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Leonid Krawtschuk
Leonid Makarowytsch Krawtschuk (ukrainisch Леонід Макарович Кравчук, wissenschaftliche Transliteration Leonid Makarovyč Kravčuk; * 10. Januar 1934 in Żytyń, Polen; † 10. Mai 2022[1] in München[2], Deutschland[3]) war ein ukrainischer Politiker. Vom 5. Dezember 1991 bis zum 19. Juli 1994 war er der erste Präsident der Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion.
Werdegang
Leonid Krawtschuk wurde im damaligen Żytyń (Woiwodschaft Wolhynien, Polen), dem heutigen Welykyj Schytyn (Oblast Riwne, Ukraine), als Sohn eines Bauern geboren.[4] Er studierte in Kiew Wirtschaftswissenschaften und Politische Ökonomie und arbeitete nach seinem Abschluss 1958 als Lehrer am Czernowitzer Finanztechnikum. Im selben Jahr wurde er Mitglied der KPdSU. Seit 1960 war er sieben Jahre als Berater und Dozent in der Agitprop-Abteilung des Czernowitzer Oblastkomitees der KPU tätig. Seine Aspirantur absolvierte er an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der KPdSU und kehrte anschließend in leitenden Positionen zur regionalen Propagandaabteilung zurück. Von 1988 bis 1990 stieg er zum Sekretär des Zentralkomitees auf und wurde Kandidat auf die Mitgliedschaft im Politbüro der Kommunistischen Partei der Ukraine.
In der Zeit der Auflösung der Sowjetunion war Krawtschuk Parlamentspräsident – zunächst der Ukrainischen Sowjetrepublik, dann der Ukraine. Am 1. Dezember 1991 wurde er als Parteiloser zum ersten Präsidenten der unabhängigen Ukraine gewählt[5] und vier Tage später ins Amt eingeführt. Am 8. Dezember 1991 unterschrieb er zusammen mit seinen Amtskollegen Jelzin (Russland) und Schuschkewitsch (Belarus) die Belowescher Vereinbarungen, wonach die Sowjetunion „ihre Existenz beendet“ habe,[6] und mit denen eine Gemeinschaft Slawischer Staaten gegründet wurde, die schon kurz darauf, am 21. Dezember 1991, in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten aufging.[7] Krawtschuk galt als westorientiert. Wegen eines Streiks von Bergleuten im Donbass setzte er vorgezogene Wahlen an. Er verlor die Stichwahl der Präsidentschaftswahl am 10. Juli 1994 (45,2 % zu 52,3 %); der deutlich prorussische Leonid Kutschma wurde sein Nachfolger.[8]
Leonid Krawtschuk schuf mit seiner Amtsabgabe einen wichtigen Präzedenzfall für die ukrainische Politik: Er klammerte sich nicht an die Macht und verließ seinen Posten, womit er die Tradition des Machtwechsels in der Ukraine begründete, während diese Erfahrung eines nach einer offenen Wahl abtretenden Präsidenten Russland weitere 30 Jahre versagt blieb.[9]
Krawtschuk trat nach seiner Präsidentschaft 1994 der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei der Ukraine (SDPU[o]) bei und wurde 1998 Vorstandsmitglied. Von 1994 bis 2006 war er Abgeordneter des Ukrainischen Parlaments. Er schied aus dem Parlament aus, weil seine Partei im Laufe der Jahre durch Abspaltungen und große Veränderungen in der politischen Landschaft massiv an Stimmen verloren hatte und nicht mehr den Sprung über die Drei-Prozent-Hürde schaffte. 2009 trat er aus der Partei aus, als sie sich wegen ihrer aussichtslosen Situation entschloss, sich mit der KPU am Linksbündnis Block linker Kräfte zu beteiligen und den kommunistischen Vorsitzenden Petro Symonenko als Präsidentschaftskandidaten zu unterstützen.[10]
Krawtschuk sagte im Dezember 2013 während der Unruhen auf dem Euromaidan: „Die Russen betrachten uns seit 350 Jahren als ihren Gutsbesitz.“[11] Er sagte 2014 während der Krimkrise, Russland werde auf Widerstand stoßen, falls es den Weg der Aggression gehe: „Ich bin 80 Jahre alt, aber ich werde mein Land verteidigen.“[12]
Am 22. Juni 2014 riefen die drei ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Leonid Kutschma, Wiktor Juschtschenko und Leonid Krawtschuk, gemeinsam den russischen Präsidenten Putin auf, die Aggression gegen die Ukraine einzustellen, und sprachen von erwarteten „konkreten Schritten“ zur Deeskalation. Sie forderten „die Söldner aus Russland“ zur Rückkehr in ihre Heimat auf.[13][14]
Leonid Krawtschuk starb 2022 im Alter von 88 Jahren nach langer Krankheit in Deutschland.[3][1][15] Er soll in Kiew begraben werden,[2] dies im dritten Monat des Russischen Überfalls auf die Ukraine. Kurz vor seinem Tod sagte er, dass der Hauptfehler seiner Präsidentschaft darin bestanden habe, dass er Russland glaubte.[9]
Weblinks
- Offizielle Website von Leonid Krawtschuk (ukr., russ., engl.)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Leonid Kravchuk Died. First President Of Ukraine Passed Away At Age Of 88. 10. Mai 2022, abgerufen am 10. Mai 2022 (english).
- ↑ 2,0 2,1 “Volyn News” – Where and when Leonid Kravchuk will be buried. 13. Mai 2022, abgerufen am 13. Mai 2022 (english).
- ↑ 3,0 3,1 "Я сам візьму зброю!" Кучма та Порошенко згадали першого президента Кравчука. In: liga.net, 11. Mai 2022 (ukr.).
- ↑ Leonid Krawtschuk – Totengräber der Sowjetunion. In: Deutsche Welle. 10. Mai 2022, abgerufen am 11. Mai 2022.
- ↑ Eberhard Schneider: Ukraine – gespalten zwischen Ost und West. In: Bundeszentrale für politische Bildung. 20. Februar 2007, archiviert vom Original am 26. September 2020 .
- ↑ Россия, Украина и Беларусь создают Содружество Независимых Государств. In: Интерфакс. Abgerufen am 7. Januar 2022.
- ↑ Ivo Mijnssen: Der verdrängte Akt der Befreiung. Das Abkommen von Belowesch versetzt der Sowjetunion vor einem Vierteljahrhundert den Todesstoss. In einem Jagdsitz im Urwald einigten sich die drei slawischen Bruderländer auf eine friedliche Trennung. In: Neue Zürcher Zeitung vom 8. Dezember 2016, S. 4, abgerufen am 24. Februar 2022.
- ↑ Bohdan Hud: Das ukrainisch-polnische Verhältnis. bpb, 2007, S. 31–38 (PDF).
- ↑ 9,0 9,1 "Mein größter Fehler ist, dass ich Russland geglaubt habe" Der erste Präsident der Ukraine, Leonid Krawtschuk, ist gestorben. An ihn erinnert sich der Journalist Konstantin Skorkin, Meduza, 11. Mai 2022
- ↑ Ukrainian Radio (Ukrainischer Rundfunk): Ex-Präsident verlässt Sozial-Demokratische Partei (Memento vom 19. Februar 2011 im Internet Archive); Meldung vom 25. September 2009.
- ↑ Kalt, skrupellos – erfolgreich?: Mit Macht und Erpressung hat Präsident Putin die Ukraine in den Moskauer Einflussbereich zurückgeholt. Nicht sein einziger politischer Erfolg in diesem Jahr. Was treibt den Mann im Kreml? Spiegel 51/2013 vom 16. Dezember 2013.
- ↑ Russian TV ratchets up rhetoric on Ukraine. BBC, 2. März 2014.
- ↑ Putins kalkuliertes Verwirrspiel um die Ukraine. Die Welt, 22. Juni 2014.
- ↑ Kutschma, Juschtschenko und Krawtschuk wenden sich in offenem Brief mit Aggressionsvorwürfen an Putin. rbth.com, 23. Juni 2014, abgerufen am 24. Juni 2014.
- ↑ Morreu Leonid Kravchuk, primeiro presidente da Ucrânia – Mundo. Abgerufen am 10. Mai 2022.
Personendaten | |
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NAME | Krawtschuk, Leonid |
ALTERNATIVNAMEN | Krawtschuk, Leonid Makarowytsch; Кравчук, Леонід Макарович (ukrainisch) |
KURZBESCHREIBUNG | ukrainischer Politiker, erster Präsident der Ukraine |
GEBURTSDATUM | 10. Januar 1934 |
GEBURTSORT | Welykyj Schytyn, Oblast Riwne |
STERBEDATUM | 10. Mai 2022 |
STERBEORT | München, Deutschland |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Leonid Krawtschuk aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |
- Präsident (Ukraine)
- Parlamentspräsident (Ukraine)
- Politiker (20. Jahrhundert)
- Politiker (21. Jahrhundert)
- Staatsoberhaupt der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik
- Mitglied des Zentralkomitees der KPdSU
- Held der Ukraine
- Mitglied der Werchowna Rada
- Träger des ukrainischen Ordens der Freiheit
- Träger des Ordens des Fürsten Jaroslaw des Weisen (II. Klasse)
- Absolvent der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU
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