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Komparatistik

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Unter Komparatistik versteht man die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, in einigen Fällen auch enger nur die Vergleichende Literaturwissenschaft. Die Vergleichende Literaturwissenschaft ist die Wissenschaft von den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Literaturen verschiedener Kulturen in grenzüberschreitender Perspektive. Sie bedient sich hierzu der Methode des Vergleichs. Die Allgemeine Literaturwissenschaft schließt alle Felder der Literaturtheorie ein, beispielsweise Ästhetik, Rhetorik oder Narratologie.

Einzelne Forschungsgebiete

Vergleichende Literaturgeschichte

Die Grenzüberschreitung ist dabei nicht politisch zu verstehen, denn nationale Grenzen sind in den seltensten Fällen auch kulturelle. Vielmehr ist die Komparatistik interkulturell ausgerichtet, d. h. sie betrachtet literarische Phänomene (Stoffe, Themen, Gattungen usw.) im internationalen Vergleich: Sie vergleicht einzelne Dichtungen, Dichter oder Strömungen in verschiedenen Kulturen oder die Nationalliteraturen in ihrem gesamten Verlauf; sie erforscht die Einflüsse bestimmter Schriftsteller oder literarischer Strömungen auf andere Literaturen und untersucht die Geschichte einzelner Gattungen, Stoff- oder Motivkreise (Weltliteratur). Außerdem beschäftigt sich die Komparatistik mit dem Vergleich der einzelnen Künste und untersucht auf diese Weise intermediale Prozesse und Transformationen der Sprache.

Sie interessiert sich also beispielsweise nicht für den deutschen Roman der Moderne, sondern welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser im Kontrast zu französischen oder englischen Romanen der Moderne aufweist.

Tertium comparationis (das gemeinsame Dritte) wäre also die Moderne – als übernationales Phänomen.

In der Komparatistik werden gewöhnlich zwei Typen des Vergleichs voneinander unterschieden:

  • Der genetische Vergleich basiert auf direkten oder indirekten Kontakten und Einflüssen. Es besteht ein genetischer Bezug zwischen zwei oder mehreren Vergleichsgliedern, d. h. man stellt die Frage nach den kausalen Beziehungen zwischen zwei Autoren (wie hat Goethe André Gide beeinflusst, wie verarbeitet Joyce im Ulysses Homers Odyssee). Hierbei handelt es sich um direkte Kontakte. Von einem indirekten Kontakt lässt sich sprechen, wenn zum Beispiel ein Autor durch die Lektüre eines anderen Autors mit einem dritten Autor bekanntgemacht oder von ihm beeinflusst wird. Es findet in diesem Fall also eine Vermittlung durch eine zwischengeschobene Instanz statt. Dabei muss man unterscheiden zwischen bewussten und unbewussten indirekten Kontakten (ein Autor nimmt eindeutig zu Schopenhauer Stellung, obwohl er dessen Schriften nur durch einen anderen Autor, nicht durch eigene Lektüre kennengelernt hat).

Es ist auch möglich, von Kontakt oder Einfluss zu sprechen, wenn ein Autor nicht direkt oder indirekt von einem einzelnen Autor beeinflusst wird, sondern von einer ganzen literarischen Strömung. So ist zum Beispiel Joyce sowohl direkt beeinflusst durch Homer, Dante, Shakespeare usw. als auch Kind seiner Zeit, der Gedanken und Ideen der literarischen Moderne, also einer bestimmten historischen Epoche.

