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Morsezeichen
Die Morsezeichen, manchmal auch Morsealphabet oder Morsecode genannt, sind ein Verfahren zur Übermittlung von Buchstaben, Zahlen und übrigen Zeichen. Dabei wird ein konstantes Signal ein- und ausgeschaltet. Es besteht aus drei Symbolen: kurzes Signal, langes Signal und Pause.
Der Code kann als Tonsignal, als Funksignal, als elektrischer Puls mit einer Morsetaste über eine Telefonleitung, mechanisch oder optisch (etwa mit blinkendem Licht) übertragen werden – oder auch mit jedem sonstigen Medium, mit dem zwei verschiedene Zustände (wie etwa Ton oder kein Ton) eindeutig und in der zeitlichen Länge variierbar dargestellt werden können. Man spricht auch von Morsetelegrafie.
Das manchmal bei Notfällen beschriebene Morsen durch Klopfen an metallischen Verbindungen erfüllt diese Forderung daher nur bedingt, ist aber mit einiger Übung aufgrund des charakteristischen Rhythmus von Morsezeichen verständlich. Diese Hörtechnik ist abgeleitet von den „Klopfern“ aus der Anfangszeit der Telegrafentechnik, bestehend aus einem kräftigen Relais in einem akustischen Hohlspiegel, der den Klang der Morsezeichen schon vor der Erfindung des Lautsprechers selbst in größeren Betriebsräumen hörbar machte.
Geschichte
Nachdem Samuel Morse 1833 den ersten brauchbaren elektromagnetischen Schreibtelegrafen gebaut hatte, fand der erste Testbetrieb 1837 statt. Der verwendete Code umfasste damals nur die zehn Ziffern; die übertragenen Zahlen mussten mit Hilfe einer Tabelle in Buchstaben und Wörter übersetzt werden.
Alfred Lewis Vail, ein Mitarbeiter Morses, entwickelte ab 1838 den ersten Code, der auch Buchstaben umfasste. Er bestand aus Zeichen von drei verschiedenen Längen und unterschiedlich langen Pausen. Dieser Code wurde ab 1844 betrieblich eingesetzt (als Morse Landline Code oder American Morse Code bei amerikanischen Eisenbahnen und den Telegrafenunternehmen bis in die 1960er Jahre).
Die unterschiedlich langen Pausen stellten eine Unzulänglichkeit des Codes dar, so dass Friedrich Clemens Gerke ihn 1848 zur Inbetriebnahme der elektromagnetischen Telegrafenverbindung zwischen Hamburg und Cuxhaven umschrieb. Dieser Code wurde nach einigen weiteren kleinen Änderungen 1865 auf dem Internationalen Telegraphenkongress in Paris standardisiert und später mit der Einführung der drahtlosen Telegrafie als Internationaler Morsecode von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) genormt.
1909 wurde erstmals ein Seenotruf über Funk gemorst. Dieses Ereignis führte zur breiten Einführung des Seefunks, nachdem die eher konservativen Reeder die neue Technik zuerst abgelehnt hatten.[1][2]
Morsetelegrafie wurde mit der Einführung von Fernschreibern aus den Telegrafennetzen verdrängt. Im Funkbetrieb behielt er aufgrund seiner Einfachheit lange Zeit Bedeutung, bis er auch hier nach und nach durch andere Verfahren ersetzt wurde. Ein großes Einsatzfeld hatte er noch im Seefunkverkehr, bis er dort mit Einführung des weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystems GMDSS zum 1. Februar 1999 seine Bedeutung verlor. Eingesetzt wird der Morsecode noch im Amateurfunk, wo in Deutschland Morsekenntnisse noch bis 2003 vorgeschrieben waren, um am Funkbetrieb auf Kurzwellenfrequenzen unterhalb 30 MHz teilzunehmen. Ebenso findet man den Morsecode noch zu Unterrichtszwecken bei angehenden Fernmeldetechnikern.
Morsecodes werden heute noch in der Luft- und der Schifffahrt verwendet, um Funknavigationsanlagen (siehe Funkfeuer) zu identifizieren. Diese senden neben dem eigentlichen Navigationssignal auch ein hörbares Morsesignal aus, das aus der Drei-Buchstaben-Kennung des Funkfeuers besteht. So sendet z. B. das VOR Barmen seine Kennung BAM ( − · · · · − − − ). Auch in der Seeschifffahrt finden Morsecodes noch Anwendung: Radarantwortbaken antworten ebenfalls mit einem Echo, dem ihre Kennung in Morsecode aufmoduliert ist. Der Leuchtturm Kiel beispielsweise gibt alle 30 Sekunden das akustische Zeichen KI. Ausbreitungsbaken auf Cubesat-Satelliten verwenden typischerweise ebenfalls Morsesignale.
Im Dezember 2014 verkündete die deutsche Kultusministerkonferenz, dass die Morsetelegrafie in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes im Sinne des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wird.[3] In seiner Begründung erwähnte die Deutsche UNESCO-Kommission die besondere Bedeutung der Funkamateure, die die Regeln und die Gebräuche der Morsetelegrafie aufrechterhalten und so sicherstellten würden, dass die Formen und Funktionen der Anwendung lebendig bleiben.[4]
Internationaler Morsecode
Da der Morsecode nur ein einfaches stetiges (unmoduliertes) Signal als Basis verwendet, benötigt er weniger Hardware zum Senden und Empfangen als andere Formen der Funkkommunikation, kann auch bei einem sehr ungünstigen Signal-Rausch-Verhältnis noch arbeiten und benötigt nur geringe Bandbreite und Sendeleistung. Wegen der unmodulierten Form des Funksignals sind Morsezeichen in üblichen Empfängern für AM nur schwierig aufzunehmen; man muss einen Telegrafie-Überlagerer BFO zuschalten, um einen klaren Ton zu hören.
Zeitschema und Darstellung
Der Code verwendet drei Symbole, die Punkt ( · ), Strich (−) und Pause ( ) genannt werden, gesprochen als dit, dah (oder doh) und „Schweigen“. Die Länge eines Dit bestimmt die Geschwindigkeit, mit der gesendet werden kann, und ist die grundlegende Zeiteinheit. Dazu ein Beispiel:
−− −−− ·−· ··· · / −·−· −−− −·· · M O R S E (space) C O D E
Genauer gilt Folgendes:
- Ein Dah ist dreimal so lang wie ein Dit.
- Die Pause zwischen zwei gesendeten Symbolen ist ein Dit lang.
- Zwischen Buchstaben in einem Wort wird eine Pause von der Länge eines Dah (oder drei Dits) eingeschoben.
- Die Länge der Pause zwischen Wörtern entspricht sieben Dits.
Für das Beispiel „MORSE CODE“ ergibt sich dann dieses Zeitsignal (das Zeichen = bedeutet „Signal an“, das Zeichen _ bedeutet „Signal aus“):
===_===___===_===_===___=_===_=___=_=_=___=_______===_=_===_=___===_===_===___===_=_=___= ^ ^ ^ ^ ^ Dah| | Dit Wortabstand | Buchstabenabstand Symbolabstand
„Gesprochen“ klingt das dann so: dahdah dahdahdah ditdahdit ditditdit dit, dahditdahdit dahdahdah dahditdit dit.
Standard-Codetabelle
Hier ist eine Tabelle mit dem vollständigen Alphabet und anderen gebräuchlichen Zeichen. Es gibt im Morsealphabet keine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben. Die „Null“ wird im Handschriftlichen zur Unterscheidung durchgestrichen (wie das Zeichen für Durchschnitt), um Verwechselungen mit dem Großbuchstaben „O“ zu vermeiden. Im Merkwort ist die Zeichenfolge in der Form hinterlegt, dass Silben mit "O" "lang" bedeuten, und alle anderen "kurz".
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Die Wahl der Codes für die verschiedenen Zeichen orientiert sich an der geschätzten Häufigkeit des Auftretens der Buchstaben in einer Nachricht. Öfter auftretende Buchstaben sollten einen kürzeren Code besitzen als seltenere, um die zu übertragenden Zeichen zu minimieren (siehe Entropiekodierung). Die folgende Tabelle eignet sich gut zur Dekodierung und zeigt die Wahl der Codes anhand der angenommenen Häufigkeit von links (häufig) nach rechts (selten).
