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Volksinitiative (Schweiz)
Die Volksinitiative (französisch Initiative populaire, italienisch Iniziativa popolare, rätoromanisch Iniziativa dal pievel) ist ein schweizerisches politisches Recht, das von Stimmberechtigten auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene ergriffen werden kann. Die direkte Demokratie der Schweiz kennt zwei grundsätzlich unterschiedliche Instrumente der direkten politischen Einflussnahme. Mit dem Instrument der Volksinitiative entscheidet der Souverän über die Aufnahme einer neuen Bestimmung in die Verfassung oder das Gesetz. Mit dem Instrument des Referendums ergreift der Souverän die abschliessende Entscheidungshoheit über neue Gesetze.
Eidgenössische Volksinitiativen seit 1891[1] Stand: 12. Dezember 2017 | |
---|---|
Gestartete Volksinitiativen (455) | |
zustande gekommen | 328 |
nicht zustande gekommen | 116 |
im Unterschriftenstadium | 10 |
Zustande gekommene Volksinitiativen (328) | |
abgestimmt | 209 |
zurückgezogen | 97 |
abgeschrieben (erledigt)[2] | 2 |
ungültig erklärt | 4 |
hängig (Bundesrat, Parlament oder abstimmungsreif) | 16 |
Abgestimmte Volksinitiativen (209) | |
von Volk und Ständen (Kantonen) angenommen |
22 (10.5 %) |
Eidgenössische Volksinitiative
Bei einer eidgenössischen Volksinitiative verlangen Schweizer Stimmberechtigte eine Revision der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Damit eine Volksinitiative auf Bundesebene zustande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100'000 Unterschriften von Stimmberechtigten gesammelt werden. Ist dies erreicht, so kann schliesslich – zumeist zwei bis drei Jahre später – das gesamte Schweizer Stimmvolk an der Urne zur entsprechenden Vorlage Stellung nehmen. Wie jede Verfassungsänderung erfordert auch die Annahme einer eidgenössischen Volksinitiative nebst der Zustimmung der Mehrheit der Abstimmenden ebenfalls das Ständemehr (Mehrheit der Kantone). Volksinitiativen gehen von Bürgern, Interessenverbänden und Parteien aus, nicht von der Regierung oder vom Parlament.[3]
Dass das Schweizer Stimmvolk eine Volksinitiative annimmt, kommt eher selten vor: Seit deren Einführung 1891 wurden erst 22 angenommen. Seit 1966 kamen über 160 Volksinitiativen zustande, über 100 davon kamen zur Abstimmung, aber nur 15 davon wurden in der Volksabstimmung angenommen. In der direkten Demokratie der Schweiz sind Volksinitiativen jedoch ein wesentlicher Anstoss für Veränderungen. Schon die Androhung einer Initiative kann genügen, damit der Gesetzgeber tätig wird.
Zu unterscheiden sind die Volksinitiative auf Totalrevision der Bundesverfassung und diejenige auf Teilrevision, wobei letztere entweder in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs oder aber einer allgemeinen Anregung einzureichen ist. Von praktischer Bedeutung ist jedoch nur der ausgearbeitete Entwurf für eine Teilrevision der Verfassung. Eine Volksinitiative auf Totalrevision kam nur einmal zustande: die Vereinigungen «Nationale Front», «Schweizer Jungkonservative», «Landsgemeinschaft – Das Aufgebot» und «Neue Schweiz» reichten hierfür im Jahre 1934 über 78'000 gültige Unterschriften ein.[4] Diese Fronteninitiative blieb jedoch in der Volksabstimmung vom September 1935 erfolglos.[5]
Ablauf der eidgenössischen Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung
Vorprüfung
Vor Beginn der Unterschriftensammlung für eine eidgenössische Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung ist der Bundeskanzlei zunächst der Initiativtext zur Vorprüfung vorzulegen. Sie ist auch für die Übersetzung des Textes beziehungsweise den Abgleich der Sprachversionen zuständig. Im weiteren überprüft die Bundeskanzlei, ob der Titel die gesetzlichen Anforderungen erfüllt (nicht irreführend, werbend oder verwechselbar), die Zusammensetzung des Initiativkomitees (welches aus 7–27 Stimmberechtigten bestehen muss), wie auch die Unterschriftenliste auf Vollständigkeit (unter anderem Titel und Wortlaut der Initiative, Hinweis auf strafrechtliche Bestimmungen, vorbehaltlose Rückzugsklausel) und verifiziert das Veröffentlichungsdatum im Bundesblatt.
Unterschriftensammlung
Mit der Publikation im Bundesblatt beginnt die Sammelfrist von 18 Monaten zu laufen, in welcher 100'000 gültige Unterschriften gesammelt werden müssen. Während früher für diese Zwecke oft vor Urnenlokalen gesammelt wurde, ist diese Methode mit der Einführung der brieflichen Abstimmung in den Hintergrund getreten. Viele Komitees veranstalten heute deshalb regelmässige Sammelaktionen auf belebten Strassen und Plätzen oder verteilen die Unterschriftenliste per Postversand. Auch Onlineplattformen unterstützen die Sammlung (die vorfrankierten PDF-Bögen müssen z.Z. noch ausgedruckt, unterschrieben und der Post übergeben werden).[6]
Stimmrechtsbescheinigung
Die Unterschriftenlisten sind innerhalb der Sammelfrist den entsprechenden Wohngemeinden zuzustellen, welche das Stimmrecht der Unterzeichnenden überprüfen und gegebenenfalls bescheinigen. Da beispielsweise Unterschriften von zwischenzeitlich Weggezogenen oder Verstorbenen nicht bescheinigt werden, werden die Stimmrechtsbescheinigungen zumeist fortlaufend eingeholt.
