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Präsident des Deutschen Bundestages
Der Präsident des Deutschen Bundestages, auch Präsident des Bundestages[1] oder Bundestagspräsident[2][3] genannt, ist der Präsident des Parlaments der Bundesrepublik Deutschland. Er hat nach dem Bundespräsidenten das höchste Staatsamt inne.[3] Er steht somit im Staatsprotokoll vor dem Bundeskanzler, dem Präsidenten des Bundesrats und dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes. Er ist auch gleichzeitig der Präsident der Bundesversammlung. Derzeitiger Amtsinhaber ist der CDU-Politiker Norbert Lammert.[3]
Wahl
Der Bundestagspräsident wird nach jeder Wahl des Deutschen Bundestages bei dessen konstituierender Sitzung von allen Abgeordneten aus deren Mitte gewählt. Die Sitzung wird bis zur Wahl durch den Alterspräsidenten geleitet.
In der Regel stellt die Fraktion mit den meisten Abgeordneten den Bundestagspräsidenten. Diese Praxis hat sich bereits in der Weimarer Republik eingebürgert, wenngleich es hierzu keine gesetzliche Bestimmung gibt. Die Amtszeit des Bundestagspräsidenten endet mit der jeweiligen Legislaturperiode. Er ist damit grundsätzlich vorzeitig nicht absetzbar. Eine Wiederwahl in der nächsten Legislaturperiode ist möglich, sofern der bisherige Amtsinhaber wieder Abgeordneter des neuen Bundestages wird.
Es ist nicht üblich, dass es bei der Wahl zum Präsidenten zu einer Kampfkandidatur kommt. Lediglich nach dem plötzlichen Tod von Hermann Ehlers 1954 gab es eine Ausnahme. Bei der Wahl am 16. November 1954 traten sogar zwei Fraktionskollegen gegeneinander um das Amt an: Gegen den offiziellen CDU/CSU-Kandidaten Eugen Gerstenmaier trat Ernst Lemmer an und verlor erst im dritten Wahlgang mit lediglich 14 Stimmen Unterschied (Gerstenmaier: 204, Lemmer: 190, Enthaltungen: 15).
Stellvertreter
Vorlage:Zeitleiste Bundestagspräsidenten Der Bundestagspräsident hat mehrere Stellvertreter (Vizepräsident des Deutschen Bundestages oder Bundestagsvizepräsident), die von den anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen gestellt werden.
Bis zum Beginn der 13. Wahlperiode 1994 war in der Geschäftsordnung nicht festgelegt, wie viele Stellvertreter der Bundestagspräsident hat. Es gab nur interfraktionelle Vereinbarungen, so dass es meist drei Vizepräsidenten gab. 1983 wurde erstmals von den Grünen versucht, die Zahl der Vizepräsidenten auf vier zu erhöhen, um ebenfalls mit einem Vizepräsidenten im Präsidium vertreten zu sein. Dieser Antrag wurde mehrfach abgelehnt. Erst 1994 wurde die Mindestzahl so geändert, dass jede Fraktion durch mindestens einen Vizepräsidenten vertreten sein muss. Demzufolge hatte der Deutsche Bundestag von 1998 bis 2002 fünf Vizepräsidenten (die PDS war in Fraktionsstärke vertreten), 1994 bis 1998 und 2002 bis 2005 gab es vier Vizepräsidenten. Nach der Bundestagswahl 2005 einigten sich SPD, CDU und CSU in ihren Sondierungsgesprächen darauf, dass die SPD zwei Vizepräsidenten ernennen dürfe. Ein entsprechender Antrag wurde bei der konstituierenden Sitzung gegen die Stimmen von FDP, Grünen und Linkspartei angenommen. Somit wurden in der 16. Wahlperiode sechs Stellvertreter gewählt.
Gesetzliche Grundlagen
Gesetzliche Grundlage für den Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter ist zunächst Art. 40 Grundgesetz. Danach wählt der Bundestag seinen Präsidenten und dessen Stellvertreter. Ferner gibt sich der Bundestag eine Geschäftsordnung.
Die Geschäftsordnung muss laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1952 nach jeder Bundestagswahl neu erlassen werden.[4] In der Praxis wird jedoch meist die bestehende Geschäftsordnung neu aufgelegt. Hin und wieder ist diese aber auch geändert worden. Sie regelt unter anderem die Rechte und Pflichten des Bundestagspräsidenten sowie die Anzahl der Vizepräsidenten.
Aufgaben
Die wichtigste Funktion des Bundestagspräsidenten besteht in der Leitung der Bundestagssitzungen. Dazu nimmt er vorne auf dem Podium im Plenarsaal des Bundestages Platz, sitzt also den anderen Abgeordneten gegenüber. Der Bundestagspräsident vertritt den Bundestag und ist Adressat aller Gesetzentwürfe und Vorlagen, die von der Bundesregierung, vom Bundesrat oder aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden. Ebenso ist er der Empfänger aller Eingaben, die aus den Reihen des Parlaments stammen oder an den Bundestag gerichtet werden.
Außerdem steht dem Präsidenten das Hausrecht und die Polizeigewalt zu, die durch die Polizei beim Deutschen Bundestag durchgesetzt wird. Er ist auch die oberste Dienstbehörde der Bundestagsbeamten, wobei er bestimmte Personalentscheidungen zusammen mit dem ganzen Präsidium trifft.
Sonstige Rechte und Pflichten des Bundestagspräsidenten sind in der Geschäftsordnung geregelt.
Der Bundestagspräsident ist ferner der Empfänger der Rechenschaftsberichte der politischen Parteien, überwacht die Einhaltung der Parteispendengesetze und regelt die Wahlkampfkostenerstattung.
Einkommen
Der Bundestagspräsident erhält derzeit ca. 16.500 Euro pro Monat (1/2013) an Diäten (eigentlich „Abgeordnetenentschädigung“) sowie zusätzliche Pauschalen (steuerfreie „Kostenpauschale“ von ca. 4.000 Euro, „Amtsaufwandsentschädigung“ von ca. 1.000 Euro), alle Vizepräsidenten jeweils 12.400 Euro plus Pauschalen. Die Kostenpauschale wird gekürzt, wenn man nicht an den Sitzungen des Bundestages teilnimmt.
Die Höhe der Diät des Präsidenten und der Vizepräsidenten ist im Abgeordnetengesetz, § 11 Absatz 2, festgelegt. Die Kostenpauschale wird im § 12 Abs. 2 (hier für alle Abgeordneten), die Amtsaufwandsentschädigung im § 12 Abs. 5, fixiert.
Die Diät des Bundestagspräsidenten ist wesentlich höher als die des Bundeskanzlers; seine Bezüge liegen nahezu gleichauf mit denen des Bundespräsidenten (dem obersten Repräsentanten des Staates).
Präsidenten und Präsidentinnen
Bundestagspräsidenten der Bundesrepublik Deutschland[5] | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Name | Lebensdaten | Partei | Beginn der Amtszeit | Ende der Amtszeit | Länge der Amtszeit | |
1 | Erich Köhler | 1892–1958 | CDU | 7. September 1949 | 18. Oktober 1950 | 1 Jahr, 1 Monat, 11 Tage |
2 | Hermann Ehlers | 1904–1954 | CDU | 19. Oktober 1950 | 29. Oktober 1954 | 4 Jahre, 10 Tage |
3 | Eugen Gerstenmaier | 1906–1986 | CDU | 16. November 1954 | 31. Januar 1969 | 14 Jahre, 2 Monate, 15 Tage |
4 | Kai-Uwe von Hassel | 1913–1997 | CDU | 5. Februar 1969 | 13. Dezember 1972 | 3 Jahre, 10 Monate, 8 Tage |
5 | Annemarie Renger | 1919–2008 | SPD | 13. Dezember 1972 | 14. Dezember 1976 | 4 Jahre, 1 Tag |
6 | Karl Carstens | 1914–1992 | CDU | 14. Dezember 1976 | 31. Mai 1979 | 2 Jahre, 5 Monate, 17 Tage |
7 | Richard Stücklen | 1916–2002 | CSU | 31. Mai 1979 | 29. März 1983 | 3 Jahre, 9 Monate, 29 Tage |
8 | Rainer Barzel | 1924–2006 | CDU | 29. März 1983 | 25. Oktober 1984 | 1 Jahr, 6 Monate, 26 Tage |
9 | Philipp Jenninger | * 1932 | CDU | 5. November 1984 | 11. November 1988 | 4 Jahre, 6 Tage |
10 | Rita Süssmuth | * 1937 | CDU | 25. November 1988 | 26. Oktober 1998 | 9 Jahre, 11 Monate, 1 Tag |
11 | Wolfgang Thierse | * 1943 | SPD | 26. Oktober 1998 | 18. Oktober 2005 | 6 Jahre, 11 Monate, 22 Tage |
12 | Norbert Lammert | * 1948 | CDU | 18. Oktober 2005 | bisher 7034 Tage |
Mitglieder des Präsidiums
Tabelle aller Präsidenten und Vizepräsidenten, nach Legislaturperioden und Fraktionszugehörigkeit geordnet:
Legislatur- periode |
Präsident | SPD | CDU/CSU1 | FDP | Bündnis 90/ Die Grünen |
PDS/ Die Linke2 |
FVP/DP |
1949–1953 | Erich Köhler (CDU) (1949–1950) Hermann Ehlers (CDU) (1950–1953) |
Carlo Schmid | Hermann Schäfer | ||||
1953–1957 | Hermann Ehlers (CDU) (1953–1954) Eugen Gerstenmaier (CDU) (1954–1957) |
Carlo Schmid | Richard Jaeger (CSU) | Ludwig Schneider3 (1953–1956) Max Becker3 (1956–1957) |
Ludwig Schneider3 (1956–1957) | ||
1957–1961 | Eugen Gerstenmaier (CDU) | Carlo Schmid | Richard Jaeger (CSU) Victor-Emanuel Preusker4 (1960) |
Max Becker (1957–1960) Thomas Dehler (1960–1961) |
Victor-Emanuel Preusker4 (1958–1960) | ||
1961–1965 | Eugen Gerstenmaier (CDU) | Carlo Schmid Erwin Schoettle |
Richard Jaeger (CSU) | ||||
1965–1969 | Eugen Gerstenmaier (CDU) (1965–1969) Kai-Uwe von Hassel (CDU) (1969) |
Carlo Schmid (1965–1966) Karl Mommer (1966–1969) Erwin Schoettle |
Maria Probst (CSU) (1965–1967) Richard Jaeger (CSU) (1967–1969) |
Thomas Dehler (1965–1967) Walter Scheel (1967–1969) |
|||
1969–1972 | Kai-Uwe von Hassel (CDU) | Carlo Schmid Hermann Schmitt-Vockenhausen |
Richard Jaeger (CSU) | Liselotte Funcke | |||
1972–1976 | Annemarie Renger (SPD) | Hermann Schmitt-Vockenhausen | Kai-Uwe von Hassel Richard Jaeger (CSU) |
Liselotte Funcke | |||
1976–1980 | Karl Carstens (CDU) (1976–1979) Richard Stücklen (CSU) (1979–1980) |
Annemarie Renger Hermann Schmitt-Vockenhausen (1976–1979) Georg Leber (1979–1980) |
Richard Stücklen (CSU) (1976–1979) Richard von Weizsäcker (1979–1980) |
Liselotte Funcke (1976–1979) Richard Wurbs (1979–1980) |
|||
1980–1983 | Richard Stücklen (CSU) | Annemarie Renger Georg Leber |
Richard von Weizsäcker (1980–1981) Heinrich Windelen (1981–1983) |
Richard Wurbs | |||
1983–1987 | Rainer Barzel (CDU) (1983–1984) Philipp Jenninger (CDU) (1984–1987) |
Annemarie Renger Heinz Westphal |
Richard Stücklen (CSU) | Richard Wurbs (1983–1984) Dieter-Julius Cronenberg (1984–1987) |
|||
1987–1990 | Philipp Jenninger (CDU) (1987–1988) Rita Süssmuth (CDU) (1988–1990) |
Annemarie Renger Heinz Westphal |
Richard Stücklen (CSU) | Dieter-Julius Cronenberg | |||
1990–1994 | Rita Süssmuth (CDU) | Helmuth Becker Renate Schmidt |
Hans Klein (CSU) | Dieter-Julius Cronenberg | |||
1994–1998 | Rita Süssmuth (CDU) | Hans-Ulrich Klose | Hans Klein (CSU) (1994–1996) Michaela Geiger (CSU) (1997–1998) |
Burkhard Hirsch | Antje Vollmer | ||
1998–2002 | Wolfgang Thierse (SPD) | Anke Fuchs | Rudolf Seiters | Hermann Otto Solms | Antje Vollmer | Petra Bläss (PDS) | |
2002–2005 | Wolfgang Thierse (SPD) | Susanne Kastner | Norbert Lammert | Hermann Otto Solms | Antje Vollmer | ||
2005–2009 | Norbert Lammert (CDU) | Wolfgang Thierse Susanne Kastner |
Gerda Hasselfeldt (CSU) | Hermann Otto Solms | Katrin Göring-Eckardt | vakant5 (2005–2006) Petra Pau (2006–2009) |
|
2009–2013 | Norbert Lammert (CDU) | Wolfgang Thierse | Gerda Hasselfeldt (CSU) (2009–2011) Eduard Oswald (CSU) (2011-) |
Hermann Otto Solms | Katrin Göring-Eckardt | Petra Pau | |
1 Soweit nicht gesondert gekennzeichnet, Mitglieder der CDU. 2 Soweit nicht gesondert gekennzeichnet, Mitglieder der Partei Die Linke. 3 Ludwig Schneider trat 1956 zur neugegründeten Freien Volkspartei über, die Anfang 1957 mit der Deutschen Partei fusionierte. Als Vertreter der FDP wurde Max Becker ins Präsidium nachgewählt. 4 Am 23. April 1958 wurde Victor-Emanuel Preusker als Kandidat der FVP/DP zum vierten Vizepräsidenten gewählt, wobei er sich gegen Erwin Schoettle (SPD) durchsetzte. Preusker trat im Juli 1960 aus der DP aus und wechselte im September zur CDU. Am 4. Oktober 1960 legte er sein Vizepräsidentenamt nieder. 5 In der 16. Wahlperiode wurde der Linkspartei/PDS-Kandidat Lothar Bisky in vier Wahlgängen nicht gewählt, woraufhin die Partei sich entschloss, den Posten zunächst unbesetzt zu lassen, obwohl ihr auf Grund der Fraktionsstärke gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages ein Stellvertreter zugestanden hätte. Am 7. April 2006 wurde mit Petra Pau schließlich doch noch eine Vertreterin der Partei ins Präsidium gewählt. |
Literatur
- Michael F. Feldkamp (Hrsg.): Der Bundestagspräsident. Amt – Funktion – Person. 16. Wahlperiode. Olzog, München 2007, ISBN 978-3-7892-8201-0.
Siehe auch
Weblinks
- Informationen zum Präsidium des Deutschen Bundestages
- Anliegen und Fragen an den Bundestagspräsidenten
- Aufsatz in der Zeitschrift „Die öffentliche Verwaltung“ (DÖV) (PDF; 825 kB)
Fußnoten
- ↑ Art. 39 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG)
- ↑ Präsidium des Deutschen Bundestages. (HTML) Deutscher Bundestag, abgerufen am 17. Juli 2009.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Das Präsidium des Deutschen Bundestages. (PDF; 5,4 MB) Deutscher Bundestag, S. 9, abgerufen am 17. Juli 2009.
- ↑ BVerfG, Urteil vom 6. März 1952, Az. 2 BvE 1/51, BVerfGE 1, 144.
- ↑ BLICKPUNKT BUNDESTAG: Die Präsidenten des Deutschen Bundestages von 1949 bis 2005
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