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Stephan Balkenhol
Stephan Balkenhol (* 10. Februar 1957 in Fritzlar) ist ein zeitgenössischer deutscher Bildhauer.
Leben
Stephan Balkenhol wuchs in Fritzlar, Luxemburg und Kassel als Sohn einer Hausfrau und eines Gymnasiallehrers auf und besuchte mehrere Jahre die Europäische Schule in Luxemburg, an der sein Vater zu dieser Zeit lehrte. Balkenhol legte sein Abitur am Kasseler Friedrichsgymnasium ab. Mit seinem Mitschüler Peer Schröder gab er die hektographierte Zeitschrift Schorli Morli heraus.[1] Er studierte von 1976 bis 1982 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Ulrich Rückriem. Durch das Karl Schmidt-Rottluff Stipendium konnte er seinen Weg zum Bildhauer einschlagen.
Danach war er Lehrer am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt. Seit 1992 ist er Professor an der Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe. In seinem Dienstatelier in Karlsruhe haben seine Studenten die Gelegenheit, seine Arbeit zu kommentieren.[2]
Balkenhol lebt in Karlsruhe, Kassel und Meisenthal in Lothringen und hat in Berlin ein Atelier.[3]
Werk
Balkenhol arbeitet in Skulpturen, Reliefs, Zeichnungen und Siebdruck. Seine grob gehauenen und farbig bemalten Holzskulpturen sind sein Markenzeichen. Er stellt Menschen, Tiere und Architekturen dar, zuweilen surreal kombiniert. Der Mensch steht im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Er entwickelt Grundtypen, die er vielfältig variiert. Kleidung und Haltung der dargestellten Menschen deuten auf die Gegenwart. Sie zeigen keine eindeutigen Emotionen, sie blicken scheinbar ins Leere oder auf – für den Betrachter – unbekannte Punkte. Die Figuren bleiben distanziert, anonym und rätselhaft.
Holz ist Balkenhols wichtigstes Arbeitsmaterial. Weiche Holzarten wie Pappel oder Wawaholz erlauben dem Künstler ein präzises Herausarbeiten der Gesichter seiner Figuren. Bei den meisten Skulpturen ist die Figur so aus dem Holz herausgearbeitet, dass Figur und Sockel als ein Stück verbunden bleiben. Das Material bleibt in seinen Werken deutlich erkennbar und auch die Bearbeitung bleibt in der groben Struktur unter der Farbfassung sichtbar. Material und sichtbare Spuren des Arbeitsprozesses sind damit Teil des Kunstwerkes.
„Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles. Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken.“
Er gibt seinen Figuren bewusst einen indifferenten Ausdruck, damit dem Betrachter Deutungsmöglichkeiten bleiben. Ein Lächeln oder ein anderer Gemütszustand würde zu sehr „eingefroren“ wirken. Er arbeitet an mehreren Skulpturen gleichzeitig und fertigt ungefähr 100 Skulpturen pro Jahr. Bei Holzfiguren wird der Rundholzsockel festgeklemmt. Die Figuren wachsen aus dem Rundholz mit der Arbeit und werden durch den Sockel auf Höhe gehalten.[2]
Seine bisher höchste Skulptur, der sechs Meter hohe Männertorso aus Zedernholz Sempre più („Immer mehr“), wurde 2009 temporär im Caesarforum in Rom aufgestellt.[4]
2012 sorgte eine Balkenhol-Skulptur auf dem Turm der Sankt-Elisabeth-Kirche in Kassel für Streit. Die Leiterin der documenta 13, Carolyn Christov-Bakargiev, kritisierte die katholische Kirche für die Aufstellung dieses Kunstwerks im Vorfeld der documenta. „Es stört erheblich. Die künstlerische Leiterin fühlt sich von dieser Figur bedroht, die mit der documenta (13) nichts zu tun hat,“ ließ documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld verlauten. Die Kirche hielt dessen ungeachtet an der Balkenhol-Ausstellung und Installation fest.[5]
Werkauswahl
Kunst im öffentlichen Raum
- L'Homme sur sa Bouée, Amiens, Frankreich
- L'Homme à la Chemise rouge, Amiens, Frankreich
- La Femme à la Robe verte, Amiens, Frankreich
- Großer Mann mit kleinem Mann im Palais am Pariser Platz, Berlin-Mitte
- Bonhoefferkirche, Westhagen
- Campus der Universität Bayreuth
- Mann mit Vogel (1996), Bremen, am Martinianleger (bis 2003 am Bredenplatz)
- Vier Männer auf Bojen in Hamburg. Die Figuren sind aus Eichenholz, wiegen je neun Tonnen und sind jede auf einem Schwimmkörper montiert. Jedes Frühjahr werden sie in der Stackmeisterei auf Finkenwerder von Balkenhol überholt.[6] Die vier Standorte sind:
- Hamburg-Altona, Elbe bei Övelgönne
- Hamburg-Bergedorf, Serrahn
- Hamburg-Mitte, Außenalster, Höhe Sechslingspforte
- Hamburg-Harburg, Süderelbe
- Männliche Figur, Singen, Wasserturm der Firma Maggi – Nestlé Deutschland AG
- Bronzeplastiken Mann + Frau vor der Zentralbibliothek Hamburg (Am Hühnerposten)
- Bronzeplastiken Mann auf dem Hals einer Giraffe, enthüllt am 26. April 2001 in Hamburg-Stellingen (Am Haupteingang zu Hagenbecks Tierpark, Ecke Lokstedter Grenzstraße und Koppelstraße)
- Große Säulenfigur auf dem Senser-Platz in Lörrach
- Mann mit Hirsch, Hannover
- Mann im Hirschgeweih, Bronzeplastik, Ratingen Angertal, Höhe Parkplatz Steinkothen
- Neuer Eiserner Mann im „Amphitheater“ in den barocken Gartenanlagen von Kleve
- MARTa Herford
- Der Arm vor dem Deutschen Schiffahrtsmuseum, Bremerhaven
- Sphaera (Skulptur Mann auf Mozartkugel) in Salzburg
- Mann mit ausgebreiteten Armen und weißem Hemd, Kaufinger Hof München
- Balanceakt, Axel-Springer-Hochhaus, Berlin
- Mann im Turm, Gießener Kunstweg
- Sempre più im Caesarforum, Rom
- Mann mit weißem Hemd und schwarzer Hose, La Cartuja, Sevilla
- Richard-Wagner-Denkmal, enthüllt am 22. Mai 2013 in Leipzig
- Jean-Moulin-Denkmal, enthüllt am 10. Juli 2014 in der Haupthalle des Bahnhofs Metz
Kunst in Museen
- Kunstmuseum Basel: 12 Freunde, Relief aus Kiefernholz von 1988
- Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main: 57 Pinguine aus Wawaholz von 1991
- Museum im Kulturspeicher, Würzburg: Großes Kopfrelief Mann und Frau von 2000, Pappelholz, farbig gefasst
- Museum Ludwig, Köln
- Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean, Stadt Luxemburg: Castle von 2003, Großherzog Jean von 2006, Großherzogin Joséphine Charlotte, Reliefs aus Holz
Auszeichnungen
- 1983: Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium
- 1986: Arbeitsstipendium der Freien und Hansestadt Hamburg
- 1989: Förderpreis zum Internationalen Preis des Landes Baden-Württemberg
- 1990: Bremer Kunstpreis
- 2014: Ordre des Arts et des Lettres, verliehen durch die französische Ministerin für Kultur und Kommunikation, Aurélie Filippetti
Ausstellungen
- 1988: Kunsthalle Basel (mit Marika Mäkelä), Basel
- 1991: Skulpturen im Städelgarten, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main
- 1992: Hamburger Kunsthalle, Hamburg
- 1994: Nationalgalerie Berlin
- 1995: Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington
- 1996: Montreal Museum of Fine Arts, Montreal; Saatchi Gallery, London
- 1998: Von der Heydt-Museum Wuppertal; Kunstmuseum Wolfsburg
- 2000: Museum Kurhaus Kleve
- 2001: Centro Galego de Arte Contemporánea, Santiago de Compostela; Museum der bildenden Künste, Leipzig
- 2003: Le Rectangle/Goethe-Institut, Lyon; Skulpturen, Fotografien, Zeichnungen und Material, Sprengel Museum Hannover
- 2005: The National Museum of Art, Osaka
- 2006: Staatliche Kunsthalle Baden-Baden
- 2007: PAC, Mailand; Museum der Moderne Salzburg
- 2008: Deichtorhallen, Hamburg; John Berggruen Gallery, San Francisco
- 2009: Dogenhaus Galerie, Leipzig
- 2010: Musée de Grenoble, Frankreich
- 2011: Essl Museum, Klosterneuburg/Wien
- 2012: St.-Elisabeth-Kirche, Kassel
- 2014: Stephan Balkenhol. Kunstmuseum Ravensburg
- 2014: Skulpturenpark Waldfrieden Wuppertal
- 2014: Landesgalerie Linz (Oberösterreichisches Landesmuseum), 23. Oktober bis 22. Februar 2015
Einzelnachweise
- ↑ „Produktionsmittel waren Spirit-Carbon-Umdrucker sowie zugehörige Geha-Sets (Matrizen). 'Vor Ort' produzierten Herausgeber Peer Schröder und Miterfinder Stephan Balkenhol: Texte und Zeichnungen direkt auf Matrize, diese durch die Maschine gezogen, Rückseite dito, nächstes Blatt (...) alle 'guten Blätter' zusammengesucht (die Maschine hatte ihre Tücken), Titelblatt, an der Seite zusammengeheftet – und manchmal entstanden wirklich kaum mehr Hefte als die Anzahl der schreibenden, collagierenden und zeichnenden Akteure, die am jeweiligen Heft beteiligt waren.“ Michael Kellner: Der Vorderste Westen. 'Loose Blätter Sammlung' und 'Schorli Morli' 1976 – 1979. In: Kasseler Literatur-Spaziergang. Kassel 1997, S. 79.
- ↑ 2,0 2,1 Interview mit Balkenhol im Norddeutschen Rundfunk, NDR Kultur, am 5. Januar 2009 von 10:30-10:45 sowie von 13:00-14:00
- ↑ Meldungen: Atelierhaus in Berlin, bei www.baunetz.de
- ↑ Ute Diehl, Barbarisches Relikt in der Trümmerstätte, art-magazin.de, 2. November 2009
- ↑ „documenta stört sich an Balkenhol-Skulptur“, Welt-online am 9. Mai 2012, nach dpa, abgerufen am 15. Mai 2012
- ↑ Der „Mann auf Boje“ schwimmt wieder. In: Hamburger Abendblatt vom 20. Mai 2010, S. 7
Weblinks
- Literatur von und über Stephan Balkenhol im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Stephan Balkenhol in der ifa-Datenbank
- Biografie und Werke von Stephan Balkenhol
- Balkenhol bei Kunstaspekte.de
- Eintrag in der Artcyclopedia
- Biografie und Ausstellungsliste von Stephan Balkenhol
Personendaten | |
---|---|
NAME | Balkenhol, Stephan |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bildhauer |
GEBURTSDATUM | 10. Februar 1957 |
GEBURTSORT | Fritzlar |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Stephan Balkenhol aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |