Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzyklopädie zum Judentum.
Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ... Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten) |
How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida |
Urfaust
Unter dem Urfaust (auch als Faust. Frühe Fassung oder Faust in ursprünglicher Gestalt bekannt) versteht man Goethes ersten Entwurf für sein späteres Theaterstück Faust. Er entstand, parallel zu Die Leiden des jungen Werthers, in den Jahren zwischen 1772 und 1775 in Frankfurt am Main. Auslöser für die stoffliche Bearbeitung war die Verurteilung und Hinrichtung der Kindesmörderin Susanna Margaretha Brandt, deren Gerichtsprozess Goethe verfolgt haben muss, wie die nach seinem Tod bei ihm gefundenen Kopien von Prozessakten zeigen.
Im Jahre 1775 las Goethe erstmals am Hof zu Weimar, danach unter anderem auch im Erfurter Schloss Stedten, das im Besitz der mit ihm befreundeten Familie Keller war,[1] aus dem Urfaust vor. Das Publikum war von der unkonventionellen Form und Sprache begeistert. Goethe wurde im Anschluss immer wieder auf Fertigstellung des Stückes gedrängt, unter anderem von seinem Freund Friedrich Schiller.
Es existiert nur eine Abschrift des Urfaust, sie stammt aus dem Besitz von Luise von Göchhausen und enthält in der heute noch erhaltenen Version einige der Szenen, die dann später in Faust I eingearbeitet wurden. Im Urfaust sind viele Passagen noch in Prosa verfasst, während im Faust I nur noch die Szene Trüber Tag. Feld ohne Versform auskommt.
Goethes Faust im Wandel der Epochen
Goethes Arbeit am Faust zog sich über insgesamt sechs Jahrzehnte hin. Die verschiedenen Fassungen können insgesamt drei unterschiedlichen Epochen zugeordnet werden, die den Stil und Inhalt des Stückes entsprechend beeinflusst haben.
Titel | Entstanden in den Jahren | Alter Goethes [a] (* 28. August 1749; † 22. März 1832) |
Epoche, die am ehesten auf das jeweilige Werk zutrifft |
Urfaust (bzw.: Faust. Frühe Fassung) | ≈ 1772–1775 | ≈ 23–26 | Sturm und Drang |
Faust. Ein Fragment* | ≈ 1788–1790 | ≈ 39–41 | Weimarer Klassik |
Faust. Eine Tragödie (später: Der Tragödie erster Teil) | ≈ 1797–1805 | ≈ 48–56 | Sturm und Drang, Weimarer Klassik |
Faust. Der Tragödie zweiter Teil** | ≈ 1825–1831 | ≈ 76–82 | Weimarer Klassik, Romantik |
* Faust. Ein Fragment war eine Weiterentwicklung des Urfaust (einige Szenen wurden neu eingefügt, andere gestrichen). Im Folgenden wird dieser „Zwischenschritt“ nicht näher betrachtet.
** Faust. Der Tragödie zweiter Teil wurde im Sommer 1831 vollendet. Nachdem Goethe seit der Fertigstellung des ersten Teils im Jahr 1805 zwanzig Jahre lang nicht mehr am Fauststoff gearbeitet hatte, erweiterte er ab 1825 frühere Notizen zu einem zweiten Teil seiner Tragödie, der allerdings erst einige Monate nach Goethes Tod (1832) veröffentlicht wurde.
Vergleich: Urfaust und Faust I (Faust. Der Tragödie erster Teil)
Die folgende Tabelle vergleicht die Szenen der beiden Werke, anschließend werden die wichtigsten Unterschiede kurz erläutert. Die Bezeichnung der Szenen im Urfaust stehen in der Originalfassung, in Klammern stehen Auftritte, die in der übergeordneten Szene enthalten sind, also keinen eigenen Namen haben.
Legende:
- ×: Szene ist in einer Fassung nicht vorhanden bzw. nicht vergleichbar.
- ≈: Szenen ähneln sich bis auf wenige, aber entscheidende Merkmale.
- =: Szenen sind (bis auf kleinere Unterschiede) gleich bzw. gleichwertig.
Urfaust | Vergleich | Faust I |
× | Zueignung | |
× | Vorspiel auf dem Theater | |
× | Prolog im Himmel | |
Nacht | ≈ | Nacht |
× | Vor dem Tor | |
× | Studierzimmer I | |
(Schülerszene) | ≈ | Studierzimmer II |
Auerbachs Keller in Leipzig | ≈ | Auerbachs Keller in Leipzig |
Land Strase | × | |
× | Hexenküche | |
Strase | = | Straße I |
Abend | = | Abend |
Allee | = | Spaziergang |
Nachbaarinn Haus | = | Der Nachbarin Haus |
(gleiches Gespräch) | = | Straße II |
Garten | = | Garten |
Ein Gartenhäusgen | = | Ein Gartenhäuschen |
× | Wald und Höhle | |
Gretgens Stube | = | Gretchens Stube |
Marthens Garten | = | Marthens Garten |
Am Brunnen | = | Am Brunnen |
Zwinger | = | Zwinger |
≈ (S. u.!) | Nacht | |
Dom | = | Dom |
Nacht | ≈ (S. o.!) | |
× | Walpurgisnacht | |
× | Walpurgisnachtstraum | |
(gleiches Gespräch) | = | Trüber Tag. Feld |
Nacht. Offen Feld | = | Nacht. Offen Feld |
Kerker | ≈ | Kerker |
Wichtigste Unterschiede
- Die Zueignung ist an die Gestalten des Urfaust gerichtet, daher natürlich auch erst im Faust I zu finden.
- Durch den fehlenden Prolog im Himmel gibt es keine „Wette“ zwischen dem Herrn und Mephisto.
- Die Szene Nacht ist kürzer. Faust versucht nicht, sich umzubringen.
- Mephisto tritt erstmals in der Szene Nacht beim Schülergespräch auf. Es gibt keine ausdrückliche Einführung seines Charakters und auch keinen Pakt zwischen ihm und Faust.
- Auerbachs Keller in Leipzig: Erste gemeinsame Szene von Faust und Mephisto, zahlreiche geänderte Dialoge, oft ohne Reimform. Auffallend ist, dass Faust (nicht Mephisto) den Wein „ausgibt“ und die anwesenden Studenten sowohl ver- als auch entzaubert.
- Hexenküche: Ohne diese Szene fehlen auch Fausts Verjüngungstrank und das Bild der Helena im Spiegel.
- Wald und Höhle: Auch dieses Kapitel wurde erst nachträglich eingebaut, was erneut die geringere Bedeutung Mephistos zeigt.
- Nacht: Valentin tritt zwar auf, es bleibt allerdings beim ersten Monolog. Einen Hinweis auf den Kampf und anschließenden Tod Valentins durch Faust gibt es nicht, ebenso fehlt das Gespräch mit Gretchen.
- Wie die Hexenküche sind auch die Walpurgisnacht und der zugehörige Traum nicht enthalten. Damit fehlt beim Urfaust ein Großteil des metaphysischen und mythologischen Hintergrunds.
- Viele Enjambements (Prosaform) knüpfen in der Szene im Kerker stilistisch an Auerbachs Keller und das Gespräch vor Nacht. Offen Feld an. Am Ende wird Gretchen nicht erlöst; es fehlt die Stimme von oben: „Ist gerettet!“. Stattdessen gibt es hier einen Hinweis auf Valentins Tod (blutige Hand und Degen – ähnlich Faust I, Verse 4512-4517).
Zusammenfassung der Hauptunterschiede:
- Im Urfaust gibt es keine Wetten.
- Mephisto ist mehr Neben- als Hauptfigur, Faust ist selbstständiger.
- Der Fokus liegt auf der Liebestragödie um Gretchen.
Ausgaben
- Zuerst veröffentlicht im Jahr 1887, herausgegeben von Erich Schmidt: Goethes Faust in ursprünglicher Gestalt nach der Göchhausenschen Handschrift. Weimar: Hermann Böhlau.
- Urfaust / Faust. Ein Fragment, bearbeitet von Ernst Grumach, Berlin (DDR): Akademie-Verlag, 1954 (Werke Goethes, herausgegeben von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin unter Leitung von Ernst Grumach, Faust, Bd. 1).
Angelegt als historisch-kritische Ausgabe; Apparat fehlt.
Weblinks
- Text des Urfaust
- Eine Zeittafel zur Figur des Faust in der Literatur
- Faust als Spiegel der Geschichte – Vortrag im Rahmen der Reihe Wissenschaft, Technik und Ethik an der TU Clausthal.
Belege und Anmerkungen
Romane und Novellen
Die Leiden des jungen Werthers |
Wilhelm Meisters theatralische Sendung |
Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten |
Wilhelm Meisters Lehrjahre |
Novelle |
Die Wahlverwandtschaften |
Wilhelm Meisters Wanderjahre
Dramen
Die Laune des Verliebten |
Die Mitschuldigen |
Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand |
Ein Fastnachtsspiel vom Pater Brey |
Jahrmarktsfest zu Plundersweilern |
Götter, Helden und Wieland |
Claudine von Villa Bella |
Clavigo |
Urfaust |
Egmont |
Erwin und Elmire |
Die Geschwister |
Der Triumph der Empfindsamkeit |
Iphigenie auf Tauris |
Torquato Tasso |
Der Groß-Cophta |
Der Bürgergeneral |
Was wir bringen |
Stella |
Die natürliche Tochter |
Faust I |
Pandora |
Faust II
Gedichte, Lieder und Balladen
Die Metamorphose der Pflanzen |
Vermächtnis |
Wandrers Sturmlied |
Mailied |
Willkommen und Abschied |
Mahomets Gesang |
Prometheus |
Geistesgruß |
Der König in Thule |
Der Fischer |
An den Mond |
Der Erlkönig |
Wandrers Nachtlied |
Römische Elegien |
Nähe des Geliebten |
Venezianische Epigramme |
Der Zauberlehrling |
Der Schatzgräber |
Xenien |
Legende vom Hufeisen |
Die erste Walpurgisnacht |
Der Totentanz |
Bei Betrachtung von Schillers Schädel |
Marienbader Elegie |
West-östlicher Divan |
Gingo biloba
Versepen
Reineke Fuchs |
Hermann und Dorothea
Übertragungen
Leben des Benvenuto Cellini |
Mahomet |
Rameaus Neffe
Ästhetische Schriften
Über Kunst und Altertum
Naturwissenschaftliche Schriften
Über den Zwischenkiefer der Menschen und der Tiere |
Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären |
Beiträge zur Optik |
Zur Farbenlehre
Librettofragment
Der Zauberflöte zweyter Theil
Autobiographische Prosa
Italienische Reise |
Kampagne in Frankreich |
Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit
Sonstiges
Die guten Weiber |
Über den Granit |
Maximen und Reflexionen |
Hanswursts Hochzeit
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Urfaust aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |