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Otfried Höffe

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Otfried Höffe (2022)

Otfried Höffe (* 12. September 1943 in Leobschütz [heute: Głubczyce, Polen], Oberschlesien) ist ein deutscher Philosoph, der insbesondere mit seinen Arbeiten zur Ethik, zu Aristoteles und zu Immanuel Kant bekannt geworden ist.

Leben

Höffe studierte von 1964 bis 1970 Philosophie, Geschichte, Theologie und Soziologie in Münster, Tübingen, Saarbrücken und München. In seiner Dissertation von 1971 (Praktische Philosophie: Das Modell des Aristoteles) zeigte er, dass der Begriff des Strebens für die Ethik des Aristoteles grundlegend ist. In den Jahren 1970 und 1971 war er Visiting Scholar der Columbia University. 1974 habilitierte er sich in München mit der Arbeit Strategien der Humanität. Zur Ethik öffentlicher Entscheidungsprozesse.

1976 wurde er ordentlicher Professor für Philosophie an der Universität Duisburg. Von 1978 bis 1992 war er Lehrstuhlinhaber für Ethik und Sozialphilosophie sowie Direktor des Internationalen Instituts für Sozialphilosophie und Politik in Fribourg. Zugleich hatte er von 1978 bis 1990 einen Lehrauftrag für Rechtsphilosophie an der juristischen Fakultät der Universität Fribourg. Mit einem Lehrauftrag für Sozialethik unterrichtete er von 1986 bis 1998 an der ETH Zürich. Von 1992 bis zu seiner Pensionierung im September 2011 las er als Professor für Philosophie an der Universität Tübingen, wo er 1994 die Forschungsstelle für Politische Philosophie gründete und kooptiertes Mitglied der juristischen Fakultät wurde. Im Jahre 2002 erhielt er den Bayerischen Literaturpreis (Karl-Vossler-Preis)[1] für wissenschaftliche Darstellungen von literarischem Rang und ist seit demselben Jahr auch ständiger Gastprofessor für Rechtsphilosophie an der Universität St. Gallen.

Höffe ist Verfasser zahlreicher Bücher vor allem über Ethik, Rechts-, Staats- und Wirtschaftsphilosophie sowie Kant und Aristoteles und ist Ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften sowie Mitglied in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.[2] Sein Buch über Politische Gerechtigkeit wurde in zehn Sprachen übersetzt. Höffe hat sich intensiv mit John Rawls auseinandergesetzt, dessen Gerechtigkeitstheorie er ab den 1970er Jahren in Deutschland bekannt machte.[3] Von 1. Juni 2009 bis Ende 2015 war er Präsident der Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin der Schweiz.[4][5][6][7]

Im Juli 2010 sagte Höffe seine Teilnahme an dem von der UNESCO an die Islamische Republik Iran vergebenen Welttag der Philosophie ab, weil nach der Vergabe des Vorsitzes an Haddad-Adel zu befürchten gewesen sei, dass die für November in Teheran geplante Veranstaltung zu einer „Propagandaveranstaltung“ von Staatspräsident Mahmud Ahmadineschād werde.[8]

2011 und 2012 war Höffe Honorary Fellow am Historischen Kolleg in München, wo er zu Machiavellis Il Principe und der kosmopolitischen Geschichtsphilosophie bei Kant forschte. Höffe ist als Honorary Professor und Senior Expert an der Hust-University sowie als Honorary Professor und Teil des Ordinariats an der Tsinghua-Universität tätig.

Von April 2020 bis zu seiner Auflösung im Juni 2021 war Höffe Mitglied des von Ministerpräsident Armin Laschet einberufenen 12-köpfigen „Expertenrats Corona“. Das Gremium aus zwölf renommierten Experten aus unterschiedlichen Disziplinen sollte gemeinsam mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Strategien für die Zeit nach der Corona-Krise erarbeiten.[9]

Otfried Höffe lebt in Tübingen.

Veröffentlichungen

Monografien

  • Praktische Philosophie, das Modell des Aristoteles. 3. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-05-004395-1.
  • Den Staat braucht selbst ein Volk von Teufeln: philosophischer Versuche zur Rechts- und Staatsethik. Reclam, Stuttgart 1988, ISBN 3-15-008507-1.
  • Politische Gerechtigkeit: Grundlegung einer kritischen Philosophie von Recht und Staat. 4. Auflage. Suhrkamp, 2003, ISBN 3-518-28400-2.
  • Kategorische Rechtsprinzipien: ein Kontrapunkt der Moderne. Suhrkamp, Frankfurt 1995, ISBN 3-518-28770-2.
  • Moral als Preis der Moderne: ein Versuch über Wissenschaft, Technik und Umwelt. 4. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt 2000, ISBN 3-518-28646-3.
  • Vernunft und Recht: Bausteine zu einem interkulturellen Rechtsdiskurs. 2. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt 1998, ISBN 3-518-28870-9.
  • Gibt es ein interkulturelles Strafrecht? Ein philosophischer Versuch. Suhrkamp, Frankfurt 1999, ISBN 3-518-28996-9.
  • Demokratie im Zeitalter der Globalisierung. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47599-X.
  • „Königliche Völker“: zu Kants kosmopolitischer Rechts- und Friedenstheorie. Suhrkamp, Frankfurt 2001, ISBN 3-518-29119-X.
  • Medizin ohne Ethik? 2. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt 2003, ISBN 3-518-12245-2.
  • Gerechtigkeit. Eine philosophische Einführung. 4. durchgesehene Auflage. C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-44768-6
  • Kleine Geschichte der Philosophie. C. H. Beck, München 2001, 2. Auflage 2008, ISBN 978-3-406-57385-9. [Rezension: Ursula Pia Jauch in NZZ, 31. Januar 2002]
  • Kants Kritik der reinen Vernunft. Die Grundlegung der modernen Philosophie. 2. Auflage. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50919-3.
  • Wirtschaftsbürger, Staatsbürger, Weltbürger. Politische Ethik im Zeitalter der Globalisierung. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-52208-4.
  • Aristoteles. 4., überarbeitete Auflage. Beck’sche Reihe Denker, München 2014, ISBN 3-406-54125-9.
  • Immanuel Kant. 7., überarbeitete Auflage. Beck’sche Reihe Denker, München 2007, ISBN 978-3-406-54762-1.
  • Lebenskunst und Moral oder macht Tugend glücklich? C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55745-3.
  • Ist die Demokratie zukunftsfähig? Über moderne Politik. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58717-7.
  • Thomas Hobbes. C. H. Beck Verlag, München 2010, ISBN 978-3-406-60021-0.
  • Kants Kritik der praktischen Vernunft: Eine Philosophie der Freiheit. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63934-0
  • Ethik. Eine Einführung. C. H. Beck Verlag, München 2013, ISBN 978-3-406-64630-0.
  • Die Macht der Moral im 21. Jahrhundert. C. H. Beck Verlag, München 2014, ISBN 978-3-406-66001-6.
  • Kritik der Freiheit: Das Grundproblem der Moderne. C. H. Beck Verlag, München 2015, ISBN 978-3-406-67503-4.
  • Die hohe Kunst des Alterns. Kleine Philosophie des guten Lebens. C. H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-72747-4.[10]
  • Für ein Europa der Bürger! Klöpfer.Narr, Tübingen 2020, ISBN 978-3-7496-1021-1
  • Gerechtigkeit denken. John Rawls´ epochales Werk der politischen Philosophie. Verlag Karl Alber, Freiburg 2021, ISBN 978-3-495-49204-8.
  • Was hält die Gesellschaft noch zusammen?. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-520-90009-8.

Herausgeberschaften

  • Aristoteles-Lexikon (= Kröners Taschenausgabe. Band 459). Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-45901-9.
  • Lexikon der Ethik. 7. Auflage. C. H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56810-7
  • Einführung in die utilitaristische Ethik: klassische und zeitgenössische Texte. 4. Auflage. Francke (UTB), Tübingen 2008, ISBN 978-3-8252-1683-2
  • Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Ein kooperativer Kommentar. 3. Auflage. Klostermann, Frankfurt 2000, ISBN 978-3-465-03057-7
  • Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft (kooperativer Kommentar). Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003576-5
  • Immanuel Kant, zum ewigen Frieden (kooperativer Kommentar). 2. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-05-004084-X
  • John Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit (kooperativer Kommentar), Akademie Verlag, Berlin, 2. Aufl. 2006, ISBN 978-3-05-004267-1
  • Aristoteles: Die Hauptwerke: Ein Lesebuch, Francke, Tübingen 2009, ISBN 978-3-7720-8314-3
  • Immanuel Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (kooperativer Kommentar), Akademie Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-05-004682-2
  • Immanuel Kant: Schriften zur Geschichtsphilosophie (kooperativer Kommentar), Akademie Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-05-004683-9
  • Politische Utopien der Neuzeit. de Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-045868-8

Essays

Interviews

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Träger des Karl-Vossler-Preises (Memento vom 27. Juni 2015 im Internet Archive), Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst
  2. Mitgliedseintrag von Otfried Höffe (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 15. Juli 2016.
  3. Vgl. O. Höffe (Hrsg.): Über John Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt a. M. 1977. Zum Verhältnis zwischen Rawls und Höffe vgl. auch O. Höffe: Der Pluralist. Er hat alles vorgedacht: Der Philosoph John Rawls wird achtzig. In: FAZ, 21. Februar 2001. O. Höffe: Wer den Blutzoll gezahlt hat, ist deshalb noch nicht gerechtfertigt. Warum ein Krieg zum Ausbau der Weltmacht nicht zur Selbstverteidigung gehört: John Rawls’ Oxforder Vorlesung zum Völkerrecht. In: FAZ, 10. April 2003. O. Höffe: Was ich noch zu sagen hätte. John Rawls’ Gerechtigkeitstheorie in letzter Fassung. In: FAZ, 23. Mai 2003
  4. Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin: Professor Höffe zum Präsidenten ernannt, Medienmitteilung Generalsekretariat EDI, Bundesamt für Gesundheit, Bern, 28.5.09
  5. Höffe wird Präsident – katholischer Theologe ersetzt Genetikerin, Philosophie-«Star» für die Ethikkommission, NZZ 29.5.09
  6. Otfried Höffe > Curriculum Vitae, Uni Tübingen (uni-tuebingen.de)
  7. Nadine Jürgensen: «Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind». www.nzz.ch, 5. Januar 2016, abgerufen am 15. September 2017.
  8. Otfried Höffe: Welttag der Philosophie: „Ich werde nicht in Teheran sprechen“. In: FAZ, 16. Juli 2010.
  9. Ministerpräsident Armin Laschet beruft „Expertenrat Corona“ | Das Landesportal Wir in NRW. 1. April 2020, abgerufen am 18. Mai 2020.
  10. Rezension in Information Philosophie, Heft 4/2019, S. 101–105.
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