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Duma
Duma (russisch Ду́ма, dt. Gedanke; auf altslawisch und russisch dumat’: nachdenken) ist generell die Bezeichnung für eine beratende Versammlung oder Körperschaft, z. B. einen Stadtrat, aber auch deren Versammlungshaus. Heute bezeichnet Duma bzw. Staatsduma (russisch Государственная Дума/ Gossudarstwennaja Duma) meist die erste Kammer (Volkskammer) des Parlaments der Russischen Föderation – dies im Gegensatz zur zweiten Parlamentskammer, dem Föderationsrat.
Staatsduma im Kaiserreich Russland
Die Einführung demokratischer Institutionen begann im kaiserlichen Russland mit der Bildung der lokalen Selbstverwaltungen auf dem Land (Semstwos) 1864 und in den Städten (Stadtdumas) 1870. Auf Staatsebene existierte bis 1905 nur der aus ernannten Mitgliedern bestehende Staats- oder Reichsrat, überwiegend besetzt mit Mitgliedern der Aristokratie.
Nach dem Petersburger Blutsonntag und den darauf folgenden Unruhen stimmte Zar Nikolaus II. mit dem Oktobermanifest von 1905 der Schaffung einer gewählten Versammlung, der Duma, als zweite Kammer neben dem Reichsrat zu. Diese Duma, auf die liberale Reformer große Hoffnungen gesetzt hatten, war weitgehend von der Macht des Zaren abhängig. Die Regierung behielt sich das Recht vor, während der Sitzungspausen per Notverordnungen zu regieren, die nur nachträglich von der Duma bestätigt werden mussten. Das gewählte erste Parlament im russischen Kaiserreich wurde am 27. Apriljul./ 10. Mai 1906greg. vom Zaren eröffnet.[1] Die ersten beiden Dumas wurden nach jeweils nur wenigen Monaten wieder aufgelöst (1906 und 1907), die vierte Duma setzte am Anfang des Ersten Weltkriegs zeitweilig ihre Sitzungen aus.
Die Wahlen erfolgten nach einem Wahlrecht, das dem preußischen Dreiklassenwahlrecht ähnelte. Nach der Auflösung der 2. Duma 1907 wurde ein neues Wahlrecht eingeführt, das die Städte, die landlose Bauernschaft und die nichtrussischen Minderheiten stark benachteiligte.
Fraktion | 1. Duma | 2. Duma | 3. Duma | 4. Duma |
---|---|---|---|---|
April-Juni 1906 | Februar-Juni 1907 | 1907–1912 | 1912–1917 | |
Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands | - | 65 | 14 | 14 |
Sozialrevolutionäre | - | 34 | - | - |
Trudowiki | 94 | 101 | 14 | 10 |
Progressisten | - | - | 39 | 47 |
Konstitutionelle Demokraten | 179 | 92 | 52 | 57 |
Nationalitäten | 121 | - | 21 | 26 |
Zentristen | - | - | - | 33 |
Oktobristen | 17 | 32 | 120 | 99 |
Nationalisten | - | - | 76 | 88 |
Extreme Rechte | 15 | 63 | 53 | 64 |
Sowjetära
Nach der sozialistischen Oktoberrevolution 1917 wurde die Duma durch den Kongress der Volksdeputierten ersetzt, der aber gegenüber den Räten bzw. der Parteiführung der Sowjetunion weitgehend machtlos war.
Die Duma im postsowjetischen Russland
Etablierung der Duma
Nach der Auflösung des Kongresses der Volksdeputierten durch den russischen Präsidenten Boris Jelzin am 21. September 1993 und nach seinem Sieg über die Putschisten im Oktober 1993 legte er eine neue Verfassung vor: Sie geht vom Prinzip der Gewaltenteilung aus, und am 12. Dezember 1993 gab die wahlberechtigte Bevölkerung in einem Referendum die Zustimmung. Das in der Verfassung vorgesehene Zwei-Kammer-Parlament besteht aus dem Föderationsrat, welcher die 83 Föderationssubjekte der Russischen Föderation vertritt, und aus der 450 Abgeordnete zählenden Staatsduma. Bis Dezember 2003 wurde die eine Hälfte von ihnen nach Listen, die andere direkt gewählt (Grabenwahlrecht); mittlerweile wird aber die Zusammensetzung der Duma mittels einer reinen Verhältniswahl bestimmt. Jeder Abgeordnete ist für eine vierjährige Periode gewählt (Artikel 96). Russische Staatsbürger können mit 21 Jahren in die Duma gewählt werden (Artikel 97). Die Staatsduma muss dem vom Präsidenten ernannten Regierungschef zustimmen, kann der Regierung das Misstrauen aussprechen und beschließt Gesetze, denen der Föderationsrat zustimmen und die der Präsident unterzeichnen muss. Die Duma hat im semipräsidentiellen System Russlands eine vergleichsweise schwache Stellung gegenüber dem Präsidenten – ähnlich wie das französische Parlament der 5. Republik.
Siehe auch: Politisches System Russlands
Die Duma 1993
Die erste Staatsduma unter Präsident Boris Jelzin und dem Präsidenten der Staatsduma Iwan Rybkin wurde am 12. Dezember 1993 nur für zwei Jahre gewählt.
Die Duma 1995
…wurde am 17. Dezember 1995 für eine normale Legislaturperiode von vier Jahren gewählt. Das Parteienspektrum Russlands war stark zersplittert. 49,5 % der Wähler stimmten für eine der Parteien, die die 5-%-Hürde nicht erreichen konnten. Stärkste Partei wurde die KPRF mit 22,3 % der Stimmen, gefolgt von Schirinowskis LDPR (11,2 %). Die Partei „Unser Haus Russland“ erhielt 10,1 %, Jabloko 6,9 %.
Die Duma 1999
Bei der Duma-Wahl 1999 erhielt die KPRF 24,3 %, die Pro-Putin-Listen „Einheit“ (="Bär") und Vaterland-ganz Russland mit 23,2 % bzw. 13,3 % zusammen jedoch mehr. Im demokratischen Spektrum erhielt die Union der rechten Kräfte 8,5 %, Jabloko 5,93 %. Der Block Schirinowski war mit 5,98 % ebenfalls in der Duma vertreten.
Die Duma 2003
Bei den vierten Parlamentswahlen am 7. Dezember 2003 konnten die Parteien, die dem Kreml unter Wladimir Putin nahe stehen (beispielsweise Jedinaja Rossija – Vereinigtes Russland), die absolute Mehrheit der Sitze erringen. Die rechtsnationalen Liberaldemokraten (LDPR) gewannen ebenfalls an Stimmen, während die oppositionelle Kommunistische Partei der Russischen Föderation, bisher stärkste Fraktion, verlor. Die westlich orientierten liberalen Parteien „Union der rechten Kräfte“ und Jabloko scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Unter den 450 Abgeordneten befanden sich 44 Frauen.
Im Herbst des Jahres 2007 vor den Parlamentswahlen waren folgende Fraktionen in der Duma vertreten:
- Einiges Russland (301 Sitze von 442)
- Kommunistische Partei der Russischen Föderation (47)
- Liberal-Demokratische Partei Russlands (29)
- Rodina [Volkspatriotische Union] (33)
- Volkspatriotische Union „Rodina“ (11) (acht Mitglieder der Rodina haben sich von der Partei abgespalten und eine eigene Fraktion gegründet, haben jedoch denselben Namen behalten)
- Fraktionslos (21)
Die Duma 2007
Aus der Parlamentswahl am 2. Dezember 2007 ging nachstehende Sitzverteilung hervor:
Partei | Anzahl der Sitze |
---|---|
Einiges Russland | 315 |
Kommunistische Partei der Russischen Föderation | 57 |
Liberal-Demokratische Partei Russlands | 40 |
Gerechtes Russland | 38 |
total
davon männlich/ weiblich |
450
388/ 62 |
Im Vergleich zur Situation vor den Wahlen hat sich der relative Sitzanteil der Kreml-Partei Einiges Russland geringfügig auf 70 % erhöht. Mit der Wahl sind die Vertreter einer Entwicklung Russlands nach Vorbild der westlichen Demokratien völlig aus dem Parlament verschwunden. Zuvor waren diese noch als fraktionslose Abgeordnete in der Duma vertreten gewesen. Die Möglichkeit, als Einzelkandidat ins Parlament gewählt zu werden, wurde jedoch vor der Wahl abgeschafft.
Die Duma 2011
Aus der Parlamentswahl am 4. Dezember 2011 ging nachstehende Sitzverteilung hervor:
Partei | Anzahl der Sitze |
---|---|
Einiges Russland | 238 |
Kommunistische Partei der Russischen Föderation | 92 |
Gerechtes Russland | 64 |
Liberal-Demokratische Partei Russlands | 56 |
total | 450 |
Der Anteil der Sitze für Einiges Russland sank auf 53% (nach 70% 2007), wovon die anderen drei bisher ebenfalls in der Duma vertretenen Parteien profitierten: Die Kommunistische Partei verbesserte sich auf 20,4% (nach 12,7% 2007). Gerechtes Russland auf 14,2% (nach 8,4% 2007) und die Liberal-Demokratische Partei auf 12,4% (nach 8,9% 2007).
Nach der Wahl kam es zu massiven Protesten und Demonstrationen gegen mutmaßliche Wahlfälschungen.
Literatur
- Charles Seymour & Donald Paige Frairy How the World Votes:The Story of Democratic Development in Elections, Bd. 2 (1918), S. 121–174
Weblinks
- Offizielle Seite der Staatsduma der Russischen Föderation
- Bundeszentrale für politische Bildung: Dossier Russland - Politisches System
- Artikel zur russischen Staatsduma in Russlandanalysen Nr. 3
- Artikel zur Dumawahl und den Protesten 2011 in Russlandanalysen Nr. 231
Einzelnachweise
- ↑ www.klett.de: 1. bis 4. Staatsduma 1906–1917, abgefragt am 9. Mai 2011
Europäische Union: Europäisches Parlament
Albanien: Kuvendi i Shqipërisë |
Andorra: Consell General de les Valls |
Belgien: Parlament (Abgeordnetenkammer und Senat) |
Bosnien und Herzegowina: Abgeordnetenhaus |
Bulgarien: Narodno Sabranie |
Dänemark: Folketing |
Deutschland: Bundestag und Bundesrat |
Estland: Riigikogu |
Finnland: Eduskunta |
Frankreich: Parlement français (Assemblée nationale und Sénat) |
Griechenland: Parlament |
Irland: Oireachtas (Dáil Éireann und Seanad Éireann) |
Island: Althing |
Italien: Camera und Senato |
Kroatien: Sabor |
Lettland: Saeima |
Liechtenstein: Landtag |
Litauen: Seimas |
Luxemburg: Chambre des Députés |
Malta: Kamra Tad-Deputati |
Mazedonien: Parlament |
Moldawien: Parlamentul Republicii Moldova |
Monaco: Conseil National |
Montenegro: Parlament |
Niederlande: Staten-Generaal (Eerste Kamer und Tweede Kamer) |
Norwegen: Storting |
Österreich: Parlament (Nationalrat und Bundesrat) |
Polen: Sejm und Senat |
Portugal: Assembleia da República |
Rumänien: Camera Deputaților und Senatul | Russland: Föderationsversammlung (Duma und Föderationsrat) |
San Marino: Consiglio Grande e Generale |
Schweden: Riksdagen |
Schweiz: Bundesversammlung (Nationalrat und Ständerat) |
Serbien: Nationalversammlung |
Slowakei: Nationalrat |
Slowenien: Državni zbor und Državni svet |
Spanien: Cortes Generales (Congreso de los Diputados und Senado) |
Tschechien: Abgeordnetenhaus und Senat |
Türkei: Türkiye Büyük Millet Meclisi |
Ukraine: Werchowna Rada |
Ungarn: Országgyűlés |
Vatikanstadt: – |
Vereinigtes Königreich: Parliament (House of Commons und House of Lords) |
Weißrussland: Repräsentantenhaus und Rat der Republik |
Zypern: Repräsentantenhaus
Sonstige Gebiete:
Åland: Lagting |
Färöer: Løgting |
Gibraltar: Parlament |
Guernsey: States of Guernsey |
Isle of Man: Tynwald (House of Keys und Legislative Council) |
Jersey: States of Jersey
Umstrittene Gebiete:
Kosovo: Kuvendi i Kosovës |
Transnistrien: Oberster Sowjet
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