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Kristallographie

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Die Kristallographie (alternative Schreibung Kristallografie) oder Kristallkunde ist die Wissenschaft von den Kristallen, ihrer Struktur, Entstehung oder Herstellung und ihrer Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten.

Geschichte der Kristallographie

Erste Ansätze zu einer systematischen Erfassung von Mineralien finden sich bei Theophrastos von Eresos (371-287 v. Chr.) und speziell der Kristalle im Werk Naturalis historia von Plinius dem Älteren (26–79 n. Chr.), der beispielsweise den oktaedrischen Kristallhabitus und die extreme Härte von Diamanten beschreibt. In seinem 1546 erschienenen Buch De natura fossilium teilt Georgius Agricola Minerale nach ihren physikalischen Eigenschaften ein und kommentiert deren geometrische Formen. Johannes Kepler gelangte bei seiner Analyse des Aufbaus der sechseckigen Schneeflocken in seiner Schrift Strena seu de nive sexangula 1611 zur sogenannten Keplerschen Vermutung, die bestmögliche Kugelpackungen beinhaltet.

Die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen an Kristallen betrafen ihre äußere Form und ihre geometrischen Eigenschaften. So entdeckte Nicolaus Steno 1669 das Gesetz der Winkelkonstanz, dem zufolge die Winkel zwischen kristallographisch gleichen Flächen desselben Minerals stets gleich groß sind. René-Just Haüy formulierte 1801 das „Dekreszenzgesetz“ und das „Symmetriegesetz“; er war der erste, der den Begriff der Symmetrie in einer formalen Definition in die Kristallographie einführte.

Die Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte Gruppentheorie wurde von den Kristallographen schnell übernommen. Nach Vorarbeiten Leonhard Sohnckes (Sohncke-Raumgruppen, 1876) gelang Arthur Moritz Schoenflies und Jewgraf Stepanowitsch Fjodorow 1890/91 die Ableitung aller 230 kristallographischen Raumgruppen.

Der Beweis, dass Kristalle dreidimensional periodisch aufgebaut sind, gelang Max von Laue mit Hilfe der Röntgenbeugung 1912. Diese Methode ermöglichte in den folgenden Jahrzehnten die Aufklärung der Kristallstruktur der Desoxyribonukleinsäure durch Rosalind Franklin, James Watson und Francis Crick (1953) und der des Insulins durch Dorothy Crowfoot Hodgkin (1969) sowie die Entdeckung von fünfzähligen Symmetrieachsen (Quasikristall) in einer schnell abgekühlten Aluminium-Mangan Legierung durch Dan Shechtman und Mitarbeiter (1984).

Das Jahr 2014 wurde von der UNO zum Internationalen Jahr der Kristallographie ausgerufen. [1] Die Bedeutung der Kristallographie zeigt sich auch daran, dass für bahnbrechende Fortschritte in kristallographischen Techniken und daraus resultierenden Ergebnissen bis jetzt 29 Nobelpreise verliehen wurden [2].

Untersuchungsgegenstand

Die Kristallographie ist eine Materialwissenschaft, die physikalische und chemische Parameter von Kristallen bestimmt und die in ihnen auftretenden physikochemischen Prozesse untersucht. Die untersuchten Kristalle können natürlichen (Minerale) oder synthetischen (zum Beispiel Keramiken, Metalle) Ursprungs sein. Es kann sich dabei nicht nur um anorganische, sondern auch um organische Stoffe handeln, insbesondere biologische Makromoleküle wie Proteine. Obwohl die meisten heute bekannten Kristalle zur letztgenannten Gruppe gehören, ist die Kristallographie historisch gesehen ein Teilgebiet der Mineralogie, aus der sie entstanden ist. Allerdings hat sie sich als bedeutende Methode auf andere Wissenschaftsbereiche ausgedehnt, z. B. als Teilgebiet der Strukturbiologie.

Untersuchungsmethoden

Ein Zweikreisgoniometer zur Messung der Kristallwinkel. Die Ablesegenauigkeit auf den Teilkreisen ist besser als eine Bogenminute

Für Untersuchungen der Form von Kristallen benutzt man Methoden der geometrischen Optik wie die Reflexionsgoniometrie, bei welcher der Reflexionswinkel des Lichtes zur Bestimmung der Lage einer Kristallfläche im Raum genutzt wird. Eine Standardmethode zur Bestimmung der optischen Eigenschaften von Kristallen (Lichtbrechung, Doppelbrechung, Pleochroismus, Bireflektanz, Anisotropieeffekte) ist die Polarisationsmikroskopie, die sich die Erkenntnisse der Wellenoptik zunutze macht. Mit Hilfe des Universaldrehtischs, auch als Fjodorow-Tisch bezeichnet, der einen Zusatz zum Polarisationsmikroskop darstellt, wird durch freie Rotation der Probe in allen Richtungen die Bestimmung der Orientierung der in ihr enthaltenen Kristalle ermöglicht.

Heute ist die Röntgenbeugung die Standardmethode zur Bestimmung von Kristallstrukturen, obwohl es inzwischen auch andere Methoden wie zum Beispiel die Neutronenbeugung gibt. Während Beugungsmethoden Informationen über den Aufbau des Kristalls als Ganzem liefern, ermöglicht es die Spektroskopie, die nähere Umgebung einzelner Atome zu erforschen. Mit Methoden wie der IR-Spektroskopie, der Raman-Spektroskopie, der Elektronenspinresonanz und der Kernspinresonanz können die Koordinationszahl einzelner Atome bestimmt und der Einbau von Fremdatomen nachgewiesen werden.

Teildisziplinen

Geometrische Kristallographie
Physikalisch-Chemische Kristallographie
Technische Kristallographie

Studium

In Deutschland kann Kristallographie als Fachrichtung des Studiengangs Mineralogie studiert werden. Nach dessen Zusammenlegung mit der Geologie und der Geophysik werden kristallographische Lehrinhalte in den neuen gemeinsamen Bachelor- und MasterstudiengängenGeowissenschaften“ vermittelt. In der Schweiz existiert ein eigener Studiengang Kristallographie; diesen gab es auch in der DDR. Absolventen dieser Studiengänge führen den akademischen Grad „Diplom-Kristallograph“. Vorlesungen über Kristallographie sind unter Anderem auch Teil der Studienrichtungen Physik, Chemie, Materialwissenschaft und Werkstofftechnik.

Literatur

Einzelnachweise

Weblinks

Wiktionary: Kristallographie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Crystallography – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kristallographie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.