  • Mit einem anderen Vergleichstyp hat man es zu tun, wenn man innerhalb der literarischen Moderne Autoren miteinander vergleicht. Es geht nicht mehr darum, festzustellen, wie beispielsweise Céline von einem spezifischen soziokulturellen Umfeld beeinflusst wurde, sondern wie verschiedene Autoren mit diesem Umfeld (auf internationaler Ebene, mit soziolinguistischen Unterschieden) in ihren literarischen Texten umgehen. Man vergleicht also Autoren, die ein gemeinsames Umfeld haben, ohne dass sie direkten oder indirekten Einfluss aufeinander hatten. In diesem Fall spricht man von einem kontrastiven bzw. typologischen Vergleich. Er basiert nicht auf Kontakten, sondern auf Analogien. Bei diesem Vergleichstyp kommt es viel stärker darauf an, ähnliche literarische Erscheinungen miteinander in Beziehung zu setzen. Es ist zum Beispiel angebrachter, innerhalb einzelner Gattungen zu vergleichen (der Roman der Moderne) oder bei gattungsübergreifenden Vergleichen ähnliche literarische Inhalte zu wählen (Stadtproblematik in der Moderne).

Disziplinübergreifende Forschung

Außerdem überschreitet die Komparatistik disziplinäre Grenzen, vergleicht Literatur mit anderen künstlerischen Formen (Malerei, Musik, Film usw.; Künstevergleich), ordnet Literatur mediengeschichtlich und soziologisch ein, tritt geistes- und ideengeschichtlich auf ihre spezifische Art in „Konkurrenz“ zu philosophischen Fragestellungen. Ziel ist es dabei, zu allgemeingültigen und theoriefähigen Aussagen zu gelangen. Gerade die Theoriebildung in literatur- und kulturwissenschaftlicher Perspektive ist eine spezifische Domäne der Komparatistik.

Allgemeine Literaturgeschichte

Die komparatistische Forschung ist in der Literaturgeschichte stark von den Erkenntnissen der Einzelphilologien abhängig. In Abgrenzung zu diesen konzentriert sie sich auf systematische Fragestellungen im internationalen Kontext. Vor allem Periodisierungs- und Epochenfragen spielen dabei die zentrale Rolle. Im Laufe der literaturhistorischen Forschungen hat es unzählige Versuche gegeben, das heterogene Gefüge literarischer Beziehungen zeitlich zu gliedern. Zu diesem Thema siehe Epoche (Literatur).

Wenn in der Literaturgeschichte eine Norm oder Konvention von einer anderen abgelöst wird, spricht man von Paradigmenwechsel. Gerade auf internationaler Ebene laufen Entwicklungen in einem größeren Kontext für gewöhnlich nicht gleichzeitig ab. Dementsprechend muss man sich darüber im Klaren sein, dass beispielsweise ein Begriff wie Romantik zwar ein gesamteuropäisches Phänomen bezeichnet, in Deutschland, England und Frankreich jedoch ungleichzeitig einsetzt, zumal die Literaturen der einzelnen Länder sich gegenseitig beeinflussten und dadurch auch eine jeweils spezifische Ausprägung von Romantik entstand (so wird Goethe in Frankreich teilweise zu den Romantikern gezählt!). Die allen Ländern gemeinsamen Grundzüge der Romantik sind Betrachtungsgegenstand der Komparatistik, die soziolinguistischen Eigenarten Aufgabengebiet der Einzelphilologien. Im Zusammenhang mit historischer Ungleichzeitigkeit einer literarischen Epoche spricht man von Phasenverschiebung.

Thematologie

(Stoff- und Motivgeschichte, Mythosforschung) Die Thematologie beschäftigt sich mit dem inhaltlichen Material der Dichtung und seinen spezifischen literarischen Umsetzungen. Dabei werden nicht nur historische Ausprägungen bestimmter Stoffe und Motive, sondern auch die Themen und Inhalte der Literatur, der Mythen, Symbole u. ä. untersucht. Als Stoff bezeichnet man (neben dem vom Autor erfundenen) das Material, das sich im Laufe der Literaturgeschichte fest etabliert und immer wieder aufgegriffen wird (beispielsweise Don Juan, Oedipus, Faust usw.). Der Stoff ist an feste Elemente gebunden, die ihn unverwechselbar machen und auf die er nicht verzichten kann, um als bestimmter Stoff erkannt zu werden. Diese festen Elemente sind die Motive, die in der Regel abstrakter sind als das, was sie konstituieren. So ist der Don-Juan-Stoff an die Motive Verführung und Bestrafung gebunden, die jedoch selbst nicht an diesen speziellen Stoff gebunden sind. Vielmehr können sie mit anderen Motiven (Liebe, Hass, Eifersucht, Freundschaft, Einsamkeit usw.) kombiniert werden, um neue Stoffe zu bilden. Motive sind zumeist allgemeine Eigenschaften oder Grundkonstanten des Lebens. Damit ein bestimmter Stoff als solcher erkannt wird, muss er unverwechselbare Kernmotive aufweisen, die historisch unverändert (invariabel bzw. invariant) bleiben, weswegen die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten eines Dichters hauptsächlich in der ästhetischen, der formalen Umsetzung einer stofflichen Vorgabe bestehen. Je nach den weltanschaulichen und ästhetischen Vorstellungen einer Epoche erfahren Stoffe ständig Aktualisierungen, d. h. ein Stoff regeneriert sich im Laufe der Zeit, weil sich die Rahmenbedingungen für die literarische Produktion verändern. Diese Rahmenbedingungen (sozial, psychologisch, ästhetisch, historisch usw.) können auch der Grund sein für die Dominanz bestimmter Stoffe oder Motive innerhalb einer Epoche (beispielsweise das Vanitas-Motiv im Barock) bzw. für den Sinnverlust eines Stoffes.

Im 20. Jahrhundert ist zum Beispiel der Don-Juan-Stoff mit seinen Kernmotiven nicht mehr aktualisierbar, da eine liberale Gesellschaft, in der es kein religiöses Machtmonopol mehr gibt, Verführung nicht sanktioniert. Allein der reflektierte Umgang, zum Beispiel durch eine Parodie (siehe Max Frischs Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie), vermag den tradierten Stoff zu aktualisieren; allerdings verliert er dadurch seinen eigentlichen Sinngehalt, hat sich historisch überlebt. Stoffe sind also nicht immer aktualisierbar, d. h. sie bleiben historisch gebunden. Auffallend ist auch die Gattungsaffinität bestimmter Stoffe, weshalb ein Gattungswechsel besondere Aufmerksamkeit verlangt. So wird aus der Dramengestalt des Don Juan bei E. T. A. Hoffmann eine Figur in einer Erzählung – auch deshalb, weil das Drama in der deutschen Romantik eher eine untergeordnete Rolle spielt. Eng mit der Stoffgeschichte ist die Mythosforschung verbunden, zumal die im Mythos angelegten menschlichen Grundsituationen als Ur-Material aller Dichtung zu gelten haben, d. h. in vorliterarischer Zeit gründen. Im Gegensatz zum Stoff ist das Thema eines literarischen Werkes eher abstrakter Natur, beispielsweise eine zentrale Idee. Joseph Conrad schildert in Herz der Finsternis nicht nur eine Reise in den afrikanischen Urwald, sondern auch eine Reise in die eigene Persönlichkeit, eine Hinterfragung des „zivilisierten“ Menschen.

Rezeption

Viele der in den einzelnen Arbeitsbereichen der Komparatistik angesprochenen Aspekte sind auf einer anderen Ebene Teil der Rezeptionsproblematik. Ein Autor eines Don-Juan-Stücks im 20. Jahrhundert bezieht sich auf bereits vorliegende Bearbeitungen des Stoffes, wie etwa von Molière oder Mozart.

Das Wort Einfluss wird hauptsächlich in Zusammenhang mit der Produktionsästhetik (die Betrachtung der Bedingungen und Elemente jeder künstlerischen Tätigkeit) benutzt und meint die Wirkung bestimmter Ereignisse auf einen Autor, der diesen Einfluss produktiv im eigenen Werk verarbeitet. So kann die Lektüre eines bestimmten Buches ihn beeinflussen, oder das Gesamtwerk eines anderen Autors, oder bedeutende ideengeschichtliche und historische Ereignisse. In der zeitgenössischen Forschung werden solche einfachen Kausalitätsmodelle zugunsten mehrstufiger Ansätze verdrängt:

  1. Rezeptionsgeschichte
    Sie untersucht historisch die Aufnahme bestimmter literarischer Texte (z. B. Faust im 19. und 20. Jahrhundert; oder die Shakespeare-Rezeption im 18. Jahrhundert in Deutschland), also die Wirkung von Literatur auf die Leserschaft oder andere Autoren (Wirkungsästhetik).
  2. Rezeptionsforschung
    Sie betreibt empirische Leserforschung und ist deshalb auf aktuelle Daten angewiesen.
  3. Rezeptionsästhetik
    Allgemein formuliert, beschäftigt sie sich mit der Wechselwirkung Lektüre/Verarbeitung der Lektüre bzw. mit der Kommunikationssituation Autor – Text – Leser. In der Literaturwissenschaft kam es Ende der 1960er Jahre zu einem Paradigmenwechsel, als die werkimmanente Textanalyse und die traditionelle Einflussforschung durch die Rezeptionsästhetik in den Hintergrund gedrängt wurden. Der Leser und auch der Autor als Leser wurden als unverzichtbarer Bestandteil literarischer Prozesse entdeckt und die Mechanismen genauer untersucht, die sich bei der Lektüre abspielen und die auf die Lektüre folgen.
    Die Rezeptionsästhetik ist in den letzten Jahren wieder etwas in den Hintergrund getreten und von der Intertextualitätsdebatte abgelöst worden, d. h. zum einen von der konkreten Umsetzung von Rezeption in Produktion, zum anderen von der Frage nach den unbewussten Elementen (beispielsweise die Übernahme kultureller Werte und Moralvorstellungen) bei der produktiven Rezeption, von der Frage nach Text als komplexem Phänomen, als offenem System an sich.

Zu diesem Thema siehe Rezeptionstheorie und Intertextualität.

Gattungsfragen

Bereits das Wort Gattung ist in der Literaturwissenschaft nicht unproblematisch, meint es doch die vier großen Genres Epik (heute eher: Erzählliteratur), Dramatik, Lyrik (nicht jedes Gedicht ist lyrisch!) und Gebrauchstexte (Sachliteratur, didaktische Texte, Gebrauchsanleitungen usw.) und die Untergattungen zu diesen Genres (Roman, Erzählung, Novelle, Tragödie, Komödie, Sonett, Ballade usw.). Die beiden wichtigsten Forschungsrichtungen sind die Gattungsgeschichte und die Gattungstheorie. Die Gattungsgeschichte verfolgt diachron und synchron die Entwicklung einzelner Gattungen (beispielsweise die Geschichte des Romans). Dabei setzt sie unterschiedliche Schwerpunkte, z. B. die Unterteilung des Romans nach thematischen Aspekten (historischer Roman, Bildungsroman, Bewusstseinsroman, Stadtroman usw.). Eine klare Abgrenzung zu den formalen Kriterien einer Gattung ist dabei nicht immer möglich, weswegen inhaltliche Aspekte durchaus mit der Formgeschichte verbunden werden können. Im Gegensatz dazu ist die Gattungstheorie eher an ahistorischen Phänomenen interessiert. Sie versucht die in allen Epochen gültigen Konstanten einer Gattung aufzuzeigen, ist an sogenannten Universalien oder Invarianten interessiert. Eine weitere Möglichkeit, die Gattungsproblematik zu betrachten, liegt in der Analyse der Gattungsrezeption: der Frage, ob bestimmte Gattungen in einer bestimmten Epoche stärker zur Kenntnis genommen werden als andere, ob bestimmte Gattungen eine Epoche dominieren oder prägend für sie sind. Auch die Haltung des Autors zu Gattungsvorbildern und -konventionen im Hinblick auf sein eigenes Schaffen ist Gegenstand dieses komparatistischen Arbeitsbereiches.

