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Targum Onkelos
Der Targum Onkelos (hebräisch תַּרְגּוּם אֻנְקְלוֹס Targūm ’Unqəlōs) ist eine Übersetzung der Tora aus dem Hebräischen ins Aramäische, die schon früh im Judentum offizielle Geltung erlangt hat. Onkelos ist der angebliche „Autor der zuletzt autoritativen aramäischen Übersetzung“ und soll mit Aquila aus Sinope identisch sein, der eine ganz neue, wörtliche Übersetzung der Bibel ins Griechische schuf.[1]
Der Basistext stammt wahrscheinlich aus dem 2. Jahrhundert. Als in der römischen Provinz Palaestina die hebräische Sprache schrittweise durch die aramäische abgelöst wurde, entstand zu den Gottesdiensten das Problem, dass die Menschen die hebräischen Texte nicht mehr verstanden. Man setzte deshalb Dolmetscher ein, so genannte Meturgemanim (hebräisch מטורגמנים), die mündlich aus dem Hebräischen teilweise sehr frei ins Aramäische übersetzten. Später wollte man präzisere Übertragungen aufzeichnen und schuf dazu die Targumim.
Der Targum Onkelos wird zuerst im Babylonischen Talmud zitiert und „unser Targum“ genannt.[2] Da die gelehrten Schulen von Sura und Pumbedita in Babylonien ihre Tätigkeit erst im 3. Jahrhundert n. Chr. aufnahmen, kann auch die Redaktion des Targum Onkelos nicht früher angesetzt werden. Der Sprachtyp ist nicht palästinisch, sondern kommt einem standard-literarischen Aramäisch näher, das auch in anderen Literaturgattungen u. a. Urkunden, Zauberschalen in ganz Babylonien Verwendung fand.[3]
Früheste Originalbelege sind als Zitate zum Beispiel von Ex Ex 15,9–12 EU auf Zauberschalen (5.–7. n. Chr.) überliefert.[4]
In babylonischen Quellen wird Onkelos häufig mit Aquila gleichgesetzt. Onkelos und Aquila lebten beide im 2. Jahrhundert, waren beide Proselyten und verfassten Bibelübersetzungen, jedoch in unterschiedlichen Sprachen. Die aramäische Übersetzung des Onkelos ist vollständig erhalten, die griechische des Aquila jedoch nur in Bruchstücken. Der italienische Gelehrte Azaria dei Rossi war der erste, der sich bemühte, die Verwechslungen zwischen dem aramäischen Übersetzer Onkelos und dem griechischen Übersetzer Aquila zu entwirren. Dies ist keine einfache Aufgabe, da hier Tatsachen und Legenden ineinander verwoben sind.
Hintergrund
Die Tora bzw. auch der Tanach ist Judentum das zentrale und heiligste religiöse Werk (Buchreligion). Das rabbinische Judentum entstand als eine Strömung (Pharisäer) die sich vermehrt in der Zeit nach der Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels, 70 n. Chr., entwickelte und zur Hauptströmung des Judentums wurde, die dann ab ca. 200 n. Chr. maßgeblich den Ritus und die Exegese der Tora prägte.
Die Tora wird als göttliche Offenbarung betrachtet, die den Juden von dem „einzigen Gott“ gegeben wurde, um ihren (kollektiven und individuellen) Lebensweg zu leiten.[5] Die Tora, die fünf Bücher Mose, umfasst nicht nur gesetzliche Vorschriften, sondern auch moralische Lehren und spirituelle Weisheiten.
Mit der Septuaginta (altgriechisch ἡ μετάφρασις τῶν ἑβδομήκοντα hē metaphrasis tōn hebdomēkonta, deutsch ‚Die Übersetzung der Siebzig‘ ‚LXX‘), sie entstand ab etwa 250 v. Chr. im hellenistischen Judentum, vorwiegend in Alexandria, wurde die älteste durchgehende Übersetzung der hebräisch-aramäischen Bibel in die altgriechische Alltagssprache, der Koine niedergeschrieben bzw. übersetzt. Sie enthält Texte (etwa Apokryphe jüdische Schriften die etwa vierhundert Jahre später, etwa seit dem 2. Jahrhundert n. Chr., in dem kanonischen masoretischen Text keine Aufnahme mehr fanden.[6] Nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70 n. Chr. wurde die gemeinsame Bibel als Grundlage aller Richtungen des Judentums umso wichtiger.
Das rabbinische Judentum wandte sich im Laufe der Zeit von der Septuaginta ab und nahm zeitweise eine eigene griechische Übersetzung von Aquila (Onkelos) an (Jerusalemer Talmud, jMeg 1,11 [71c]). Während die Septuaginta die hebräischen Bibeltexte ersetzte, sind die von Aquila bruchstückhaft erhalten Fragmente, den hebräischen Texten untergeordnet und diesen zuarbeitend. So bleiben die Übersetzungen des Aquila ist ein Targum, ein aramäischer Targum, der keine schriftliche Bibel expressis verbis ist, sondern zunächst mündlich, später schriftlich als „Lese-und Rezitier-Performanz“ des kanonisch genau geregelten hebräischen Textes diesen auslegend begleitet.[7][8]
Literatur
- Nathan Marcus Adler: Sefer Berʼeshit – Devarim : ʻim targum ʼOnḳelos … Wilna 1875 (fünfbändiger Kommentar zum Targum Onkelos).
- Abraham Berliner: Targum Onkelos. Pentateuchus. 1884 (kritische Textausgabe).
- Alec Eli Silverstone: Aqila and Onkelos. Manchester 1931.
- Encyclopedia Judaica. Band 12, S. 1405–1406.
Weblinks
- Targum Onkelos auf sefaria.org (Aramäisch mit englischer Übersetzung)
Einzelnachweise
- ↑ Johann Maier: Das Judentum. Von der Biblischen Zeit bis zur Moderne. Kindler, München 1973, zitiert nach Lizenzausgabe Ex Libris, Zürich, S. 315.
- ↑ Paul V. M. Flesher, Bruce D. Chilton: The Targums: A Critical Introduction. Baylor University Press, Waco, Texas 2011, ISBN 978-90-04-21769-0, S. 9, 142f., 327 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
- ↑ Christa Müller-Kessler: The Linguistic Heritage of Qumran Aramaic. In: Armin Lange, Emanuel Tov, Matthias Weigold (Hrsg.): The Dead Sea Scrolls in Context. Integrating the Dead Sea Scrolls in the Study of Ancient Texts, Languages, and Cultures (Leiden 2011), S. 215–259.
- ↑ Christa Müller-Kessler: The Earliest Evidence for Targum Onqelos from Babylonia and the Question of Its Dialect and Origin. In: Journal for the Aramaic Bible. Band 3, 2001, S. 181–198; Christa Müller-Kessler: Die Zauberschalentexte der Hilprecht-Sammlung, Jena und weitere Nippur-Texte anderer Sammlungen (= Texte und Materialen der Frau Professor Hilprecht-Collection. Band 7). Wiesbaden 2005, S. 12–13 und Tf. 1.2.
- ↑ Peter Ortag: Jüdische Kultur und Geschichte. Ein Überblick. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung 1995 5., aktualisierte Auflage Potsdam 2003, ISBN 3-932502-04-3, auf politische-bildung-brandenburg.de [1] hier S. 36
- ↑ Susanne Galley, Katharina Hoba, Anja Kurths, Helga Völkening: Die Hebräische Bibel. Eine Einführung. WBG, Darmstadt / Berlin 2015, ISBN 3-95410-028-2, S. 23
- ↑ Hanna Liss: Jüdische Bibelauslegung. (= UTB 5135, Band 4 Jüdische Studien), Mohr Siebeck, Tübingen 2020, ISBN 978-3-8252-5135-2, S. 10–11
- ↑ Willem Smelik: The Rabbinic Reception of Early Bible Translation as Holy Writings and Oral Torah. Journal of the Aramaic Bible 1 (1999), S. 249–272.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Targum Onkelos aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |