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Nationalrat (Schweiz)
Logo | Bundeshaus (Bern) |
---|---|
Logo | |
Basisdaten | |
Sitz: | Bundeshaus in Bern |
Legislaturperiode: | vier Jahre |
Abgeordnete: | 200 |
Aktuelle Legislaturperiode | |
Letzte Wahl: | 23. Oktober 2011 |
Vorsitz: | Maya Graf (GPS) |
Sitzverteilung: | SVP 54
SPS 46 |
Website | |
www.parlament.ch (NR) |
Der Nationalrat (abgekürzt NR, französisch Conseil national [CN], italienisch Consiglio nazionale, rätoromanisch Cussegl naziunal) ist die grosse Kammer des Parlaments der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit 200 Mitgliedern. Der Ständerat (kleine Kammer) ist die Vertretung der Kantone mit 46 Mitgliedern. Beide Parlamentskammern bilden zusammen die Vereinigte Bundesversammlung mit ihrem Sitz im Berner Bundeshaus.
Organisation
Mit 200 Mitgliedern bildet der Nationalrat die grosse Kammer des Parlamentssystems.
Bei der Gründung des Bundesstaates 1848 war diese Anzahl noch nicht festgelegt, sondern ergab sich aus der Einwohnerzahl der einzelnen Kantone. Gemäss den Vorgaben der damaligen Bundesverfassung sollte ein Nationalratsmitglied 20'000 Einwohner repräsentieren. Daher verfügte der erste Nationalrat, der 1848 zusammentrat, über 111 Mitglieder.
1963 schliesslich wurde die Zahl der Nationalratsmitglieder auf 200 festgelegt. Die Verteilung auf die einzelnen Kantone erfolgt seither aufgrund der jeweiligen Volkszählungsergebnisse (inklusive Ausländer) nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren. Die letzte Änderung in der Verteilung erfolgte im Jahre 2003 nach den Ergebnissen der eidgenössischen Volkszählung aus dem Jahre 2000. Jeder Kanton hat Anspruch auf mindestens einen Nationalrat.
Vorlage:Nationalräte auf Kantone (Tabelle)
Wahlverfahren
Die Nationalräte werden alle vier Jahre für eine Legislaturperiode von vier Jahren vom Volk gewählt, die letzte Wahl fand am 23. Oktober 2011 statt. Die Wahl erfolgt seit 1919 nach der Annahme einer entsprechenden Volksinitiative mittels Proporzwahl, wobei jeder Kanton einen Wahlkreis bildet. Jeder Wahlkreis bildet ein in sich geschlossenes Wahlgebiet. Eine künstliche Sperrklausel, wie die beispielsweise in Deutschland übliche sogenannte Fünf-Prozent-Hürde, gibt es nicht, da in der Schweiz möglichst klare Fraktionsstärken zugunsten von Regierungsbildungen nicht elementar sind. Kantone, die nur einen Vertreter in den Nationalrat entsenden können, wählen mittels Majorzwahl, wobei das relative Mehr entscheidet. Seit 1971 können Frauen bei Nationalratswahlen wählen und gewählt werden.
Bei den Wahlen stellen die Parteien in den Kantonen Listen mit Kandidaten auf. Jede Liste enthält maximal so viele Kandidaten, wie dem Kanton Nationalratssitze zustehen. Es ist möglich, einen oder mehrere Kandidaten doppelt aufzuführen. Ausserdem kann jede Partei mit mehreren Listen pro Kanton antreten (beispielsweise Männer- und Frauen-, Jugend- und Senioren-, in grösseren Kantonen auch Stadt- und Landlisten). Ebenfalls möglich ist eine Listenverbindung zwischen mehreren verschiedenen Parteien. Die Stimmbürger haben die Möglichkeit, die Listen unverändert abzugeben oder sie durch Kumulieren bzw. Panaschieren zu verändern. Einerseits kann der Wähler einem einzigen Kandidaten die Stimme geben und die restlichen seiner Partei überlassen. Andererseits ist es möglich, dass der Wähler die ihm zustehenden Stimmen auf Kandidaten von Dutzenden von Parteien verteilt.
Das Sitzzuteilungsverfahren wird nach seinem Erfinder Hagenbach-Bischoff-Verfahren genannt.
Jeder Stimmbürger kann so viele Personen wählen, wie seinem Kanton Nationalräte zustehen. Ein Bewohner des Kantons Zürich also 34, ein Bewohner des Kantons Uri nur eine.
Arbeiten des Nationalrats
Die Arbeiten und Kompetenzen des Nationalrates regelt das Bundesgesetz über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz) sowie der fünfte Titel der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Nationalrat bildet mit dem Ständerat die Bundesversammlung und übt unter Vorbehalt der Rechte von Volk und Ständen die oberste Gewalt in der Schweiz aus.[2] Beide Kammern werden als Räte bezeichnet. Der Nationalrat und der Ständerat tagen nicht ständig, sondern treffen sich regelmässig zu Sessionen[3]. In der Regel gibt es in einem Jahr vier Sessionen zu je drei Wochen, mit zwei bis fünf Sitzungstagen pro Woche. Die Frühjahrssession beginnt am ersten Montag im März, die Sommersession am ersten Montag im Juni, die Herbstsession nach dem Eidgenössischen Bettag und die Wintersession am letzten Montag im November.[4] Während den Sessionen werden die Gesetzesanträge debattiert; sofern die Sessionen nicht ausreichen, kann ein Rat für sich eine Sondersession einberufen.[5] Bei besonderen Ereignissen (politische Krisen, Kriegsfall etc.) kann ein Viertel der Mitglieder eines Rates oder der Bundesrat die Einberufung einer ausserordentlichen Session verlangen.[5] Bisher traf sich der Nationalrat acht Mal zu einer ausserordentlichen Session, wobei diese in der Regel von der sozialdemokratischen Fraktion verlangt wurden.
Datum | Anlass, Ereignis |
---|---|
Juli 1891 | Einführung des Banknotenmonopols |
6. und 7. Februar 1985 | Massnahmen gegen das Waldsterben |
9. bis 11. Oktober 1986 | Energiepolitik nach Tschernobyl |
22. und 23. Januar 1998 | Steuerschlupflöcher und Fusionen/Wirtschaftspolitik (Fusion UBS und SBV) |
16. November 2001 | Swissair-Finanzierung |
3. Oktober 2002 | Mindestzinssatz BVG |
1. Oktober 2007 | Steuerfragen |
8. Dezember 2008 | Finanzkrise |
Sitzverteilung nach Parteien
Vorlage:Nationalräte auf Parteien (Tabelle)
In den Wahlkreisen erfolgt die Sitzzuteilung wiederum nach dem Hagenbach-Bischoff-Verfahren. Zunächst werden nicht die Stimmenanzahlen der einzelnen Listen, sondern die der Listenverbindungen berücksichtigt. Erst nach stimmenproportionaler Verteilung aller im Wahlkreis zu vergebenden Sitze auf die einzelnen Listenverbindungen werden die errungenen Sitze innerhalb der Listenverbindungen auf die einzelnen Listen wiederum nach Hagenbach-Bischoff unterverteilt.
Gewählt sind auf den Parteilisten die Kandidaten gemäss den erhaltenen Stimmenzahlen. Nachträgliche Umreihungen durch die Parteizentralen, um als wichtig erachteten Kandidaten doch den Einzug in den Nationalrat zu sichern, sind nicht möglich. Eine Abwahl oder ein Ausschluss eines Mitglieds des Nationalrats ist nicht möglich. Auch die vorzeitige Auflösung des Nationalrates ist in der Verfassung nicht vorgesehen. Nur im Falle einer vom Volk beschlossenen Totalrevision der Bundesverfassung wird die gesamte Bundesversammlung (National- und Ständerat) aufgelöst und neu gewählt.
1995 setzte nach einer längeren Phase der parteipolitischen Stabilität die Polarisierung im schweizerischen Parteiensystem ein. Sie brachte vor allem der SVP Stimmengewinne. Gleichzeitig verschwanden mit der Freiheitspartei oder dem Landesring verschiedene Parteien auf nationaler Ebene. Da die Parteien an den Polen gestärkt wurden, spricht man häufig auch von Polarisierung oder Bipolarisierung.
Fraktionen
In der Bundesversammlung schliessen sich die Parlamentarier kammerübergreifend zu Fraktionen zusammen, d. h. die Fraktionen bestehen aus National- und Ständeräten. Eine Fraktion muss mindestens fünf Mitglieder eines Rates umfassen. Im Nationalrat haben nur Fraktionen das Recht, in den parlamentarischen Kommissionen vertreten zu sein.[6] Deshalb schliessen sich kleine Parteien regelmässig untereinander oder mit grösseren Parteien zu Fraktionsgemeinschaften zusammen.
Für die 49. Legislaturperiode 2011 bis 2015 bestehen folgende Fraktionen mit folgender Sitzverteilung:[7]
Fraktion | Bundesversammlung | Nationalrat | Ständerat |
---|---|---|---|
Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (V) | 62 | 54 SVP, 2 Lega | 5 SVP, 1 parteilos |
Sozialdemokratische Fraktion (S) | 57 | 46 SPS | 11 SPS |
FDP-Liberale Fraktion (RL) | 41 | 30 FDP | 11 FDP |
Fraktion CVP/EVP der Bundesversammlung (CE) | 44 | 28 CVP, 2 EVP, 1 CSP OW | 13 CVP |
Grüne Fraktion (G) | 17 | 15 GPS | 2 GPS |
Grünliberale Fraktion (GL) | 14 | 12 GLP | 2 GLP |
Fraktion der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BD) | 10 | 9 BDP | 1 BDP |
Kompetenzen
Die beiden Kammern Nationalrat und Ständerat sind staatsrechtlich gesehen völlig gleichberechtigt – ein Beschluss ist nur gültig, wenn er von beiden Kammern in derselben Fassung verabschiedet wird. Alle Geschäfte werden nacheinander von beiden Räten behandelt. Die Ratsvorsitzenden legen gemeinsam fest, welcher Rat ein Geschäft zuerst behandelt («Erstrat»).
Können sich National- und Ständerat nach der ersten Behandlung nicht auf einen gemeinsamen Text einigen, so findet ein Differenzbereinigungsverfahren statt, wobei das Geschäft zwischen beiden Räten hin- und herpendelt. Nach drei erfolglosen Durchgängen muss die Einigungskonferenz auf den Plan treten. Weitere Erläuterungen zu diesem Prozedere: Gesetzgebungsverfahren (Schweiz).
Jeweils für ein Jahr wählt der Nationalrat den Nationalratspräsidenten, welcher die Sitzungen des Nationalrats und der Vereinigten Bundesversammlung leitet. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung ist protokollarisch aber nicht er der «höchste Schweizer», sondern der Bundespräsident.
Entschädigung
Die Entschädigung der Abgeordneten wird im Parlamentsressourcengesetz[8] geregelt, ergänzt durch die Parlamentsressourcenverordnung[9] geregelt. Dieses wurde letztmals im Juni 2012 geändert.
Ein Nationalratsmitglied erhält als Jahreseinkommen 26'000 Fr. zuzüglich Taggelder zu 440 Fr. pro anwesendem Sitzungstag. Die Spesenentschädigungen betragen pro Jahr grundsätzlich 33'000 zuzüglich Mahlzeitenentschädigungen zu 115 Fr. pro Tag und Übernachtungsentschädigungen zu 180 Fr. pro Tag.
Es kommen noch diverse Vergütungen hinzu. Beispielsweise hat jeder Parlamentarier Anrecht auf ein Generalabonnement der 1.Klasse oder den Betrag desselben als pauschale Entschädigung für Reisen im Inland. Wer mit dem Auto anreist, erhält die Parkgebühren rückerstattet. Schäden an diesen Fahrzeugen, die während der Fahrten nach Bern und zurück an den Wohnort entstehen, zahlt ebenfalls der Bund.
Mitglieder
Sitzungsprotokolle
Die Wortprotokolle des Nationalrates werden im amtlichen Bulletin der Bundesversammlung veröffentlicht. Ab 1891 wurden Plenardebatten über referendumsfähige Erlasse als «Amtliches stenographisches Bülletin» auf Papier niedergeschrieben und veröffentlicht. Ab 1960 wurden die Ratsverhandlungen auf Tonbänder aufgenommen, und Stenographen wurden durch Redaktoren ersetzt. 1963 wurden die Wortprotokolle in «Amtliches Bulletin» umbenannt. Ab den 1990ern wurden vermehrt elektronische Hilfsmittel eingesetzt. Seit 1995 werden die Protokolle im Internet und seit 1997 auf CD-ROM publiziert.
Das Jahresabonnement der gedruckten Version des Amtlichen Bulletins mit den vier Ratssessionen wird vom Dienst für das Amtliche Bulletin der Bundesversammlung für 95 Schweizer Franken verkauft.
Arbeitssprachen
Die Debatten im Nationalrat werden in deutsch, französisch und italienisch simultanübersetzt. Die Nationalräte können sich an ihren Plätzen bei Bedarf das Gesagte über Kopfhörer in der Übersetzung anhören. Die Dolmetscher im Nationalrat gehören zum sogenannten Sprachdienst der Parlamentsdienste der Bundesversammlung. Im Ständerat gibt es dagegen keine Übersetzung.[10][11][12][13]
Weblinks
- Der Nationalrat auf der Website der Bundesversammlung
- Amtliches Bulletin (Wortprotokolle)
- Wahlrecht.de – Nationalratswahlrecht
- Ergebnisse der Nationalratswahlen seit 1919 (Wahlatlas)
Einzelnachweise
- ↑ Schweizer Parlamentswahlen 2011#Ergebnisse der Nationalratswahlen
- ↑ Art. 148 BV
- ↑ Art. 151 BV
- ↑ parlament.ch: Faktenblatt zu den Sessionen (PDF)
- ↑ 5,0 5,1 Art. 2 ParlG
- ↑ Die Fraktionen
- ↑ Parlament.ch: Fraktionen der 49. Legislaturperiode 2007–2011
- ↑ http://www.admin.ch/ch/d/sr/1/171.21.de.pdf Parlamentsressourcengesetz
- ↑ http://www.admin.ch/ch/d/sr/1/171.211.de.pdf Parlamentsressourcenverordnung
- ↑ Aufgaben der Parlamentsdienste – Sprachdienst, parlament.ch, abgerufen: 24. September 2010
- ↑ Schweiz-Facts – Eine kleine Staats- und Landeskunde, bundeshaus-radio.ch, abgerufen: 24. September 2010
- ↑ Sprachen in der Schweiz, swissinfo.ch, 12. April 2010
- ↑ Über den Köpfen der Parlamentarier, swissinfo.ch, 26. September 2003
Europäische Union: Europäisches Parlament
Albanien: Kuvendi i Shqipërisë |
Andorra: Consell General de les Valls |
Belgien: Parlament (Abgeordnetenkammer und Senat) |
Bosnien und Herzegowina: Abgeordnetenhaus |
Bulgarien: Narodno Sabranie |
Dänemark: Folketing |
Deutschland: Bundestag und Bundesrat |
Estland: Riigikogu |
Finnland: Eduskunta |
Frankreich: Parlement français (Assemblée nationale und Sénat) |
Griechenland: Parlament |
Irland: Oireachtas (Dáil Éireann und Seanad Éireann) |
Island: Althing |
Italien: Camera und Senato |
Kroatien: Sabor |
Lettland: Saeima |
Liechtenstein: Landtag |
Litauen: Seimas |
Luxemburg: Chambre des Députés |
Malta: Kamra Tad-Deputati |
Mazedonien: Parlament |
Moldawien: Parlamentul Republicii Moldova |
Monaco: Conseil National |
Montenegro: Parlament |
Niederlande: Staten-Generaal (Eerste Kamer und Tweede Kamer) |
Norwegen: Storting |
Österreich: Parlament (Nationalrat und Bundesrat) |
Polen: Sejm und Senat |
Portugal: Assembleia da República |
Rumänien: Camera Deputaților und Senatul | Russland: Föderationsversammlung (Duma und Föderationsrat) |
San Marino: Consiglio Grande e Generale |
Schweden: Riksdagen |
Schweiz: Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) |
Serbien: Nationalversammlung |
Slowakei: Nationalrat |
Slowenien: Državni zbor und Državni svet |
Spanien: Cortes Generales (Congreso de los Diputados und Senado) |
Tschechien: Abgeordnetenhaus und Senat |
Türkei: Türkiye Büyük Millet Meclisi |
Ukraine: Werchowna Rada |
Ungarn: Országgyűlés |
Vatikanstadt: – |
Vereinigtes Königreich: Parliament (House of Commons und House of Lords) |
Weißrussland: Repräsentantenhaus und Rat der Republik |
Zypern: Repräsentantenhaus
Sonstige Gebiete:
Åland: Lagting |
Färöer: Løgting |
Gibraltar: Parlament |
Guernsey: States of Guernsey |
Isle of Man: Tynwald (House of Keys und Legislative Council) |
Jersey: States of Jersey
Umstrittene Gebiete:
Kosovo: Kuvendi i Kosovës |
Transnistrien: Oberster Sowjet
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