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Viamala
Viamala oder Via Mala (Kanzleilatein, rätoromanisch "veia mala", übersetzt «schlechter Weg») bezeichnet einen früher berüchtigten, rund 8 km langen Wegabschnitt entlang des Hinterrheins zwischen Thusis und Zillis-Reischen im Schweizer Kanton Graubünden. Die tief eingegrabene Schlucht bildet das schwierigste Hindernis im Verlauf der Unteren Strasse von Chur zu den Alpenpässen Splügen und San Bernardino.
Geschichte
Der römische Weg
Wie Forschungen von Armon Planta zeigen, führte bereits zur Römerzeit ein Weg durch die Viamala. Unklar ist, ob er mit Wagen befahren werden konnte. Felszeichnungen aus der Bronzezeit auf Carschenna sowie bronze- und eisenzeitliche Funde im Schams im Süden und Domleschg im Norden weisen bereits damals (also schon ab etwa 1500 v. Chr.) auf einen Saumpfad über die Alpen (Splügen und San Bernardino) durch diese Gegend.
Für den Zugang zur Schlucht von Norden her gab es zwei Möglichkeiten: linksseitig von Masein über Rongellen, oder rechtsseitig von Sils im Domleschg über Burg Hohenrätien und die Kirche St. Albin. Letztere Variante war wohl in römischer Zeit beliebter, wurde aber um 1300 durch Rüfen unpassierbar und erst 1666 nochmals erstellt, was wegen der Konkurrenz für die Seite Thusis zum kurzzeitigen Ausschluss des Schams aus dem Grauen Bund führte.[1] Beide Wege trafen sich am Nesselboden, dem nördlichen Eingang zur Viamala, welche die Römer linksseitig mit mehreren aus dem Fels gehauenen Halbgalerien bezwingen konnten. Vermutlich im Bereich unterhalb der heutigen Autostrassenbrücke bei der heutigen Brücke des Wanderweges (Punt da Suransuns) leitete eine hölzerne Brücke den Verkehr wieder auf die rechte Rheinseite, über Reischen nach Zillis.
Der Viamalabrief von 1473
Im Mittelalter verlagerte sich der Fernverkehr vom Splügenpass mehr und mehr auf die konkurrierende, vom einflussreichen Churer Bischof geförderte Obere Strasse über den Septimerpass. Der schlecht unterhaltene Weg am Hinterrhein verfiel zusehends, weshalb Schlucht und Weg seit dem 13. Jahrhundert Viamala genannt wurden.
1473 beschlossen die Gemeinden Thusis, Masein und Cazis, die richstrass und den waeg entzwüschend Tusis und Schams, so man nempt Fyamala zuo howen, uffzuorichten und ze machen. Bei diesem mutigen Vorhaben fanden die Heinzenberger durch die anderen Porten (Transportgenossenschaften) entlang der Unteren Strasse Unterstützung. Anstatt der alten Holzbrücke erstellte man etwa 1.5 km weiter südlich die mächtige steinerne Punt da Tgiern. Das römische Wegstück wurde saniert und anschliessend bis zur neuen Brücke ein kühner Weg teils aus dem Fels gehauen, teils auf Holzstegen über den schwindelerregenden Abgrund geführt.
Der Bischof konnte nicht verhindern, dass die ausgebaute Splügenroute zur wichtigsten Bündner Transitverbindung avancierte; seine Macht war geschwunden und die Gerichtsgemeinden entwickelten sich in den Drei Bünden zum Souverän. Neben Säumerkarawanen, Handelsreisenden, Diplomaten und «frühen Touristen» passierte auch der Lindauer Bote, ein von der Stadt Lindau organisierter Kurierdienst, auf seinem Weg nach Mailand die Viamala.
Die Verkehrsgeschichte der Viamala wird im Sommer in nächtlichen Shows Besuchern präsentiert als "Viamala Notte".[2]
Neuzeitliche Ausbauten
In den Jahren 1738–1739 erstellte der Davoser Baumeister Christian Wildener zwei Brücken, mit denen der exponierteste Abschnitt des römischen Viamala-Weges rechtsseitig umgangen werden konnte; eine davon hat sich bis heute erhalten.
Während der Hungersnot in Graubünden im Jahre 1816 verfaulten aber immer noch aufgekaufte und vorhandene Nahrungsmittelvorräte südlich der Alpen, weil die Transportkapazitäten über die Pässe nicht ausreichten. Unter diesem Eindruck trieb der Staat den Ausbau eines Strassennetzes voran, auch mit dem Auftrag des Baus einer Strasse über den San-Bernardino-Pass. Unter der Leitung von Richard La Nicca entstand 1818–1821 die neue Fahrstrasse in der Viamala. Sie führt in der nördlichen Zufahrt mit Tunnel und Galerien durch das Verloren Loch und eliminiert so die Gegensteigung über die Rongeller Höhe. Die drei vorhandenen Brücken wurden weiterhin benutzt, dazwischen eine neue Trasse aus dem Fels gesprengt.
Ein verheerendes Hochwasser zerstörte 1834 die Strasse im Bereich der Punt da Tgiern. Die Brücke selbst hielt stand, war aber danach nutzlos und wurde dem Verfall preisgegeben. Als Ersatz baute man 1836 nördlich davon die Rania-Brücke. Der Strassenverlauf von 1836 entspricht der heutigen Kantonsstrasse, abgesehen von einem neuen Tunnel beim A13-Anschluss und den zwei Brücken, die 1935/38 die Aufgabe der dem Autoverkehr nicht mehr gewachsenen Wildener-Brücken übernahmen (die eine Brücke blieb bestehen und ist für Fussgänger zugänglich). Zwischen den beiden Brücken, an einem Parkplatz mit Kiosk, führt eine Treppe mit 321 Stufen in die Tiefe der Schlucht.
Die 1967 eröffnete Autostrasse A13 umfährt den engsten Abschnitt in einem 742 m langen Tunnel und überquert den südlichen Teil der Viamala auf einer grossen Brücke. Das bereits 1958 neu gebaute Teilstück zwischen Thusis und Rongellen wurde 1996 durch den 2171 m langen Crapteig-Tunnel ersetzt.
Im selben Jahr wurde der historische rechtsrheinische Weg durch den Bau einer Brücke, welche die Reste des römischen Wegverlaufes verband, erneuert.[3] Diese Brücke tat es dem römischen Weg gleich und wurde 1999 von Steinschlag zerstört. Die 2005 erstellte neue Brücke ist länger und zugleich eine Treppe. Eine weitere Fussgängerbrücke im südlichen Teil macht die Wanderung zum Erlebnis.[4]
Auf Frühjahr 2014 wurde die touristische Infrastruktur erneuert. Ein neuer Shop mit Besucher-Terrasse und eine neue WC-Anlage wurden errichtet und die Treppenanlage saniert; das Umbauvorhaben mit einem Kostenrahmen von CHF 1,4 Millionen konnte zeitgerecht auf Saisonbeginn 2014 realisiert und die Anlage mit einem "Tag der offenen Schlucht" am 21. Juni 2014 offiziell eröffnet.[5]
Literatur
- Armon Planta: Verkehrswege im alten Rätien, Band 4. Verlag Bündner Monatsblatt, Chur 1990, ISBN 3-905241-06-4.
- Friedrich Pieth: Bündnergeschichte. 2. Auflage. Verlag F. Schuler, Chur 1982, ISBN 3-85894-002-X.
- Thomas Riedi: Viamala. Texte und Bilder zur Natur und Geschichte der größten Schlucht im Kanton Graubünden. Verlag Buch- und Offsetdruck Bischofberger, Chur 1992, ISBN 3-905174-07-3.
Weblinks
- Jürg Simonett: Viamala im Historischen Lexikon der Schweiz
Einzelnachweise
- ↑ Historische Betrachtung der Routen
- ↑ Link zur Zeitreise "Viamala Notte" dieser Schweizer Sehenswürdigkeit
- ↑ Fussgängerbrücke I 1996-99
- ↑ Wandern Schweiz: Kulturhistorischer Wanderweg Via Spluga
- ↑ Neue Aera in der Viamala-Schlucht. Gästeinformation Viamala, abgerufen Format invalid.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Viamala aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |