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Taras Borodajkewycz

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Taras Borodajkewycz (geb. 1. Oktober 1902; gest. 3. Jänner 1984 in Wien; bis 1919 Taras von Borodajkewycz) war ein österreichischer nationalsozialistischer Historiker. Von 1955 bis zu seiner Zwangspensionierung 1966 war er Professor an der Hochschule für Welthandel in Wien (heute: Wirtschaftsuniversität Wien).

Leben

Taras Borodajkewycz wurde 1902 als Sohn des galizischstämmigen Beamten Wladimir Borodajkewycz und dessen Frau Henriette geborene Löwe geboren.[1] In der Literatur wurde angeführt, Vater Borodajkewycz habe im k.k. Verkehrsministerium gearbeitet; damals bestand allerdings kein Ministerium dieses Namens. Der Vater war, wie sich aus Eintragungen in Lehmanns Wiener Adressbuch ergibt, Ingenieur und Beamter der dem k.k. Eisenbahnministerium direkt unterstehenden k.k. Staatsbahnen, zuletzt mit dem Amtstitel Oberbahnrat.

Zu Taras' Geburtsort gibt es unterschiedliche Angaben: Neben Baden bei Wien wird auch die Ukraine bzw. das damalige Galizien angegeben.[2] Er soll in Baden bei Wien aufgewachsen sein. Sein Vater scheint im Wiener Adressbuch erstmals 1905 (8., Bennoplatz 8) auf, wohnte 1916 in der Penzinger Straße 126 nahe dem Bahnhof Wien Penzing (damals 13., seit 1938 14. Bezirk) und war dann bis zur Adressbuchausgabe 1925 im 3. Bezirk, Petrusgasse 11, gemeldet. Ob sein Sohn Taras jeweils bei ihm gewohnt hat, lässt sich im Web nicht feststellen.

In der Zwischenkriegszeit gehörte Taras Borodajkewycz dem katholisch-nationalen Lager um die Christlichsoziale Partei, die führende Regierungspartei, an, wo versucht wurde, katholisches mit deutschnationalem Gedankengut zu verbinden. Spätestens Mitte der 1930er Jahre geriet er in den Bannkreis der (zu diesem Zeitpunkt in Österreich illegalen) NSDAP. Nach abgebrochenem Theologie- sowie Philosophiestudium an der Universität Wien machte Borodajkewycz seinen Abschluss 1932 in Geschichte und wurde kurz darauf Assistent des Historikers Heinrich Ritter von Srbik, „Alter Herr“ der Wiener Burschenschaft Gothia.[2] Seine Dissertation trug den Titel Konstantin von Höflers Werdezeit. Ein Beitrag zur geistigen Auseinandersetzung des Katholizismus mit dem deutschen Denken in der 1. Hälfte des 19. Jh.. Er wurde zum Dr. phil. promoviert.

Von Jänner 1934 bis 1945 war er Mitglied der in Österreich bis 1938 verbotenen NSDAP. Er war Mitglied der Studentenverbindung KaV Norica Wien, bei seinem Eintritt Mitgliedsverbindung im CV, ab 1933 im abgespaltenen ÖCV. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als die entsprechenden Verbindungsgremien wieder tagen konnten, wurde er wegen seines NSDAP-Engagements ausgeschlossen.

Universitätskarriere

1937 wurde Borodajkewycz in der Ständestaatsdiktatur Dozent an der Universität Wien. Während der NS-Diktatur war er von 1942 bis 1945 außerordentlicher Universitätsprofessor für Geschichte an der Deutschen Universität Prag.

1946 wurde er als „Minderbelasteter“ eingestuft und erreichte somit seine Entnazifizierung. 1949 nahm Borodajkewycz gemeinsam mit anderen ehemals prominenten Nationalsozialisten an der Oberweiser Konferenz teil. Infolge seiner guten Beziehungen zur ÖVP, insbesondere zum damaligen Unterrichtsminister Heinrich Drimmel und dem späteren Bundeskanzler Josef Klaus, der sich in der Ersten Republik als Spitzenfunktionär der antisemitischen Deutschen Studentenschaft betätigt hatte, erhielt Borodajkewycz 1955 einen Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte an der damaligen Hochschule für Welthandel, der heutigen Wirtschaftsuniversität Wien.[1]

Seine fortbestehenden Sympathien für den Nationalsozialismus waren offensichtlich; in seinen Vorlesungen machte er wiederholt neonazistische und antisemitische Aussagen,[3] mit denen er zum Liebling der damals mehrheitlich rechtsgerichteten Studentenschaft wurde.[2][4]

Borodajkewycz-Affäre

Vom 1. Dezember 1961 an schrieb der damals 19-jährige Student Ferdinand Lacina, später sozialdemokratischer Finanzminister, in einer Borodajkewycz-Vorlesung dessen politische Kommentare mit. Der Professor bezeichnete beispielsweise Rosa Luxemburg als „jüdische Massenaufpeitscherin“ und lobte Hitlers Rede vom 15. März 1938 bei einer Massenkundgebung auf dem Wiener Heldenplatz unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich.

