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Schistosomiasis

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Klassifikation nach ICD-10
B65 Schistosomiasis (Bilharziose)
ICD-10 online (WHO-Version 2013)

Schistosomiasis – auch als Bilharziose bezeichnet – ist eine Wurmkrankheit, die in warmen Binnengewässern durch Schnecken als Zwischenwirt verbreitet wird.

Erreger

Kreislauf der Erreger

Krankheitserreger sind so genannte Pärchenegel (Schistosoma), eine 1–2 cm lange Saugwürmergattung (Trematoda). Die von den Schnecken freigesetzten Larven dringen bei Kontakt in verunreinigtem (kontaminierten) Wasser durch die Haut des Menschen ein und wandern über Lymph- und Blutgefäße in die Leber, wo sie sich weiterentwickeln. Dann verbreiten sie sich über die Venen vor allem in Harnblase, Darm, Leber, Lunge und Gehirn, sowie über die Ausscheidungen in Oberflächengewässer. Eine Infektion von Mensch zu Mensch ist ausgeschlossen.

Es sind unterschiedliche Erreger der Bilharziose bekannt: Schistosoma haematobium ist der Erreger der Blasenbilharziose, bei der vornehmlich die ableitenden Harnwege und die Harnblase befallen sind. Im Gegensatz hierzu verursachen die S. mansoni, S. intercalatum, S. japonicum und S. mekongi einen Darmbefall. Eine äußerst lästige Infektion mit unterschiedlichen Trichobilharzia-Arten (parasitiert Wasservögel) ist als Cerkarien- oder Zerkariendermatitis bekannt, wobei für Trichobilharzia regenti eine Schädigung der Neuronen und des Zentralnervensystems auch für Menschen nicht ausgeschlossen werden kann.[1][2]

Historisches

Die Blasenbilharziose taucht möglicherweise bereits im altägyptischen Papyrus Ebers als Aaa-Krankheit auf.[3] Der Name der Krankheit geht auf den deutschen Tropenarzt Theodor Bilharz zurück, der den Erreger bei Obduktionen in einer Kairoer Klinik 1851 entdeckt hatte. Zunächst wurde der Parasit deshalb nach seinem Entdecker Bilharzia genannt.

Epidemiologie

Der Arzt, Bakteriologe und Begründer der Paläopathologie Marc Armand Ruffer konnte Anfang des 20. Jahrhunderts bei seinen systematischen Untersuchungen von Tausenden Mumien, Mumienresten und Skeletten nachweisen, dass die Bilharziose schon im alten Ägypten in der 20. Dynastie verbreitet war.[4] Möglicherweise war sie mit der Aaa-Krankheit identisch.

Die Krankheit ist heute vor allem in Japan, China, den Philippinen, Afrika, der arabischen Halbinsel, Südamerika, der Karibik und dem Nahen Osten verbreitet. Es wird geschätzt, dass etwa 250 bis 300 Millionen Menschen von dem Parasiten befallen und 600 Millionen gefährdet sind. Durch Staudammbauten (z.B. Assuan-Staudamm in Ägypten) und Bewässerungsprojekte nimmt das Erkrankungsrisiko zu.

Seit 2011 gibt es gesicherte Infektionen auch auf Korsika.[5] Betroffen sind Einheimische und Touristen, die Kontakt mit dem Wasser des Flüsschens Cavu/Cavo nahe dem Ort Sainte-Lucie-de-Porto-Vecchio (nördlich von Porto-Vecchio) im Südosten der Insel Korsika hatten. Es wurden Fälle bei Touristen aus Frankreich, Deutschland und Österreich diagnostiziert.[6]

Krankheitsverlauf und -anzeichen

Die ersten Symptome sind Juckreiz an der Eintrittsstelle der Larven und die Bildung eines Hautausschlages, die sogenannte Zerkariendermatitis. Die Zerkarien können allerdings auch unbemerkt durch gesunde Haut eindringen.

Schistosoma haematobium wandert dann durch das Gewebe und nach ca. 3–4 Wochen in die Lunge, was zu einer allergischen Reaktion mit Ödembildung, Quaddelbildung, Husten und Fieber führen kann, dem sogenannten Katayama-Fieber. Die Zerkarien von Schistosoma haematobium nisten sich dann in der Blasenwand ein und geben Eier in das Gewebe ab. Diese Eier können das Gewebe in Richtung Blasen-Lumen durchdringen und werden dann mit dem Urin wieder ausgeschieden. Beim Gewebedurchtritt bewirken die Eier eine zelluläre entzündliche Reaktion in der Blasenwand, und es entstehen sogenannte Eigranulome. Da die Schistosomen bis zu 20 Jahre im in der Nähe der Blasenwand befindlichen (perivesikulärem) Gewebe überleben können und durchgehend Eier ablegen, führt die chronische Entzündung zu Miktionsbeschwerden, Blut im Urin, Narbenbildung, und die Elastizität der Blasenwand schwindet langsam. In seltenen Fällen kann durch die chronische Infektion ein Plattenepithel-Karzinom (Blasenkrebs) entstehen, wodurch die Infektion dann eine Präkanzerose darstellt.

Die Zerkarien von Schistosoma mansoni wandern in die Darmwand und führen dort zu einer ähnlichen Reaktion. Die Eier verursachen auch hier Eigranulome in der Darmwand, eine chronische Entzündung und Polyposis. Leber und Milz betreffende (hepatolienale) Schistosomenarten führen zu einer Leberzirrhose und Milzvergrößerung. Selten kann sich auch eine cerebrale Schistosomiasis bilden.[7] Lebensbedrohliche Krankheitsverläufe können in allen Stadien der Erkrankung auftreten.

Behandlung

Die Schistosomiasis wird mit Praziquantel behandelt, die Behandlung des Katayama-Syndroms erfolgt symptomatisch. Seit dem Jahr 2007 arbeitet die Merck KGaA zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einem Programm zur Ausrottung der Schistosomiasis.[8][9] Merck stellt dazu der WHO für zehn Jahre jährlich über 25 Millionen Praziquantel-Tabletten kostenlos zur Verfügung. Mit den Tabletten können 27 Millionen Kinder behandelt werden.[10][11] 2012 gab Merck bekannt, die Anzahl der jährlich gespendeten Tabletten mittelfristig auf 250 Millionen zu verzehnfachen.[12][13]

Forschung

Im Jahr 1989 erhielten Aklilu Lemma und Legesse Wolde-Yohannes für ihre Erforschung der Eigenschaften der Endod-Pflanze (Phytolacca dodecandra, siehe: Kermesbeeren) als preiswertes Vorbeugungsmittel gegen Bilharziose sowie für ihren Kampf zur Überwindung der Voreingenommenheit der westlichen Medizin gegenüber der Forschung der Dritten Welt den Right Livelihood Award. 2008 wurde die Wirksamkeit von Oxadiazol-Derivaten gegen den Pärchenegel entdeckt.

Literatur

  • Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG)/ AWMF online: 005 – S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Schistosomiasis (Bilharziose) Stand: 07/2013. Auf: awmf.org ; zuletzt abgerufen am 18. Juli 2014 (Volltext als PDF-Datei).
  • K. H. Bichler et al.: EAU guidelines for the management of urogenital schistosomiasis. In: European Urology. Bd. 49, Nr. 1, 2006, S. 998–1003, doi:10.1016/j.eururo.2006.02.022, PMID 16519990.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. L. Kolářová et al.: Histopathology of CNS and nasal infections caused by Trichobilharzia regenti in vertebrates. In: Parasitology Research. Aug. 2001, Bd. 87, Nr. 8, S. 644–50, doi:10.1007/s004360100431.
  2. L. Lichtenbergová et. al.: Trichobilharzia regenti: Host immune response in the pathogenesis of neuroinfection in mice. In: Experimental Parasitology. August 2011, Bd. 128, Nr. 4, S. 328–335, doi:10.1016/j.exppara.2011.04.006.
  3. H. Hof, R. Dörries: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2005, S. 562.
  4. Marc Armand Ruffer: Note on the presence of „Bilharzia haematobia“ in egyptian mummies of the twentieth dynasty [1250-1000 B.C.]. In: British Medical Journal. Jan. 1910, Bd. 1, Nr. 2557, S. 16, doi:10.1136/bmj.1.2557.16-a.
  5. RKI: Bilharziose: Häufung von Erkrankungsfällen bei Südkorsika-Reisenden. Kurzmeldung des RKI zum Vorkommen von Schistosomen in Südkorsika vom 19. Mai 2014, zuletzt abgerufen am 17. Juni 2014.
  6. Marton Szell: Schistosomiasis (Bilharziose) auf Korsika. Auf: dietropenordination.at vom 11. Juli 2014, zuletzt abgerufen am 17. Juli 2014.
  7. Claas Scharmann: Immundiagnostik der Schistosomiasis mit der mikrosomalen Antigenfraktion der Adultwürmer von Schistosoma mansoni. Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München – Medizinischen Fakultät, 2011, S. 20, Abschnitt 1.7.7 Schistosomiasis des zentralen Nervensystems. (Volltext als PDF-Datei).
  8. ava: Merck Serono will Bilharziose ausrotten. In: Ärzte Zeitung vom 30. Januar 2012
  9. eb: Merck KGaA unterstützt Kampf gegen Bilharziose. In: Ärzte Zeitung vom 15. Dezember 2011
  10. merck.de: Bekämpfung der Tropenkrankheit Bilharziose. Abgerufen am 29. Juni 2010
  11. Merck und WHO beschließen Partnerschaft. In: Ärzte Zeitung vom 26. April 2007
  12. merckgroup.com: Merck verzehnfacht Tablettenspende, um Bilharziose auszurotten. Abgerufen am 12. Februar 2012
  13. Zanzibar: gearing up to eliminate schistosomiasis. Bei: who.int vom 7. März 2012
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