T — | M — — | O — — — | CH — — — — |
Ö — — — · | |||
G — — · | Q — — · — | ||
Z — — · · | |||
N — · | K — · — | Y — · — — | |
C — · — · | |||
D — · · | X — · · — | ||
B — · · · | |||
E · | A · — | W · — — | J · — — — |
P · — — · | |||
R · — · | Ä · — · — | ||
L · — · · | |||
I · · | U · · — | Ü · · — — | |
F · · — · | |||
S · · · | V · · · — | ||
H · · · · |
SOS
Datei:SOS morse code.ogg Im April 1904 wurde bei der deutschen Kriegsmarine die Morsegruppe · · · − − − · · · als Notzeichen eingeführt; mit Wirkung vom 1. April 1905 wurde sie auch für den öffentlichen Schiffsfunk in Deutschland vorgeschrieben.[5] Diese auffällige Morsegruppe war als Notzeichen zur Unterbrechung des Funkverkehrs bestimmt und sollte wie ein Sirenenton alle anderen Funkstationen zur Funkstille auffordern. Sie war daher nicht als Anruf zu senden, sondern solange zu wiederholen, bis alle anderen Stationen den Sendebetrieb eingestellt haben. Danach sollte der Inhalt des Notrufs folgen.
International hatte die Firma Marconi für ihre Funker ab 1904 den Code CQD zur Einleitung von Notrufen bestimmt. Er setzt sich zusammen aus dem Code CQ für französisch sécurité (hier: „Achtung!“) und D für détresse („Notfall“). Nach anderen Quellen stand CQ für englisch come quick („Komme schnell“) und D für Danger („Gefahr“).[6] Dieses Signal war nicht zur Unterbrechung von Rufen anderer Funkstationen geeignet, sondern diente bei bestehender Stille als Anruf mit der Adresse: An alle, Notruf.
Zu jener Zeit konkurrierten die Funksystemhersteller und Duopolisten Marconi und Telefunken so heftig, dass es Schiffsfunkern – damals nicht Angestellte der Reederei, sondern stets der Funkgesellschaft – nicht erlaubt war, Funkrufe von Funkstellen der Konkurrenz anzunehmen. Dies konnte zur Nichtbeachtung von Notrufen führen. Um diesen seerechtswidrigen Zustand zu beenden, wurde auf der Internationalen Funkkonferenz in Berlin am 3. Oktober 1906 beschlossen, das deutsche Notzeichen international zu übernehmen; es wurde nach der Bestätigung durch alle seefahrenden Nationen ab dem 1. Juli 1908 offiziell eingeführt.[7] Das deutsche Notzeichen war einprägsam und auch für ungeübte Funker leicht aus anderen Signalen herauszuhören, setzte sich aber dennoch nur langsam durch. Der erste bekannte Seenotruf, abgesetzt am 23. Januar 1909, war CQD,[1] und auch der Erste Funker der Titanic wurde 1912 erst von seinem Kollegen auf das neue Signal hingewiesen.
Der SOS-Code, drei kurz, drei lang, drei kurz · · · − − − · · · (auch als dididit dahdahdah dididit ausgesprochen), wird nicht, wie oft angenommen, als drei Einzelbuchstaben gesendet, sondern ohne Pausen zwischen diesen Buchstaben (also nicht · · · − − − · · · ). Wie jede Erstaussendung oder unbeantwortete Aussendung ist der Anruf – hier also SOS – dreimal hintereinander zu funken (also · · · − − − · · · · · · − − − · · · · · · − − − · · · ), um die Sendefrequenz länger zu belegen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass der Code erkannt wird, entsprechend zu erhöhen.
Angebliche Bedeutungen von SOS als Abkürzung für save our souls oder save our ship („Rettet unsere Seelen“ oder „Rettet unser Schiff“) wurden erst später in das Signal hineininterpretiert.
Erstmals wurde SOS am 10. Juni 1909 von dem Passagierschiff RMS Slavonia gesendet, als es vor den Azoren Schiffbruch erlitt.[8] Der Untergang der Titanic zeigte später, dass neben einem einheitlichen Signal und einer Standard-Notruf-Frequenz auch regelmäßiges Abhören dieser Frequenz notwendig war. Dass ein Schiff in unmittelbarer Nähe nicht Hilfe leistete, wurde unter anderem darauf zurückgeführt, dass dessen Bordfunkstelle zur Unglückszeit nicht besetzt war – Vorschriften dafür gab es damals noch nicht. Erst auf diesen Vorfall hin wurde noch 1912 die verpflichtende „Hörwache“ rund um die Uhr eingeführt sowie die dreiminütige Funkstille auf der Anruf- und Notfrequenz 500 kHz (jeweils ab der 15. und ab der 45. Minute nach der vollen Stunde). Mit späterer Einführung des Sprechfunks wurden für Notrufe zusätzlich das Codewort „Mayday“ und entsprechende Regeln für Notfrequenz und Funkstille vereinbart.
Im Zweiten Weltkrieg wurden von den Alliierten Zusatz-Codes eingeführt, um bei Angriffen auf die Handelsschiffe die Bedrohungsarten zu unterscheiden; ein RRR-Ruf bezeichnete einen Angriff durch ein Oberflächenschiff, SSS stand für eine U-Boot-Attacke.[9]
Mit der weltweiten Einführung des satellitengestützten Seenot-Funksystems GMDSS 1999 wurde das Morsesignal SOS in der kommerziellen Seefahrt endgültig abgeschafft.[10]
@-Zeichen
Das At-Zeichen (@), auch Affenschwanz oder Klammeraffe genannt, wurde dem internationalen Morsealphabet erst im Mai 2004 von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) hinzugefügt, damit können nun auch ohne inoffizielle Umwege E-Mail-Adressen gemorst werden. Es wird als A ohne Pause gefolgt von C gegeben ( · − − · − · ). Diese zweite Aktualisierung des Morsecodes innerhalb von etwa 40 Jahren geschah anlässlich seines 160-jährigen Bestehens. In der Praxis wird jedoch weiterhin oft die bisherige Alternative, A gefolgt von T, benutzt.[11][12]
Die erste Aktualisierung des Morsecodes war die notwendig gewordene Unterscheidung zwischen „Klammer auf“ und „Klammer zu“ (davor gab es nur „KK“, also − · − − · − ), die um 1960 herum eingeführt wurde. Dadurch bekam das bei Funkamateuren beliebte inoffizielle „KN“ offiziell eine andere Bedeutung.
Bedeutung der kurzen und langen Pausen
Es wird gelegentlich die Meinung vertreten, der Morsecode genüge nicht der Fano-Bedingung. Die Codierung für den Buchstaben E („dit“) sei auch der Beginn der Codierung für die Buchstaben A („dit-dah“), F („dit-dit-dah-dit“) usw. Das würde bedeuten, dass der Morsecode unbrauchbar wäre, weil man beispielsweise nicht unterscheiden könnte, ob der Buchstabe A oder die Zeichenfolge ET codiert wurde.
Der Morsecode verwendet jedoch Pausen unterschiedlicher Länge. Der Code jedes Zeichens wird mit einer langen Pause beendet, während die Signale, die zum Code eines Zeichens gehören, durch kurze Pausen getrennt werden. Damit lässt sich die Codierung des Buchstabens A (kurzes Signal, kurze Pause, langes Signal, lange Pause) eindeutig von der Codierung der Zeichenfolge ET (kurzes Signal, lange Pause, langes Signal, lange Pause) unterscheiden. Weil der Code jedes Zeichens mit einer langen Pause endet, innerhalb des Codes eines Zeichens aber nur kurze Pausen vorkommen, kann kein Code der Anfang eines anderen sein. Die Fano-Bedingung ist also erfüllt.
Tonbeispiele
(20 Wörter pro Minute, entspricht 100 Buchstaben pro Minute), Text und Code:
AAA WIKIPEDIA DIE FREIE ENZYKLOPAEDIE AR
·- ·- ·- ·-- ·· -·- ·· ·--· · -·· ·· ·- -·· ·· · ··-· ·-· · ·· · · -· --·· -·-- -·- ·-·· --- ·--· ·- · -·· ·· · ·- ·-·
Die individuelle „Handschrift“
Jeder Tastfunker hat seine individuellen Anschläge und Geschwindigkeiten, an denen er von anderen wiedererkannt werden kann – analog zur Einzigartigkeit einer Handschrift. Diese Tatsache berücksichtigte z. B. die kaiserlich japanische Kriegsmarine, um die US-amerikanische Fernmeldeaufklärung beim Angriff auf Pearl Harbor auszutricksen. Die Stammfunker der wichtigsten angreifenden Kriegsschiffe wurden versetzt und nahmen von anderen Sendern aus Routinebetrieb auf.
Übertragungstechnik
Morsezeichen werden optisch (Lichtmorsen) oder akustisch (Gehörmorsen bzw. Gehörlesen) wiedergegeben. Beim Lichtmorsen ist u. a. die Trägheit der Lichtquelle bzw. der Augen ein Problem. Eine Glühlampe glüht nach dem Ausschalten noch nach, so dass die Morsezeichen am Ende „verwischen“. Beim Morsen mit einer Rundumleuchte (z. B. Topplicht) muss also eine entsprechend langsame Übertragungsgeschwindigkeit gewählt werden. Um dem entgegenzuwirken, wurden Morsescheinwerfer mit einer Blende vor der Lichtquelle entwickelt. Die Lichtquelle bleibt ständig an, wird aber durch einen Verschlussmechanismus entsprechend abgedunkelt oder geöffnet. Diese Schließklappen werden auch als Blinker bezeichnet. Die Morsesignale werden so allerdings nicht mehr rundherum, sondern nur noch in eine bevorzugte Richtung ausgestrahlt.