1962 thematisierte der junge Jurist Heinz Fischer, 2004 zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt, in den sozialdemokratischen Medien Arbeiter-Zeitung und Zukunft unter Nutzung der Lacina-Mitschriften die demokratische Erziehung an österreichischen Hochschulen und griff Borodajkewycz wegen seiner fragwürdigen Vorlesungspraxis an. Um Lacinas Studienabschluss nicht zu gefährden, ließ Fischer die Quelle seiner Anschuldigungen ungenannt. Die Mitschriften wurden dem Richter nur anonymisiert vorgelegt; daher wurde Fischer in einem von Borodajkewycz angeregten Gerichtsverfahren wegen Ehrenbeleidigung zu einer Geldstrafe von 4.000 Schilling (damals etwa zwei Monatslöhne einer Angestellten) verurteilt. Borodajkewycz fühlte sich durch das Urteil in seinen Ansichten bestätigt und ließ seine Einstellung in Vorlesungen verstärkt durchblicken.[2]

1965 übergab der spätere Zeitungsgründer Oscar Bronner seinem Vater, dem Kabarettisten Gerhard Bronner, Lacinas Material. Bronner verarbeitete es in seiner satirischen TV-Sendung „Zeitventil“ im ORF in Form eines fiktiven Interviews mit dem Professor, wobei dessen Antworten auf die gestellten Fragen Originalzitate Borodajkewicz' waren. Der Angegriffene bestätigte seine Aussagen zwei Tage später in einer Pressekonferenz und berief sich auf die Hochschulautonomie und die Forschungsfreiheit. Seine Gegner wählten „Wider den Faschismus“ als Motto.

Am 26. März 1965 wurde Borodajkewycz vor seinem Wohnhaus in Wien „von drei oder vier unbekannten Burschen“ überfallen, aber nicht verletzt. Sein ihn begleitender Sohn Olaf „erlitt Verletzungen leichten Grades an der Oberlippe“.[5]

Am 31. März 1965 demonstrierten Vertreter von Studentenorganisationen, ehemalige Widerstandskämpfer sowie Gewerkschafter in Wien in der Inneren Stadt gegen Borodajkewycz. Beim Zusammenstoß mit einer vom "Ring Freiheitlicher Studenten" (RFS), der Studentenorganisation der FPÖ, organisierten Gegendemonstration wurde der ehemalige Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger von Günther Kümel beim Hotel Sacher mit einem Faustschlag ins Gesicht niedergeschlagen; er erlitt Verletzungen, an denen er zwei Tage später starb. Kirchweger wurde später als erstes politisches Todesopfer der Zweiten Republik bezeichnet.[6]

Im April 1965 wurde das Ehrenbeleidigungsverfahren gegen Fischer wieder aufgenommen. Auf Grund der Aussage Lacinas (der mittlerweile sein Studium abgeschlossen hatte) wurde das Urteil gegen Fischer aufgehoben; Borodajkewicz’ Berufung dagegen wurde abgewiesen.

Schließlich wurde Borodajkewycz – nach langem Widerstand des zuständigen Unterrichtsministers Theodor Piffl-Perčević – 1966 bei vollen Bezügen zwangsweise pensioniert. In den folgenden Jahren veröffentlichte er noch einige Texte, z.B. in den „Eckartschriften“ der Österreichischen Landsmannschaft.

Schriften

  • Konstantin von Höflers Werdezeit. Ein Beitrag zur geistigen Auseinandersetzung des Katholizismus mit dem deutschen Denken in der 1. Hälfte des 19. Jh. [Universität] Wien, Phil. Dissertation vom 3. Februar 1932.
  • Saint Germain. Diktat gegen Selbstbestimmung. Eckartschriften Heft 31, Österreichische Landsmannschaft, Wien 1969.
  • Wegmarken der Geschichte Österreichs. Eckartschriften Heft 42, Österreichische Landsmannschaft, 1972.

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Fritz Fellner und Doris Corradini: Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon. Böhlau-Verlag, Wien, Köln, Weimar 2006 , ISBN 978-3205774761, S. 60.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Risse im Context XXI (7-8/01–1/02): Der Fall Borodajkewycz
  3. Wolfgang Neugebauer: Zur Problematik der NS-Vergangenheit Österreichs. Referat anlässlich der Enquete "Rassismus und Vergangenheitsbewältigung in Südafrika und Österreich - ein Vergleich?" im österreichischen Parlament, Wien, 31. Mai 2000.
  4. Eintrag über Borodajkewycz, Taras von im: Austria-Forum, dem österreichischen Wissensnetz - online  (auf AEIOU)
  5. Pressemeldung der APA (PDF; 13 kB)
  6. www.demokratiezentrum.org

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Taras Borodajkewycz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.