Einreichung und Zustandekommen
Die Unterschriftslisten müssen abschliessend rechtzeitig, gesamthaft und getrennt nach Kantonen bei der Bundeskanzlei im Bundeshaus eingereicht werden. Diese stellt sodann fest, ob die erforderliche Zahl von 100'000 gültigen Unterschriften erreicht und die Volksinitiative somit formell zustande gekommen ist. Meistens veranstalten die Initianten vor dem Bundeshaus in Bern eine Übergabe der Unterschriftenbogen.
Bundesrätliche Beratung
Eine formell zustande gekommene Volksinitiative wird innerhalb eines Jahres vom Bundesrat beraten. Schlägt er zur Initiative ein Gegenentwurf vor, so kann er die Behandlungfrist auf eineinhalb Jahre verlängern. Die Beratungen der Exekutive münden schliesslich in der bundesrätlichen Botschaft zur entsprechenden Volksinitiative. Diese befasst sich zunächst stets mit der Gültigkeit der Initiative, also den Erfordernissen der Einheit der Form, der Einheit der Materie sowie der Vereinbarkeit mit den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts. Als ungeschriebene Voraussetzung wird auch die faktische Durchführbarkeit der Initiative beurteilt. Weiter werden die Auswirkungen, hauptsächlich rechtlicher Natur, bei Annahme der Initiative beleuchtet; zuweilen werden internationale Rechtsvergleiche herangezogen. Auch werden fachliche Stellungnahmen eingeholt. Die Botschaft wendet sich an die beiden parlamentarischen Kammern und empfiehlt anschliessend die Zustimmung oder Ablehnung der Initiative. Diese Empfehlung, wie auch die Gültigkeitsfrage, haben indessen lediglich beratenden Charakter (Parlament, Volk), wie auch die Resultate der Beratungen der nun ins Spiel kommenden Legislative. Die Entscheidungsgewalt liegt ja beim Volk (den Stimmberechtigten).
Parlamentarische Beratungen
Die Volksinitiative wird alsdann innerhalb von zweieinhalb Jahren ab Einreichung vom Parlament, also Stände- und Nationalrat, beraten. Wird zur Initiative ein Gegenentwurf vorgeschlagen, so können die beiden Räte ihre Behandlungfrist auf dreieinhalb Jahre verlängern. (Falls sich ein indirekter Gegenentwurf in der Differenzbereinigung befindet, kann eine zweite Fristverlängerung um ein weiteres Jahr beschlossen werden.) Nachdem die Gültigkeitsfrage (formell) geklärt und praktisch ausnahmslos positiv beantwortet wurde, sollen die beiden Kammern, übereinstimmend, zu einem der folgenden Entscheiden gelangen:
- Zustimmung zur Initiative
- ohne Gegenentwurf
- mit direktem Gegenentwurf (Verfassungsentwurf, in der Stichfrage zu bevorzugen)
- Ablehnung zur Initiative
- ohne Gegenentwurf
- mit direktem Gegenentwurf (Verfassungsentwurf, in der Stichfrage zu bevorzugen)
- mit indirektem Gegenentwurf (Gesetzesvorlage)
In all diesen Fällen hat der Beschluss des Parlaments lediglich den Charakter einer Empfehlung zu Handen des Stimmvolkes.
Volksabstimmung
Sobald der parlamentarische Beschluss vorliegt, nach der Schlussabstimmung der beiden Räte, ordnet der Bundesrat den Abstimmungstermin an. Dieser kann nicht später als zehn Monate danach festgesetzt werden. Damit eine Volksinitiative auf Teilrevision der Bundesverfassung angenommen ist, muss sie ein doppeltes Mehr erreichen: die Mehrheit aller gültigen Stimmen (so genanntes Volksmehr) und gleichzeitig eine Mehrheit der gültigen Stimmen in einer Mehrheit der Kantone (so genanntes Ständemehr).
Gegenvorschlag
Manchmal erarbeiten Bundesrat und Bundesversammlung einen Gegenvorschlag zu einer Initiative, der dann gewöhnlich weniger weit geht als die Initiative selbst – in Erwartung, dass der Gegenvorschlag und nicht die Initiative angenommen wird.
Bis 1988 musste man entweder dem status quo (mit Nein), der Initiative oder dem Gegenvorschlag zustimmen (einzelnes Ja). So ergab sich, dass Befürworter einer Änderung gespaltet wurden, schliesslich mussten sich diese entweder für den Gegenvorschlag oder für die Initiative entscheiden. Gegner einer Änderung hatten damit ein leichtes Spiel, was zunehmend breit kritisiert wurde.
Deshalb wurde der Bundesbeschluss vom 19.12.1986 über das Abstimmungsverfahren bei Volksinitiativen mit Gegenentwurf erarbeitet, der am 5. April 1987 in einer der Volksabstimmungen angenommen wurde,[7] was, seit dem 5. April 1988, im Bundesgesetzes über die politischen Rechte festgeschrieben wurde – siehe «doppeltes Ja mit Stichfrage».
Seitdem kann man kann sowohl der Initiative als auch dem Gegenvorschlag zustimmen und mit der Stichfrage die Präferenz angeben, womit letzten Endes entschieden wird, welche Variante in Kraft treten soll wenn beide angenommen werden.[8]
Geschichte
Nachdem das Instrument der Volksinitiative in den 1830er-Jahren bereits in die Verfassungen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Thurgau, Schaffhausen, Luzern und St. Gallen[9] aufgenommen worden war, fand sie auch in die Bundesverfassung von 1848 Eingang. Die Artikel 111 bis 114, welche die Revision der Bundesverfassung regelten, lassen nach heutigem Verständnis keine eindeutige Interpretation zu, ob eine Teilrevision oder eine Totalrevision gemeint war. Jedoch wurde der Text nach damaligem Rechtsverständnis als Totalrevision interpretiert, Teilrevisionen waren also auf dem Wege der Volksinitiative nicht möglich.
«Wenn fünfzigtausend stimmberechtigte Schweizerbürger die Revision der Bundesverfassung verlangen, so muss […] die Frage, ob eine Revision stattfinden soll oder nicht, dem schweizerischen Volke zur Abstimmung vorgelegt werden», hiess es im Artikel 113. 50'000 Stimmberechtigte entsprachen seinerzeit knapp 8 Prozent der Stimmberechtigten.[10]
Ab den 1860er-Jahren verbreiteten sich in den Kantonen schnell die Möglichkeiten zu Initiativen auf Teilrevision der Verfassung und zu Initiativen auf Gesetzesänderungen (Gesetzesinitiativen). Auch ein 1872 abgelehnter Verfassungsentwurf auf Bundesebene sah die Gesetzesinitiative vor. Dennoch wurde in der Bundesverfassung von 1874 die Regelung von 1848 beibehalten. Während der folgenden Jahre herrschte vor allem die Angst vor Machtverlust bei den Eliten eine Rolle; Alfred Escher meinte nach der Einführung der Volksrechte im Kanton Zürich, wer von der Unfehlbarkeit des Volkes ausgehe, sei nicht besser als die Katholiken, welche an die Unfehlbarkeit des Papstes glaubten (welcher in jenen Jahren die liberale Welt von 1848 verteufelte – und mit ihm die Katholisch-Konservativen). Salomon Vögelin sprach einen anderen Grund aus: «Hier sitzt die Angst: Mit dem Initiativrecht wird die soziale Frage ihren Einzug in die Ratsääle halten.»[11] Nach wiederholten entsprechenden Forderungen und einer schon am 3. August 1880 eingereichten «Volks-Initiative» durch den spöttisch «Wanderprediger» genannten Schaffhauser Wilhelm Joos[12], gaben die Katholisch-Konservativen aufgrund der mit dem Referendum gewonnenen Erfahrungen im 1884 ihren Widerstand auf und so wurde 1891[13] die Volksinitiative auf Teilrevision der Verfassung eingeführt. Bereits 14 Monate später wurde die erste entsprechende Initiative für ein Schächtverbot eingereicht und 1893 angenommen. Die Bestrebungen für die Einführung einer Gesetzesinitiative auf Bundesebene scheiterten hingegen, so 1904 eine entsprechende Standesinitiativen, 1918 und 1930 parlamentarische Motionen, 1958 eine Volksinitiative und 1986 eine parlamentarische Initiative.
Nachdem das Instrument der Volksinitiative ausser während der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre und während der 1950er-Jahre selten genutzt wurde, geniesst es seit den 1970er-Jahren grosse Beliebtheit.
Kritik
Konflikt mit Grundrechten
Eine Volksinitiative auf Bundesebene kann heute als ungültig erklärt werden (was praktisch nie geschieht), wenn sie die Einheit der Materie oder zwingendes Völkerrecht verletzt (siehe auch «Vorprüfung» in «Ablauf...» oben). Da – wie es manche Kritiker empfinden – zunehmend Volksinitiativen zustande kommen und eingereicht werden, welche zwar nicht gegen zwingendes Völkerrecht verstossen, jedoch verfassungsmässige Grundrechte verletzen oder gegen internationales Recht verstossen – oder bei ihrer Umsetzung es tun würden – stellt sich die Frage, ob die Volksentscheide über dem Volksrecht stehen oder nicht.
So nannte die Nationalrätin Thérèse Meyer-Kaelin (CVP) die Volksinitiative «Gegen den Bau von Minaretten» als Beispiel. Die Initiative verstosse zwar gegen kein zwingendes Völkerrecht, da die Europäische Menschenrechtskonvention nicht zum zwingenden Völkerrecht gehören.[14] Am 11. März 2009 wurde eine parlamentarische Initiative (vom 5. Oktober 2007) angenommen, nach der die Bundesverfassung dergestalt zu ändern sei, dass eine Volksinitiative dann ungültig ist, wenn sie materiell gegen den Grundrechtsschutz und gegen Verfahrensgarantien des Völkerrechtes verstösst.[14][15]
Gesetze statt Verfassungsartikel
Gewisse Kritiker halten den Umstand für problematisch, dass mit der Initiative nur eine Verfassungs-, jedoch keine Gesetzesänderung erreicht werden kann. Dies kann zur Folge haben, dass in die Bundesverfassung Bestimmungen aufgenommen werden, welche als nicht «verfassungswürdig» erachtet werden. Sie wären eher auf Gesetzesstufe anzusiedeln. Ein Beispiel: Der Schutz der Moorlandschaften (und das Verbot, Waffenplätze in Mooren zu erstellen) ist in der Verfassung geregelt statt in einer analogen Bestimmung im Natur- und Heimatschutzgesetz bzw. im Umweltschutzgesetz (Rothenthurm-Initiative).[16]
Da in der Schweiz eher das Praktische, auch im politischen Leben, im Vordergrund steht, ist dieses eher «verfassungskosmetische» Problem nicht von grosser Bedeutung.
Umsetzung der Initiative
Inhaltlich – Von verschiedener Seite wurde dem National- und Ständerat vorgeworfen, die Anliegen von Volksinitiativen zu verwässern; Beispiele dafür sind etwa die Masseneinwanderungsinitiative oder die Zweitwohnungsinitiative.[17]
Formell rechtlich – In der Schweiz kennt man auf Bundesebene keine Verfassungsgerichtsbarkeit. Manche Kritiker meinen, dass deshalb auch keinerlei Garantie besteht, dass eine vom Volk angenommene Volksinitiative auch umgesetzt wird.[18]
Angenommene Volksinitiativen
Datum | Titel der Vorlage (Webseite) | Beteiligung | Anteil Ja-Stimmen | Stände Ja : Nein | Kernthema |
---|---|---|---|---|---|
20. August 1893 | Für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung[Ini 1] | 49,18 % | 60,1 % | 10 3/2 : 9 3/2 | Schächten |
5. Juli 1908 | Für ein Absinthverbot[Ini 2] | 49,31 % | 63,5 % | 17 6/2 : 2 0/2 | Absinth |
13. Oktober 1918 | Proporzwahl des Nationalrates[Ini 3] | 49,47 % | 66,8 % | 17 5/2 : 2 1/2 | Nationalrat |
21. März 1920 | Für ein Verbot der Errichtung von Spielbanken[Ini 4] | 60,22 % | 55,3 % | 13 2/2 : 6 4/2 | Casino |
30. Januar 1921 | Für die Unterstellung von unbefristeten oder für eine Dauer von mehr als 15 Jahren abgeschlossenen Staatsverträgen unter das Referendum (Staatsvertragsreferendum)[Ini 5] | 63,11 % | 71,4 % | 17 6/2 : 2 0/2 | Staatsvertrag |
2. Dezember 1928 | Kursaalspiele (Spielbanken)[Ini 6] | 55,52 % | 51,9 % | 13 3/2 : 6 3/2 | Casino |
11. September 1949 | Rückkehr zur direkten Demokratie[Ini 7] | 42,52 % | 50,7 % | 11 3/2 : 8 3/2 | Direkte Demokratie |
28. November 1982 | Zur Verhinderung missbräuchlicher Preise[Ini 8] | 32,91 % | 56,1 % | 16 2/2 : 4 4/2 | Preisüberwacher |
6. Dezember 1987 | Zum Schutz der Moore – Rothenthurm-Initiative[Ini 9] | 47,66 % | 57,8 % | 17 6/2 : 3 0/2 | Moor |
23. September 1990 | Stopp dem Atomkraftwerkbau (Moratorium)[Ini 10] | 40,43 % | 54,5 % | 17 5/2 : 3 1/2 | Atomkraftwerk |
26. September 1993 | Für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag (1. August-Initiative)[Ini 11] | 39,88 % | 83,8 % | 20 6/2 : 0 | Schweizer Bundesfeiertag |
20. Februar 1994 | Zum Schutze des Alpengebietes vor dem Transitverkehr[Ini 12] | 40,86 % | 51,9 % | 13 6/2 : 7 0/2 | Transitverkehr in den Alpen |
3. März 2002 | Für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)[Ini 13] | 58,44 % | 54,6 % | 11 2/2 : 9 4/2 | Vereinte Nationen und Die Schweiz in den Vereinten Nationen |
8. Februar 2004 | Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter[Ini 14] | 45,53 % | 56,2 % | 19 5/2 : 1 1/2 | Verwahrung |
27. November 2005 | Gentechfrei-Initiative (Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft)[Ini 15] | 42,24 % | 55,7 % | 20 6/2 : 0 | Gentechnik |
30. November 2008 | Für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern[Ini 16] | 47,52 % | 51,9 % | 16 4/2 : 4 2/2 | Sexualdelikte an Kindern |
29. November 2009 | Gegen den Bau von Minaretten[Ini 17] | 53,40 % | 57,5 % | 17 5/2 : 3 1/2 | Minarette |
28. November 2010 | Für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)[Ini 18] | 53,05 % | 52,9 % | 15 5/2 : 5 1/2 | Kriminalität bei Ausländern |
11. März 2012 | Eidgenössische Volksinitiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!»[Ini 19] | 44,50 % | 50,6 % | 12 3/2 : 8 3/2 | Bau von Zweitwohnungen |
3. März 2013 | Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Abzockerei»[Ini 20] | 46,7 % | 67,9 % | 20 6/2 : 0 | Aktionärsrechte, Managerlöhne |
9. Februar 2014 | Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»[Ini 21] | 55,8 % | 50,3 % | 12 5/2 : 8 1/2 | Zuwanderung |
18. Mai 2014 | Eidgenössische Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen»[Ini 22] | 54,9 % | 63,5 % | 20 6/2 : 0 | Pädophilie |
Volksinitiativen mit hoher Stimmbeteiligung (über 55 %)
Datum | Titel der Initiative (Webseite) | Beteiligung | Anteil Ja-Stimmen | Stände Ja : Nein | Resultat |
---|---|---|---|---|---|
4. November 1894 | Eidgenössische Volksinitiative «Abgabe eines Teils der Zolleinnahmen an die Kantone»[Ini 23] | 71,88 % | 29,3 % | 7 3/2 : 12 3/2 | |
23. Oktober 1910 | Eidgenössische Volksinitiative «Proporzwahl des Nationalrates»[Ini 24] | 62,34 % | 47,5 % | 10 4/2 : 9 2/2 | |
2. Juni 1918 | Eidgenössische Volksinitiative «Einführung der direkten Bundessteuer»[Ini 25] | 65,40 % | 45,9 % | 6 3/2 : 13 3/2 | |
30. Januar 1921 | Eidgenössische Volksinitiative «Aufhebung der Militärjustiz»[Ini 26] | 63,11 % | 33,6 % | 3 : 16 6/2 | |
3. Dezember 1922 | Eidgenössische Volksinitiative «für die Einmalige Vermögensabgabe»[Ini 27] | 86,29 % | 13,0 % | 0 : 19 6/2 | |
15. April 1923 | Eidgenössische Volksinitiative «Wahrung der Volksrechte in der Zollfrage»[Ini 28] | 65,76 % | 26,8 % | 0 1/2 : 19 5/2 | |
24. Mai 1925 | Eidgenössische Volksinitiative «Invaliditäts-, Alters- und Hinterlassenenversicherung»[Ini 29] | 68,23 % | 42,0 % | 5 2/2 : 14 4/2 | |
3. März 1929 | Eidgenössische Volksinitiative «Getreideversorgung»[Ini 30] | 67,26 % | 1 | 2,7 %0 : 19 6/2 | |
2. Juni 1935 | Eidgenössische Volksinitiative «Bekämpfung der Wirtschaftskrise»[Ini 31] | 84,34 % | 42,8 % | 4 2/2 : 15 4/2 | |
8. September 1935 | Eidgenössische Volksinitiative «Totalrevision der Bundesverfassung»[Ini 32] (sog. Fronteninitiative) | 60,90 % | 27,7 % | – | |
28. November 1937 | Eidgenössische Volksinitiative «Verbot der Freimaurerei»[Ini 33] | 65,94 % | 31,3 % | 1 : 18 6/2 | |
9. März 1941 | Eidgenössische Volksinitiative «Neuordnung des Alkoholwesens»[Ini 34] | 61,43 % | 40,2 % | – | |
25. Januar 1942 | Eidgenössische Volksinitiative «Wahl des Bundesrates durch das Volk und Erhöhung der Mitgliederzahl»[Ini 35] | 61,97 % | 32,4 % | 0 : 19 6/2 | |
18. Mai 1947 | Eidgenössische Volksinitiative «Wirtschaftsreform und Rechte der Arbeit»[Ini 36] | 59,43 % | 31,2 % | 0 : 19 6/2 | |
13. März 1955 | Eidgenössische Volksinitiative «Schutz der Mieter und Konsumenten (Weiterführung der Preiskontrolle)»[Ini 37] | 55,52 % | 50,2 % | 6 2/2 : 13 4/2 | |
26. Oktober 1958 | Eidgenössische Volksinitiative «Einführung der 44-Stunden-Woche»[Ini 38] | 61,84 % | 35,0 % | 1/2 : 19 5/2 | |
1. April 1962 | Eidgenössische Volksinitiative «für ein Verbot der Atomwaffen»[Ini 39] | 55,59 % | 34,8 % | 4 : 15 6/2 | |
7. Juni 1970 | Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Ueberfremdung»[Ini 40] | 74,72 % | 46,0 % | 6 2/2 : 13 4/2 | |
20. Oktober 1974 | Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Ueberfremdung und Ueberbevölkerung der Schweiz»[Ini 41] | 70,33 % | 34,2 % | 0 : 19 6/2 | |
26. November 1989 | Eidgenössische Volksinitiative «für eine Schweiz ohne Armee und für eine umfassende Friedenspolitik»[Ini 42] | 69,18 % | 35,6 % | 2 : 18 6/2 | |
Eidgenössische Volksinitiative «pro Tempo 130/100»[Ini 43] | 69,15 % | 38,0 % | 6 : 14 6/2 | ||
6. Juni 1993 | Eidgenössische Volksinitiative «40 Waffenplätze sind genug – Umweltschutz auch beim Militär»[Ini 44] | 55,58 % | 44,7 % | 6 2/2 : 14 4/2 | |
Eidgenössische Volksinitiative «für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge»[Ini 45] | 55,58 % | 42,8 % | 3 2/2 : 17 4/2 | ||
4. März 2001 | Eidgenössische Volksinitiative «Ja zu Europa!»[Ini 46] | 55,79 % | 23,2 % | 0 : 20 6/2 | |
Eidgenössische Volksinitiative «für mehr Verkehrssicherheit durch Tempo 30 innerorts mit Ausnahmen (Strassen für alle)»[Ini 47] | 55,79 % | 20,3 % | 0 : 20 6/2 | ||
3. März 2002 | Eidgenössische Volksinitiative «für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)»[Ini 48] | 58,44 % | 54,6 % | 11 2/2 : 9 4/2 | |
9. Februar 2014 | Eidgenössische Volksinitiative «Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache – Entlastung der Krankenversicherung durch Streichung der Kosten des Schwangerschaftsabbruchs aus der obligatorischen Grundversicherung»[Ini 49] | 55,5 % | 30,2 % | 1/2 : 20 5/2 | |
Eidgenössische Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung»[Ini 50] | 55,8 % | 50,3 % | 12 5/2 : 8 1/2 | ||
18. Mai 2014 | Eidgenössische Volksinitiative «Für den Schutz fairer Löhne (Mindestlohn-Initiative)»[Ini 51] | 55,5 % | 23,7 % | 0 : 20 6/2 |
Hängige Volksinitiativen
Abstimmungsreife Volksinitiativen
Titel der Initiative (Webseite) | Initiativkomitee (Website) | Eingereicht | Volksabstimmung |
---|---|---|---|
Eidgenössische Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren (Abschaffung der Billag-Gebühren)»[Ini 52] | Junge SVP, Jungfreisinnige Schweiz [19] | 11. Dezember 2015 | 4. März 2018 |
Beim Parlament hängige Volksinitiativen
Titel der Initiative (Webseite) | Initiativkomitee (Website) | Eingereicht | Behandlungsfrist der eidg. Räte |
---|---|---|---|
Eidgenössische Volksinitiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)»[Ini 53] | Komitee "Zersiedelungsinitiative"[20], Junge Grüne, Grüne, JUSO, Alpen-Initiative, UmverkehR, Junge EVP, Hausverein, Mountain Wilderness, Pro Velo, Fossil-Free, Fussverkehr Schweiz, Décroissance Bern | 21. Oktober 2016 | 21. April 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt»[Ini 54] | Entwicklungshilfeorganisationen, Menschenrechtsorganisationen, Umweltschutzverbände und Gewerkschaften[21] | 10. Oktober 2016 | k.A. |
Eidgenössische Volksinitiative «Zur Förderung der Velo-, Fuss- und Wanderwege (Velo-Initiative)»[Ini 55] | SP, Grüne Partei der Schweiz, VCS sowie Exponenten von Velo- und Umweltverbänden[22] | 1. März 2016 | 1. September 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)»[Ini 56] | Komitee Schweizer Recht statt fremde Richter[23], SVP | 12. August 2016 | 12. Februar 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Raus aus der Sackgasse! Verzicht auf die Wiedereinführung von Zuwanderungskontingenten»[Ini 57] | Initiativkomitee "Raus aus der Sackgasse"[24] | 27. Oktober 2015 | 27. April 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere (Hornkuh-Initiative)»[Ini 58] | IG Hornkuh[25] | 23. März 2016 | 23. September 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle»[Ini 59] | Uniterre[26] | 30. März 2016 | 30. September 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank! (Vollgeld-Initiative)»[Ini 60] | Komitee "Vollgeld-Initiative"[27] | 1. Dezember 2015 | 1. Dezember 2016 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel (Fair-Food-Initiative)»[Ini 61] | Grüne Schweiz[28] | 26. November 2015 | 26. Mai 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Schutz der Privatsphäre»[Ini 62] | Politiker der SVP, FDP, jfs, CVP, Lega und JSVP[29] | 25. September 2014 | 25. März 2017 |