Betriebstechnik
Die Morseschrift dient zur schriftlichen Fixierung oder Darstellung von Texten, die im Morsealphabet (Morsezeichen) übermittelt werden. Am Ende eines Buchstabens wird ein Schrägstrich, am Ende eines Wortes zwei Schrägstriche, am Ende eines Satzes werden drei Schrägstriche gesetzt. Am Ende eines Absatzes stehen vier Schrägstriche.
Q-Gruppen
Durch die Verwendung der sogenannten Q-Gruppen (Q-Schlüssel) wird die Übertragung beschleunigt. Auch sind dadurch internationale Nachrichtenübertragungen ohne Kenntnis der jeweils anderen Sprache möglich.
CQ
Bei einem allgemeinen Anruf wird anstatt des Rufzeichens des Gerufenen ein „CQ“ (homonymes Homophon für engl. seek you , dt. „suche dich“) als Abkürzung gegeben.
Anruf (Beispiel):
< cq cq cq de dl1xyz dl1xyz dl1xyz pse k < Bedeutung: Allgemeiner Anruf von dl1xyz - bitte kommen …
Übertragungsrate
Die Übertragungsrate beim Morsen wird in Buchstaben pro Minute (BpM) oder in Wörtern pro Minute (WpM) gemessen, wobei ein „Wort“ 5 Buchstaben entspricht. Seinen Ursprung hat die Zählung in „Wörtern“ in der Gewohnheit, der besseren Lesbarkeit wegen, die endlosen Buchstabenkolonnen chiffrierter Militärtexte in Gruppen zu 5 Buchstaben zusammenzufassen, den sogenannten Fünfergruppen. Die Frage von BpM oder WpM ist reine Geschmackssache, jedoch existiert eine Art Gewohnheit: Funkamateure in Europa z. B. verwenden in der Regel BpM, die in den USA WpM.
Da nicht alle Buchstaben gleich lang sind und beim Morsen daher unterschiedlich lange dauern, wäre die Angabe BpM allein sehr unpräzise. Zur Geschwindigkeitsmessung wurde deshalb als Referenz das Wort PARIS ausgewählt. In ihm kommen kurze wie lange Buchstaben gleichermaßen vor. In seinem Zeitbedarf bei der Übermittlung bildet das Wort PARIS ( · − − · · − · − · · · · · · ) daher einen Mittelwert. Gibt man in einer Minute das Wort PARIS mit seinen 5 Buchstaben 12-mal, so ist die Geschwindigkeit 60 BpM.
Es besteht aus 50 Dits (s. o., Beispiel: das E besteht aus zwei Dits: Punkt + Pause). Je höher die Übertragungsrate, desto kürzer die Dits. 1 WpM entspricht 50 Dits pro Minute, folglich:
Übertragungsrate in WpM |
Länge eines Dits | ~ BpM |
---|---|---|
1 | 1200 ms | 5 |
5 | 240 ms | 25 |
10 | 120 ms | 50 |
20 | 60 ms | 100 |
Anfänger kommen kaum über 5 WpM hinaus. Das liegt daran, dass Buchstaben und Zeichen nicht als Einheit wahrgenommen werden – vergleichbar einem Lese-Anfänger, der sich die Wortbedeutungen mühsam über den Klang einzelner Buchstaben erschließt.
Die Prüfungsgeschwindigkeit für Funkamateure betrug 12 WpM. Mit viel Übung überschreitet man die 20-WpM-Marke, sehr gute Funker schaffen über 50 WpM. Der Weltrekord beim Morsen (Mitschrift von Fünfergruppen Buchstaben) liegt bei 88 WpM (440 Buchstaben pro Minute), siehe Schnelltelegrafie.
Beim Lichtmorsen (also beim Morsen mit Lichtsignalen) z. B. zwischen zwei Schiffen auf See beträgt die Übertragungsgeschwindigkeit rund 8 WpM (40 BpM), bei Signälern „Blinkis“ der Bundesmarine. Zum Vergleich: Ein Nachrichtensprecher übermittelt 100 bis 200 Wörter pro Minute, eine ISDN-Datenleitung ca. 50.000 Wörter pro Minute.
Morsen lernen
Erkennen (Decodieren) von Morsezeichen
Zum Lernen der Morsezeichen benötigt der Anfänger eine alphabetische Auflistung der Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen (wie die oben dargestellte Standard-Codetabelle), der er die Punkt-Strich-Folgen (Signalfolgen) entnehmen kann, die er „geben“ muss. Als Hilfsmittel gibt es Morsemerkwörter, die jedoch allenfalls in der Anfangsphase das Lernen erleichtern.
Dazu kommt noch der umgekehrte Weg, nämlich das Erkennen der Morsezeichen. Dieses Erkennen ist ein Decodieren der Morsezeichen, es ist für Funker und Lichtmorser kein Problem, weil bei ihnen das Hören bzw. Sehen und Erkennen der gesendeten Morsezeichen automatisch erfolgt, es ist ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Sie haben das „Hören“ und „Sehen“ geübt und gelernt.
Der Anfänger braucht jedoch zur Decodierung der Signal-Folge eines übertragenen Zeichens eine invers geordnete Morsetabelle. Die oben gezeigte alphabetisch geordnete Tabelle ist dafür nicht geeignet, weil bei jedem Morsezeichen das ganze Alphabet durchsucht werden muss, ob die gesuchte Signal-Folge dabei ist und zu welchem Morsezeichen sie gehört.
Die im Bild rechts gezeigte Morsetafel ist invers nach Signal-Folgen geordnet. Sie besteht aus zwei binären Bäumen (Binärbaum), wobei der eine die Wurzel „Punkt“ und der andere die Wurzel „Strich“ hat. Diese beiden Wurzeln befinden sich links oben in der Morse-Tafel. Der jeweilige Baum verzweigt sich über 6 bis 8 Ebenen, wobei an den Knoten die Bezeichnung des Morsezeichens steht, das von der Wurzel bis zu diesem Knoten reicht.
Bei der Decodierung geht man von der jeweiligen Wurzel (Punkt oder Strich) links oben aus und folgt den Verzweigungen, bis das Morsezeichen „abgearbeitet“ ist. Dort am Knoten steht dann die Bezeichnung (Buchstabe, Ziffer, Sonderzeichen).
Koch-Methode
Eine der effektivsten Trainingstechniken, die entwickelt worden ist, publizierte und wendete 1936 der deutsche Psychologe Ludwig Koch an. Das Grundprinzip basiert auf der Bildung von Reflexen. Man lernt die Morsezeichen direkt mit hoher Geschwindigkeit (mit mindestens 20 WpM, gegebenenfalls mit längerem Abstand zwischen den Zeichen, also effektiv 15 WpM). Dies verhindert die unwillkürliche Bildung von Übersetzungstabellen im Gehirn. Außerdem klingen langsamer gegebene Morsezeichen musikalisch ganz anders als schnell gegebene Morsezeichen. Zu Anfang werden erst einmal zwei Zeichen ausgesucht, die nicht ähnlich klingen, z. B. K und M, die man fünf Minuten mitschreibt. Hat man 90 % der zwei Zeichen richtig mitgeschrieben, hat man diese bereits dauerhaft und in Endgeschwindigkeit gelernt und nimmt dann das dritte Zeichen hinzu.[13]
Sonstiges
Klopfmorsen
In der Frühzeit der Telegraphie, vor Einsatz von Lautsprechern und Sinustongebern oder wenn die Leitungen für Tonübertragungen zu lang waren – Verstärker waren noch unbekannt –, wurden die Zeichen allein durch Drehspulausschläge bei geschlossenen oder geöffneten Kontakten identifiziert beziehungsweise bei genügend Stromfluss durch „Klopfer“, Relais an einem Klangblech, hörbar gemacht. Zwei kurz aufeinanderfolgende Knackimpulse standen dabei für einen Punkt, länger auseinanderliegende Knackimpulse für einen Strich. Diese Klopf- oder Knacktechnik war selten und wurde zum Beispiel in der amerikanischen Telegraphie eingesetzt sowie bei den ersten Versuchen mit der Transatlantikleitung. Die letzten bekannten Verwendungen fand die Technik in Überlebens-Ausbildungsprogrammen der US-Navy.
