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Tartuffe
Daten des Dramas | |
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Titel: | Der Tartuffe oder Der Betrüger |
Originaltitel: | Le Tartuffe ou L'Imposteur |
Gattung: | Komödie |
Originalsprache: | Französisch |
Autor: | Molière |
Erscheinungsjahr: | 1682 (in Œuvres) |
Uraufführung: | 12. Mai 1664 / 5. August 1667 / 9. Februar 1669 |
Ort der Uraufführung: | Paris |
Ort und Zeit der Handlung: | Paris, Mitte des 17. Jahrhunderts |
Personen | |
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Der Tartuffe oder Der Betrüger (Originaltitel: Tartuffe ou L'Imposteur) ist eine fünfaktige Komödie in Versen des französischen Dichters Molière, die am 12. Mai 1664 in einer ersten Version uraufgeführt wurde.
Diese erste Version löste auf Grund ihrer drastischen und für die damalige Zeit revolutionären Kritik religiösen Heuchlertums einen Theaterskandal aus, der zum Verbot der ersten und einer zweiten Fassung des Stücks führte, die 1667 aufgeführt wurde. Erst eine im Handlungsverlauf deutlich korrigierte dritte Fassung erhielt die Unterstützung Ludwigs des XIV. und entkam somit der Zensur. Diese dritte Fassung ist die heute geläufige; die ersten beiden gelten als verloren. Die dritte und endgültige Fassung wurde am 5. Februar 1669 im Palais Royal in Paris uraufgeführt. [1]
Inhalt
Handlung
Frau Pernelle, Orgons Mutter, bewundert wie ihr Sohn den Betrüger Tartuffe, der sich als besonders frommer Mann ausgibt, und versucht Orgons Familie von ihren Ansichten zu überzeugen. Seit Tartuffe in Orgons Haus lebt, befolgt dieser alle Ratschläge des Betrügers und beschließt sogar, seine Tochter Mariane mit Tartuffe zu verheiraten, obwohl sie mit Valère verlobt ist. Mariane ist unglücklich über die Entscheidung ihres Vaters, wehrt sich aber nicht direkt. Sie überlässt die Initiative der Dienerin Dorine, die mit Hilfe von Mariannes Bruder Damis und ihrer Stiefmutter Elmire die Heiratspläne mit Tartuffe vereiteln will.
Tartuffe trifft zunächst auf Dorine und wird von ihr rüde zurechtgewiesen. Als Elmire erscheint, macht ihr Tartuffe Avancen. Er wird dabei von Damis beobachtet, der gegen Elmires Willen seinem Vater, der gerade nach Hause kommt, diese Szene berichtet. Orgon glaubt seinem Sohn nicht, da Tartuffe geschickt Reue heuchelt. Stattdessen enterbt Orgon Damis und beschließt, Tartuffe seinen gesamten Besitz zu überschreiben. Nach einem erfolglosen Versuch von Orgons Schwager Cléante, Tartuffe zur Rede zu stellen, will Elmire ihrem Mann beweisen, dass Damis recht hat und Tartuffe tatsächlich in sie verliebt ist. Orgon willigt ein, sich unter dem Tisch zu verstecken, während Elmire Tartuffe zu sich bittet und vorgibt, ihn ebenfalls zu lieben. Tartuffe steigt sofort auf ihr Angebot ein und Elmire schickt ihn für kurze Zeit hinaus, um mit ihrem Mann zu reden. Orgon verliert seine Illusionen in Bezug auf Tartuffe und sieht ihn nun als Heuchler und Betrüger.