Zu diesem Thema siehe Gattung (Poesie/Literatur).

Literaturtheorie

Eng mit der Gattungstheorie verbunden ist die Literaturtheorie, die als Oberbegriff für alle systematischen Versuche, zu allgemeingültigen und typologischen Aussagen zu gelangen, gelten kann. Sie ist eng mit der philosophischen Disziplin der Ästhetik verwandt. Die Literaturtheorie hat sich zur Aufgabe gesetzt, das Wesen der Literatur zu ergründen und versucht, alle Faktoren zu betrachten, die konstituierend für ein literarisches Werk sind, beispielsweise die Produzentenebene (Autor), die Textebene und die Rezipientenebene (Leserschaft). Psychologische, ästhetische, soziologische und andere Phänomene spielen hier eine bestimmende Rolle.

Zu diesem Thema siehe Literaturtheorie.

Theorie der literarischen Übersetzung

Ein wichtiges Aufgabengebiet der Komparatistik ist auch die Theorie und Praxis der literarischen Übersetzung. Diese steht vor der Schwierigkeit, dass jede Sprache einen irreduziblen Anteil an Idiomatik und damit an Unübersetzbarkeit besitzt, die besonders am literarischen Werk sich offenbart. Jede Übersetzung ist Vermittlung eines literarischen Inhaltes, aber gleichzeitig auch eine kulturelle Verschiebung. Deshalb spricht man bei literarischen Übersetzungen häufig von produktiver, nicht von reproduzierender Rezeption, denn es findet nicht nur eine einfache Übertragung in eine andere Sprache statt, sondern ein komplizierter interkultureller Vorgang, bei dem der Übersetzer darüber hinaus selber ästhetische Fähigkeiten besitzen muss, um den poetischen Qualitäten des Originals einigermaßen gerecht zu werden. Ein Übersetzer ist also Vermittler und selbst kreativer Autor.

Übersetzungsarten

In der Diskussion unterscheidet man vor allem zwei Arten der Übersetzung: die produktionsorientierte und die rezeptionsorientierte Übersetzung.

  • Bei der produktionsorientierten Übersetzung liegt der Schwerpunkt auf der Ausgangssprache und dem Autor, d. h. der Übersetzer strebt eine große Nähe zum Original an, indem er sprachliche Besonderheiten übernimmt und imitiert, also die Ausdrucksebene betont (wörtliche Übersetzung). Seit der Romantik hat diese Art der Übersetzung ständig an Bedeutung gewonnen. Für den Leser bedeutet eine produktionsorientierte Übersetzung zunächst oft Irritation und Unverständnis, da im übersetzten Text das sprachlich und kulturell Fremde durchscheint.
  • Bei der rezeptionsorientierten Übersetzung steht die Zielsprache und der Leser im Mittelpunkt. Hier wird die Inhaltsebene betont und die sprachlichen Eigenheiten des Originals werden der jeweiligen Zielsprache angepasst. In diesem Zusammenhang spricht man auch von freier Übersetzung, Umdichtung (sehr häufig bei Lyrik) oder Paraphrase.

Darüber hinaus lassen sich Übersetzungen nach dem Grad ihrer Werktreue differenzieren:

  • Die parodistische Übersetzung versucht sich dem Text nicht zu nähern, sondern ihn in seinen Eigentümlichkeiten karikierend zu überzeichnen.
  • Eine prosaische Übersetzung, deren Konzept auf Goethe zurückgeht, bedeutet eine wörtliche Übersetzung, die jedoch Übersetzungsprobleme durch Erläuterungen oder Neuformulierung umgeht.
  • Eine identifizierende Übersetzung ist eine wortgetreue Übersetzung.