Morsen im Film
In vielen (Kino-)Filmen werden Morsesignale gerne verwendet, um „geheime“ Kommunikation darzustellen. Zwischen den hörbaren Zeichen und dem Inhalt, den die Darsteller aus den Zeichen ablesen, besteht jedoch meist kein Zusammenhang: Aus wenigen Morse-Buchstaben entstehen teilweise längere Nachrichten, die viele Wörter und Sätze umfassen. Oft werden im Film auch gerne Nachrichten per Morsecode als Klopfzeichen übermittelt (etwa von Zelle zu Zelle im Gefängnis). Man kann zwar nicht „lang“ oder „kurz“ klopfen, in diesem Fall zählt daher die Pause zwischen den einzelnen Klopfzeichen (siehe „Klopfmorsen“). Unterschiedliche Klopfgeräusche wären auch eine Möglichkeit oder eben gleich ein Klopfzeichen-Alphabet (z. B. Polybios-Chiffre).
Morsen in Fernsehen und Hörfunk
Einige Fernsehsendungen verwendeten Morse-Signale, oft als Jingles, eingebettet in eine Musik. In der Nachrichtensendung heute im ZDF wird der Morsecode für das Wort „heute“ benutzt ( · · · · · · · − − · ). Nach der ARD-Tagesschau wurde der Wetterbericht mit der Q-Gruppe „QAM“ ( − − · − · − − − ) für „Wetterbericht“ beendet. Der Titelmusik von ARD-Brennpunkt waren zusätzlich die Morsezeichen für „Brennpunkt“ unterlegt. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) verwendete über einen langen Zeitraum das gemorste Wort „Zeitzeichen“ als Vorspann der Hörfunksendung ZeitZeichen. Das Hörfunkprogramm RADIO 700 verwendet das Signal QAM zum Ende des Wetterberichts seit 2008 und der Sender SWR1 Rheinland-Pfalz des Südwestrundfunks, eingestreut im Hintergrund, wieder seit 2009 zur Kennzeichnung des Wetterberichts.
Eine sehr bekannte Nutzung eines Morsecodes war die Verwendung des Buchstabens V ( · · · − ) als Zeichen für „Victory“ durch die BBC im Zweiten Weltkrieg. Dies wurde später auch als Referenz an den sehr ähnlich klingenden Rhythmus des Kopfmotivs des ersten Satzes von Beethovens 5. Sinfonie gedeutet, war ursprünglich aber nicht beabsichtigt.[14]
Morsen und Musik
Auch Musiker haben den Morsecode für sich entdeckt und verstecken so Nachrichten in ihren Stücken, z. B. Kraftwerk.[15] Weitere Beispiele sind der Titel Lucifer von The Alan Parsons Project oder das Lied In the Name of God von Dream Theater, dessen versteckter Morsecode erst etliche Monate nach Veröffentlichung der CD entdeckt wurde. Ein populäres Beispiel ist der Song YYZ von Rush, in dem sich der zugehörige Morsecode als Rhythmus durchgängig durch den Song zieht. Auf dem Album Amarok des Musikers Mike Oldfield findet sich ein gemorster „Abschiedsgruß“ an den Inhaber seiner bisherigen Plattenfirma: „Fuck off RB“. Mit RB ist Richard Branson, der Besitzer von Virgin Records, gemeint. In seinem Stück Communication morst der Jazz Musiker Slim Gaillard den allgemeinen Anruf „CQ“ im Refrain.
Morsen in der Science-Fiction-Literatur
In vielen Szenarien der Zukunftsliteratur droht ein Weltuntergang, den ein Held aufzuhalten versucht. In einigen Fällen erhält er geheime oder codierte Warnungen, die aus der Zukunft kommen, so z. B. in dem Science-Fiction-Thriller Der Tomorrow Code, in dem zwei neuseeländische Teenager per Morsecode verschlüsselte Warnungen aus der Zukunft erhalten.
Morsen vs. SMS
In der NBC-Fernsehreihe The Tonight Show with Jay Leno am 13. Mai 2005 gab es einen kleinen Wettbewerb, um festzustellen, ob SMS-Eingabe oder Morsen schneller ist. Hierbei traten zwei Jugendliche gegen zwei Funkamateure an. Die beiden Funkamateure, die sich seit 38 bzw. 43 Jahren damit beschäftigt hatten, waren schneller als die Jugendlichen.[16]
Morsen und Handy-Klingeltöne
Ein bekannter Morse-Klingelton ist der bei Nokia verwendete SMS-Ton „Spezial“ (in Lautschrift „dididit dahdah dididit“), der – entsprechend seinem Einsatzzweck – die Buchstabenfolge SMS symbolisiert. Das sollte keinesfalls mit dem Morsecode für SOS („didididahdahdahdididit“) verwechselt werden. Ein weiterer Morse-Klingelton (ebenfalls von Nokia) ist „connecting people“ als Weckersignalisierung.[17]
Spuren auf dem Mars
Der Mars-Rover Curiosity – gebaut von JPL – rollt auf Reifen, deren Profile die Morsezeichen für J, P und L in den Boden drücken.[18][19] Diese besonderen Reifen sind dabei nicht nur ein Marketing-Instrument: Die Forscher der NASA nutzen die Abdrücke auf dem Marsboden, um die Funktionalität der einzelnen Räder zu beobachten. Zurückgelegte und berechnete Wegstrecken werden damit überprüft, um eventuelle Fehlfunktionen des Rovers zu identifizieren.[20]
Morsen und Seezeichen
In der Seefahrt gibt es Seezeichen, die Lichtzeichen in Form von Morsezeichen abgeben. Beispielsweise morst eine Tonne mit der Bezeichnung "Mo (A) 8s" das Zeichen "A" mit einer Wiederkehr von 8 Sekunden.
Literatur
- William G. Pierpont (N0HFF): Die Kunst der Radiotelegrafie – Ein Handbuch rund um die Telegrafie. (PDF; 3,6 MB) (Original: The Art & Skill of Radio-Telegraphy.) 3. überarbeitete Auflage. Juli 2001 – Dieses Buch darf frei verbreitet werden (siehe Vorwort) und ist in mehreren Sprachen erhältlich.
- Rudolf Grötsch: Richtig morsen – Ein Leitfaden für den Morseunterricht. 11. erweiterte Auflage. Jakob Schneider Verlag, Berlin-Tempelhof 1964.
- OKW: Vorschrift H.Dv. 426, L.Dv. 407 – Anleitung für die Ausbildung im Morsen –. 1941.
- Wolfgang Buddrus: Das waren Funker: Erinnerungen an einen vergangenen Beruf. 3. Auflage. Books on Demand, 2014, ISBN 978-3-7322-7235-8.
Weblinks
- Spezifikation des Morsecodes (Recommendation ITU-R M.1677-1) (PDF; 1,4 MB)
- AGCW-DL e. V. – die größte Interessengemeinschaft von Telegrafiefreunden im deutschsprachigen Raum
- Text zu Morse & Morse zu Text Converter
- Codieren und decodieren von Morse-Text in unterschiedlichsten Schreibweisen
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Morsen bis zum Untergang. einestages
- ↑ Wireless Hero Jack Binns
- ↑ Pressemitteilung der Kultusministerkonferenz
- ↑ "Dt. UNESCO-Kommission - Morsetelegrafie" abgerufen am 16. Januar 2015.
- ↑ Vorschrift für den Gebrauch der Funkentelegraphie im öffentlichen Verkehr, Amtsblatt des Reichs-Postamts, Berlin, 30. März 1905.
- ↑ Peter Kleinort: SOS: Vor 105 Jahren erstmals gemorst. In: Täglicher Hafenbericht vom 10. Juni 2014, S. 16.
- ↑ Bernd Januschke, Karl-Friedrich Warner: 1900–1909. Das neue Jahrhundert. In: Chronik des 20. Jahrhunderts. 1983, S. 96.
- ↑ 3sat; DLR dradio.de
- ↑ Nigel West: Historical Dictionary of Naval Intelligence. 1. Auflage. Scarecrow Press, Plymouth 2010, ISBN 978-0-8108-6760-4., S. 266.
- ↑ Antke Reemts von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)
- ↑ Update für das Morse-Alphabet. heise online
- ↑ Morse Code Enters The 21st Century. slashdot.org
- ↑ Die Publikationen von Ludwig Koch sind auf einer CD der AGCW-DL zu finden.AGCW-DL Arbeitsgemeinschaft Telegrafie e. V.
- ↑ David B. Dennis: Beethoven in German Politics, 1870–1989. Yale University Press, New Haven 1996, ISBN 0-300-06399-7, S. 170f (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche) nach Wikipedia-Artikel
- ↑ DK5KE Morsetelegrafie - Musik mit Morsezeichen
- ↑ www.metacafe.com
- ↑ Nokia Töne aus Morsecodes
- ↑ Bild des Reifens
- ↑ Pressebericht des ORF
- ↑ Deutscher Amateur-Radio-Club e.V. zum Thema Morsespuren auf dem Mars
Vorlage:Navigationsleiste Digitale Betriebsarten
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