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Zwischenkriegszeit
Unter Zwischenkriegszeit (vereinzelt auch lat. Interbellum) versteht man, vor allem in Europa, die Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und dem Zweiten Weltkrieg. Sie begann mit dem 11. November 1918, an dem der erste Waffenstillstand von Compiègne verkündet wurde, und endete mit dem Beginn des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September 1939.
Europa
Die zwei Jahrzehnte zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg werden in der Historiographie einmütig als Phase besonders ausgeprägter politischer und wirtschaftlicher Instabilität und Krisenhaftigkeit beschrieben.[1]
Wirtschaft
Ökonomisch drückte sich diese Instabilität aus durch Phasen der Hyperinflation (in Deutschland und Österreich vom Kriegsende bis 1923), in der viele Staaten versuchten, Reparationen, Kriegskosten und den Wiederaufbau durch eine vermehrte Geldmenge zu finanzieren, bis die Währung zusammenbrach und eine Währungsreform stattfand, vor allem aber durch die Weltwirtschaftskrise, die mit dem „Börsen-Crash“ von 1929 begann und bis weit in die 1930er Jahre anhielt.
Politik
Die politische Instabilität der Zwischenkriegszeit führte zum Zusammenbruch vieler der jungen Demokratien, die in der Nachkriegszeit entstanden waren und zur Entstehung einer Vielzahl autoritärer Regime (etwa in Polen, Rumänien, Estland, Griechenland) und faschistischer Diktaturen (mit dem italienischen Faschismus als Vorreiter und in besonders extremer Weise im Deutschen Reich von 1933 bis 1945). Als Gründe für diese Entwicklungen werden in der Geschichtswissenschaft verschiedene Faktoren diskutiert, neben der Weltwirtschaftskrise, die Entstehung von politischen Massenbewegungen, die gegen die bürgerliche Demokratie gerichtet sind (wie sie der Faschismus und der Marxismus-Leninismus darstellen), auch die Polarisierung von Eliten.[2]
Mit dem Begriff Zweiter Dreißigjähriger Krieg wird dieser Instabilität in der Zwischenkriegszeit Rechnung getragen und eine enge Verknüpfung mit den beiden Kriegen hergestellt.
Die Datierung der Zwischenkriegszeit ist nicht überall gleich. In einzelnen Ländern, wie zum Beispiel den Niederlanden, wird als das Ende der Zwischenkriegszeit der Zeitpunkt des Einmarsches deutscher Truppen angesehen. Auch in Österreich wird eher der Anschluss 1938 als das Ende der Zwischenkriegszeit bezeichnet.
Bewaffnete Auseinandersetzungen
Die Zwischenkriegszeit war keine Zeit des Friedens. In Deutschland und Europa fanden weiterhin militärische Konflikte statt.
Gleichzeitig entwickelten sich Grenzkonflikte zwischen vielen unabhängig gewordenen Staaten Mittel- und Osteuropas: Rumänien kämpfte mit Ungarn um Siebenbürgen, Jugoslawien kämpfte mit Italien um Rijeka, Polen kämpfte mit der Tschechoslowakei um Teschen, mit Deutschland um Posen (siehe Großpolnischer Aufstand) und mit der Ukraine um Galizien (siehe Polnisch-Ukrainischer Krieg). Die Ukrainer, Weißrussen, Litauer, Esten und Letten bekämpften sich gegenseitig und die Russen. Winston Churchill kommentierte bissig: „Der Krieg der Giganten ist zu Ende, der Hader der Pygmäen hat begonnen.“[3]
Deutsche Freikorps kämpften 1919 im Baltikum mit zeitweiliger Unterstützung Großbritanniens gegen sowjetrussische Truppen, 1920/21 in Oberschlesien gegen polnische Insurgenten, welche von regulären Truppen verstärkt wurden. Im Frühling 1920 war Bürgerkrieg im Ruhrgebiet. 1923 kam es in Deutschland zur Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen. 1923 wagten Kommunisten einen Aufstand in Hamburg, der ebenso wie der Münchener Hitlerputsch scheiterte. Militante Auseinandersetzungen waren, besonders in der Anfangs- und Endphase der Weimarer Republik, quasi an der Tagesordnung.
Insbesondere Polen und Sowjetrussland waren nach 1918, bemüht ihr Territorium zu vergrößern, in militärische Auseinandersetzungen verwickelt. Im polnisch-ukrainischen Krieg von 1918 und 1919 kämpften die Streitkräfte der Zweiten Polnischen Republik und der Westukrainischen Volksrepublik um die Kontrolle über Ostgalizien nach der Auflösung von Österreich-Ungarn. Polen und die Sowjetunion führten seit 1919 Krieg gegeneinander (Polnisch-Sowjetischer Krieg). Von 1918 bis 1920 befanden sich Kärnten und Jugoslawien im militärischen Konflikt. Estland kämpfte von 1918 bis 1920 um seine Unabhängigkeit (Estnischer Freiheitskrieg), während in der ersten Jahreshälfte 1918 der Finnische Bürgerkrieg tobte. Von 1919 bis 1923 dauerte der Griechisch-Türkische Krieg.
Im Irischen Unabhängigkeitskrieg führte die Irisch Republikanische Armee (IRA) von Januar 1919 bis Juli 1921 eine Art Guerilla-Kampf gegen die britische Regierung in Irland. Von Juni 1922 bis April 1923 befand sich Irland im Bürgerkrieg.
1936 begann der Spanische Bürgerkrieg, der bis 1939 andauerte.
Deutschland
Für die Entwicklung in Deutschland zwischen den beiden Weltkriegen wird der Begriff Zwischenkriegszeit selten verwendet wegen der scharfen Zäsur des Jahres 1933, die die Zwischenkriegszeit in die Weimarer Republik und die Zeit des Nationalsozialismus teilt.
Die politischen Entwicklungen dieser Jahre lassen sich wie folgt gliedern:
- 9. November 1918 bis 29. Januar 1933 Weimarer Republik:
- 1918 bis 1923: Novemberrevolution, Kapp-Putsch, Hitlerputsch, Hyperinflation
- 1923 bis 1929: Goldene Zwanziger
- 1929 bis 1933: Weltwirtschaftskrise, Präsidialkabinette, Notverordnungen
- ab 30. Januar 1933: Nationalsozialismus, Diktatur
Österreich
Siehe Deutsch-Österreich, Erste Republik (Österreich) und Austrofaschismus
Außerhalb Europas
In anderen Ländern herrschte auch zwischen den beiden Weltkriegen kein Frieden, so in Südamerika (zu nennen etwa der Chacokrieg zwischen Bolivien und Paraguay und der kolumbianisch-peruanische Krieg) und Ostasien, wo der Chinesisch-Japanische Krieg geführt wurde und wo sich ab 1927 China im Bürgerkrieg befand. Im Kontext der Mandschurei-Krise eroberte Japan 1931/32 die Mandschurei. In Afrika führte das faschistische Mussolini-Italien Krieg gegen Abessinien. Zwischen 1921 und 1926 schlug Spanien in einem grausam geführten Krieg ( Einsatz von Giftgas) den Aufstand der Rifkabylen in Marokko nieder (siehe hierzu Rifkrieg (1921)).
Literatur
- Wolfgang Hardtwig: Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit. Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56642-3.
- Matthias Schulz: Europa-Netzwerke und Europagedanke in der Zwischenkriegszeit, in: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2010 Zugriff am: 13. Juni 2012.
- Matthias Schulz: Der Briand-Plan und der Völkerbund als Verhandlungsarena für die europäische Einigung zwischen den Kriegen, in: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2010 Zugriff am: 14.Juni.2012.
- Ralph Blessing: Der mögliche Frieden. Die Modernisierung der Außenpolitik und die deutsch-französischen Beziehungen 1923–1929, München (Oldenbourg) 2008 (Pariser Historische Studien, 76), ISBN 3-486-58027-2.Online auf perspectivia.net
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Klaus Hornung (1995): Das totalitäre Zeitalter. München: Propyläen
- ↑ Dirk Berg-Schlosser & Jeremy Mitchell (Hrsg) (2002): Authorianism and Democracy in Europe, 1919-39. Comparative Analyses. Basingstoke: Palgrave Macmillan
- ↑ Übersetzung eines Zitats aus Norman Davies: White Eagle Red Star. Pimlico, London 2003, S. 21.
Originaltext: “The war of the giants has ended; the quarrels of the pygmies have begun.”
Davies ist als britischer Historiker in Polen sehr populär und widmet sich vor allem polnischer Geschichte. Von zahlreichen anderen Autoren wurde ihm ein pro-polnischer Blickwinkel unterstellt.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Zwischenkriegszeit aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |