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Othmar Schoeck

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Othmar Schoeck (* 1. September 1886 in Brunnen, Kanton Schwyz; † 8. März 1957 in Zürich) war ein Schweizer Komponist und Dirigent. Im Zentrum seines Schaffens stand das Lied.[1] In stilistischer Hinsicht ist sein Werk «im wesentlichen der deutsch-österreichischen Spätromantik» verpflichtet.[2]

Leben

Othmar Schoeck, Sohn eines Malers, erhielt schon früh Klavierunterricht. Nach einer Ausbildung am Konservatorium Zürich bei Friedrich Hegar, Lothar Kempter, Karl Attenhofer und Robert Freund besuchte er 1907/1908 die Meisterklasse für Komposition bei Max Reger in Leipzig. Anschliessend war er als Chorleiter und Klavierbegleiter in Zürich tätig. Von 1917 bis 1944 leitete er die Symphoniekonzerte des Konzertvereins St. Gallen in der dortigen Tonhalle.

Nach seiner Rückkehr aus Leipzig schuf sich Schoeck in der Schweiz mit Liedern, Bühnen- und Chorwerken – darunter Trommelschläge, op. 26, von 1915 – rasch einen Namen als Komponist. 1927 wurde Schoecks Einakter Penthesilea op. 39 (nach Heinrich von Kleist) an der Dresdener Semperoper uraufgeführt. Dort erfolgte 1937 auch die Uraufführung seiner vieraktigen Oper Massimilla Doni op. 50 unter Leitung von Karl Böhm. Sein Liederzyklus Lebendig begraben, op. 40, auf Texte von Gottfried Keller geschrieben, zeigt auch «die meisterhafte Beherrschung der Stilmittel der Neuen Musik».[3] James Joyce wurde 1935 bei einer Wiedergabe durch das Tonhalle-Orchester Zürich genug beeindruckt, um eines der Gedichte sogleich ins Englische zu übersetzen. Es wurde später von Samuel Barber vertont und in dessen Werk Three Songs (1972) aufgenommen. In den 1930er-Jahren orientierte sich Schoeck wieder mehr an klassischen Vorbildern.[4]


Schoeck gilt als einer der bedeutendsten Schweizer Liedkomponisten des 20. Jahrhunderts. Zu den namhaften Künstlern, die sich ein Leben lang für Schoeck einsetzten, zählt Dietrich Fischer-Dieskau. Der deutsche Bariton nahm seit den 1950er-Jahren seine wichtigsten Werke auf. Bekannt sind ausserdem Schoecks Sonate für Violine und Klavier op. 16, das Violinkonzert quasi una fantasia op. 21, das er für die Geigerin Stefi Geyer schrieb, sein Konzert für Violoncello und Streichorchester op. 61, sein Hornkonzert op. 65 sowie die häufig gespielte Sommernacht op. 58, ein Stück für reines Streichorchester. Schoeck war befreundet mit Hermann Hesse, mit dem er jahrzehntelang Briefe wechselte,[5] und dem Maler Franz Wiegele vom Nötscher Kreis.

1925 ging Schoeck die Ehe mit der deutschen Sängerin Hilde Bartscher (1898–1990) ein, die später zur wichtigsten Interpretin seiner Lieder wurde. 1928 verlieh ihm die Universität Zürich ein Ehrendoktorat. Nach 1933 stieg in Deutschland die Nachfrage nach Schoecks Musik. Obwohl ihm der Nationalsozialismus in politischer Hinsicht missfiel, nahm er am 1. März 1937 bedenkenlos den Erwin-von-Steinbach-Preis an, was ihm die Schweizer Presse ankreidete, «war die Verleihung doch offensichtlich politisch motiviert. Schoeck sah den Preis hingegen lediglich als Ehrung seiner künstlerischen Arbeit.» Pragmatisch betrachtet, ging es ihm vermutlich unter anderem darum, seine Präsenz auf den grossen deutschen Bühnen, so bei der Uraufführung von Massimilla Doni 1937 in Dresden oder 1943 von Das Schloss Dürande in Berlin, nicht aufs Spiel zu setzen.[6]

1943 erhielt Schoeck den Musikpreis der Stadt Zürich, in der er auch seine letzten Lebensjahre verbrachte.[7] Ein Jahr darauf erlitt er einen Herzinfarkt, der seiner Tätigkeit als Dirigent und Klavierbegleiter ein Ende setzte. Trotz einiger Aufführungserfolge, so mit dem pastoralen Intermezzo für Streichorchester Sommernacht (1945), dem Konzert für Cello und Streichorchester (1947) und dem Konzert für Horn und Streichorchester (1951), war Schoeck mit seiner Spätwirkung nicht zufrieden. Die Nachkriegsbedingungen waren für ihn ungünstig, seine Arbeiten galten als «schwierig», und ausserdem hatte er keine Schüler.

