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Lene Voigt

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Lene Voigt um 1910

Lene Voigt (* 2. Mai 1891 in Leipzig als Helene Wagner; † 16. Juli 1962 ebenda) war eine deutsche Schriftstellerin und sächsische Mundartdichterin.

Leben

Lene Voigt, Tochter eines Schriftsetzers, absolvierte nach der Volksschule auf Wunsch ihrer Mutter eine Ausbildung als Kindergärtnerin und arbeitete später unter anderem für den renommierten Insel Verlag als kaufmännische Angestellte. 1914 heiratete sie den Musiker Friedrich Otto Voigt (1890–1976). Nach ihrer Scheidung im Jahr 1920 arbeitete sie als freie Schriftstellerin. Auch ein schwerer Schicksalsschlag, der Tod ihres damals fünfjährigen Sohnes Alfred im Jahr 1924, konnte sie nicht vom Schreiben abbringen. In ihren Textsammlungen und Parodien in sächsischer Mundart, die zu ihrem Markenzeichen wurden, lag ihre große Popularität begründet. In den 1920er- und 1930er-Jahren entstand die Mehrzahl ihrer Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften (unter anderem in Der Leipziger, Der Drache, Die Rote Fahne, Bayrische Arbeiter-Zeitung, Der lustige Sachse, Neue Leipziger Zeitung).

Erinnerungstafel an ihrem Wohnhaus in der Leipziger Schletterstraße

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden ihre Werke Gegenstand von Protesten und Schmähungen. Unter anderem wurde ihr die „Verschandelung“ der deutschen Klassiker vorgeworfen. Ab 1936 durften ihre Werke nicht mehr publiziert werden, da maßgeblich auf Betreiben von Gauleiter Martin Mutschmann Sächsisch als unheldisch und Lene Voigt aufgrund ihrer Veröffentlichungen in linken Zeitschriften politisch als Linke galt. Trotzdem schrieb sie gelegentlich noch für verschiedene Arbeiterzeitschriften.

1936 ließ sich Lene Voigt erstmals in der Nervenheilanstalt Schleswig wegen einer Psychose behandeln, 1940 zum ersten Mal in der Leipziger Universitäts-Nervenklinik.

Nach 1945 war Lene Voigt als Schriftstellerin unbekannt. Ihre Werke waren weitgehend in Vergessenheit geraten. Sie musste sich ihren Lebensunterhalt anderweitig verdienen und arbeitete beim Rat des Kreises Leipzig-Land in der Lebensmittelkartenstelle. Im Juli 1946 kam sie erneut in die Nervenklinik der Leipziger Universität. Man diagnostizierte Schizophrenie. Bald darauf wurde Lene Voigt in das Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie Leipzig-Dösen eingewiesen. Nachdem sich keine akuten Symptome der Krankheit mehr gezeigt hatten, arbeitete sie für die Verwaltung als Botin zwischen den einzelnen Gebäuden des Krankenhauses, das im Pavillon-System angelegt war.

Ihr Grabstein auf dem Leipziger Südfriedhof mit fehlerhaftem Geburtsdatum – laut neuesten Erkenntnissen der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. wurde sie bereits am 2. Mai 1891 geboren[1]
Bronze-Relief für Lene Voigt am Eingang zum Academixer-Keller in Leipzig, „von deinen sächsischen Kabarettisten“, Gestaltung Klaus Schwabe (2011)

Lene Voigt schrieb weiterhin an ihren Klassikern und Gedichten zur Bewältigung ihrer Lebenssituation. Ihre Werke verschenkte sie als „sächsischen Kleinkram“ an Mitarbeiter des Krankenhauses, das sie bis zu ihrem Tode nicht wieder verließ.

Wiederentdeckung

Im Westen Deutschlands war Lene Voigt nicht ganz vergessen. Hier erschienen ihre jeweils zweibändigen Säk’schen Glassigger und Säk’schen Balladen in den 1950er- und 1960er-Jahren nochmals in zwei Auflagen im Bergmann-Verlag, Voigts nach München verlegten ehemaligem Leipziger Verlag. Weitere Auflagen der Glassigger und der Balladen kamen ab 1978 in Lizenz im Rowohlt Verlag heraus.

In der DDR gab es lange Zeit keine Neuveröffentlichungen von Lene Voigts Werken, da alles Sächsische wegen des sächsischen Idioms von Walter Ulbricht immer als Parodie auf das Staatsoberhaupt angesehen wurde. Erst in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gelang dem Kabarett academixer zusammen mit dem Leipziger Rundfunksender der Durchbruch: Immer zur Messezeit lief täglich die Sendung „aMessements“, in der sächsische Lieder und Texte, viele von Lene Voigt, im Funk zu hören waren. 1980 kam das erste Sächsisch-Programm auf die „academixer“-Bühne. Dieses Genre wurde hier, überwiegend mit Werken von Lene Voigt, in bisher sieben Programmen weiter gepflegt, wobei meistens Christian Becher für Auswahl und Regie zuständig war. Auch von anderen Kabarettisten wurden Voigts Werke wiederentdeckt und auf die Bühne gebracht; besonders verdient gemacht haben sich hier die Leipziger Kabarettisten Bernd-Lutz Lange und Gunter Böhnke sowie die Kabarettisten Tom Pauls und Gisela Oechelhaeuser. Wolfgang U. Schütte gab 1983 im Leipziger Zentralhaus-Verlag eine kleine Sammlung Bargarohle, Bärchschaft un sächs’sches Ginsdlrblud. Lauter gleenes Zeich zum Vortragen und noch etwas mehr heraus; hochdeutsche Arbeiten von Lene Voigt erschienen 1987 im Verlag Tribüne des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB).

Das Programm „Wo de Bleisse bläddschert – Lene Voigt“ von Steffen Lutz Matkowitz vom Kabarett Leipziger Brettl kam in Leipzig seit dem 22. Februar 2002 auf über 150 Aufführungen und erlebte als „reines Sachsen-Programm“ auch außerhalb, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, viele Aufführungen.

Seit 1995 engagiert sich die Lene-Voigt-Gesellschaft e. V. dafür, Leben und Umkreis der Dichterin zu erforschen und die Verbreitung ihres Werkes zu fördern, wobei der Reduzierung auf ihr Werk als Mundartdichterin entgegengewirkt werden soll. Dazu veranstaltet die Gesellschaft unter anderem jährlich einen Vortragswettbewerb für Laien um „de Gaffeeganne“ (die Kaffeekanne), wobei jeweils ein mundartliches und ein hochdeutsches Werk von Lene Voigt vorzutragen sind. Der entsprechende Wettbewerb für Schüler geht um das „Gaggaudebbchen“ (Kakaotöpfchen).

Bedeutende Werke

  • Säk’sche Balladen. Parodien. Verlag A. Bergmann, Leipzig; 1925 (mit Zeichnungen von Walter Rosch)
  • Säk’sche Glassigger. Verlag A. Bergmann, Leipzig; 1925
  • Säk’sches Gmiese. Eine Sammlung der lustigsten Dichtungen in sächsischer Mundart. Verlag A. Bergmann, Leipzig; 1928
  • Mir Sachsen – Lauter gleenes Zeich zum Vortragen (Sammlungen von Texten aus verschiedenen Zeitschriften, zwei Bände)
  • Leibzcher Lindenblieten
  • Mally der Familienschreck
  • Die sächsische Odyssee

Leseprobe

Unverwüstlich (1935)

original hochdeutsch
 Was Sachsen sin von echtem Schlaach,
 die sin nich dod zu griechn.
 Drifft die ooch Gummer Daach fier Daach,
 ihr froher Mut wärd siechen.
 »Das gonnte noch viel schlimmer gomm’«
 so feixen richtche Sachsen.
 Was andre forchtbar schwär genomm’,
 dem fiehlnse sich gewachsen.
 Un schwimm’ de letzten Felle fort,
 dann schwimmse mit und landen dort,
 wo die emal ans Ufer dreim.
 So is das un so wärds ooch bleim.
 Was Sachsen sind von echtem Schlag,
 die sind nicht totzukriegen.
 Trifft sie auch Kummer Tag für Tag,
 ihr froher Mut wird siegen.
 »Das konnte noch viel schlimmer kommen«
 so lachen richtige Sachsen.
 Was andere furchtbar schwer genommen,
 dem fühlen sie sich gewachsen.
 Und schwimmen die letzten Felle fort,
 dann schwimmen sie mit und landen dort,
 wo sie einmal ans Ufer treiben.
 So ist das, und so wird es auch bleiben.