Der idealen oder kongenialen Übersetzung am nächsten käme ein Text, der ein ausgewogenes Verhältnis von Ausdrucksebene und Inhaltsebene reflektieren würde.

Geschichte

Zu den wichtigsten Theoretikern der literarischen Übersetzung werden unter anderem, in der Antike, der Kirchenvater Hieronymus, später Goethe, Schleiermacher, Walter Benjamin und Ortega y Gasset gezählt. Auf Goethe geht die Forderung zurück, die Übersetzung „dem Original identisch“ zu machen, indem der Übersetzer die Originalität seiner „Nation“ aufgibt und sich der „Nation“ des Ursprungstext anschließt. Wenn dies nicht gelingt, empfiehlt Goethe eine parodistische Übersetzung, welche den Text der breiten Masse besser zugänglich macht. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass vom Ursprungstext so viel als möglich erhalten bleibt.

Nach Schleiermacher sollte das eigentliche Ziel darin liegen, dass eine vollständige Genesis der beiden Sprachen entsteht. Der Leser soll einen Eindruck vom Geist der Sprache und des Verfassers des Werkes bekommen. Schleiermacher glaubt aber auch, dass das Übersetzen ein hoffnungsloses, utopisches Unterfangen ist. Sprache kann in seinen Augen aber tatsächlich unser ganzes Denken ausdrücken. Dagegen hält er eine Paraphrase (prosaische Übersetzung) oder eine Nachbildung (eine in Form und Inhalt freie Übersetzung) nur für einen Notbehelf.

Interkulturelle Hermeneutik

Die interkulturelle Hermeneutik (früher: Imagologie) untersucht das „Bild vom anderen Land“, was nicht nur Kenntnisse fremder Kulturen, Sprachen und Mentalitäten voraussetzt, sondern vor allem auch eine intensive Beschäftigung mit den Werten und Ansichten der eigenen Kultur verlangt. Daraus ergeben sich zahlreiche Fragen: Was fällt bei der Betrachtung einer fremden Kultur besonders auf und was nicht? In welchem Maße entspricht die andere Kultur dem eigenen Weltbild, und wie weit weicht sie davon ab? Betont man deshalb das Vertraute oder das Unvertraute? Bemerke ich überhaupt kulturelle Eigenarten (beispielsweise soziale Regeln), wenn es vergleichbare in der eigenen Kultur nicht gibt?

Ziel der interkulturellen Hermeneutik ist also nicht nur das bessere Fremdverständnis, sondern auch eine Selbstanalyse durch Fremdanalyse. Interessant ist dabei die Frage, wie solche Stereotypen entstehen. Gerade literarische Texte haben dazu beigetragen, andere Kulturen dem heimischen Publikum nahezubringen und ein Bild zu entwerfen, das oft nicht der Realität entspricht. In der Textanalyse sind mehrere Aspekte von besonderer Bedeutung: die andere Kultur als stofflicher Bestandteil (als Thema oder Motiv); als textueller Bestandteil (Intertextualität, beispielsweise Zitate in fremden Sprachen); als sprachliche Komponente (beispielsweise in der literarischen Übersetzung).

Intermedialität

Der Vergleich bzw. der Wettstreit der Künste untereinander (certamen artium) ist bereits seit der Antike eine wichtige ästhetische Fragestellung, die im Idealismus bei Kant und Hegel eine Aktualisierung findet. Dementsprechend untersucht die komparatistische Intermedialitätsforschung (früher: Künstevergleich) das Verhältnis der Literatur zu Malerei, Musik, Theater, Film usf., wobei insbesondere Formen der wechselseitigen Durchdringung der Künste (visuelle Poesie; Kunst als Thema der Literatur; Übernahme künstlerischer Techniken, beispielsweise Collage und Montage) und künstlerische Mischformen, bei denen verschiedene Disziplinen zusammenwirken (Oper, Kunstlied, Film), von Interesse sind. Auch die Untersuchung thematischer Ähnlichkeiten kann sich als fruchtbar erweisen (z. B. Mythologie in Text und Bild), oder das individualpsychologische Phänomen der Doppelbegabung (E. T. A. Hoffmann als Dichter und Komponist, William Blake als Dichter und Maler).

Institute für Komparatistik in Deutschland

In Deutschland sind die meisten Einrichtungen der Komparatistik anderen Instituten angeschlossen, beispielsweise solchen für Germanistik, Romanistik oder Altphilologie. Es gibt folgende eigenständige Institute für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft:[1]

Prominente Komparatisten

Siehe auch

Literaturwissenschaft, Philologie, Epoche (Literatur), Intertextualität, Gattung (Poesie/Literatur), Literaturtheorie, Übersetzung (Sprache), Geisteswissenschaften, Politikwissenschaft

Synopse

Einzelnachweise

Literatur

  • Hendrik Birus: Das Vergleichen als Grundoperation der Hermeneutik. In: Henk de Berg, Matthias Prangel (Hrsg.): Interpretation 2000: Positionen und Kontroversen. Festschrift zum 65. Geburtstag von Horst Steinmetz. Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0807-3, S. 95–117.
  • Angelika Corbineau-Hoffmann: Einführung in die Komparatistik. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Erich Schmidt, Berlin 2004, ISBN 3-503-07909-2.
  • Ernst Grabovszki: Vergleichende Literaturwissenschaft für Einsteiger. Böhlau/UTB, Wien/Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8252-3565-9
  • Jürgen Joachimsthaler: Unterscheiden und Vergleichen. Komparatistik oder Was ist ein kultureller Unterschied? In: Kulturwissenschaft(en). Konzepte verschiedener Disziplinen. Hrsg. v. Jürgen Joachimsthaler und Eugen Kotte. München: Meidenbauer 2010 (= Kulturwissenschaft[en] als interdisziplinäres Projekt 3), S. 79–101, ISBN 978-3-89975-224-3.
  • Dieter Lamping, Frank Zipfel (Hrsg.): Was sollen Komparatisten lesen? Schmidt, Berlin 2005, ISBN 3-503-07954-8.
  • Manfred Schmeling (Hrsg.): Vergleichende Literaturwissenschaft. Theorie und Praxis. Athenaion, Wiesbaden 1981, ISBN 3-7997-0764-6.
  • Monika Schmitz-Emans, Uwe Lindemann (Red.): Komparatistik 2002/2003. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Mit Beiträgen in französischer Sprache. Synchron – Wissenschaftsverlag der Autoren, Heidelberg 2003, ISBN 3-935025-52-1.
  • Meinolf Schumacher: Auf dem Weg zur Europäischen Literaturwissenschaft. In: Rüdiger Zymner (Hrsg.): Allgemeine Literaturwissenschaft. Grundfragen einer besonderen Disziplin. Erich Schmidt, Berlin 1999, ISBN 3-503-04935-5, S. 197–207 (Allgemeine Literaturwissenschaft 1), (2. durchgesehene Auflage, ebenda 2001, ISBN 3-503-04994-0)
  • Carsten Zelle: Comparaison/Vergleichung. In: ders. (Hrsg.): Allgemeine Literaturwissenschaft. Konturen und Profile im Pluralismus. Westdeutscher Verlag, Opladen–Wiesbaden 1999, ISBN 978-3-322-93525-0, S. 33–58.
  • Carsten Zelle: Komparatistik und 'comparatio' – der Vergleich in der Vergleichenden Literaturwissenschaft. Skizze einer Bestandsaufnahme. In: Komparatistik 2004/2005, S. 13–33.

Weblinks

Wiktionary: Komparatistik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Komparatistenverbände und Institute
Linksammlungen

Siehe auch

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