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Karlheinz Blaschke

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Karlheinz Blaschke (* 4. Oktober 1927 in Schönlinde, Tschechoslowakei; † 25. Dezember 2020 in Moritzburg (Sachsen)) war ein deutscher Archivar und Historiker. Er galt als der Nestor der sächsischen Landesgeschichtsforschung nach dem Zweiten Weltkrieg.[1]

Leben

Blaschke wuchs in Leipzig auf und studierte seit 1946 an der dortigen Universität Geschichte, Germanistik und Latinistik. Im Dezember 1950 wurde er als Schüler Rudolf Kötzschkes mit einer Arbeit über die fünf neuen Leipziger Universitätsdörfer promoviert. Im Anschluss nahm er eine Ausbildung am Potsdamer Institut für Archivwissenschaft bei Heinrich Otto Meisner auf. Als Gegner des politischen Systems in der DDR trat Blaschke 1956 aus der CDU aus.

Während seiner von 1951 bis 1968 dauernden wissenschaftlichen Tätigkeit im Landeshauptarchiv Dresden entstand das 1957 veröffentlichte vierbändige Historische Ortsverzeichnis von Sachsen. 1962 habilitierte sich Blaschke mit einer Arbeit zur Bevölkerungsgeschichte von Sachsen bis zur Industriellen Revolution an der Universität Leipzig, wo er jedoch keine Lehrberechtigung erhielt. Blaschke galt als sogenannter „bürgerlicher Historiker“, der sich im Gegensatz zu seinen marxistischen Kollegen auch weiterhin der wissenschaftlichen Erforschung der sächsischen Landesgeschichte widmete und sich gegen deren politisch motivierten Ersatz in Form einer marxistischen Regionalgeschichte verwahrte. Mit dieser Einstellung galt der bekennende Christ als kritischer und unliebsamer Geist, dem sich kaum mehr Spielräume boten und keine Karrieremöglichkeiten in der staatlichen Hochschullandschaft eröffneten.

Deshalb übernahm Blaschke 1969 die einzige nichttheologische Dozentur am Theologischen Seminar Leipzig, einer staatlich nicht anerkannten Hochschule in der Trägerschaft der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. An dem 1990 in Kirchliche Hochschule Leipzig umbenannten und nun auch staatlich anerkannten Institut wurde ihm, wie mehreren anderen Dozenten, am 2. Oktober 1990 der Professorentitel verliehen. Blaschke lehrte dort bis zur Auflösung der Hochschule 1992. Daneben war er seit 1990 als Honorarprofessor an der Philipps-Universität Marburg tätig.

Im Jahr 1991 wurde Blaschke, der ab 1990 wieder der CDU angehörte, zum ersten Leiter des neugebildeten Referats für Archivwesen beim Sächsischen Innenministerium berufen. Nach Beendigung der Aufbauarbeit und der Schaffung neuer Strukturen im sächsischen Archivwesen widmete sich Blaschke wieder der wissenschaftlichen Arbeit. Er folgte 1992 einem Ruf auf den Lehrstuhl für sächsische Landesgeschichte an der Technischen Universität Dresden, den er bis zu seiner Emeritierung 1998 innehatte.

Für sein Werk wurde Blaschke 1999 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Davor wurde er bereits 1997 mit der Sächsischen Verfassungsmedaille ausgezeichnet.

Blaschke war Herausgeber des Neuen Archivs für Sächsische Geschichte, das er 1993 nach 50 Jahren des Nichterscheinens wieder begründete, und des Atlas zur Geschichte und Landeskunde von Sachsen. Die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste berief ihn 1995 zum ordentlichen Mitglied der Geisteswissenschaftlichen Klasse.[2] Er wurde 1990 in die Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften berufen und schied am 31. Dezember 2019 aus der Historischen Kommission aus.[3] Er gehörte ab 1991 der Philologisch-historischen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften als ordentliches Mitglied an. Blaschke war Mitglied zahlreicher Verbände, Kuratorien und Gesellschaften; unter anderem war er 2000 bis 2004 der Präsident der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften.

Er lebte viele Jahre im Moritzburger Ortsteil Friedewald und starb zu Weihnachten 2020.[4]

Wissenschaftliche Bedeutung

Mit seinen Veröffentlichungen zum Nikolai-Patrozinium leistete Blaschke einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der hochmittelalterlichen Siedlungsgeschichte in der Germania Slavica; die Nikolaikirchen sind als Kaufmannskirchen ein wichtiges Indiz für die jeweilige Stadtentstehung. Seine Nikolaikirchen-Theorie wurde jüngst von Fred Sobik angezweifelt.[5] Seine Studien über Moritz von Sachsen führten zu einer grundlegenden Neubewertung des zuvor als „Judas von Meißen“ verschmähten sächsischen Kurfürsten; Blaschke bezeichnet ihn sogar als „bedeutendsten Wettiner“ überhaupt.

Schriften (Auswahl)

Monographien

  • Lauter alte Akten. Den von Formularen geplagten Zeitgenossen zum Trost, zur Belehrung und Erheiterung! Urania-Verlag, Leipzig/Jena 1956, DNB 572421869 (Nachdruck der Originalausgabe: BibSpider, Berlin 2008, ISBN 978-3-936960-31-0).
  • Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1957, DNB 453661025.
  • Bevölkerungsgeschichte von Sachsen bis zur Industriellen Revolution. Böhlau Verlag, Weimar 1967, DNB 456132708 (Habilitationsschrift, Leipzig 1962, DNB 481166130).
  • mit Uwe U. Jäschke: Nikolaikirchen und Stadtentstehung in Europa. Von der Kaufmannssiedlung zur Stadt. Akademie Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-05-005951-8.
  • Sachsen im Zeitalter der Reformation (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte. Band 185). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1970.
  • Moritz von Sachsen. Ein Reformationsfürst der zweiten Generation (= Persönlichkeit und Geschichte. Band 113). Muster-Schmidt Verlag, Zürich/Göttingen 1984, ISBN 3-7881-0113-X.
  • Geschichte Sachsens im Mittelalter. Beck, München 1990, ISBN 3-406-31722-7; Union Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-372-00076-5.
  • Der Fürstenzug zu Dresden. Denkmal und Geschichte des Hauses Wettin. Urania Verlag, Leipzig u. a. 1991, ISBN 3-332-00377-1.
  • Wittenberg – Die Lutherstadt. 4. Auflage. Evangelische Verlags-Anstalt, Berlin 1981.[6]

Herausgeberschaften

  • Moritz von Sachsen – Ein Fürst der Reformationszeit zwischen Territorium und Reich. Internationales wissenschaftliches Kolloquium vom 26. bis 28. Juni in Freiberg (Sachsen) (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte. Band 29). Sächsische Akademie der Wissenschaften, Leipzig 2007, ISBN 978-3-515-08982-1.
  • Geschichte der Stadt Dresden. Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-8062-1906-7.

Literatur

  • Rainer Aurig, Steffen Herzog, Simone Lässig: Der aufrechte Gang. Lebensmaxime und wissenschaftlicher Anspruch. Karlheinz Blaschke zum 70. Geburtstag. In: Dies. (Hrsg.): Landesgeschichte in Sachsen. Tradition und Innovation (= Studien zur Regionalgeschichte. Band 10). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 1997, ISBN 3-89534-210-6, S. 9–13.
  • Karlheinz Blaschke: Als bürgerlicher Historiker am Rande der DDR. Erlebnisse, Beobachtungen und Überlegungen eines Nonkonformisten. In: Karl Heinrich Pohl (Hrsg.): Historiker in der DDR. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-33558-X, S. 45–92 (autobiographischer Aufsatz).
  • Karlheinz Blaschke: Geschichtswissenschaft im SED-Staat. Erfahrungen eines „bürgerlichen“ Historikers in der DDR. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Band 42, Nr. 17/18, 1992, ISSN 0479-611X, S. 14–27 (autobiographischer Aufsatz).
  • Kurzbiografie zu: Karlheinz Blaschke. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
  • Hans K. Schulze: Karlheinz Blaschke zur Feier des siebzigsten Geburtstages. In: Uwe John, Josef Matzerath (Hrsg.): Landesgeschichte als Herausforderung und Programm. Karlheinz Blaschke zum 70. Geburtstag (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte. Band 15). Steiner Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07212-8, S. 1–6.
  • Uwe Schirmer, André Thieme: Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Beiträge zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte Sachsens. Ausgewählte Aufsätze von Karlheinz Blaschke herausgegeben aus Anlaß seines 75. Geburtstages (= Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde. Band 5). Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2002, ISBN 3-935693-82-6, S. 13–15.
  • Martin Schmidt: Widmung. In: Ders. (Hrsg.): Die Oberlausitz und Sachsen in Mitteleuropa. Festschrift zum 75. Geburtstag von Karlheinz Blaschke (= Neues Lausitzisches Magazin. Beiheft 3). Verlag G. Oettel, Görlitz/Zittau 2003, ISBN 3-932693-74-4, S. 9 f.
  • Hans Joachim Meyer: Laudatio. In: Winfried Müller (Hrsg.): Perspektiven der Reformationsforschung in Sachsen. Ehrenkolloquium zum 80. Geburtstag von Karlheinz Blaschke (= Bausteine aus dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde. Band 12). Thelem Verlag, Dresden 2008, ISBN 3-939888-62-1, S. 33–42.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Simone Lässig, Karl Heinrich Pohl: Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Sachsen im Kaiserreich. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Umbruch. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1997, ISBN 3-412-04396-6, S. 9.
  2. Eintrag Karlheinz Blaschke bei der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste
  3. Mitglieder der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaftenseit 1858
  4. Tomas Gärtner: Der Archivar und Historiker Karlheinz Blaschke ist tot. In: Dresdner Neueste Nachrichten. 29. Dezember 2020, abgerufen am 29. Dezember 2020.
  5. Fred Sobik: Sakralraum und Stadtrechtsraum. Das Beispiel der Nikolaikirche in Wernigerode. In: Dieter Pötschke, Wilhelm Brauneder, Gerhard Lingelbach (Hrsg.): Stadtrechte, Willküren und Polizeiordnungen. Teil 1: Goslar und Wernigerode (= Harz-Forschungen. Band 32). Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte, Berlin 2017, ISBN 978-3-86732-266-9, S. 187–197, hier: S. 187–191.
  6. Peter F. Barton: Marginalien zur Kunst- und Kirchengeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts Die Zeitung mit dem Kürzel „jgp“ wird von dieser Vorlage (noch) nicht unterstützt. Bitte diesen Fehler hier melden! , Jahrgang 1982, S. 44 (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/jgp
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