanüle

Kunststoffe erfüllen in der Medizin vielfältige Aufgaben: Sie dienen als Behälter für Infusionslösungen, Bauteile von medizinischen Geräten, Wegwerfartikel (Spritzen, Pflaster, Katheter, Schläuche etc) und Implantate (Herzklappen, Knochenersatz, Gelenkpfannen, resorbierbare Knochenschrauben etc). Für Materialien, die auf direkte oder indirekte Weise im Kontakt mit lebendem Gewebe stehen, gelten naturgemäß besondere Auflagen: Zum einen darf der Kunststoff den Organismus nicht schädigen, zum anderen darf umgekehrt das biologische Milieu die Materialeigenschaften des Kunststoffs nicht beeinträchtigen. Sind diese Bedingungen erfüllt, spricht man von Biokompatibilität. Wichtigstes Argument für den Einsatz von Kunststoffen in der Medizin war und ist die Hygiene, so konnten medizinische Instrumente aus Glas oder Metall durch Wegwerfartikel aus Kunststoff ersetzt werden.[29] Ein bemerkenswertes Beispiel ist Polymilchsäure (auch: Polylactid), ein Polyester der natürlich vorkommenden Milchsäure. Er wird zu Fasern gesponnen, die als resorbierbare chirurgische Nähfäden Verwendung finden.[26] Nach dem Einsatz der Fäden werden diese enzymatisch abgebaut.[26] Die Dauer der Degradation kann dabei über die Stereochemie (Wahl der Ketten aus rechts- oder linksdrehender Milchsäure) des Polymers eingestellt werden.

Kunststoffe für Hochtemperaturanwendungen

Polyimide sind heterocyclische Polymere, die bis 550 °C stabil sind. Polyimide sind sehr gut chemikalienbeständig und eignen sich als Werkstücke im Maschinenbau (Ventile, Lager) und in der Elektrotechnik für Spulenkörper und als Kabelisolierung und Substrat für Leiterplatten.[30]

Eine andere Klasse, die Polyetherimide, hat einen niedrigeren Erweichungspunkt (ca. 360 °C) und lässt sich mit Standardprozessen der Kunststoffindustrie (Spritzguß) verarbeiten.

Polybenzimidazole (PBI) lassen sich für Schutzanzüge, für feuerfeste Gewebe in Flugzeugen nutzen.[30]

Aromatische Polyamide auf Basis von Poly-m-phenylenisophthalamid (PMI) eignen sich zum Verspinnen aus der Lösung. Diese Faser besitzt eine sehr hohe Reißfestigkeit und eine gute Temperaturstabilität. Erst bei ca. 400 °C verformt sich die Faser und verkohlt dann. Polyaramid-Fasern werden als Schutzkleidung gegen Hitze oder als Innenraumauskleidung in Flugzeugen verwendet.[30]

Carbonisierte und graphitisierte Polymere erhält man durch programmiertes Erhitzen von zwei- oder dreidimensionalen Polymeren in einem Temperaturbereich von 1000 bis 2000 °C in einer Stickstoffatmosphäre. Hierbei erhält man Materialien mit einem graphitartigen Aufbau, z.B. Kohlenstofffäden, Kohlenstoffvließ, Kohlenstoffglas und Kohlenstoffschaum.

Aus Polyacrylnitril lassen sich graphitähnliche Kohlenstofffäden herstellen. Sie sind bis 3000 °C (Inertgas) beständig und können den elektrischen Strom leiten.

Durch Beimischung von Phenol-Formaldehydharzen zu Polyacrylnitril bei einem entsprechend gewählten Aufheizprogramm kann ein glasartiges Material (Kohlenstoff-Glas) hergestellt werden. Es ist bis 1000 °C temperaturstabil, besitzt eine sehr hohe Härte, ist sehr gut beständig gegen Chemikalien und ist undurchlässig für Gase.

Aus der Kombination von Kohlenstofffäden mit Kohlenstoffglas erhält man kohlenstofffaserverstärkten Kohlenstoff (CFC). CFC wird bei Heißgasleitungen, bei Ofenzylindern, bei Schrauben, bei Bremsscheiben von Flugzeugen eingesetzt.[30]

Kohlenstoffschaum erhält man durch Erhitzen eines Duroplasten, z.B. eines Phenol/Formaldehyd-Hartschaums, auf 1000 bis 1500 °C. Hierbei lässt sich ein offenporiger Kohlenstoffschaum mit einer Temperaturbeständigkeit in Luft bis zu 350 °C und in Stickstoff bis zu 4000 °C herstellen. Die Dichte beträgt weniger als 0,1 g/cm3. Dieser Schaum wird insbesondere zur Wärmeisolation im Ofenbau verwendet.


Kunststoffseile als Ersatz für Stahlseile

Seile aus Hochleistungskunststoffen können in manchen Bereichen Stahlseile ersetzen, etwa bei geforderter höherer Zugfestigkeit, geringerem Gewicht, Korrosionsfreiheit, Chemikalienbeständigkeit, geringere Dehnungsfähigkeit, nicht stromleitend oder magnetisierbar. Beispiele wären

  • HMPE - High Modulous Polyethelene: Spectra, Plasma, Dyneema
  • LCP - Liquid Crystal Polymer: Vectran
  • Aramid - Kevlar, Twaron, Technora
  • PBO -phenylene benzobisoxazole - Zylon
  • Polyester - PET, PEN
  • Polyamide - Nylon

Umweltproblematik

Durch Kunststoffabfälle strangulierte Basstölpel auf Helgoland
Abfallbeutel aus biologisch abbaubarem PLA-Biokunststoff

Da aus Kunststoffen auch Wegwerfartikel gefertigt werden, ergibt sich zwangsläufig das Problem der Entsorgung. Die polymeren Bestandteile der Kunststoffe sind zum einen nicht wasserlöslich und zum anderen nicht in der Lage, die Zellmembranen von Mikroorganismen zu passieren; das heißt, eine Wechselwirkung mit lebenden Organismen ist außer bei den biologisch abbaubaren Kunststoffen weitgehend ausgeschlossen. Dies hat zwar den Vorteil, dass Polymere als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden können, aber eine Umwandlung in der belebten Natur ebenso ausgeschlossen werden kann. Kunststoffe verrotten also nur sehr langsam. Sie sind meist wenig UV-stabil (Sonnenlicht) und vergilben und/oder verspröden, ihre Elastizität geht verloren. Mikroorganismen können Kunststoffe im Grunde nur durch extrazelluläre Enzyme verarbeiten, die das Material in kleinere Bestandteile zerlegen, die dann von der Zelle aufgenommen werden können.[31] Allerdings sind die Enzyme zu groß, um effektiv in das verrottende Material einzudringen, so dass dieser Prozess nur als Oberflächenerosion ablaufen kann.[31] Toxische Zwischenstufen der biochemischen Prozesse können sich auch, wenn sie nicht weiter umgesetzt werden können, in der Natur anreichern.[31][32] Gefahr geht auch von den Additiven der Kunststoffe, wie Weichmachern, Farbstoffen oder Flammschutzmitteln aus. Dabei sind als Schadstoffquellen insbesondere flüchtige organische Verbindungen zu nennen. Man verfolgt daher verschiedene Strategien, der Abfallberge Herr zu werden.

Gelangen biologisch nicht abbaubare Kunststoffe in die Umwelt, werden sie zu einer Gefahr. So treiben mehrere Millionen Tonnen Kunststoffmüll in einem so genannten Müllstrudel im Pazifik. Jedes Jahr tötet dieser Müll mehrere hunderttausend höhere Meerestiere. Nach einer Studie der UNEP befinden sich in diesem Strudel bis zu 18.000 Kunststoffteile auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche. Auf ein Kilogramm Plankton kommen hier sechs Kilogramm Kunststoff. Die Größe des Müllstrudels entspricht etwa der Größe von Texas.[33]

Hauptartikel: Plastikmüll in den Ozeanen

Die von Kunststoffen verursachten Umweltprobleme werden u.a. in den Dokumentarfilmen Plastic Planet (2009) des österreichischen Regisseurs Werner Boote sowie in "Plastik über alles" (OV: "Addicted to plastic") (2008) des kanadischen Regisseurs Ian Connacher gezeigt.[34]

Kunststoffrecycling

In Deutschland beispielsweise wird kein Kunststoff mehr deponiert und in der EU soll dieses Ziel bis zum Jahr 2020 erreicht werden. In der Bundesrepublik lag die Recyclingquote im Jahr 2010 bei 45 Prozent, womit Deutschland Vorreiter im europäischen Vergleich ist.[35] Die restlichen 55 % werden thermisch verwertet (Müllverbrennung). Die Kunststoffindustrie hat zur Unterstützung dieses Vorhabens eine Kampagne „Zero Plastics to Landfill by 2020“ gestartet.[36] Inzwischen gibt es auch Industrieunternehmen, die sich auf das Recycling von Plastik spezialisiert haben.

Grundsätzlich lassen sich drei Möglichkeiten der Weiterverwertung erschließen:

Werkstoffliche Verwertung

LKW mit recyclebaren Kunststoffabfällen in China

Thermoplaste lassen sich, einmal zu einem Werkstück geformt, wieder einschmelzen und zu einem neuen Produkt formen. Die Abfolge von Wärmebehandlungen führt allerdings bei vielen Verfahren zu einem fortschreitenden Qualitätsverlust des Materials (Downcycling).[37] Größtes Problem bei einer erneuten werkstofflichen Verwertung ist allerdings die Trennung der einzelnen Kunststoffe. Mischt man verschiedene Polymere in einem Material, führt dies in der Regel zu einem starken Qualitätsverlust und wesentlich schlechteren mechanischen Eigenschaften. Um die Trennung zu erleichtern, führte man 1988 den Recycling-Code ein. Die Wiederverwertung nicht sortenreiner Abfälle, wie beispielsweise Hausmüll gestaltet sich aber dennoch sehr schwierig. Die gängigen Trennverfahren sind sehr personalintensiv und erfordern einen hohen Einsatz an Wasser und Energie, so dass hier sowohl eine Kosten-Nutzen-Rechnung, als auch die Ökobilanz negativ ausfallen.

Ein neuartiges Verfahren, das ein Recycling ohne Qualitätsverlust ermöglicht, ist Vinyloop. Eine von der Dekra überprüfte Studie belegt außerdem, das daraus erstellte Produkte einen wesentlich geringeren ökologischen Fußabdruck haben.[38] Es wurde nach den Olympischen Sommerspielen 2012 angewandt, um Teile der Spielstätten zu recyclen, unter anderem die Water Polo Arena oder das Royal Artillery Barracks. Somit konnte die PVC-Policy eingehalten werden.[39]

Die werkstoffliche Verwertung wird daher zurzeit fast ausschließlich dort eingesetzt, wo große Mengen eines sortenreinen Materials zur Verfügung stehen. Beispielsweise werden in Deutschland Schaumpolystyrolverpackungen gesammelt, die eine erneute Verwertung als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft oder bei der Herstellung von Schaumpolystyrol-Beton oder Ziegelsteinen finden. Die Recyclingquote für Schaumpolystyrol betrug im Jahre 2000 etwa 70 Prozent.[37] Für PVC existiert ebenfalls ein Rücknahmesystem, gesammelt werden vor allem Fußbodenbeläge, Dachbahnen, Fensterprofile und PVC-Rohre. Weitere Anwendungsbereiche für die werkstoffliche Wiederverwertung sind zum Beispiel in der Wiederverwertung von Fahrzeugen oder Getränkeflaschen, oder in Ländern der zweiten oder dritten Welt, wo das Sammeln sortenreiner Kunststoffabfälle zum Einkommen beiträgt. So entstehen aus den Sekundärrohstoffen erneut Verpackungen oder Produkte wie Fensterprofile, Rohre, Blumen- und Getränkekästen, neue Folien, Fensterrahmen oder Gießkannen.

Rohstoffliche Verwertung

Durch Pyrolyse lassen sich Kunststoffe wieder in die jeweiligen Monomere oder weitere petrochemisch verwertbare Stoffe, wie Methanol oder Synthesegas spalten. Für die Gewinnung der Monomere ist aber ebenfalls die Verfügbarkeit sortenreinen Materials Voraussetzung. Beispiele sind das Hamburger Verfahren,[40] das zurzeit von der BP betrieben wird und sowohl zur Gewinnung von Monomeren, als auch petrochemischer Rohstoffe dient und das von Walter Michaeli und anderen entwickelte Verfahren der degradativen Extrusion,[41] das in der Lage ist, vermischte Kunststoffabfälle in rohstofflich verwertbare Gase, Wachse und Öle umzuwandeln. Diese Verfahren werden naturgemäß vor allem für die Verwertung von Mischkunststoffen genutzt, die sich nur unter großem Aufwand trennen lassen würden.

Energetische Verwertung

Bei der energetischen Verwertung werden die Kunststoffe zur Energiegewinnung genutzt. Dies geschieht fast ausschließlich durch Verbrennung. Einsatzgebiete sind vor allem Hochöfen, Zementwerke, Kraftwerke etc. Die dort vorherrschenden hohen Temperaturen sorgen für eine vollständige und schadstoffarme Verbrennung. Der Heizwert von Kunststoffen entspricht ungefähr dem von Steinkohle.

Biologisch abbaubare Kunststoffe

Hauptartikel: Biokunststoff
Mulchfolie aus bioabbaubarem PLA-Blend
Biologisch teilweise abgebaute Mulchfolie aus PLA-Blend

Seit etwa 1990 forscht man intensiv an durch Kompostierung entsorgbaren Kunststoffen. Definiert wird die Prüfung der Kompostierbarkeit von Kunststoffen seit 1998 unter der DIN-Norm V 54900. Damit ein Kunststoff biologisch abbaubar wird, muss er Angriffsstellen für die Enzyme der Mikroorganismen bieten, die ihn für ihren eigenen Stoffwechsel nutzen wollen. Diese Enzyme verwandeln die langen Polymerketten in handlichere wasserlösliche Bruchstücke. Dazu kann man bereits natürlich vorkommende Polymere (Biopolymere) nutzen, oder in synthetisch hergestellte Ketten Einheiten wie Zucker, Bernsteinsäure oder Milchsäure integrieren. Entscheidend ist die Anwesenheit von Heteroatomen wie Stickstoff oder Sauerstoff im Kunststoff.[31] So sind die meisten der bisher etwa 30 bekannten, vermarktungsfähigen, biologisch abbaubaren Kunststoffe Polyester, Polyamide, Polyesterurethane und Polysaccharide.[31] Bei synthetisch hergestellten Polyestern und -amiden besteht das Problem, dass gerade die Eigenschaften, die die Schlag- und Zugfestigkeit der Materialien ausmachen (intramolekulare H-Brücken in Amiden, aromatische Komponenten in Polyestern), einer Verwertung durch die Natur entgegenstehen.[31] Eine Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit bedeutet so auch fast immer eine Verschlechterung der Werkstoffeigenschaften. Die Weltproduktion an biologisch abbaubaren Kunststoffen betrug im Jahr 2007 300.000 Tonnen (im Vergleich zu 240 Mio. Tonnen Standardkunststoff).[42]

Polysaccharide

Polysaccharide (Stärke, Cellulose) dienen der Natur als Energiespeicher und Gerüstsubstanzen. Unzählige Einfachzucker (wie Glukose oder Fruktose) bilden lange Ketten und stellen somit natürlich vorkommende Polymere dar, die als solche auch von der Natur abgebaut werden können. Sie sind billig und in großen Mengen verfügbar, zeigen allerdings einen gravierenden Nachteil: Sie können nicht durch Aufschmelzen zu Folien, Formteilen oder Fasern verarbeitet werden, d. h. sie sind nicht thermoplastisch formbar.[31] Die thermoplastische Formbarkeit ist jedoch gerade einer der großen Vorzüge von Kunststoffen. Eine Veresterung der freien OH-Gruppen der Zucker verbessert zwar die Materialeigenschaften, setzt aber auch ihre Fähigkeit zur biologischen Abbaubarkeit herab.[31] Will man also Polysaccharide als Werkstoff einsetzen, muss man einen Kompromiss zwischen Werkstoffeigenschaften und biologischer Abbaubarkeit finden.

Polyhydroxybuttersäure (PHB)

Polyhydroxybuttersäure ist ein ebenfalls natürlich vorkommendes Polymer,[43] das von bestimmten Mikroorganismen zur Energiespeicherung gebildet wird. Durch Fermentation können diese dazu angeregt werden, das Polymer bis zu 90 % ihrer eigenen Masse anzureichern.[31] Es ist als Biopolymer biologisch abbaubar und zeigt Materialeigenschaften, die denen von Polyestern ähneln.[31] Gegenwärtig forscht man daran, PHB auch in gentechnisch veränderten Pflanzen produzieren zu können („Plastikkartoffeln“).[31]

Mögliche Anwendungsgebiete
  • Agrarwirtschaft: verrottende Mulchfolien, Pflanzentöpfe
  • Abfallentsorgung: Entsorgung von besonders verdrecktem, nur schlecht recyclebarem Müll, wie Lebensmittelverpackungen, Windeln, etc
  • Landschaftspflege: Verringerung des Littering
  • Fischerei: verlorene Fischernetze stellen eine latente Gefahr für größere Meereslebewesen dar
  • Kunstdünger: als Hüllsubstanzen für Dünger, so dass dieser langsamer und dosierter wirken kann (Controlled release).[31]

Produktionsstatistik von Kunststoffen

Jahr Weltproduktion (jato)[44]
1930 10.000
1949 1.000.000
1965 15.000.000
1976 50.000.000
2003 200.000.000
2008 280.000.000


Produktion von Kunststoffen in Deutschland 2007

Substanzklasse Jahresproduktion in Tonnen Umsatz in Mio. Euro mittlerer Grundpreis in Euro je Tonne
Polyethylen (d>0,94) 1.786.268 1.275 713,78
Ethylen-Polyvinylacetat 31.424 43,5 1384,29
Expandierbares Polystyrol 475.606 515 1082,83
Anderes Polystyrol 426.272 145,5 341,33
Einheitliches Polyvinylchlorid 1.564.029 1.101 703,95
Weichgemachtes Polyvinylchlorid 113.212 148,4 1310,82
Vinylchlorid-Vinylacetat-Copolymere 437.527 356,5 814,81
Polyacetale 140.244 333 2374,43
Polyetheralkohole 566.463 562,7 993,36
Epoxidharze (Formmassen) 99.320 55,2 555,78
Epoxidharze (Klebstoffe) 22.406 40,3 1798,63
Epoxidharze (andere) 179.426 343,2 1912,77
Polycarbonate 326.279
Alkydharze 255.622 208,4 815,27
Polyethylenterephthalat 534.093 615,1 1151,67
Andere Polyester 489.338 583 1191,41
Polypropylen 1.928.257 1.429 741,08
Polypropylen-Copolymere 493.962 298 603,29
Vinylacetat-Copolymere, wässrig (Klebstoffe) 227.115 132,2 582,08
Acrylpolymere 201.325 562,7 2794,98
Acrylpolymere (Formmassen) 600.940 801,9 1334,41
Andere Acrylpolymere 952.756 650,5 682,76
Polyamide (Formmassen) 587.024 1.296 2207,75
Anderes Polyamid 610.896 732,6 1199,22
Harnstoffharze 1.013.900 358 353,09
Melaminharze 355.616 338,9 952,99
Andere Aminoharze, Polyurethane 493.962 298 603,29
Andere Phenolharze 256.604 296,5 1155,48
Andere Polyurethane 1.065.888 1.666 1563,02
Andere Silikone 427.141 1.570 3675,60
Celluloseether und Derivate 188.348 544 2888,27
Synthetischer Kautschuk, Latex 728.442 562,1 771,65

Gesundheitsgefahren

Die Polymerstrukturen der Kunststoffe selbst gelten, da die Zellen lebender Organismen nicht in der Lage sind sie aufzunehmen, als biologisch inaktiv und somit vollkommen unbedenklich. Gefahr kann allerdings von den zugesetzten Additiven ausgehen. Diese können an der Oberfläche des Materials austreten (Ausschwitzen). Aus diesem Grunde gelten für Lebensmittelverpackungen, Kunststoffe in der Medizin und ähnliche Anwendungen besonders strenge Auflagen hinsichtlich der Verwendung von Additiven. Die in solchen Bereichen eingesetzten Kunststoffe bedürfen einer Zulassung, beispielsweise durch die FDA.

In diesem Zusammenhang ist in der Vergangenheit vor allem Weich-PVC in die Kritik geraten, da diesem Kunststoff besonders große Mengen an Weichmachern zugesetzt werden. Es ist daher schon seit langem nicht mehr als Verpackung für Lebensmittel zugelassen. Ebenso ist in der Europäischen Union Herstellung und Vertrieb von Spielzeug für Kinder bis drei Jahre aus Material untersagt, welches Phthalat-Weichmacher enthält. Allerdings werden bis heute vor allem in Fernost produzierte Spielzeuge aus Weich-PVC verkauft.

Einzelnachweise

  1. Deutsches Kunststoff Museum – Rezept zur Herstellung von Kunsthorn
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8 Handbuch der experimentellen Chemie Sekundarbereich II, Band 12, Kunststoffe, Recyling, Alltagschemie, S.21, Aulis & Deubner Verlag GmbH & Co. KG. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Schule“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  3. Deutsches Patent 28877
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  5. Hermann Staudinger: Über Polymerisation. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 53, 1920, S. 1073.
  6. Hermann Staudinger: Die Struktur des Gummis. VI. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Abteilung B: Abhandlungen, 57B, 1924, S. 1203–1208.
  7. Hermann Staudinger: Die Chemie der hochmolekularen organischen Stoffe im Sinne der Kekuleschen Strukturlehre. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 59, 1926, S. 3019–3043
  8. Hermann Staudinger, K. Frey, W. Starck: Verbindungen hohen Molekulargewichts IX. Polyvinylacetat und Polyvinylalkohol. In: Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft, Abteilung B: Abhandlungen, 60B, 1927, S. 1782–92.
  9. Deutsches Patent Nr. 961537: Verfahren zur Herstellung von Aluminiumtrialkylen und Aluminiumalkylhydriden, Erfinder: K. Ziegler; H.-G. Gellert
  10. Karl Ziegler, Hans Georg Gellert, Herbert Lehmkuhl, Werner Pfohl, Kurt Zosel: Organometallic compounds. XXVI. Trialkylaluminum and dialkylaluminum hydride from olefins, hydrogen, and aluminum. In: Ann., 629, 1960, S. 1–13.
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  15. 15,0 15,1 15,2 J. M. G. Cowie: Chemie und Physik der synthetischen Polymeren. Vieweg, 2 Ed., 1997, ISBN 3-528-06616-4 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Cowie“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Cowie“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
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  31. 31,00 31,01 31,02 31,03 31,04 31,05 31,06 31,07 31,08 31,09 31,10 31,11 Müller, R.-J, Biologie in unserer Zeit, 30, 2000, S. 218.
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Literatur

Bücher

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  • Otto Friedrich Schwarz: Kunststoffkunde. 7.Aufl. Vogel, Würzburg 2002, ISBN 3-8023-1917-6.
  • Gottfried W. Ehrenstein: Polymer-Werkstoffe. 2. Aufl. Carl Hanser Verlag, München 1999, ISBN 3-446-21161-6.
  • Brigitta Huckestein, Thomas Plesnivy: Möglichkeiten und Grenzen des Kunststoffrecyclings. In: Chemie in unserer Zeit. 34.2000,5, S. 276–286. ISSN 0009-2851
  • Hans Domininghaus: Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften. 6. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg 2005, ISBN 3-540-21410-0.
  • H. Michler: Kunststoff-Mikromechanik. Hanser Verlag, München/Wien 1992, ISBN 3-446-17068-5.
  • Gächter, Müller: Kunststoffadditive. 3. Ausgabe. Hanser Verlag, München/Wien, 1990, ISBN 3-446-15627-5.
  • HANDBUCH DER EXPERIMENTELLEN CHEMIE SEKUNDARBEREICH II. Band 12, Kunststoffe, Chemie des Alltags. Aulis Verlag Deubner & Co., Köln, ISBN 3-7614-1888-4.
  • Lars Rominger: Qualitative Kunststoffanalytik. Thermoplaste. Leichtverständliche Einführung 3., überarbeitete Ausgabe. BOD Verlag, Norderstedt, ISBN 978383110052182.

Zeitschriften u. Aufsätze

  • Kunststoff-Magazin. Die Kennziffern-Fachzeitschrift der Kunststoff- und Kautschukbranche. Hoppenstedt, Darmstadt 1995ff. ISSN 0941-8520
  • Plastverarbeiter (PV). internat. Fachzeitschr. für Verarbeitung, Gestaltung und Anwendung von Kunststoffen. Hüthig, Heidelberg 1.1950,Apr.ff. ISSN 0032-1338
  • Kunststoffe, Synthetics. Fachzeitschrift für Herstellung, Verarbeitung und Anwendung von Kunststoffen und neuen Werkstoffen. Vogt-Schild, Solothurn 23.1992,6ff. ISSN 1021-0601
  • Kunststoffe (KU). Werkstoffe, Verarbeitung, Anwendung. Organ deutscher Kunststoff-Fachverbände. Fachzeitschrift für Kunststofftechnik. Hanser, München 1.1911ff. ISSN 0023-5563
  • Harald Cherdron: Moderne Aspekte der Kunststoffe, Chemie in unserer Zeit, 9. Jahrg. 1975, S. 25-32, ISSN 0009-2851
  • Karlheinz Hillermeier und Albrecht Hille: Polyesterfaserverstärkung von duroplastischen Formmassen, BMFT Forschungsbericht, T83-155 (1983), ISSN 0340-7608
  • Klaus G. Kohlepp: Wachstum im Wandel der Zeiten – Entwicklungsgeschichte der Kunststoffe. Kunststoffe 5/2005, S. 22–32 (2005), ISSN 0023-5563
  • Klaus Möbius: Kunststoffe in aller Welt. Chemiker-Zeitung – Chemische Apparatur 83(20), S. 693–699 (1959), ISSN 0009-2894
  • Hans Priess: Zur Umbenennung der Kunststoffe in „Polyplaste“. Chemiker-Zeitung 74(21), S. 265 ff. (1950), ISSN 0009-2894
  • Lars Rominger: Es muss nicht immer Kunststoff sein. Kunststoffe-Synthetics Nr.1–2, S. 8 (2007).
  • Lars Rominger: Forschung. KTI-Innovationsprojekt. Ein Kunststoff, der leitet und isoliert. SwissPlastics Nr.5, S. 16–17 (2009).
  • Lars Rominger: KIS Kunststoff-Identifikations-System. Analytik, Lexikon und Konstruktion (Materialauswahl) vereint in einer Software. Schweizerische Laboratoriums Zeitschrift. Nr. 5. S. 126 - 130. (1998).
  • Lars Rominger: Das Know how im Koffer. Laborkoffer KEK Kunststoff-Erkennungs-Kit. SwissPlastics Nr. 7-8. Seite 20. (2007).
  • Lars Rominger: Kunststoff mit Eigenschaften wie Aluminium. Kunststoff leitet Wärme und isoliert Elektrizität. Plastverarbeiter Nr. 9. Seite 110 - 112. (2012).
  • Dietrich Braun: Der lange Weg zum Makromolekül – Polymerforschung vor Hermann Staudinger. In: Chemie in unserer Zeit. 46, Nr. 5, 2012, ISSN 0009-2851, S. 310-319, doi:10.1002/ciuz.201200566.

Institute

Weblinks

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