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Luxemburg im Zweiten Weltkrieg

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Der Zweite Weltkrieg war für die junge luxemburgische Nation (siehe Geschichte Luxemburgs) eine Zeit besonders schwerer Prüfungen und führte dazu, dass Nationalsymbole wie die luxemburgische Sprache und die Monarchie fest im luxemburgischen Nationalbewusstsein verankert wurden.

Die Monarchie war durch das Referendum vom 28. September 1919 legitimiert (77,8 Prozent der Luxemburger stimmten für die Beibehaltung der Monarchie unter der Großherzogin Charlotte). Charlotte hatte den Thron seit dem 15. Januar 1919 als Nachfolgerin ihrer am 9. Januar 1919 abgedankten Schwester Maria-Adelheid inne.

Luxemburg wurde am ersten Tag des Westfeldzuges 1940 (10. Mai) von der deutschen Wehrmacht besetzt. Der deutsche Angriff hatte das Ziel, die französischen Verteidigungsanlagen der Maginot-Linie durch ein Vorrücken durch den luxemburgisch-belgischen und holländischen Raum zu umgehen. Dabei war Luxemburg als Durchgangsland von Interesse; entscheidende Schlachten fanden einige Tage später in Belgien statt; als erste die Schlacht bei Sedan (10. - 13. Mai 1940).

Der Befehl zur Vorbereitung der Operation wurde bereits am 9. Oktober 1939 erteilt; der Angriffsbefehl wurde 29-mal verschoben. Am 10. Mai 1940 begann der Angriff deutscher Verbände (Fall Gelb) mit insgesamt sieben Armeen auf die neutralen Staaten Niederlande, Belgien und Luxemburg (unbewaffnete Neutralität).

Vorabend

Verlauf der Schusterlinie

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 stellte die luxemburgische Regierung vor eine delikate Situation. Während die Sympathie der Bevölkerung bei den Alliierten lag, sah sich die Regierung wegen der Neutralität Luxemburgs zu einer gewissenhaft neutralen Politik genötigt. Dadurch hoffte sie einen Angriff der Deutschen Wehrmacht abzuwenden. Ab dem 1. September 1939 stellte Radio Luxemburg seine Sendungen ein. Im Frühjahr 1940 wurden entlang der deutsch-luxemburgischen und auch entlang der luxemburgisch-französischen Grenze Barrikaden errichtet, die so genannte Schusterlinie. Sie wurde nach dem Baukonduktor Schuster benannt und bestand im Wesentlichen aus Stahlpforten an schweren Betonblöcken, welche den Vormarsch über die Straße erschweren sollten. Angesichts der Übermacht des Gegners hatte die Schusterlinie eher einen symbolischen Charakter und diente hauptsächlich zur Beruhigung der Bevölkerung. Eine Armee oder eine Luftwaffe besaß Luxemburg wegen der unbewaffneten Neutralität nicht, lediglich ein kleines Freiwilligenkorps.

Nach mehreren Fehlalarmen im Frühjahr 1940 stieg die Gewissheit, dass es zu einem militärischen Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland kommen würde. Um den Stahlexport der luxemburgischen Stahlwerke nach Belgien und Großbritannien zu behindern, stoppte Deutschland die Kokslieferungen an Luxemburg. Es versuchte damit, Luxemburg zu einer deutschlandfreundlichen Haltung zu zwingen, wodurch die luxemburgische Regierung in eine schwierige diplomatische Lage geriet. Zu dem Zeitpunkt war noch nicht abzusehen, ob Deutschland Luxemburg besetzen und anschließend annektieren würde.

Invasion der Wehrmacht

Angriff der Wehrmacht auf Luxemburg in der Nacht vom 9. auf den 10. Mai 1940
Durchmarsch der Wehrmacht durch Luxemburg am 10. Mai 1940

Am 10. Mai 1940 um 3.15 Uhr wurden die Stahltüren an der Grenze aufgrund der sich häufenden Ereignisse und Truppenbewegungen auf deutscher Seite von Mosel und Our geschlossen. In Zivil gekleidete Sonderkommandos aus Deutschland, unterstützt von der „Stoßtruppe Lützelburg“, einer Gruppierung aus in Luxemburg wohnhaften Reichsdeutschen, traten bereits vorher in Aktion. Ihre Aufgabe war das Verhindern der Sprengungen der Brücken an der Grenze, die Sperrungen der Stahltüren sowie die Unterbindung der Funkverbindungen. Die Ausführung dieser Aufgaben misslang allerdings größtenteils. Die großherzogliche Familie begab sich von ihrer Residenz auf Schloss Berg ins Großherzogliche Palais der Hauptstadt.

Deutsche Truppen fielen ab 4.35 Uhr in Luxemburg ein. Sie stießen auf keinen nennenswerten Widerstand, da die Freiwilligenkompanie in der Kaserne geblieben war. Aufgrund der enormen militärischen Unterlegenheit hätte sie ohnehin nichts ausrichten können. In den frühen Morgenstunden wurde die Hauptstadt besetzt.

Der Gegenschlag Frankreichs erfolgte gegen 8 Uhr. Teile der dritten französischen leichten Kavalleriedivision (3 DLC) des Generals Petiet, verstärkt durch die erste Spahis-Brigade des Obersten Jouffrault und die zweite Kompanie des fünften Kampfpanzerbataillons (5 BCC), überschritten im südlichen Minette die Grenze, zogen sich nach kurzen Scharmützeln aber wieder hinter die Maginot-Linie zurück. Bis auf den Süden des Landes war am Abend des 10. Mai ganz Luxemburg besetzt.

Der Vormarsch der deutschen Truppen veranlasste die Bevölkerung des Kantons Esch-Alzette (ca. 90.000) zu flüchten: 47.000 Menschen flüchteten nach Frankreich, 45.000 ins Zentrum des Landes und in den Norden.

Die Großherzogin und die Regierung (mit Ausnahme von Nicolas Margue) flüchteten über Frankreich nach Portugal, später nach Großbritannien. Nur der Generalsekretär der Regierung Albert Wehrer, an der Spitze einer Regierungskommission, sowie die 41 Abgeordneten blieben zurück.

Die Politik der Nationalsozialisten in Luxemburg

Wenn die Luxemburger anfangs noch dachten, dass sie sich wie im Ersten Weltkrieg mit den Besatzern arrangieren könnten, wurden sie bald eines Anderen belehrt. Die Nationalsozialisten betrachteten die Luxemburger lediglich als einen weiteren Stamm des germanischen Volkes und das Großherzogtum Luxemburg somit als germanisches Stammgebiet.

Am 17. Mai 1940 wurde in Luxemburg-Stadt die Volksdeutsche Bewegung gegründet. Ihr Vorgesetzter war Damian Kratzenberg und ihre Hauptaufgabe war es, durch Propaganda die Luxemburger zu einer deutschlandfreundlichen Haltung zu bringen, um sie „Heim ins Reich“ zu führen.

Nachdem Luxemburg für die kurze Zeit zwischen dem 10. Mai und dem 2. August unter deutscher Militärverwaltung stand, wurde es am 29. Juli 1940 ins CdZ-Gebiet Luxemburg unter der Aufsicht von Gauleiter Gustav Simon eingegliedert. Simon war Leiter des Gaues Trier-Koblenz (später Moselland) und unterstand als Gauleiter allein Adolf Hitler.

Die Politik Simons hatte zwei deutliche Ziele:

  • Die Germanisierung Luxemburgs d.h. die Tilgung alles Andersartigen bzw. "Nicht-Deutschen", wie etwa Wörter und Namen französischen Ursprungs.
  • Die Auflösung des luxemburgischen Staates.

Bereits die ersten Amtshandlungen Simons, eine Liste von Verordnungen, machten diese Ziele deutlich:

  • 6. August 1940: Der Gebrauch der französischen Sprache wurde verboten. Das Verbot beinhaltete nicht nur Straßen- und Ortsnamen, sondern auch Ausdrücke des täglichen Gebrauchs wie „Bonjour“, „Merci“, „Monsieur“, „Madame" etc. sowie Namen von Geschäften. Französische Vor- und Familiennamen wurden durch deutsche ersetzt. Aus Henri wurde Heinrich, aus Dupont wurde Brückner.
  • Herbst 1940: Die politischen Parteien sowie die Abgeordnetenkammer und der Staatsrat wurden aufgelöst.
  • Bis Ende 1940: Die deutsche Rechtsprechung inklusive der Sondergerichte und Nürnberger Gesetze wurden eingeführt. Auch die deutsche Gerichtsorganisation wurde eingeführt, siehe hierzu Landgericht Luxemburg.
  • Die luxemburgische Presse wurde unter die totale Kontrolle des Gauleiters gestellt.

Diese Maßnahmen wurden von einer massiven Propaganda und Schikanierung bzw. Einschüchterung Andersdenkender oder Oppositioneller sowie insbesondere auch von Beamten und Funktionären begleitet. Personen, welche verantwortungsvolle Posten im öffentlichen Leben sowie in der Wirtschaft innehatten, wurden starkem Druck ausgesetzt, während eine zentrale Kartei die persönliche Einstellung jedes Luxemburgers zum Naziregime dokumentierte. Wer Widerstand leistete, wurde seines Amtes enthoben oder nach Deutschland, vorwiegend nach Ostdeutschland, umgesiedelt. „Schwerwiegende“ Fälle wurden in Konzentrationslagern interniert, wo viele von ihnen umkamen.

Die Judenverfolgung in Luxemburg

Zum Zeitpunkt des deutschen Überfalls am 10. Mai 1940 befanden sich in Luxemburg etwa 3700 Juden. Drei Jahre später, im Juni 1943, gab es nur noch 20–30 (meist in „Mischehen” lebende) Juden. Über die Hälfte der jüdischen Bevölkerung hatte das Land im Mai 1940 in Richtung Frankreich verlassen. In den ersten Monaten der Besatzung, als Luxemburg unter Militärverwaltung stand, wurde die jüdische Bevölkerung nicht gesondert behandelt. Dies änderte sich jedoch mit der Zivilverwaltung ab Ende Juli 1940. Eine der Prioritäten des Chefs der Zivilverwaltung, Gustav Simon, war es, die diskriminierende Gesetzgebung Deutschlands in Luxemburg einzuführen. So galten ab dem 5. September 1940 die Bestimmungen der Nürnberger Gesetze auch für die in Luxemburg ansässigen Juden. In der Folgezeit wurden die Freiheiten der jüdischen Bevölkerung im täglichen Leben zunehmend eingeschränkt, zum Beispiel mit dem Schächtverbot im Dezember 1940. Die „Verordnung betr. Ordnung des jüdischen Lebens in Luxemburg” vom 29. Juli 1941 schloss die Juden nicht nur von jedem gesellschaftlichen Leben aus (z. B. durch das Verbot an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen), sondern führte auch, früher als in Deutschland, eine auf der Kleidung zu tragende gelbe Kennzeichnung (Armbinde) ein.[1] Nachdem im September 1940 eine angedrohte Massenausweisung verhindert werden konnte, gelang es ungefähr 1450 Juden bis Ende 1941 zu emigrieren. Als im Oktober 1941 die deutschen Behörden einen Auswanderungsstopp verkündeten, lebten noch immer rund 700 Juden in Luxemburg. Diese meist älteren oder kranken Menschen wurden im ehemaligen Kloster Fünfbrunnen – nahe einer Bahnlinie – zusammengetrieben. Die 331 am 16. Oktober 1941 nach Lodz deportierten luxemburgischen Juden waren die ersten, die aus einem besetzten westeuropäischen Land nach Osteuropa verschleppt wurden. 43 von den insgesamt 683 deportierten Juden (6,5 %) überlebten schließlich die deutschen Lager. Insgesamt geht man davon aus, dass mehr als ein Drittel der 1940 in Luxemburg ansässigen Juden ermordet wurde. Die Haltung der meisten Luxemburger, die sich gegenüber dem Besatzer schnell in eine größtenteils offene Opposition wandelte, war passiv gegenüber dem Schicksal der Juden. Eine Minorität luxemburgischer Nationalsozialisten beteiligte sich an Angriffen gegen die jüdische Bevölkerung, z. B. an der Verwüstung der Ettelbrücker Synagoge am 22. Oktober 1940. Der Großrabbiner Robert Serebrenik verhalf vielen Juden zur Flucht und floh selber im Jahr 1941.[2]

Kollaboration

Luxemburg wurde von internationalen Historikern dafür kritisiert, dass bisher keine objektive Aufarbeitung seiner Geschichte während der Judenverfolgung erfolgt ist und sich Luxemburg bisher fälschlich lediglich als Opfer stilisiert hat.

Die darauf hin erfolgten Forschungsberichte der luxemburgischen Historiker Denis Scuto und Vincent Artuso ergaben, dass die luxemburgische Verwaltungskommission, die als Ersatzregierung tätig war, nachdem die offizielle Regierung Luxemburgs ins Exil gegangen war, aktiv an der Deportation der Juden beteiligt war. Sie kollaborierte nicht nur mit den Nazis, sondern lieferte Juden, darunter auch viele jüdische Kinder, aus eigenem Antrieb aktiv an die Nazis aus. Sie handelte dabei aktiv und nicht nur als Befehlsempfänger der Nazi-Besatzer.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Luxemburg weit verbreiteten klaren Antisemitismus, der sich in national-populistischen Bewegungen artikulierte, aber auch in katholisch-konservativen Kreisen um die Tageszeitung Luxemburger Wort. Aus diesem Grund und weil die Regierung den mächtigen Nachbarn im Osten nicht verärgern, waren vor allem ab 1936 die Einreisebestimmungen für jüdische Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich immer weiter verschärft. Das Dritte Nürnberger Rassegesetz wurde von Luxemburg 1935 wie von anderen Staaten dahingehend übernommen, dass in Luxemburg lebenden Deutschen die Eheschließung mit Juden verboten wurde. Nach Luxemburg geflüchtete Juden wurden separat registriert. Juden wurden als Menschen zweiter Klasse eingestuft und unter anderem bei der Arbeitssuche behindert. [3]

Bis heute hat Luxemburg sich weder für die Kollaboration noch für die aktive Verfolgung von Juden noch für die zugunsten von luxemburgischen Bürgern erfolgten Enteignungen von Juden entschuldigt. Luxemburg hat auch bis heute noch keine Rückgabe der enteigneten Vermögen, Immobilien und Firmen durchgeführt oder Entschädigung und finanzielle Wiedergutmachung geleistet. In Luxemburg gab es auch kaum eine Entnazifizierung.[4][5][6][7][8][9][10][11][12][13][14][15][16][17]

Die Reaktion der Bevölkerung

Die Reaktion der Bevölkerung war anfangs noch träge, da sie sich noch unter dem Schock der deutschen Invasion von 1914 bis 1918 befand und sich von der ins Exil geflüchteten Regierung und der großherzoglichen Familie im Stich gelassen fühlte. Die unterschiedlichen Reaktionen der damaligen Bevölkerung lassen sich wie folgt unterteilen:

Kollaborateure

Ein Teil der Bevölkerung, vornehmlich aus dem Umfeld der Volksdeutschen Bewegung, begrüßte nicht nur die Invasion der Deutschen, sondern war auch aktiv an der Zerstörung des luxemburgischen Staates beteiligt. Sie waren sozusagen Kollaborateure aus Überzeugung und wurden wegen ihrer khakifarbenen Uniform "Gielemännercher" (dt: Gelbmännchen) genannt. Ihr Verhalten wurde als Verrat angesehen. Zu ihnen gesellten sich noch jene, welche sich aus Opportunismus beteiligten oder äußerem Druck nachgaben.

Aktive Widerständler

Der Luxemburger Widerstand stützte sich nur auf einen kleinen Teil der Bevölkerung. Er entstand zudem spontan und anfangs eher langsam. Die ersten Gruppierungen bildeten sich 1940/1941. Sie arbeiteten ohne Koordination und aus unterschiedlichen Beweggründen:

  • L.P.L., Lëtzeburger Patriote Liga, (dt: Luxemburger Patrioten Liga), gegründet 1940.
  • LFB, Lëtzeburger Freihétsbewegong, (dt: Luxemburger Freiheitsbewegung), gegründet 1940.
  • LFK, Lëtzeburger Freihétskämpfer, (dt: Luxemburger Freiheitskämpfer), gegründet Januar 1941.
  • L.V.L., Lëtzeburger Volleks Legio'n, (dt: Luxemburger Volkslegion), gegründet Juni 1941.
  • L.R.L., Lëtzeburger Ro'de Lé'w, (dt: Luxemburger Roter Löwe), gegründet Oktober 1941.
  • PI-Men, Patriotes Indépendants, (dt: Unabhängige Patrioten), gegründet 1941.
  • LFB, Lëtzeburger Freihétsbond
  • Alweraje, 1941.

Auch die verbotene Kommunistische Partei Luxemburgs schloss sich dem Widerstand an. Erst im März 1944 schlossen sich die meisten der Widerstandsgruppen in einer Union der Widerstandsgruppen zusammen. Die Aktionen beschränkten sich hauptsächlich auf psychologische Kriegführung und weniger auf bewaffneten Widerstand. Viele junge Luxemburger schlossen sich den französischen und belgischen Untergrundbewegungen an. Das Hauptverdienst der Bewegungen, das nicht unterschätzt werden sollte, war die moralische Unterstützung der Bevölkerung, etwa durch Verteilen von Flugblättern oder durch Wandgraffiti, aber auch durch Verstecken von Wehrdienstverweigerern und anderen Verfolgten.

Großteil der Bevölkerung

Der Großteil der Bevölkerung verzichtete angesichts der Brutalität des Regimes auf Widerstand, versteckte allerdings nicht völlig seine Missbilligung und Ablehnung gegenüber den Besatzern. Dies kam vor allem in kleineren, subtilen Sticheleien, aber auch in großen Aktionen zum Ausdruck:

  • Beim imposant inszenierten Aufmarsch der deutschen Polizeikräfte in Luxemburg am 6. August 1940 trugen viele Luxemburger eine Spindel mit dem Roten Löwen am Kragen. Diese Spindel stammte von den Feierlichkeiten zur hundertjährigen Unabhängigkeit des Landes ein Jahr zuvor. Schlägertrupps verprügelten daraufhin die Träger.
  • Am 21. Oktober 1940 wurde in der Hauptstadt das Kriegsmahnmal für die gefallenen luxemburgischen Soldaten im Ersten Weltkrieg auf Seiten der Franzosen, die “Gëlle Fra“, abgerissen. Dies geschah unter Protest von hunderten Menschen, welche von der Gestapo brutal auseinandergetrieben wurden. 13 Personen wurden verhaftet. Es war das erste Auftreten der Gestapo in Luxemburg.
  • Am 10. Oktober 1941 wollte der Chef der Zivilverwaltung Simon eine Personenstandsaufnahme durchführen lassen. Bei drei Fragen zur ‚Staatsangehörigkeit’, ‚Sprache’ und ‚Volkszugehörigkeit’ sollten die Luxemburger "deutsch" und nicht "luxemburgisch" angeben. Bei Stichproben, die einige Tage vorher durchgeführt wurden, stellte sich heraus, dass über 95 % der Befragten diese Anweisung nicht respektiert hatten. Sehr schnell wurde dieses Ereignis zu einem Referendum hochstilisiert, „wo’ d’Letzebuerger vollek (...) dem Preiss en énegt Nen gesôt huet“. Paul Dostert hat überzeugend nachgewiesen, warum das Wort ‚Referendum’ propagandistisch sinnvoll, jedoch analytisch falsch ist.[18]
  • Nach der Einführung des Reichsarbeitsdienstes und der allgemeinen Wehrpflicht für die Jahrgänge 1920 bis 1927 kam es ab dem 31. August 1942 zu Streiks. Ausgangspunkt waren Arbeitsniederlegungen im Betrieb der IDEAL Lederwerke AG, Wilz.,[19] die sich auf das übrige Land ausbreiteten. Das Naziregime reagierte mit äußerster Brutalität. 21 Streikende wurden erschossen, andere in Konzentrationslager gebracht. Das Ereignis erlangte auch im Ausland große Beachtung.
  • Etwa 40 % der zwangsweise Eingezogenen („Zwangsrekrutéierten“) tauchten unter. Etwa die Hälfte im Lande selbst, der Rest flüchtete ins Ausland. Jene, die es nach England schafften, schlossen sich den Alliierten an. Sie nahmen später als Bataillon innerhalb der belgischen Brigade Piron an der Landung in der Normandie teil.

Das Terrorregime

Angesichts der Reaktionen aus der Bevölkerung sah sich das Regime veranlasst, mit äußerster Brutalität gegen jede Form von Widerstand vorzugehen. Nach dem Generalstreik von 1942 verhängte Simon den Ausnahmezustand über ganz Luxemburg und ließ ein Standgericht einrichten. Tausende wurden verhaftet und gefoltert. Hunderte starben in den Konzentrationslagern. Ganze Familien wurden umgesiedelt, vorzugsweise nach Schlesien. An ihre Stelle traten deutsche Familien aus Südtirol und aus dem Südosten Europas. Zum Symbol des Naziterrors wurde die Villa Pauly, welche als Hauptquartier der Gestapo in Luxemburg diente.

Die Befreiung

Im September 1944 wurde Luxemburg durch die Amerikaner befreit. Am 10. September zogen sie in die Hauptstadt ein. Die Deutschen zogen sich ohne Kämpfe aus dem Land zurück.

Die Westalliierten waren am 6. Juni 1944 („D-Day“) in der Normandie gelandet. Nach der fast kampflosen Kapitulation von Paris (25. August 1944) kamen die Alliierten sehr schnell nord-ostwärts voran; ein Meilenstein war der Kessel von Mons (2. September 1944). Ab dem 3. September schwenkte die 1. US-Armee nach Osten mit dem Ziel, Übergänge über die Mosel zu erobern und die Lücke zwischen ihr und der 3. US-Armee zu schließen. Sie kamen fast kampflos voran; ein Problem in diesen Tagen war Treibstoffmangel (siehe auch Red Ball Express).[20]

Während der Ardennenoffensive im Dezember 1944 wurde der Norden Luxemburgs (Ösling und Region um Echternach) nochmals von den Deutschen besetzt. Im Januar 1945 erfolgte die zweite Befreiung durch US-Truppen. Die Zerstörungen infolge der Kämpfe waren enorm.

Kriegsbilanz

Insgesamt starben 5.703 Einwohner Luxemburgs während des Zweiten Weltkrieges. Das entspricht 1,9 % der damaligen Bevölkerung (290.000).

  • Von den 10.211 zwangsrekrutierten Luxemburgern der Jahrgänge 1920–1927 kamen 2.848 (28 %) ums Leben, 96 werden immer noch vermisst. Dies ist auch aus demografischer Sicht relevant, da es sich um junge Männer handelte, die somit zum Bevölkerungswachstum nichts mehr beitragen konnten.
  • Rund 600 Personen starben infolge von Kriegshandlungen, vor allem während der Ardennenoffensive.
  • 3.963 Personen wurden in Konzentrationslagern oder in Gefängnissen inhaftiert. 791 von ihnen starben.
  • 3.614 junge Mädchen wurden zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. 56 von ihnen starben, 2 werden immer noch vermisst.
  • 4.186 Personen wurden deportiert. 154 von ihnen starben.
  • 57 Untergrundkämpfer starben.
  • 71 % der 3.500 in Luxemburg lebenden Juden wurden ermordet.
  • 640 Personen verloren aus politischen Gründen ihre Arbeit.
  • Etwa ein Drittel der Häuser wurden durch Kriegshandlungen beschädigt.

Literatur

  • Jul Christophory: Radioscopie de la littérature luxembourgeoise sur la Seconde Guerre mondiale. Luxemburg 1987.
  • Michael Eberlein, Norbert Haase (Hg. und Bearb.): Luxemburger Zwangsrekrutierte im Wehrmachtgefängnis Torgau - Fort Zinna 1943–1945 (Lebenszeugnisse - Leidenswege. Heft 1). Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft, Dresden 1996 ISBN 3-9805527-0-5.
  • René Fisch: Die Luxemburger Kirche im 2. Weltkrieg. Dokumente, Zeugnisse, Lebensbilder. Luxemburg 1991.
  • Club des Jeunes ELL: Lëtzebuerger am Krich 1940–1945: eng kleng Natioun erzielt. Club des jeunes, Luxemburg 2001, ISBN 2-9599925-1-2.
  • Club des Jeunes ELL: D'Krichjoeren 1940-45 zu Lëtzebuerg. Wéi eng Jugend de Krich erlieft huet. Club des Jeunes ELL, 1997 ISBN 2-9599925-0-4.
  • Even Georges: Krichserliefnisser 1940–1945. Luxemburger Zeitzeugen erzählen. Editions Guy Binsfeld, 2003, ISBN 2-87954-128-X.
  • Even Georges: Deemools am Krich 1940–1945. Schicksale in Luxemburg. Menschen erzählen. Editions saint-paul, 2005, ISBN 2-87963-586-1.
  • Even Georges: Frauen erleben den Krieg. éditions saint-paul, 2007, ISBN 978-2-87963-681-8.
  • Even Georges: Ons Jongen a Meedercher. Die gestohlene Jugendzeit. Editions Saint-Paul, 2012, ISBN 978-2-87963-840-9.
  • Paul Dostert: Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe: Die deutsche Besatzungspolitik und die Volksdeutsche Bewegung 1940–1945. Luxemburg 1985.
  • Jean Milmeister: Die Ardennen-Schlacht 1944–1945 in Luxemburg. Editions Saint Paul, 1994.
  • Andreas Pflock: Auf vergessenen Spuren. Ein Wegweiser zu Gedenkstätten in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg. (Reihe: Themen und Materialien). Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2006, ISBN 3-89331-685-X.
  • Peter M. Quadflieg: „Zwangssoldaten“ und „Ons Jongen“. Eupen-Malmedy und Luxemburg als Rekrutierungsgebiet der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Aachen 2008, ISBN 978-3-8322-7078-0.
  • Fritz Rasque: Das Oesling im Krieg. Imprimerie St. Paul, Lëtzebuerg 1946.
  • Marc Schoentgen: Zwischen Erinnern und Vergessen. Das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg in den 50er Jahren. In: Claude WEY: Le Luxembourg des années 50. Luxemburg 1999.
  • John Toland: Die Ardennenschlacht 1944 (Originaltitel: Battle: The Story of the Bulge) Alfred Scherz Verlag, Stuttgart 1960.
  • Hans-Erich Volkmann: Luxemburg im Zeichen des Hakenkreuzes: eine politische Wirtschaftsgeschichte 1933 bis 1944. Schöningh, Paderborn 2010.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Gelbe Stern wurde ab dem 1. September 1941 im Deutschen Reich und in weiteren von Deutschen besetzten Gebieten vom Reichsinnenminister verordnet
  2. Ausstellung Between Shade and Darkness – Le sort des Juifs du Luxembourg de 1940 à 1945. Musée national de la Résistance, Esch-sur-Alzette, 29. Mai–24. November 2013.
  3. Vincent Artuso: La « Question juive » au Luxembourg (1933-1941): L'État luxembourgeois face aux persécutions antisémites nazies (1933-1941), abgerufen unter: http://www.gouvernement.lu/4437050/rapport.pdf
  4. tageblatt.lu: Juden-Verfolgung mit System, abgerufen am 17. Februar 2015
  5. volksfreund.de: Die hässliche Seite der Geschichte, abgerufen am 17. Februar 2015
  6. wort.lu: Aufarbeitung der nationalen Geschichte. Der Mythos bröckelt., abgerufen am 17. Februar 2015
  7. wort.lu: Vincent Artuso. "Es war ein großer Moment", abgerufen am 17. Februar 2015
  8. tageblatt.lu: ARTUSO-BERICHT. Alle werden mitreden, abgerufen am 17. Februar 2016
  9. wort.lu: Wir sind keine Helden, abgerufen am 17. Februar 2015
  10. wort.lu: Reaktion auf Artuso-Bericht. "Niemand soll angeprangert werden", abgerufen am 17. Februar 2015
  11. wort.lu: Liste mit 280 jüdischen Kindern an Nazi-Okkupanten überreicht, abgerufen am 17. Februar 2015
  12. tageblatt.lu: Wieso hat Luxemburg kollaboriert?, abgerufen am 17. Februar 2015
  13. tageblatt.lu: Juden-Verfolgung mit System, abgerufen am 17. Februar 2015
  14. tageblatt.lu: Aus der Tabuzone, abgerufen am 17. Februar 2015
  15. wort.lu: Historiker prüfen Luxemburger Mitschuld an Judendeportationen, abgerufen am 17. Februar 2015
  16. wort.lu: Nazi-Kollaboration: Liberale fordern unabhängige Historikerkommission, abgerufen am 17. Februar 2015
  17. wort.lu: Paul Dostert: Denis Scuto prescht zu schnell vor, abgerufen am 17. Februar 2015
  18. Paul Dostert: Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe. Luxemburg 1985, S. 154–155.
  19. Wort zum Generalstreik (PDF; 366 kB), Quelle: LW/NiM (abgerufen 15. April 2011)
  20. Chapter XXXII: Towards the Heart of Germany, Seite 692
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