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Messelager Köln

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Tafel zur Erinnerung an das Lager am Messeturm
Mahnmal an den Rheinhallen

Das Messelager Köln war ein Konzentrations-Außenlager des KZ Buchenwald auf dem Gelände der Kölner Messe im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Deutz. Das Lager bestand vom September 1942 bis Mai 1944. Die Häftlinge der „SS-Baubrigade III“ wurden dort zu Aufräumungsarbeiten, zur Trümmerbeseitigung und Bergung von Leichen nach Bombenangriffen gezwungen sowie zur Blindgängerbeseitigung in „Bombensprengkommandos“. Weiterhin gab es auf dem Gelände ein „Polizeihilfsgefängnis“ der Gestapo.

Vorgeschichte

Unmittelbar nach Beginn des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmte die Wehrmacht große Bereiche des Kölner Messegeländes. Die ersten Gefangenen waren rund 1000 polnische Kriegsgefangene, die wenige Tage nach Kriegsbeginn in der Osthalle interniert wurden; im Sommer 1940 folgten französische Gefangene und später weitere, so etwa aus der Sowjetunion. Alle Häftlinge wurden als Zwangsarbeiter eingesetzt, in der Landwirtschaft, im Bau und anderen Bereichen.

Im Mai 1940 diente das Gelände des Messelagers im Rahmen der sogenannten Mai-Deportation kurzzeitig als regionales Sammellager für rund 1000 Sinti und Roma, die anschließend per Zug in das Generalgouvernement Polen deportiert wurden. Dort wurden sie sich selbst überlassen oder als Zwangsarbeiter eingesetzt. Man schätzt, dass rund die Hälfte von ihnen dort ums Leben kamen.[1][2]

1942 wurde der Messebetrieb auf dem Gelände, der ohnehin stark eingeschränkt gewesen war, gänzlich eingestellt.

KZ-Außenlager

Nachdem in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942 englische Bomber den bisher schwersten Angriff auf Köln geflogen waren, wurde aus Sicht der NS-Behörden ein größerer Einsatz von Häftlingen für Aufräum- und Wiederherstellungsarbeiten wie auch zum Bombenräumen notwendig. Reichsführer-SS Heinrich Himmler ordnete an, dass zu diesem Zwecke KZ-Häftlinge eingesetzt werden sollten, die bis dahin vorrangig in Betrieben in der Nähe ihrer Lager eingesetzt gewesen waren. Köln war die erste Stadt, in die eine solche SS-Baubrigade geschickt wurde, nachdem sich die Stadt mit Nachdruck dafür eingesetzt hatte; sie musste für die Arbeiter Lohnkosten an die SS zahlen. Diese SS-Baubrigade III bestand aus rund 1000 Häftlingen aus dem KZ Buchenwald, von denen 300 vorgeschickt wurden, um die „Kongreßhalle“ für die Unterbringung der Arbeiter vorzubereiten; die Zahl der untergebrachten Gefangenen schwankte in den kommenden Jahren aufgrund von Krankheit oder Tod. Insgesamt geht man von einer Gesamtzahl von 6000 Menschen aus, die in Deutz gefangen gehalten wurden.

Im März 1944 wurden 500 Häftlinge aus Köln nach Nordfrankreich zur neu eingerichteten Baubrigade V verlegt, um dort an der Westfront Stellungsanlagen für die Rakete A 4 zu bauen. Die in Köln zurückgebliebenen Männer wurden im Mai desselben Jahres nach Wieda im Harz transportiert, um dort in der unterirdischen Raketenproduktion zu arbeiten. Im April 1945 wurden die Häftlinge von der SS auf einen Todesmarsch getrieben. „Am 11. April 1945 hielten mit rund 1.000 Häftlingen beladene Güterwaggons nach einer mehrtägigen Irrfahrt in der Nähe des Ortes Gardelegen. Dort richtete die SS ein grausames Massaker an, dem mehrere hundert Menschen zum Opfer fielen“.[3] In Köln blieben einige Häftlinge in kleineren KZ-Außenlagern zurück, so unter anderem im „KZ-Außenkommando Köln Ford“.

Häftlinge

Unter den Häftlingen waren rund 20 Nationalitäten vertreten, darunter 80 Prozent Ausländer, hauptsächlich Russen oder Polen. Neben den Kriegsgefangenen wurden die Häftlinge von den Nationalsozialisten in verschiedene Häftlingskategorien aufgeteilt, wie „Politische“, „Berufsverbrecher“ oder „Homosexuelle“, „Juden“ oder „Zigeuner“.

Häftlinge aus dem KZ Buchenwald bemühten sich darum, in ein Außenlager wie das in Köln verlegt zu werden. „Mit der Verlegung verbanden sich jedoch die Hoffnungen, auf weniger Brutalität, bessere Verpflegung und Kontaktmöglichkeiten nach außen zu treffen und vielleicht seine Flucht organisieren zu können.“[4] In der Tat gelang einigen Männern die Flucht, so etwa im Jahre 1944 insgesamt 157 Häftlingen. Arbeiter hingegen, die wegen schlechter Gesundheit in Köln nicht mehr ihre Leistung erbringen konnten, wurden nach Buchenwald zurückgeschickt. Die Drohung, ins Hauptlager zurückgeschickt zu werden, wurde auch zur Disziplinierung genutzt.

Doch die Gefangenen waren indes nicht bereit, sich widerstandslos in ihr Schicksal zu fügen. Es gab eine illegale Lagerleitung, die mit Häftlingen im Hauptlager in Buchenwald Nachrichten austauschte und sich über die allgemeine Kriegssituation anhand von gefundenen Flugblättern oder Zeitungen informierte. Für bedrohte Häftlinge wurde mithilfe von Außenkontakten die Flucht organisiert. Die Häftlinge schlossen sich zudem in Kameradschaftsgruppen zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Mindestens 33 Häftlinge starben in den Sprengkommandos, mindestens 16 wurden auf der Flucht erschossen und mindestens 122 starben wegen der katastrophalen Lebensbedingungen oder fielen Verbrechen im Lager zum Opfer. Rund 460 Menschen wurden nach Buchenwald zurückgeschickt, wo viele von ihnen umkamen.

Ab April 1943 kam eine neue Gruppe von Häftlingen hinzu, die aus verschiedenen Gründen von der Gestapo inhaftiert worden waren, und auf dem Messegelände in Baracken getrennt von der Baubrigade in einem „Polizeihilfsgefängnis“ genannten Arbeitserziehungslager untergebracht wurden. Im Durchschnitt waren die Baracken mit rund 400 Personen - Frauen wie Männern - belegt. Die meisten von ihnen - viele von ihnen Juden oder Sinti und Roma - wurden nach kurzem Aufenthalt vom Bahnhof Köln-Deutz aus mit dem Zug nach Buchenwald deportiert.

Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler wurden reichsweite Verhaftungen durchgeführt, die als Aktion Gitter bezeichnet werden. Bekannte Politiker demokratischer Partien, die im Zuge dieser Aktion verhaftet und in den Gestapo-Bereich des Messelagers Köln gebracht wurden, waren unter anderen der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, der den Bau des Messegeländes in den 1920er Jahren initiiert hatte, die ehemaligen Zentrumspolitiker Josef Baumhoff, Thomas Eßer, Otto Gerig, Joseph Roth, Peter Schlack sowie der KPD-Politiker Peter Paffenholz.

Lagerführung und Wachmannschaft

Kommandant des Lagers war bis Mai 1944 Karl-Wilhelm Völkner aus Quedlinburg, der zuvor dem SS-Wachbataillon in Buchenwald angehört hatte. Nach späteren Aussagen von Häftlingen sei er ein „überaus korrekter Mensch“ gewesen, der den SS-Männern das Schlagen der Häftlinge verboten habe, aber andererseits von ausgesprochener Hab- und Besitzgier gewesen sei.[5] Es habe in Völkners wirtschaftlichem Interesse gelegen, dass die Häftlinge gut ernährt gewesen seien und keinen geschundenen Eindruck gemacht hätten. Auch ließ er die Gefangenen für sich stehlen und bereicherte sich an jüdischem Eigentum.

Die Wachmannschaft der SS bestand aus vergleichsweise wenig Männern, zwischen 30 bis 40, was möglich war, weil das Messegelände abgesperrt war und nur einen einzigen Zugang hatte. Die SS-Leute wurden von Polizeireservisten und Wehrmachtsposten unterstützt. Einige von ihnen misshandelten die Zwangsarbeiter brutal, schlugen und traten sie ohne Grund. Auch die Kapos, die ihre Mithäftlinge beaufsichtigen mussten, waren zum Teil für ihre Brutalität berüchtigt; einer von ihnen, der nach Zeugenaussagen auch mehrere Mithäftlinge tötete, wurde „Blut-Müller“ genannt. Er wurde am 2. Dezember 1942 nachts im Keller erhängt; es ist unbekannt, von wem. 1943 erreichte es die illegale Lagerleitung, dass die brutalsten Kapos gegen eigene Leute ausgewechselt wurden; anschließend besserten sich die Bedingungen im Lager erheblich.

Die relativ kleine Wachmannschaft des Lagers war indes zahlenmäßig nicht in der Lage, die Häftlinge bei ihren Arbeiten – in kleinen Gruppen von bis zu acht Männern – vor Ort zu bewachen. Dazu wurden Polizeihilfskräfte herangezogen, die wehruntauglich waren. Die Häftlinge berichteten, „dass die Brutalität der Bewacher parallel zu dem für das Deutsche Reich immer schlechteren Kriegsverlauf und der zunehmenden Zerstörung der Stadt Köln durch Bombenangriffe abnahm“.[6]

Rolle der Stadt Köln und der Bevölkerung

Nach 1945 wurde die These bemüht, die SS habe der Stadt Köln den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen „regelrecht aufgedrängt“, was sich als unzutreffend erwies: „Vielmehr hat die Stadt Köln eine aktive Rolle bei der Errichtung der Baubrigade III gespielt.“[7] Erfolgreich waren die Bemühungen der Stadt um diese begehrten billigen Arbeitskräfte durch die gute Vernetzung von Gauleiter Josef Grohé und Oberbürgermeister Robert Brandes im NS-Staat.

Die Kölner Bevölkerung wusste um die Existenz des Lagers, gehörten die Zwangsarbeiter in ihrer erkennbaren KZ-Häftlingskleidung doch zum täglichen Erscheinungsbild, da sie in den Straßen sowie in vielen Firmen arbeiteten. Das Lager selbst lag gegenüber der Innenstadt unübersehbar auf der anderen Rheinseite, und so mancher Kölner war vor Ort gewesen, da auf dem Gelände auch jüdisches Eigentum versteigert wurde, das die Deportierten in ihren Wohnungen hatten zurücklassen müssen. Und es gab Kölner, die den Häftlingen ihr Leben verdankten, da diese sie nach Bombenangriffen unter den Trümmern von Häusern gefunden und gerettet hatten. Andererseits gab es Menschen, die den Häftlingen heimlich Lebensmittel zusteckten. Ehemalige Gefangene berichteten später, dass Bewohnerinnen von Häusern, an denen sie arbeiteten, es zwar nicht wagten, mit ihnen zu sprechen, aber fast täglich Essen vor die Haustür stellten. Ohne diese zusätzliche Nahrung hätten sie die Zeit im Messelager nicht überlebt.[8]

Nach Kriegsende

Im Dezember 1947 wurde der ehemalige Lagerleiter Karl Völkner wegen seiner Zugehörigkeit zur SS zu einer Geldstrafe von 9000 Mark verurteilt, der Lagerarzt Erich Möllenhoff im Februar 1948 zu einer Geldstrafe von 4000 Mark. Bis Mitte der 1960er Jahre war das Messelager Köln kein Gegenstand weiterer staatsanwaltlicher Ermittlungen. Erst 1966 begann die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg mit systematischen Ermittlungen gegen Völkner, auch wegen Mordes, die sich jedoch als äußerst schwierig erwiesen, da es nur wenige gerichtsverwertbare Aussagen von ehemaligen Häftlingen gab. Im Januar 1975 wurde das Verfahren gegen Völkner eingestellt.

Erinnerung

Viele Jahre war die Tatsache, dass das Messelager neben dem EL-DE-Haus ein zentraler Ort der Unterdrückung durch die NS-Diktatur in Köln gewesen war, in der Stadt nahezu vergessen. In einer Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Messe im Jahre 1949 wurde dieses Kapitel verschwiegen.[9] Seit 1981 erinnerte zunächst eine kleine Gedenktafel am Messeturm an die Existenz des Lagers. In den folgenden Jahren bildeten sich in Köln Initiativen, so die „Projektgruppe Messelager“, die sich die Erforschung der Vorgänge um das Lager sowie deren Bekanntmachung zur Aufgabe machten. 1993 weihte Oberbürgermeister Norbert Burger ein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Deutzer Rheinufer ein.[10] 1996 erschien das Buch Messelager Köln, dass die Vorgänge um das Lager ausführlich darstellt.

Im Jahre 1990, 50 Jahre nach der Verschleppung der Kölner Sinti und Roma, zog der Künstler Gunter Demnig eine 16 Kilometer lange Farblinie - die „Spur der Erinnerung“ - von ihrem ehemaligen Wohnplatz zum Deutzer Bahnhof. Die originale Linie ist nicht mehr erhalten, an markanten Punkten der Strecke sind aber kurze Abschnitte aus Bronze in den Boden eingelassen. An einer Bahnunterführung in Nähe des Wohnplatzes, dem „Schwarz-Weiß-Platz“, wurde eine Gedenktafel angebracht.[1][11]

Literatur

  • Karola Fings: Messelager Köln. Ein KZ-Außenlager im Zentrum der Stadt. Emons-Verlag Köln 1996. ISBN 392449178X
  • Konrad Adenauer Stiftung ACPD, Nachlass Gerig

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Zigeunerlager Bickendorf auf open-memory.info
  2. Gedenkorte für Sinti und Roma
  3. Fings, S. 143
  4. Fings, S. 57
  5. Fings, S. 59
  6. Fings, S. 62
  7. Fings, S. 174
  8. Fings, S. 75f.
  9. Fings, S. 164–165
  10. 58
  11. museenkoeln.de
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