Würdigung

Der Lene-Voigt-Park, ein Stadtteilpark in Leipzig-Reudnitz, wurde nach ihr benannt. Eine Straße in Leipzig-Probstheida trägt ihren Namen und ebenso eine Oberschule in Leipzig-Lößnig. Im Ratskeller des Leipziger Neuen Rathauses befindet sich seit dem Jahr 2000 das Kaffeekabinett „Lene Voigt“ mit Bildern, Ausstellungsstücken und Geschichten von und über Lene Voigt.

Literatur

  • Lene Voigt: Werke. Herausgegeben von Monica Schütte, Wolfgang U. Schütte, Gabriele Trillhaase im Auftrag der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. Connewitzer Verlags-Buchhandlung Hinke, Leipzig 2004–2011;
  • Wolfgang U. Schütte: Mein Lebensgepäck heißt Humor ... Lene Voigts Biografie. Ein Dokumentarstück. Als Manuskript gedruckt, 2., veränderte Auflage. Connewitzer Verlags-Buchhandlung Hinke, Leipzig 2003, ISBN 3-928833-53-7.
  • Monica Schütte, Wolfgang U. Schütte, Gabriele Trillhaase: Alphabetisches Titelverzeichnis der Werke von Lene Voigt. Connewitzer Verlags-Buchhandlung, Leipzig 2000, ISBN 3-928833-51-0.
  • Volly Tanner, Lene Hoffmann: Stadtgespräche aus Leipzig: „Mir Sachsen“ /// Die Mundartdichterin Lene Voigt heute auf dem Südfriedhof. Gmeiner Verlag, Meßkirch 2014, ISBN 978-3-8392-1634-7.
  • Tom Pauls, Peter Ufer: Meine Lene. Aufbau, Berlin 2017, ISBN 978-3-351-03689-8.
  • Wir „armen Irren“ – Lene Voigt und die Psychiatrie 1946 bis 1962. In: Ärzteblatt Sachsen. Band 24, Nr. 3, 2013, S. 114–117. (slaek.de (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive); PDF; 274 kB).

Tonaufnahmen von Lene-Voigt-Texten

- Hörbücher:

  • Lene Voigt: De Säk’sche Lorelei (= Lene Voigt – Balladen 1). Petra Hinze liest Lene Voigt. Unterlauf & Zschiedrich Hörbuchverlag, Berlin 2006, ISBN 3-934384-30-7.
  • Lene Voigt: De Graniche des Ibigus (= Lene Voigt – Balladen 2). Marie Gruber liest Lene Voigt. Unterlauf & Zschiedrich Hörbuchverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-934384-33-0.
  • Lene Voigt: Dr alde Barbarossa (= Lene Voigt – Balladen 3). Marie Gruber liest Lene Voigt. Unterlauf & Zschiedrich Hörbuchverlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-934384-38-5.

- historisch: Gesprochen von Albert Kunze, Leipzig, um 1928 auf Beka Record-Platten.[2] (mx. = Matrizennummer)

  • Des Sängersch Fluch, Beka B.6819 (mx. 37 517)
  • Herr Griemelchen hält eine Rede, Beka B.6821 (mx. 37 518)
  • Herr Pietsch an seinen Hund, Beka B.6820 (mx. 37 519)
  • Herr Pietsch mit Kindern im Zoo, Beka B.6820 (mx. 37 520)
  • De Handschuhk, Beka B.6819 (mx. 37 521)
  • Wie Gaiser Garl Schulvisidadion hielt, Beka B.6822 (mx. 37 522)
  • De sägg’sche Lorelei, Beka B.6822 (mx. 37 523)
  • Säg’sche Gunnde, Beka B.6823-I (mx. 37 524)
  • Pietsch als Ehemann, Beka B.6821 (mx. 37 525)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lebensweg Lene Voigt (Lene-Voigt-Gesellschaft e.V.).
  2. Quelle: Katalog DNB Musikarchiv und Berthold Leimbach: Tondokumente der Kleinkunst und ihre Interpreten 1898–1945, Göttingen, im Selbstverlag, 1991, unpaginiert.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Lene Voigt aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.