Schoeck starb 10 Jahre darauf. Sein Grab befindet sich auf dem Zürcher Friedhof Manegg.[8]

Zum Werk

Max Lütolf urteilt (2011):

«Schoecks Kunstauffassung war in der Tradition des 19. Jahrhunderts, vor allem im Festhalten am Prinzip des Ausdrucks, verankert. Trotz grundsätzlichen Vorbehalten öffnete er sich auf der Ebene der kompositorischen Konkretisierung den Errungenschaften der neueren Tonkunst, wie etwa dem Aufbrechen der Tonalität, dem Verzicht auf ein durchgehendes Metrum, der Mischung gattungsspezifischer Merkmale oder dem Experimentieren im Bereich der Instrumentation. Inhaltlich kreisen sowohl die vokalen wie auch die instrumentalen Werke um Themen wie Kunst und Leben, Mann und Frau, Geist und Körper, das Reine und das Kranke, Natur, Heimat und Vaterland. Seine Weigerung, den Entwicklungen der Musik ab den 1920er Jahren zu folgen, behinderte Schoecks internationale Anerkennung.
Die jüngere Rezeption der Werke Schoecks hat indes die Notwendigkeit einer Neubeurteilung der musikgeschichtlichen Stellung des Komponisten deutlich werden lassen.»[9]

Vom wiedererwachten Interesse an Schoecks Werk zeugen die Aufführungen seiner Oper Penthesilea in Basel (2007), Dresden (2008), Lübeck (2009), Frankfurt am Main (2011), Bonn (2017), doch auch die zahlreichen Einspielungen des Notturno op. 47 seit Mitte der 1980er-Jahre sowie Wiedergaben dieses Werkes auf der ganzen Welt.

Ein ausführliches Werkverzeichnis findet sich u. a. bei Musinfo.[10]

Trivia

Bereits im Alter von 12 Jahren schrieb er auf der Basis des Karl May-Romans Der Schatz im Silbersee eine kleine Oper. Die unvollständige Partitur wurde in der Zentralbibliothek Zürich gefunden und ergänzt. „Old Shatterhand“ wird von einem Bariton gesungen, „Winnetou“ hat als Sopran zwei Arien. Während der Tagung der Karl-May-Gesellschaft 2003 in Plauen kam die rekonstruierte Oper erstmals zu Gehör.

Literatur

  • Hans Corrodi: Othmar Schoeck. Bild eines Schaffens. 1931, 3. Auflage 1956.
  • Willi Schuh (Hrsg.): Othmar Schoeck. Festgabe der Freunde zum 50. Geburtstag. Zürich 1936.
  • Othmar Fries: Schoeck als Opernkomponist. In: Schweizerische Musikzeitung, Nr. 97, 1957, S. 130–133.
  • Werner Vogel: Othmar Schoeck im Gespräch. Tagebuchaufzeichnungen. Zürich 1965.
  • Ferruccio Busoni: Briefe und Widmungen an Othmar Schoeck. In: Schweizerische Musikzeitung, Nr. 106, 1966, S. 132–135.
  • Werner Vogel: Othmar Schoeck in Selbstzeugnissen und Zeitgenossenberichten. Zürich 1976.
  • Derrick Puffett: The Song Cycles of Othmar Schoeck. Dissertation, Oxford 1976, Bern 1982.
  • Stefan Kunze, Hans Jürg Lüthi (Hrsg.): Auseinandersetzung mit Othmar Schoeck. Zürich 1987.
  • Matthias Bette: Vorläufige Nachrichten von einer Karl-May-Oper (über Othmar Schoecks Opernfragment «Am Silbersee»). In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft, 20. Jahrgang, Nummer 77, August 1988, S. 48 ff.
  • Elisabeth Schoeck-Grüebler (Hrsg.): Briefe nach Brunnen. Briefe [Schoecks] an die Familie 1908–1922. Zürich 1991.
  • Chris Walton: Othmar Schoeck. Eine Biographie. Zürich/München 1994.
  • Max Lütolf: Schoeck, Othmar im Historischen Lexikon der Schweiz.
  • Hanspeter Renggli: Othmar Schoeck. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 3. Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 1627 f.
  • Beat A. Föllmi: Schoeck, Othmar Gottfried. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, S. 356–358 (Onlinefassung).
  • Chris Walton: Othmar Schoeck. Life and works. University of Rochester Press, Rochester NY 2009.
  • Chris Walton, Martin Germann (Hrsg.): Hermann Hesse und Othmar Schoeck, der Briefwechsel. Kulturkommission Kanton Schwyz, Schwyz 2016, ISBN 978-3-909102-67-9. (= Schwyzer Hefte; Band 105.)

Einzelnachweise

  1. Max Lütolf: Schoeck, Othmar im Historischen Lexikon der Schweiz, abgerufen am 19. Februar 2013
  2. Brockhaus Enzyklopädie, 19. Ausgabe, Band 19, 1992, S. 475.
  3. Michael Raeburn, Alan Kendall: Geschichte der Musik. München 1993, Band IV, S. 372.
  4. Othmar Schoeck-Gesellschaft, abgerufen am 3. Juni 2012.
  5. Überliefert sind von Hesse an Schoeck 33 Briefe zwischen 1920/1957, und von Schoeck an Hesse 79 Briefe von 1911/1956, ediert: Chris Walton, Martin Germann (Hrsg.): Hermann Hesse und Othmar Schoeck, der Briefwechsel. Kulturkommission Kanton Schwyz, Schwyz 2016, ISBN 978-3-909102-67-9. (= Schwyzer Hefte, Band 105.)
  6. Lukas Näf, abgerufen am 3. Juni 2012
  7. Dazu Lokalinfo Zürich Mai 2012, abgerufen am 3. Juni 2012
  8. Othmar Schoeck †. Nachruf. In: Die Zeit, 14. März 1957, abgerufen am 3. Juni 2012
  9. Max Lütolf: Schoeck, Othmar im Historischen Lexikon der Schweiz
  10. Werkverzeichnis, abgerufen am 3. Juni 2012

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Othmar Schoeck aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.