Als Tartuffe zurückkommt, stellt Orgon ihn zur Rede und will den Betrüger aus dem Haus werfen, worauf Tartuffe erwidert, dass er selbst nun der neue Hausherr ist. Im Gespräch mit Elmire fällt Orgon zudem ein, dass er Tartuffe wichtige Papiere eines Freundes, der flüchten musste, übergeben hat. Nun tritt Frau Pernelle erneut auf, doch selbst als ihr Orgon Tartuffes wahren Charakter schildert, lässt sie sich nicht von ihren Ansichten abbringen. Erst als Herr Loyal, ein von Tartuffe geschickter Gerichtsvollzieher, der Familie mitteilt, dass sie bis morgen früh das Haus räumen müssen, erkennt sogar Frau Pernelle, dass Tartuffe ein Betrüger ist.
Während die Familie überlegt, was zu tun ist, erscheint Valère, um Orgon zu warnen: Tartuffe hat die Papiere dem König übergeben, der Orgon nun verhaften lassen will. Die Familie plant ihre Flucht, als plötzlich Tartuffe in Begleitung eines Polizisten zurückkehrt. Die Familie wirft Tartuffe alle seine Vergehen vor, und Tartuffe bittet den Polizisten, seinen Auftrag auszuführen. Zur Überraschung aller verhaftet der Polizist daraufhin Tartuffe selbst, da dieser ein bekannter Betrüger ist, der auch schon unter anderem Namen aufgetreten ist. Damit ist die Schenkung rückgängig gemacht, und schließlich erlaubt Orgon die Heirat von Valère und Mariane.
Figuren
Die Figuren dieser Komödie sind alle mehr oder weniger stark typisiert. Das Stück gewinnt seine Dynamik zum einen aus der Situationskomik und dem Tempo der Handlung und zum anderen aus der Sprache Molières. Die Spannung erwächst weniger aus den Charaktereigenschaften der Figuren als mehr aus dem strukturellen Konflikt der Parteien.
- Madame Pernelle ist die Mutter von Orgon. Molière lässt sie sich gleich in der ersten Szene demontieren, als sie jedem Familienmitglied rücksichtslos seine Fehler vorhält, während sie sich selbst für gläubig und respektabel hält. Obwohl sie also zunächst Tartuffe lobt und Vertreterin einer längst vergangenen Generation ist, muss sie am Ende ihren Fehler einsehen.
- Orgon ist der Mann von Elmire. Er ist seit der Ankunft Tartuffes von "wüstem Wahn befangen" (I, 2) und für die Familie keine Hilfe mehr.
- Elmire; diese Hilfe ist Elmire, die Frau von Orgon. Sie vertritt als Antipode ihres Mannes das Positive und ist die ordnende Instanz, die zuletzt den Knoten der Verwirrungen lösen kann.
- Damis ist Orgons Sohn. Er ist ihm mit seinem hitzigen Charakter recht ähnlich, seine Aktionen verpuffen allerdings in der Luft.
- Mariane, Orgons Tochter, ist von ruhigem Gemüt; sie bleibt passiv, obwohl sie Objekt der Hochzeitsstreitigkeit ist.
- Dorine ist Zofe und Antipode von Mariane. Sie nimmt auch vor Vorgesetzten kein Blatt vor den Mund und leitet Mariane, der sie sehr zugetan ist, zur Handlung an (vgl. II, 4 für ein besonders drastisches Beispiel).
- Valère ist der Geliebte Marianes.
- Cléante ist Elmires Bruder, ein Mann von kühlem Verstand, der diesen aber durchaus auch aktiv einzusetzen weiß, wenn ihm der Erfolg auch nicht immer vergönnt ist (z. B. I, 5).
- Tartuffe ist ein religiöser Heuchler, der sich das Vertrauen Orgons erschlichen hat. Er wird zum Zankapfel und zur Belastung für die ganze Familie, nachdem ihn Orgon erst dauerhaft im Hause beherbergt und später mit seiner Tochter vermählen möchte. Er bleibt als Charakter blass - ein weiteres Indiz dafür, dass Molière hier ganz allgemeine gesellschaftliche Praktiken und Gruppen an den Pranger stellen wollte.
Molières Absichten
Als Molière dieses Stück verfasste, griff er damit eine äußerst einflussreiche Partei an: die Frommen (dévots). Unter ihnen befanden sich einerseits Männer, die von ehrlichem Glaubenseifer erfüllt waren, andererseits jedoch auch solche, welche die Macht der Religion zu ihren Gunsten auszunutzen verstanden. Diese zweite Gruppe wird von Molière kritisiert.
Das Stück behandelt jedoch nicht nur religiöse Fragen, sondern schildert auch eine Familie des Bürgertums. Orgon, der sich eine solide finanzielle Position erarbeitet hat, versucht seine gesellschaftliche Stellung religiös zu legitimieren. Wie alle Großbürger bei Molière ist er durch eine gewisse Naivität gekennzeichnet. Seine Kinder behandelt er diktatorisch. Wie in verschiedenen anderen Stücken des Autors kommt das Thema der Zwangsheirat (mariage forcé) zur Sprache.
Mit der Anspielung auf die Fronde, durch welche Frankreich etwa 15 Jahre zuvor gespalten wurde, wird der Bezug zur zeitgeschichtlichen Realität hergestellt. Die Rolle des Königs als deus ex machina ist nicht zuletzt damit zu erklären, dass Molière ihm gegenüber zu einer Dankesschuld verpflichtet war, da ohne die Bewilligung von Ludwig XIV., der wie Molière zu jener Zeit der religiösen Partei gegenüber feindlich eingestellt war, das Stück wohl kaum hätte aufgeführt werden können.
Eine Besonderheit des Stücks ist der späte Auftritt des Protagonisten, der erst im Verlauf des dritten Aktes die Bühne betritt. Neben Orgon (der von Molière gespielt wurde) und Tartuffe gibt es folgende, recht typisierte Nebenrollen: naive und ungestüme Kinder (Damis, Mariane und Valère), von der Vernunft geleitete Personen (Elmire und Cléante), die Dienerin des Hauses, die mit gesundem Menschenverstand gesegnet ist und kein Blatt vor den Mund nimmt (Dorine), die altmodische Mutter des Hausherrn (Madame Pernelle, wurde zu Molières Zeiten von einem Mann gespielt).
Obwohl das Stück viele typisierte Elemente enthält, bleibt die Infragestellung einer Religion, die sich zur Diktatur entwickeln kann, revolutionär. Zusammen mit Don Juan ist dies eines der Stücke, die am meisten Polemik und Widerstand hervorgerufen haben.
Die Erstversion von 1664
Der Text der Erstversion von 1664 ist unbekannt. Einen oder zwei Tage nach der Uraufführung beschloss Ludwig XIV. auf Antrag seines früheren Lehrers und Beichtvaters Hardouin de Péréfixe, Erzbischof von Paris, Molière die öffentliche Aufführung des Stücks zu verbieten. Nur die fünf Jahre später erweiterte Fassung ist bekannt.
Lange waren Fachleute der Ansicht, die Erstversion hätte nur aus den ersten drei Akten bestanden und mit dem Triumph Tartuffes geendet, der die Tochter des Hauses geheiratet, das Familienvermögen an sich genommen und sogar den Wohnsitz der Familie als Geschenk von Orgon erhalten hätte. Seit den 1960er Jahren konnten jedoch Literaturhistoriker[2] zweifelsfrei nachweisen, dass der erste Tartuffe ein vollständiges Stück war, in dem eine seit dem Mittelalter bekannte Erzählung dargestellt wurde, deren Handlung sich auf drei Akte verteilte: „(I) Ein frommer Familienvater nimmt bei sich zu Hause einen Mann auf, der als Verkörperung der perfekten Frömmigkeit erscheint. (II) Dieser verliebt sich in die junge Gattin des Hausherrn und versucht sie zu verführen; sie weist ihn jedoch zurück und weigert sich die Affäre ihrem Mann zu verraten, der von einem Zeugen informiert wird und das Geschehene nicht glauben will. (III) Das blinde Vertrauen des Familienvaters in den Heiligen zwingt nun die Frau, die Heuchelei des Frömmlers zu offenbaren. Es kommt zu einem zweiten Verführungsversuch, worauf der Schuldige des Hauses verwiesen wird.“[3] Diese erste Version entspräche also dem ersten, dritten und vierten Akt (mit Ausnahme der letzten Szene) der letzten Version, ergänzt um eine Szene aus dem fünften Akt. Mariane und Valère waren in dieser ersten Version nicht vorhanden, und Tartuffe sollte nicht die Tochter des Hauses heiraten, sondern hatte die Heiratspläne für ihren Bruder Damis vereitelt, was den Zorn Damis' gegenüber Tartuffe zu Beginn des dritten Aktes besser erklären würde.
Auf der Website "Molière21" ist eine rekonstruierte Fassung der Erstversion von 1664 veröffentlicht worden.[4].
Bearbeitungen
Film
Zahlreiche Filme basieren auf dem Tartuffe – in dieser Liste sind lediglich Filme, die sich als Verfilmungen des Dramas verstehen.
Fernsehen
- 1966 Tartuffe, ein schwedischer Film unter der Regie von Hans Dahlin mit Ernst-Hugo Järegård als Tartuffe
- 1969 Tartuffe oder der Betrüger', ein deutscher Film unter der Regie von Otto Tausig
- 1971 Tartuffe, ein französischer Film unter der Regie von Marcel Cravenne
- 1975 Tartuffe, ein französischer Film unter der Regie von Pierre Badel
- 1975 Tartuffe, or The Impostor, ein englischer Film unter der Regie von Bill Alexander
- 1978 Tartuffe, ein amerikanischer Film unter der Regie von Kirk Browning
- 1980 Tartuffe ou L'imposteur, ein französischer Film unter der Regie von Jean Pignol
- 1992 Tartyuf, ein russischer Film unter der Regie von Yan Frid
- 1997 Tartuffe - hycklaren', ein schwedischer Film unter der Regie von Sven Strömersten-Holm
- 1998 Tartuffe ou L'imposteur, ein französischer Film unter der Regie von Georges Bensoussan
Kino
- 1925 Tartüff, ein deutscher Stummfilm unter der Regie von Friedrich Wilhelm Murnau
- 1984 Le Tartuffe, ein französischer Film mit Gérard Depardieu als Regisseur und Tartuffe
Musiktheater
- Manfred Heyl: Tartuffe, Kammeroper op. 80 (1984)
- Hans-Joachim Marx: Der Tartuffe. Komische Oper [1. Fassung] (Libretto: Horst Reichel) (UA Flensburg 1998)
- Hans-Joachim Marx: Der Tartuffe. Komische Oper [2. Fassung] (Libretto: Stephan Steinmetz) (UA Ulm 2001)
- Kirke Mechem: Tartuffe. Oper in drei Akten (1980)
Theater
Berliner Schaubühne: Molières Tartuffe in Regie von Michael Thalheimer (Premiere Dezember 2013)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Reclams Schauspielführer. Stuttgart: Reclam. 2010. S. 120
- ↑ John Cairncross, Molière bourgeois et libertin, Paris, Nizet, 1963; François Rey, Molière et le Roi. L’affaire Tartuffe, Paris, Seuil, 2007; Georges Forestier und Claude Bourqui in der Neuausgabe der Werke Molières in der Bibliothèque de la Pléiade (2010, Band II, S. 1361 ff.)
- ↑ Forestier & Bourqui, Pléiade 2010, Band II, S. 1364
- ↑ Le Tartuffe ou l'hypocrite, Fassung von 1664, Rekonstruktion durch Georges Forestier und Isabelle Grellet
Weblinks
Text des Stückes bei odysseetheater.com
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