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Landesring der Unabhängigen
Der Landesring der Unabhängigen (LdU) / Alliance des Indépendants (AdI) war eine Partei der Schweiz, die von 1936 bis 1999 existierte.
Geschichte der Partei
Entstehung
Weil der Detailhändler und Gründer der Migros, Gottlieb Duttweiler, mit der herrschenden Politik der Schweiz in den 1930er Jahren nicht einverstanden war, gründete er zusammen mit Gleichgesinnten im Jahr 1935 eine Vereinigung. Obwohl diese ursprünglich nicht als Partei gedacht war sondern als Vertretung von Personen, die Kapital und Arbeit in der sogenannten sozialen Marktwirtschaft versöhnen sollte, errang die Bewegung bei den Wahlen zum Nationalrat im Jahr 1935 auf Anhieb sieben Sitze. Allerdings beschränkten sich die Sitzgewinne auf bloss drei Kantone (Zürich 5 Sitze, Sankt Gallen und Bern je 1 Sitz). Da der ursprüngliche Plan, die Besten aller Parteien in einem Landesring zu vereinigen, politisch nicht gelang, wurde am 30. Dezember 1936 eine Partei mit dem Namen Landesring der Unabhängigen gegründet.
Ära Duttweiler
Da Duttweiler als Parteipräsident anfangs nur vage Vorstellungen hatte, aber autoritär agierte, kam es bereits 1943 zu einer Abspaltung durch führende Kreise innerhalb der Partei. Diese trat bei den Nationalratswahlen im Herbst desselben Jahres als Unabhängig-freie Liste in eigener Regie an und erzielte einen Sitz. Doch bestand diese Abspaltung nicht lange. In der Ära Duttweiler erreichte die Partei stets um die 5 Prozent Wähleranteil. In der französisch- und italienischsprachigen Schweiz konnte die Partei nicht Fuss fassen, ebenso wenig wie in der Zentralschweiz (mit Ausnahme Luzerns).
Die sozialliberale Phase nach Duttweiler
Nach dem Tod des langjährigen Parteipräsidenten konnte sich der Landesring als sozialliberale Alternative zwischen der Linken und den Bürgerlichen etablieren. Bei den Wahlen zum Nationalrat im Jahr 1967 wurde er mit 9,05 Prozent der Stimmen und sechzehn Abgeordneten im Nationalrat sowie einem im Ständerat zur stärksten Oppositionspartei. Der LdU sprach vor allem die städtische Mittelschicht (Angestellte, Beamte) an. Zahlreiche neue Standesringe, wie die Kantonalparteien genannt wurden, entstanden (1968 Genf, Neuenburg, Solothurn und Graubünden; 1972 Wallis; 1977 Zug). Gegen Ende der 1970er Jahre sanken Wähleranteil und Mandate jedoch massiv. Es brach ein heftiger Richtungsstreit aus. Die traditionellen Vertreter einer sozialen Marktwirtschaft sahen sich plötzlich einem ökologischen Flügel gegenüber. Die Tageszeitung Die Tat, Sprachrohr des Landesrings, wurde 1977 aus einer seriösen Tages- in eine Boulevardzeitung umgewandelt – die sich aber nicht behaupten konnte und 1978 verschwand.
Die grün-sozialliberale Phase
In der Mitte der 1980er Jahre setzte sich der ökologisch orientierte Flügel durch. Bereits 1982 waren wegen der Richtungsschwierigkeiten sowohl Vertreter des grünen (Baselland; Übertritt zu den Grünen) als auch des sozialliberalen Flügels (Zürich; Übertritt zur SP) ausgetreten. Da der grösste Geldgeber der Partei, die Migros-Genossenschaft als Detailhandelsriese aus wirtschaftlichen Gründen Mühe mit dem ökologischen Flügel hatte, kürzte sie die Beiträge an den LdU massiv. Dies hatte schwerwiegende Folgen. Wegen der gekürzten Beiträge von Seiten der Migros mussten ausserdem einige Regionalsekretariate aufgelöst werden. Der LdU verlor sein Profil und neue Protestgruppen (Grüne, Autopartei etc.) warben ihm die Wähler ab.
