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Schauplatz Brunngasse

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Die Wandmalereien im Wohnhaus zum Brunnenhof (2013)

Schauplatz Brunngasse ist ein kleines jüdisches Museum im Wohnhaus am Brunnenhof in Zürich. Im Haus an der Brunngasse 8 in der Altstadt rechts der Limmat befand sich im Mittelalter ein jüdischer Festsaal mit Wandmalereien. Diese wurden 1996 entdeckt und restauriert.

Geschichte

Erstellung der Malereien und ihr Hintergrund

Gedenktafel für die jüdische Gemeinde an der Froschaugasse (2015)

In den 1330er Jahren waren Witwe Minne und ihre Söhne Moses und Mordechai ben Menachem Eigentümer und Bewohner der Liegenschaft. Die jüdische Familie, welche urkundlich ab den 1320er Jahren belegt ist, gab die heute in Teilen sichtbare Wandmalerei in Auftrag. Sie war unter anderem als Kreditgeberin tätig. Der Zürcher Rat machte diese Tätigkeit zur Bedingung für den Aufenthalt von Juden in der Stadt. Durch ihre Verbannung oder Ermordung entledigte man sich der Forderungen von Gläubigern.

Im vorderen Teil ihres Wohnhauses an der Brunngasse richtete die Familie im ersten Stock einen repräsentativen Festsaal ein. Seine Fläche betrug 76 Quadratmeter und die Höhe rund drei Meter. Es wird vermutet, dass der Festsaal ein halböffentlicher Raum gewesen ist, in dem die Familie Kontakte zu ihrem jüdischen und christlichen Umfeld pflegte.

Moses ben Mordechai gilt als identisch mit Rabbi Moses, der die aus Frankreich stammende kleine Zusammenfassung der Gebote (Sefer Mizwot Katan, kurz SeMaK) mit Kommentaren ergänzte. Er unterhielt in Zürich eine kleine Jeschiwa, vermutlich in der nahen Synagoge an der heutigen Froschaugasse.

1345 ging das Haus an Moses’ Schwiegersohn über. Am 24. Februar 1349 wurden in Zürich in einem Pogrom alle jüdischen Männer auf dem Scheiterhaufen verbrannt, und ihre Frauen und Kinder aus der Stadt vertrieben. Hintergrund für die Judenverfolgung waren die Pestepidemie und finanzielle Interessen am jüdischen Besitz. Das Haus wurde vom Johanniterorden übernommen und in den folgenden Jahrhunderten wiederholt umgebaut. Ab dem 16. Jahrhundert wurde der Saal mit Zwischenwänden unterteilt. An der Fensterfront wurde eine Sandsteinfassade ergänzt. Seit 1954 gehört das Haus der Stadt Zürich.

Entdeckung und Einrichtung des Museums

Nach der Entdeckung der wahrscheinlich im 16. Jahrhundert übermalten Wandmalereien des ehemaligen Festsaals wurden einige Teile freigelegt, andere wurden im vorgefundenen Bestand belassen. Im Frühling 2019 gründete sich auf Initiative der Stadtarchäologie Zürich und des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes der Verein «Schauplatz Brunngasse».

Seit November 2020 ist der Ort als Museum öffentlich zugänglich. Es ist an einigen Nachmittagen während der Woche geöffnet. Der private Verein wurde ins Kulturleitbild der Stadt aufgenommen. Da er langfristig die Betriebskosten nicht mit Spenden decken kann, entscheidet der Gemeinderat im Herbst 2022 über einen Investitionsbeitrag.[1]

Malereien

Die Wandmalereien finden sich im Saal und im Treppenhaus im ersten Stock. Die Malereien an der Ostwand über der Treppe gehörten ursprünglich ebenfalls zum Festsaal. Dieser hatte Abmessungen von fast neun auf neun Metern, die drei Meter hohen Wände waren ursprünglich vollflächig bemalt. Es sind nur einige Teilstücke erhalten. Der nördliche Bereich der Ostwand wurde bisher nicht freigelegt.

Die durchgehende Wandmalerei an der Ost- und Westwand gliedert sich in vier Zonen. Zuoberst findet sich ein Deckenfries, der Pflanzenranken zeigt.

Darunter folgt ein rund 40 Zentimeter hohes Band mit Wappenschildern verschiedener Herrschergeschlechter aus dem deutschsprachigen Raum.
Auf der Ostwand:


Auf der Westwand:

In einem Band darunter steht zu jedem Wappen in hebräischer Schrift der Name der christlichen Familie. Die Schrift ist gleich alt wie die schwarzen Umrandungen der Wappenschilde, womit die jüdische Urheberschaft respektive die Auftraggeber feststeht. Zwischen den Wappen und der Fussleiste erstreckt sich die Bildzone mit figürlichen Darstellungen. In wenigen Fällen erhielten die Adligen durch einen Zusatz in gotischer Schrift eine besondere Würdigung.

Der gut erhaltene Abschnitt an der Ostwand zeigt zwei Musiker sowie zwei Tänzerinnen und zwei Tänzer. Die Tanzszene erinnert an Darstellungen zu Liedern von Neidhart von Reuental. An der Westwand ist eine kleine Jagdszene erhalten geblieben mit Reiterin zu Ross, einem Falken und einem Falkner.

Das kleine erhaltene Fragment an der Südwand, versteckt hinter den Fliesen der Dusche, zeigt wohl einen Bogenschützen, bei dem es sich um den biblischen Esau handeln könnte. Dies legt eine beinahe identische Abbildung in der Weltchronik des Rudolf von Ems nahe. Zudem war der Jäger Esau, der rivalisierende Zwillingsbruder des Erzvaters Jakob, ein Synonym für die Christen und die für Juden bedrohliche Mehrheitsgesellschaft.

Literatur

Weblinks

 Commons: Wohnhaus zum Brunnenhof, Zürich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vivianne Berg: Gemeinderat unterstüzt Museum Brunngasse. In: tachles, 9. September 2022, S. 17.
47.3738.54455
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Schauplatz Brunngasse aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.