Beim Bundesrat hängige Volksinitiativen
Titel der Initiative (Webseite) | Initiativkomitee (Website) | Eingereicht | Behandlungsfrist des Bundesrates |
---|---|---|---|
Eidgenössische Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)»[Ini 63] | Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner [30] | 7. November 2017 | 7. November 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)»[Ini 64] | Piratenpartei, Junge Grüne, Opendata.ch, Grüne, JUSO, EVP, SP, BDP, Jugendsession, Transparency International Schweiz [31] | 10. Oktober 2017 | 10. Oktober 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot»[Ini 65] | Egerkinger Komitee[32], Walter Wobmann, Raymond Clottu, Oskar Freysinger, Thomas Fuchs, Andrea Geissbühler, Andreas Glarner, Hermann Lei, Hans Moser, Yves Nidegger, Julia Onken, Lorenzo Quadri, Lukas Reimann | 15. September 2017 | 15. September 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie»[Ini 66] | Verein "Vaterschaftsurlaub jetzt!"[33], c/o Travail.Suisse | 04. Juli 2017 | 04. Juli 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen»[Ini 67] | Komitee "Wohn-Initiative"[34], Mieterverband | 18. Oktober 2016 | 18. April 2018 |
Im Unterschriftenstadium hängige Volksinitiativen
Titel der Initiative (Webseite) | Initiativkomitee (Website) | Sammelbeginn | Ablauf der Sammelfrist |
---|---|---|---|
Eidgenössische Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise (Fair-Preis-Initiative)»[Ini 68] | AM Schweiz, BKW, FRC, Gastrosuisse, Hotelleriesuisse, STV, Stiftung für Konsumentenschutz, Swissmechanic [35] | 20. September 2016 | 20. März 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»[Ini 69] | Komitee "Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide"[36] | 29. November 2016 | 29. Mai 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz»[Ini 70] | Verein "Sauberes Wasser für Alle"[37], Greenpeace Schweiz, BirdLife Schweiz, Tier im Fokus, Swissveg, Pro Natura | 21. März 2017 | 21. September 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten»[Ini 71] | AL Zürich, Alternative Kanton Zug, ATTAC Schweiz, BastA!, BDS Schweiz, DJS, GSP, GSOA, Grüne, ICAN Schweiz, Junge Alternative JA!, Junge Grüne, JUSO, WILPF Schweiz, VPOD, Sosf, SP [38] | 11. April 2017 | 11. Oktober 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Atomkraftwerke abschalten – Verantwortung für die Umwelt übernehmen»[Ini 72] | Verein "Atomkraftwerke Abschalten Schweiz"[39] | 16. Mai 2017 | 16. November 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Zuerst Arbeit für Inländer»[Ini 73] | Komitee "ZAFI-Zuerst Arbeit für Inländer"[40] | 13. Juni 2017 | 13. Dezember 2018 |
Eidgenössische Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt»[Ini 74] | IG Tierversuchsverbots-Initiative[41] | 3. Oktober 2017 | 3. April 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone»[Ini 75] | Comité d'organisation Initiatives «Assurance maladie: pour une liberté d’organisation des cantons»[42] | 3. Oktober 2017 | 3. April 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern»[Ini 76] | JUSO[43] | 3. Oktober 2017 | 3. April 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Für ein von den Krankenkassen unabhängiges Parlament»[Ini 77] | Comité d'organisation Initiatives «Pour un Parlement indépendant des caisses maladies»[44] | 3. Oktober 2017 | 3. April 2019 |
Eidgenössische Volksinitiative «Organspende fördern - Leben retten»[Ini 78] | Comité d'initiative "Initiative pour le don d'organes"[45], Swisstransplant | 17. Oktober 2017 | 17. April 2019 |
Allgemeine Volksinitiative
Um unter anderem dem oben angesprochenen Gebot der «Stufengerechtigkeit» von Normen Rechnung zu tragen, wurde eine Volksrechtsreform erarbeitet, die eine neue Variante des Initiativrechts vorsieht: die sogenannte «allgemeine Volksinitiative». Die Verfassungsbestimmungen sahen vor, dass «in einer allgemeinen Anregung die Annahme, Änderung oder Aufhebung von Verfassungs- oder Gesetzesbestimmungen» verlangt werden konnten. Zudem hätte das Parlament das Begehren ausformuliert und darüber entschieden, ob die Verfassung oder die Gesetzgebung anzupassen sind. Bei einer Verfassungsänderung wäre es zum obligatorischen Referendum gekommen; Gesetzesänderungen hätten dem fakultativen Referendum oblegen. Dem Parlament stand es zudem frei, neben der Vorlage zur Umsetzung des Initiativbegehrens einen eigenen (direkten) Gegenvorschlag zu formulieren. Dieser hätte ebenfalls auf Verfassungs- oder Gesetzesebene erfolgen können. Die Schweizer Stimmbürger hatten der Einführung der allgemeinen Volksinitiative in einer Volksabstimmung am 9. Februar 2003 mit 70,3 Prozent zugestimmt (einstimmige Zustimmung der Stände), jedoch bei einer aussergewöhnlich tiefen Stimmbeteiligung von rund 28 Prozent. Die Vox-Analyse ergab zudem, dass etwa ein Viertel der Abstimmenden nicht genau wusste, worum es ging.
Der Nachteil für die Initianten hätte darin bestanden, dass das Parlament den genauen Wortlaut einer Vorlage bestimmt und somit die Anliegen verwässert werden können. Im Rahmen der Umsetzung dieses neuen Konzepts auf Gesetzesebene hat sich gezeigt, dass das neue Volksrecht in der konkreten Handhabung komplex ist. Der Nationalrat hat es als nicht praxistauglich taxiert und ist auf eine entsprechende Vorlage (Änderungen des Bundesgesetzes über die politischen Rechte sowie des Parlamentsgesetzes) nicht eingetreten. Gleichzeitig nahm er eine parlamentarische Initiative zur Rückgängigmachung der allgemeinen Volksinitiative auf Verfassungsebene an (insb. Streichung von Art. 139a BV). Auf Grund der vom Bundesrat ausgearbeiteten Ausführungsgesetzgebung kamen die beiden Räte zum Schluss, dass das neue Volksrecht nicht umsetzbar sei. Schwierigkeiten bereiteten das Zweikammersystem, allfällige Gegenentwürfe, die unterschiedlichen Mehrheitserfordernisse für Verfassungs- und Gesetzesänderungen, sowie die Möglichkeit der Initianten, das Bundesgericht anrufen zu können, wenn sie mit der Vorlage nicht zufrieden waren. Die daraus entstehende lange Verfahrensdauer hätte das Volksrecht unattraktiv gemacht. Am 19. März 2007 beschloss nach dem Nationalrat auch der Ständerat Nichteintreten auf die Ausführungsgesetzgebung der allgemeinen Volksinitiative. Um den im 2003 angenommenen Verfassungsartikel schliesslich – wie vom Parlament vorgeschlagen – wieder aufheben zu können, brauchte es abermals die Zustimmung von Volk und Ständen.[46] Am 27. September 2009 wurde der Bundesbeschluss vom 19. Dezember 2008 über den «Verzicht auf die Einführung der allgemeinen Volksinitiative» vom Volk mit 67,9 Prozent und einer Stimmbeteiligung von 41 Prozent angenommen; auch diesmal nahmen alle Stände die Vorlage an.[47]
Kantonale Volksinitiative
Verfassungs- und Gesetzesinitiative
Auf Kantonsebene gibt es neben Verfassungsinitiativen auch Gesetzesinitiativen, wobei eine Abstimmung über einen Vorschlag für ein neues Gesetz oder eine Gesetzesänderung verlangt wird. Die notwendige Unterschriftenzahl ist in der jeweiligen Kantonsverfassung festgelegt. Eine kantonale Verfassungs- oder Gesetzesinitiative darf nicht gegen Bundesrecht verstossen (Art. 49 BV). Sollte ein Verstoss gegen die Bundesverfassung, insbesondere die Grundrechte, oder ein Bundesgesetz vorliegen, kann das Bundesgericht (Schweiz) eine kantonale Volksinitiative für ungültig erklären.
Einzelinitiative
Der Kanton Zürich kennt zudem seit 1869 die Einzelinitiative: Die Initiative einer Einzelperson betreffend Änderung der Kantonsverfassung oder eines kantonalen Gesetzes wird dann wie eine parlamentarische Initiative, eine Behördeninitiative oder eine Volksinitiative behandelt, wenn sie die Unterstützung von wenigstens 60 (von insgesamt 180) Mitgliedern des Kantonsrates findet.
Das Recht der Einzelinitiative kennen sodann die beiden Landsgemeindekantone Appenzell Innerrhoden und Glarus, wo solche aber zwingend der Landsgemeinde zu unterbreiten sind.
Behördeninitiative
Der Kanton Zürich kennt überdies die Behördeninitiative: Die Initiative einer Behörde betreffend Änderung der Kantonsverfassung oder eines kantonalen Gesetzes oder zur Ergänzung von Verfassung bzw. Gesetzen.
Kommunale Volksinitiative
Die Anzahl benötigter Unterschriften ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich: In den drei grössten Städten beträgt sie beispielsweise 3'000 (Zürich und Basel) beziehungsweise 4'000 (Genf), während in Luzern 800 und in den Gemeinden Wolfhalden (1700 Einwohner) und Hundwil (990 Einwohner) deren 40 reichen.
Je nach kantonaler oder kommunaler Regelung können auch einzelne Stimmberechtigte eine kommunale Volksinitiative einreichen (Einzelinitiative), beispielsweise in den Städten Zürich und Zug.
Siehe auch
- Abberufung
- Bürgerinitiative
- Direkte Demokratie
- Fakultatives Referendum
- Initiativrecht
- Liste der eidgenössischen Volksabstimmungen
- Parlamentarische Initiative
- Politisches System der Schweiz
- Standesinitiative
- Volksabstimmung (Schweiz)
- Volksmotion
Weblinks
- Dossier Volksinitiativen auf der Website der Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft
Schweizerische Bundeskanzlei : Volksinitiativen- Chronologie Volksinitiativen
- Nicht zustandegekommene Volksinitiativen
- Zustandegekommene Volksinitiativen
- Zurückgezogene Volksinitiativen
- Abgeschriebene Volksinitiativen
- Ungültig erklärte Volksinitiativen
- Abgestimmte Volksinitiativen
- Von Volk und Ständen angenommene Volksinitiativen
- Übersicht in Zahlen
- Bernard Degen: Volksinitiative im Historischen Lexikon der Schweiz
- Heribert Rausch: Volksinitiativen als Motor der Gesetzgebung, rwi.uzh.ch (PDF; 10,6 MB) ZSR 2008 I 425
Initiativen
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für ein Absinthverbot’. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Proporzwahl des Nationalrates’. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für ein Verbot der Errichtung von Spielbanken'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für die Unterstellung von unbefristeten oder für eine Dauer von mehr als 15 Jahren abgeschlossenen Staatsverträgen unter das Referendum (Staatsvertragsreferendum). admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Kursaalspiele (Spielbanken)'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Rückkehr zur direkten Demokratie'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'zur Verhinderung missbräuchlicher Preise'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'zum Schutz der Moore – Rothenthurm-Initiative'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Stopp dem Atomkraftwerkbau (Moratorium)'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag' (1. August-Initiative)'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'zum Schutze des Alpengebietes vor dem Transitverkehr'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)'. admin.ch. 25. August 1998. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft’. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Gegen den Bau von Minaretten'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen!'. admin.ch. Abgerufen am 11. März 2012.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'gegen die Abzockerei'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Gegen Masseneinwanderung'. Abgerufen am 26. Juli 2011.
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- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Ueberfremdung'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'gegen die Ueberfremdung und Ueberbevölkerung der Schweiz’. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für eine Schweiz ohne Armee und für eine umfassende Friedenspolitik'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'pro Tempo 130/100'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative '40 Waffenplätze sind genug – Umweltschutz auch beim Militär'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Ja zu Europa!'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für mehr Verkehrssicherheit durch Tempo 30 innerorts mit Ausnahmen (Strassen für alle)'. admin.ch. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)'. admin.ch. 25. August 1998. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache-Entlastung der Krankenversicherung durch Streichung der Kosten des Schwangerschaftsabbruchs aus der obl. admin.ch. 26. Januar 2010. Abgerufen am 18. Mai 2010.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Gegen Masseneinwanderung'. Abgerufen am 26. Juli 2011.
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- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Ja zum Verhüllungsverbot'. Abgerufen am 5. November 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie'. Abgerufen am 5. November 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Mehr bezahlbare Wohnungen'. Abgerufen am 5. November 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise (Fair-Preis-Initiative)'. Abgerufen am 2. Oktober 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide'. Abgerufen am 2. Oktober 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz'. Abgerufen am 2. Oktober 2017.
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- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Atomkraftwerke abschalten – Verantwortung für die Umwelt übernehmen'. Abgerufen am 2. Oktober 2017.
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- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt'. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone'. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern'. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
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- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'Organspende fördern - Leben retten'. Abgerufen am 5. November 2017.
Einzelnachweise
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Volksinitiative (Schweiz) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |
- ↑ admin.ch – Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft: Volksinitiativen – Übersicht in Zahlen, Schweizerische Bundeskanzlei (BK)
- ↑ Als erledigt erklärt. Siehe dazu die Erläuterungen der Bundeskanzlei (Einzelfälle anklicken)
- ↑ Die ersten, die schrägsten und die erfolgreichen Initiativen in Tagesanzeiger vom 5. Juli 2016
- ↑ Bundesblatt 46/1934 Seite 593
- ↑ http://www.admin.ch/ch/d/pore/va/19350908/det122.html Abstimmungsergebnis der eidgenössische Volksinitiative 'für eine Totalrevision der Bundesverfassung' von 1935
- ↑ Simon Hehli: Das Instant-Referendum – Die Facebook-Demokratie rückt näher: Nächstes Jahr startet eine Online-Community, die in nur einer Woche ein Referendum stemmen können soll. Es ist auch eine Kampfansage an das nach rechts gerückte Parlament. NZZ, 20. November 2015
- ↑ Bundesbeschluss vom 19. Dezember 1986 über das Abstimmungsverfahren bei Volksinitiativen mit Gegenentwurf, auf admin.ch
- ↑ (Bundesblatt 1987 III 377 388)
- ↑ Bernard Degen: Volksinitiative im Historischen Lexikon der Schweiz
- ↑ Schweizer Volksinitiative: 125 Jahre alt und umstritten auf SRF vom 5. Juli 2016
- ↑ Thomas Zaugg in Das Magazin 48/2014
- ↑ Bundeskanzlei: Bundesbeschluss betreffend den durch das Volksbegehren vom 3. August 1880 gestellten Antrag auf Revision der Bundesverfassung
- ↑ Direkte Demokratie: Die Volksinitiative ist eine Erfolgsgeschichte in Neue Zürcher Zeitung vom 5. Juli 2016
- ↑ 14,0 14,1 07.477 – Parlamentarische Initiative: Gültigkeit von Volksinitiativen, Daniel Vischer (GPS), vom 11. März 2009, auf parlament.ch
- ↑ 08.3765 – Postulat: Volksinitiativen und Völkerrecht, Staatspolitische Kommission NR, auf parlament.ch
- ↑ Eidgenössische Volksinitiative 'zum Schutz der Moore – Rothenthurm-Initiative', auf admin.ch
- ↑ [Bitte, Referenz/en ergänzen]
- ↑ [Bitte, Referenz/en ergänzen]
- ↑ "No-billag Initiative". Abgerufen am 26. März 2016.
- ↑ "Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung (Zersiedelungsinitiative)". Abgerufen am 5. November 2017.
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- ↑ Die allgemeine Volksinitiative wird abgeschafft. Der Bund, 27. September 2009, abgerufen am 27. September 2009.