Niedergang und Auflösung
Durch den starken rechten (sozialliberalen) Flügel in der Sozialdemokratischen Partei und das Aufkommen der Grünen verlor der Landesring immer mehr Wähler. Die Partei versuchte in den 1990er Jahren mit der Rückkehr zum sozialliberalen Gedankengut den Niedergang zu stoppen, was aber misslang. In vielen Kantonsparlamenten und Gemeinderäten der grossen und mittleren Gemeinden verschwand der LdU. Bereits 1994 beantragte die kantonale Sektion Luzern ihre Auflösung, im April 1996 folgte die Sektion Baselland, im Oktober 1998 die Sektion Stadt Bern. Viele lokale Mandatsträger des Landesrings wechselten zu anderen Parteien (Grüne, Freie Liste etc.) oder wurden parteilos. An einem Reformparteitag im Mai 1999 wurde die Partei in Liste der Unabhängigen umbenannt und die Auflösung mit 52 zu 9 Stimmen abgelehnt. Der Todesstoss war die Wahlniederlage bei den Parlamentswahlen im Herbst 1999. Am Sonderparteitag vom 4. Dezember 1999 in Aarau beschlossen die Delegierten mit 57 zu 7 Stimmen die Auflösung der Partei. Der LdU war damit nach 63 Jahren Geschichte. Zuletzt blieben einzig noch die lokalen Sektionen in Köniz und Uster aktiv.[1]
Parteivorsitzende
- 1936–1947 Gottlieb Duttweiler (Zürich)
- 1948–1949 Hans Sappeur (Zürich)
- 1950–1951 Gottlieb Duttweiler (Zürich)
- 1952–1958 Arnold Stahel (Zürich)
- 1959–1962 Hans Meisser (Zürich)[2]
- 1962–1973 Rudolf Suter (Basel/Zürich)
- 1973–1978 Claudius Alder (Baselland)
- 1978–1985 Walter Biel (Zürich)
- 1985–1992 Franz Jaeger (Sankt Gallen)
- 1992–1996 Monika Weber (Zürich)
- 1996–1998 Daniel Andres (Bern)
- 1999 Anton Schaller (Zürich)
Presse
Wählerstärke
Nationale Wahlen
Von 1935 bis 1999 wurden insgesamt 65 Personen als Vertreter des Landesrings in den Nationalrat gewählt. Drei von ihnen waren ausserdem im Ständerat (Gottlieb Duttweiler, Albin Heimann und Monika Weber). Die höchste Zahl an Nationalratssitzen wurde 1967 mit 16 Mandaten erreicht, die geringste Zahl 1999 mit nur noch einem Abgeordneten.
Jahr | Nationalrat Stimmen |
Nationalrat Wähleranteil |
Nationalrat Sitze |
Ständerat Sitze |
---|---|---|---|---|
1935 | 37'861 | 4,14 % | 7 | 0 |
1939 | 43'735 | 7,07 % | 9 | 0 |
1943 | 48'557 | 5,52 % | 7 | 0 |
1947 | 42'428 | 4,42 % | 8 | 0 |
1951 | 49'100 | 5,11 % | 10 | 0 |
1955 | 53'450 | 5,48 % | 10 | 0 |
1959 | 54'049 | 5,50 % | 10 | 0 |
1963 | 48'224 | 5,01 % | 10 | 0 |
1967 | 89'950 | 9,05 % | 16 | 1 |
1971 | 150'684 | 7,63 % | 13 | 1 |
1975 | 116'349 | 6,06 % | 11 | 1 |
1979 | 73'895 | 4,07 % | 8 | 0 |
1983 | 77'745 | 4,00 % | 9 | 0 |
1987 | 80'099 | 4,17 % | 9 | 1 |
1991 | 61'176 | 3,03 % | 5 | 1 |
1995 | 34'375 | 1,83 % | 3 | 1 |
1999 | 14'063 | 0,72 % | 1 | 0 |
Kantonsparlamente
Der Landesring war in zahlreichen Kantonsparlamenten vertreten; am längsten im Kanton Zürich.
Vertretung in lokalen Räten
Auch in zahlreichen Parlamenten von Städten und Gemeinden war der Landesring vertreten. Hochburgen waren die Städte Zürich, St. Gallen, Bern, Luzern, Chur, Winterthur, Kloten, Burgdorf BE, Wettingen.
Literatur
- Jean Meynaud, Adalbert Korff: Die Migros und die Politik. der Landesring der Unabhängigen. Migros-Genossenschafts-Bund, Zürich 1967.
- Hans Georg Ramseier: Die Entstehung und Entwicklung des Landesringes der Unabhängigen bis 1943. Glattbrugg, Zürich 1973, (Zugleich: Zürich, Univ., phil. Diss.).
- Erich Gruner: Die Parteien in der Schweiz. 2. neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Francke, Bern 1977, ISBN 3-7720-1345-7, (Helvetia Politica Series B 4).
- Frank Wende: Lexikon zur Geschichte der Parteien in Europa. Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-81001-8, S. 614–615.
Weblinks
- Olivier Meuwly: Landesring der Unabhängigen (LdU) im Historischen Lexikon der Schweiz
- Dossier Landesring der Unabhängigen 1987–2003 aus dem Jahrbuch Schweizerische Politik (PDF, 146 kB)
Einzelnachweise
- ↑ news.ch: Vorletzte LdU-Sektion in Köniz aufgelöst, 7. März 2006; abgerufen 16. Dezember 2014
- ↑ Jean Meynaud, Adalbert Korff: La Migros et la politique. Meynaud, Montreal 1965 (online).
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