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Theophorer Name

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Ein Theophorer Name ist in der Namenkunde ein sakraler Name, der eine Götterbezeichnung oder einen Götternamen enthält oder – ausnahmsweise – ein Name, der aus einem Namen mit einer Götterbezeichnung oder einem Götternamen abgeleitet ist. Des Weiteren unterteilen sich die theophoren Namen in Namensformen, die den Gottesnamen (christliche theophore Namen) oder einen Götternamen (pagane theophore Namen) beinhalten. Häufig kommen in den Ortsnamen sowie den Personennamen einer Sprache die theophoren Namen vor. Mitunter treten auch andere theophore Eigennamen auf. Des Weiteren gibt es theophore Appellative, z. B. Pflanzenbezeichnungen.[1]

Christliche und pagane theopore Namen

Christliche theopore Namen lassen sich gut nachvollziehen, da sie der christlichen Zeit mit guter historischer Quellenlage zugehörig sind. Pagane theophore Namen aus einer Zeit vor einer Christianisierung mit unsicherer Quellenlage hingegen sind weniger leicht nachvollziehbar, doch stellen sie dafür in der Regel selbst historische Quellen dar. Nicht selten sind sie das einzige Quellenmaterial, wenn die üblichen historischen Quellen wie zeitgenössische Texte oder archäologische Funde fehlen.[1]

Für die theophoren Namen, die den Gottesnamen oder einen Götternamen beinhalten, gilt in der Regel, dass der Gottesname selbst oder die Namen von Göttern und Göttinnen für deren Kultgemeinde tabu waren. So wird es etwa für die Namen Jesus und Christus in den meisten christlichen Kulturen bis heute gehalten. Zum anderen wurden Götternamen wegen ihrer Heiligkeit vielfach als Namen mit besonderer Wirkkraft angesehen. Um diese Kraft des Namens ohne eine Tabuverletzung zu gewinnen, wurden Kindern theophore Namen – mit einem Götternamen zusammengesetzte Namensformen – gegeben, etwa „Diener Gottes“, „Gnadenerweis Gottes“ oder „Gabe Gottes“.[2]

Theophore Namengebung

Das theophore Namenwesen, die Namengebung nach dem Wortsinn, reicht in der Geschichte sehr weit zurück. In Ägypten sind schon in der ältesten Überlieferung von Namen aus der Zeit zwischen 3000 und 2600 v. Chr. theophore Satznamen stark vertreten. Sie stellen vermutlich die ältesten überlieferten Schriftzeugnisse der Religiosität des Menschen überhaupt dar. Ebenso finden sich theophore Namen bereits in den altorientalischen Kulturen Mesopotamiens.[2]

Bei den Juden vollzog sich wahrscheinlich in den letzten Jahrhunderten vor unserer Zeit über theophore Namen der Übergang von den individuell gebildeten Namen zur Namensrepetition. Theophore Namen wie etwa Jehoschua (יהושוע‎ „JHWH ist Rettung/Hilfe/Erlösung“) und Johannes (von יוחנן Jochanan „JHWH ist gnädig“ / „JHWH hat Gnade erwiesen“) waren zur Lebzeit von Jesus Christus schon sehr verbreitet. Nach dem Judentum übernahmen das Christentum und der Islam das Prinzip der theophoren Namengebung. Im arabischen Raum ist dieses Prinzip zudem bereits für die vorislamische Zeit nachweisbar. In der islamischen Kultur werden bis heute sehr oft theophore Namen gegeben, insbesondere die Komposita, etwa Abd al-Rahman („Diener des Barmherzigen“), vor allem aber Abdallah selbst, aus Abd („Diener“), und einem der „neunundneunzig schönen Namen Allahs“ sind sehr verbreitet. Sowohl im Judentum als auch im Islam bleiben, anders als im Christentum, theophore Namen den männlichen Nachkommen vorbehalten.[2]

Das Christentum übernahm einst das theophore Namenwesen nicht nur aus dem Judentum, sondern auch aus der griechischen Kultur. Bei den Griechen sind theophore Namen seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert überliefert, jedoch drückt sich in deren theophoren Namen gegenüber den altorientalischen „Diener der Gottheit“-Namen ein völlig anderes Verhältnis zu den Göttern aus. In den griechischen Namen wird vor allem durch Suffix-Bildungen die Zugehörigkeit zur Gottheit ausgedrückt – wie etwa in Demetrios, Apollonios und Dionysos. Christliche theophore Namen wie Kyriakos und Kyrillos, deren Namen „zum Herrn gehörig“ bedeuten, oder deren lateinische Entsprechung, etwa Dominicus, übernahmen diese Namenform durch Suffix-Bildung.

Das ganze erste Jahrtausend hindurch und zum Teil weit darüber hinaus spielen christliche theophore Namen in den griechisch- und romanischsprachigen Gebieten des Okzidents eine große Rolle. Darüber hinaus finden sich in den Gebieten der germanischen und slawischen Mission des christlichen Abendlandes Namen wie etwa Gottfried und Godwin („Gottesfreund“), Bogislaw („durch Gott voll Ruhm“) und Bogdan („Gottesgeschenk“). Erst als sich die Namengebung nach Heiligen durchgesetzt hatte, wurde die theophore Namentradition verdrängt.[2]

Anmerkungen

  1. 1,0 1,1 Thorsten AnderssonTheophore Namen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 30, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018385-4, S. 442–452.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Vgl. Michael Mitterauer: Systeme der Namengebung im Vergleich. In: Traditionen der Namengebung: Namenkunde als interdisziplinäres Forschungsgebiet. Böhlau Verlag, Wien 2011, ISBN=3-20-578645-9, S. 31-32.

Literatur

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Theophorer Name aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.