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Königreich Ungarn

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Mittleres Wappen des Königreichs Ungarn
Königreich Ungarn (1190)
Die ungarische Reichshälfte und ihre Einteilung in Komitate nach 1883
Die ethnische Karte von Großungarn (1880)
Ungarischer Bevölkerungsanteil in Großungarn (1890)

Das Königreich Ungarn (Magyar Királyság) bestand in wechselnden Grenzen von 1001 bis 1946. Es entstand im heutigen Westungarn und vergrößerte seinen Herrschaftsbereich in der Folgezeit auf das Gebiet des gesamten heutigen Ungarns sowie das Gebiet von Siebenbürgen, das Kreischgebiet und Maramures (beides im rumänischen Teil des Partiums), die Slowakei, die Vojvodina, der rumänische Teil des Banats, die Karpatenukraine, das Burgenland, Prekmurje, Kroatien (außer Dalmatien und Istrien) und einige kleinere Gebiete. (Siehe auch Geschichte Ungarns und Länder der heiligen Stephanskrone.)

Etymologie

Die ungarische Bezeichnung lautet Magyar Királyság, was wörtlich übersetzt sowohl „Ungarisches Königreich“ als auch „Magyarisches Königreich“ bedeutet. Die Tschechen, Slowaken, Slowenen, Kroaten und Serben, deren Angehörige ganz oder teilweise bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Vielvölkerstaat lebten, unterscheiden in ihren Sprachen bei der Staats- und Volksbezeichnung jedoch zwischen „ungarisch“ und „magyarisch“. Für den Vielvölkerstaat vor 1918 werden daher Bezeichnungen ohne ethnische Zuordnung verwendet: Uhersko (tschechisch), Uhorsko (slowakisch), Ogrska (slowenisch) und Ugarska/Угарска (kroatisch/serbisch). Der magyarische Nationalstaat, wie er nach 1918 entstand, wird in diesen Sprachen dagegen, den ethnisch magyarischen Charakter widerspiegelnd, Maďarsko (tschechisch und slowakisch), Madžarska (slowenisch) bzw. Mađarska/Мађарска (kroatisch/serbisch) genannt.

Entwicklung

Hauptartikel: Geschichte Ungarns

Der erste König des Königreichs war Stephan I. der Heilige aus der Herrscherdynastie der Árpáden, der 1001 formell als König von Ungarn anerkannt wurde, als Papst Silvester II. ihm den Titel „Apostolische Majestät“ verlieh. Im Jahr 1102 wurde König Koloman von Ungarn durch ein Abkommen mit dem kroatischen Adel (pacta conventa) in Personalunion auch König von Kroatien. Die Verwaltung übernahmen kroatische Bane. Der Dynastie der Árpáden folgte im frühen 14. Jahrhundert das Geschlecht der Anjou auf den Thron, später kamen auch das Geschlecht der Jagiellonen und andere nichtdynastische Herrscher an die Macht. János Hunyadi, der Regent und auch Heerführer war, wehrte 1456 die Belagerung von Belgrad die Osmanen ab und sicherte damit für weitere 70 Jahre die Unabhängigkeit des Landes. Nach seinem Tod wurde sein Sohn Matthias Hunyadi (1458–1490) zum König gewählt, der als Matthias Corvinus größere Bekanntheit erlangte.

Zerfall des Königreichs

1526 folgte die Entscheidung im Kampf gegen das Osmanische Reich in der Schlacht von Mohács. Der ungarische König Ludwig II. fiel in der Schlacht. Als Folge kommt es in Ungarn zur Doppelwahl. Am 10. November 1526 wählte der Stuhlweißenburger Landtag Johann Zápolya (reg. 1526-1540) zum König. Ebenso wurde auf Grund eines 1515 mit den Habsburgern geschlossenen Erbvertrages Erzherzog Ferdinand von Österreich, der spätere Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, am 17. Dezember 1526 vom Preßburger Landtag zum neuen Regenten von Böhmen und Ungarn gewählt. (Die ungarischen Königswürde behielt das Haus Habsburg real bis zum Ende der Donaumonarchie im Jahre 1918, formal bis zum ungarischen Dethronisationsgesetz von 1921.) 1527 wählte der kroatische Sabor in Cetin „völlig frei und ohne fremde Beeinflussung“ Erzherzog Ferdinand von Habsburg zu seinem König.

Der folgende Ungarische Bürgerkrieg, in dem Johann I. von den Türken unterstützt wurde, endete 1538 mit dem Frieden von Großwardein. Johann Zápolya und Ferdinand durften weiterhin den ungarischen Königstitel führen. Nach dem Tod Johann Zápolyas sollte dessen Landesteil an das Haus Habsburg fallen. Nach Johann Zápolyas Tod 1540 wählte aber ein ungarischer Landtag in Buda dessen wenige Wochen alten Sohn Johann Sigismund Zápolya (reg. 1540-1570/71) zum neuen ungarischen König. Um den habsburgischen Ansprüchen zuvorzukommen, intervenierte Süleyman I. und besetzte Buda und Zentralungarn. Ungarn wurde entsprechend den geschaffenen Machtverhältnissen nach 1540 in drei Teile geteilt. Dabei variierte die genaue Grenzziehung zwischen den einzelnen Teilen beträchtlich:

  • Die östlichen Gebiete wurden zum Östlichen Ungarischen Königreich unter der Herrschaft von Johann Zápolya, dem letzten nationalen König Ungarns. Da sich sein Sohn ab 1570 vereinbarungsgemäß lateinisch als Herrscher von Teilen (wörtlich: Partium) Ungarns bezeichnete, wurde dieser Begriff für die nicht siebenbürgischen Landesteile, die ihm unterstanden, üblich. Seinen Nachfolgern verblieb später nur das Fürstentum Siebenbürgen, das als Vasallenstaat unter osmanischer Oberhoheit stand.
  • Das übrig gebliebene Hoheitsgebiet im Norden und Westen (größtenteils die heutigen Gebiete Slowakei, Burgenland und West-Kroatien), unterstand seit 1538 den Habsburgern. Dieses Gebiet wurde als Königliches Ungarn bezeichnet und in die Habsburgermonarchie integriert. Zudem führte dieses Gebiet die Kontinuität des Königreichs Ungarn während der Phase der osmanischen Herrschaft weiter. Dieser Landesteil war ebenso wie das osmanisch besetzte Ungarn häufig Schauplatz der Kriege zwischen dem Osmanischen Reich und den Habsburgern.
  • Die vom Sultan eroberten Gebiete wurden integraler Bestandteil des Osmanischen Reiches. Das osmanische Ungarn bestand aus der Großen Ungarischen Tiefebene, die den größten Tei des heutigen Ungarns ausmacht, einschließlich des Südostens Transdanubiens und des Banats.

In den folgenden Jahrhunderten gab es viele Versuche, die Osmanen zurückzudrängen. Ungarische Truppen spielten hierbei aber nur noch eine Rolle als Unterstützer der einen oder der anderen Seite.[1] Das ungarische Schicksal lag in den Händen der zwei benachbarten Großmächte. Zu nennen ist unter anderem der Österreichische Türkenkrieg (Langer Türkenkrieg) 1593–1606, in dem eine Koalition christlicher Staaten die Osmanen bekämpfte. Nach dem Krieg wurde der Status quo zwischen den beteiligten Parteien wiederhergestellt.

Entlang der Grenze zwischen den christlichen und osmanischen Teilen Ungarns entstanden im Laufe des 16. Jahrhunderts zwei dichte Ketten an Befestigungsanlagen. Zwischen den Garnisonen kam es vielfach auch in Zeiten relativer Ruhe zu Auseinandersetzungen und Scharmützeln. Dadurch wurde das umliegende Gebiet dauerhaft verwüstet und die Neuansiedlung erschwert.[2]

Wiederherstellung des Königreichs

Nachdem die Habsburger und ihre Verbündeten das Osmanische Reich auf die Gebiete südlich der Donau und der Save zurückgedrängt und dies 1699 im Frieden von Karlowitz fixiert hatten, wurde das Königreich Ungarn, das de jure nie verschwunden war, auch de facto wiederhergestellt. (Der Kampf mit dem Osmanischen Reich war damit allerdings noch lang nicht beendet.) In den durch Krieg entvölkerten Gebieten wurden, vom habsburgischen König gerufen, zum Teil deutsche und andere Einwanderer angesiedelt.

1848/1849 kam es zum großen Kampf des erwachten magyarischen Nationalismus mit dem ein übernationales Konzept verfolgenden Königshaus Habsburg. Lajos Kossuth und seine Mitkämpfer hatten jedoch gegen die Armeen Österreichs und des vom König zu Hilfe gerufenen Russischen Reiches auf die Dauer keine Chance. Was aus der Sicht Habsburgs ein Aufstand gewesen war, wurde blutig unterdrückt; nicht geflohene magyarische Anführer wurden hingerichtet. Danach wurde Ungarn fünfzehn Jahre wie eine Kolonie verwaltet, wogegen das Land, soweit möglich, passive Resistenz leistete. Insbesondere weigerte sich die politische Klasse Ungarns, Vertreter in vorgesehene gesamtstaatliche Einrichtungen zu entsenden.

Flagge des Königreichs Ungarn ab 1867

Erst die militärischen Niederlagen des Kaisertums Österreichs, die 1859 im Verlust der Lombardei, 1866 im Verlust Venetiens und in Österreichs Ausscheiden aus dem Deutschen Bund resultierten, bewogen Franz Joseph I. und seine Ratgeber dazu, vom Einheitsstaatsgedanken abzugehen, um die passive Resistenz Ungarns gegen die Wiener Regierung zu beenden. Man war nun bereit, die eigene staatsrechtliche Identität Ungarns zu achten: 1867 entstand die k.u.k. Doppelmonarchie. Die österreichische Dominanz in der Donaumonarchie wurde durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich beendet und die gesamte habsburgische Monarchie in eine Realunion zweier Staaten umgewandelt: das Kaisertum Österreich und das diesem nicht mehr angehörende Königreich Ungarn. Als Name legte der Monarch 1868 Österreich-Ungarn (bzw. österreichisch-ungarische Monarchie) fest. Der Herrscher war nun Inhaber von zwei gleichwertigen Titeln: Kaiser von Österreich und Apostolischer König von Ungarn in Personalunion.

In Transleithanien, wie die ungarische Reichshälfte im Beamtendeutsch oft genannt wurde, gelang es erst nach einer systematischen und bürokratisch durchaus gewaltsamen Magyarisierungskampagne Ende des 19. Jahrhunderts, eine (immer noch knappe) magyarische Bevölkerungsmehrheit herbeizuführen. Die Magyaren, die stets politische Vorrechte beanspruchten, waren während des größten Teils ihrer Geschichte in ihrem Königreich in der Minderheit. Speziell in der Spätphase der Doppelmonarchie nützten ungarische Politiker fast jede Möglichkeit, die Gemeinsamkeiten mit dem kaiserlichen Österreich zu reduzieren; so verlangten sie etwa beharrlich, aber erfolglos die Teilung des gemeinsamen Heeres.

Königreich ohne König

Die k.u.k. Monarchie bestand bis zur Niederlage im Ersten Weltkrieg, als Ungarn die Realunion per 31. Oktober 1918 aufkündigte. Wenig später wurde die (Volks-)Republik Ungarn ausgerufen, 1920 das „Königreich ohne König“ etabliert. Königreich Ungarn war daher die offizielle (sonst aber nicht gebräuchliche) Bezeichnung des ungarischen Staates, der größtenteils dem heutigen Ungarn entsprach und vom 21. März 1920 bis zum 21. Dezember 1944 bestand.

Während dieser Zeit wurde das Land von Reichsverweser Miklós Horthy geführt; dieser fungierte als Königstellvertreter (siehe Truchsess) während der Abwesenheit des Königs. Im Vertrag von Trianon 1920 musste die Regierung in Budapest 1920 den großteils bereits 1918/1919 erfolgten Abfall der nichtmagyarischen Gebiete „Altungarns“ akzeptieren, der auch viele dort lebende Magyaren zu Ausländern machte; die Grenzen waren mit strategischer Großzügigkeit zu Lasten des Kriegsverlierers gezogen worden. 1921 torpedierte Horthy zwei Versuche König Karls IV., der am 13. November 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften verzichtet hatte, auf den Thron zurückzukehren. Im von den argwöhnischen neuen Nachbarn Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien verlangten Dethronisationsgesetz wurde das Haus Habsburg 1921 in Ungarn definitiv entthront.

Die Stephanskrone im ungarischen Parlament

Vor dem und im Zweiten Weltkrieg unterstützte Horthy das „Dritte Reich“; Ungarn erhielt vorübergehend magyarisch besiedelte Gebiete in der Südslowakei, in Siebenbürgen sowie große Teile der Vojvodina zurück und entsandte Kampftruppen an die Ostfront. Als der Reichsverweser sich 1944 nicht mehr als verlässlicher Unterstützer Adolf Hitlers erwies, wurde das fiktive Königreich von den Pfeilkreuzlern durch einen faschistischen Staat ersetzt. Die ungarische Königskrone, von ungarischen Politikern auf der Flucht vor der Roten Armee mitgenommen und von US-amerikanischen Soldaten in Österreich beschlagnahmt, kehrte erst Jahrzehnte später aus den USA nach Budapest zurück.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Peter F. Sugar, Péter Hanák, Tibor Frank: A History of Hungary, S. 85.
  2. André Corvisier, John Childs: A dictionary of military history and the art of war, S. 366.
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