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Kodizill
Ein Kodizill ist eine im österreichischen Rechtswesen definierte einseitige, jederzeit widerrufliche letztwillige Anordnung, die im Gegensatz zum Testament keine Erbeinsetzung, sondern bloß andere Verfügungen enthält. Ein Kodizill kann zum Beispiel der Ernennung eines Vermächtnisnehmers dienen. Das Aussetzen eines Vermächtnisses bedeutet, dass jemand nur bestimmte, genau bezeichnete Dinge aus dem Nachlass erhalten soll.
- § 553 ABGB: Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt sie Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.
Geschichte
Ursprünglich stammt der Begriff Kodizill aus dem römischen Recht der Kaiserzeit. Augustus behandelte erstmals einen formlosen testamentarischen Nachtrag als gültige Verfügung, was fortan Schule machte. Neben dem streng formgebundenen Testament entstand das Kodizill als eine minder förmliche Art letztwilliger Verfügungen. Häufig war es als Brief an den „Belasteten“ formuliert. Das „Intestatkodizill“ (Erblasser hatte kein Testament (intestatus) hinterlassen) regelte fideikommissarische Anordnungen. Die Wirksamkeit des Kodizills hing von der Wirksamkeit des Testaments ab (Akzessorietät). [1]
Das Kodizill wurde später ins gemeine Recht übernommen, wo es sich beispielsweise im preußischen Allgemeinen Landrecht wiederfand. Es galten dieselben Formvorschriften wie für ein Testament. Bei der Abfassung empfiehlt es sich, den Rat eines Rechtsanwalts oder Notars einzuholen, damit es keine Unklarheiten gibt, wer darüber hinaus Erbe und somit Gesamtrechtsnachfolger sein soll.
Früher wurde das Wort auch für einen Zusatz zu völkerrechtlichen Verträgen verwendet, zum Beispiel das Lappen-Codicill als Zusatz zum Grenzvertrag zwischen den Königreichen Norwegen und Schweden von 1751.
Im deutschen Recht wird der Begriff heutzutage nicht mehr verwendet. Mit Inkrafttreten des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015 (BGBl I Nr. 87/2015 vom 30. Juli 2015) am 1. Januar 2017 wird der Begriff des Kodizills durch "sonstige letztwillige Verfügungen" ersetzt (§ 552 Abs 2 ABGB nF).
Literatur
- Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 192.
- Meyers Enzyklopädisches Lexikon. Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich 1973, Band 14, S. 20.
Einzelnachweise
- ↑ Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5. Auflage, Springer, Zürich 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 192.
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