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Vitamin B6
Vitamin B6 ist die Sammelbezeichnung für drei ähnliche chemische Verbindungen, die alle Vorstufen des aktivierten Vitamins Pyridoxalphosphat sind. Es handelt sich um Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin; sie sind Vitamine aus dem B-Komplex. Alle drei Stoffe können vom Stoffwechsel ineinander überführt werden und besitzen dieselbe biologische Aktivität. Der Mensch kann den Cofaktor Pyridoxalphosphat nicht völlig selbst herstellen und ist dafür auf die Zufuhr dieser Vorstufen mit der Nahrung angewiesen, deren Gehalt daran so hoch ist, dass es üblicherweise keine Mangelerscheinungen gibt.
Beschreibung
Vitamin B6 ist ein Derivat des Pyridins. Vitamin B6 kommt als Pyridoxin (ein Alkohol), Pyridoxamin (ein Amin), Pyridoxal (ein Aldehyd) und deren Phosphorsäureestern, z. B. Pyridoxalphosphat (PLP), vor.
Physiologische Funktion
Die phosphorylierten Vitamin-B6-Derivate wirken als Coenzyme in etwa einhundert enzymatischen Reaktionen, fast ausschließlich im Aminosäurestoffwechsel. Eine weitere wichtige Aufgabe übernimmt das Pyridoxalphosphat (PLP oder PALP, ein Pyridoxin-Derivat) als Cofaktor bei der Synthese der δ-Aminolävulinsäure, eines Zwischenproduktes in der endogenen Häm-Synthese. Genannt sei auch die Beteiligung von Pyridoxalphosphat als Cofaktor beim Abbau der „tierischen Stärke“ (Glykogen).
Vorkommen
Vitamin B6 kommt in geringen Dosen in fast allen Lebensmitteln vor. Gute tierische Quellen sind Milchprodukte, Fleisch (besonders Leber, Geflügel) und Fisch; gute pflanzliche Quellen Kohl, grüne Bohnen, Linsen, Feldsalat, Kartoffeln, Vollkornprodukte, Weizenkeime, Nüsse und Samen, Hefe, Weißbier, Avocado und Bananen.
Allgemein ist die Verfügbarkeit bei tierischen Nahrungsmitteln höher als die bei pflanzlichen.[1]
Bedarf
- Säuglinge (bis 12 Monate): 0,1–0,3 mg/Tag[2]
- Kinder (1–15 Jahre): 0,4–1,4 mg/Tag[2]
- Frauen: 1,2 mg/Tag[2]
- Männer 1,4–1,6 mg/Tag[2]
Bei einer ausreichenden Ernährung werden etwa 100 mg in der Muskulatur gespeichert, darüber hinaus gehende Mengen mit dem Harn ausgeschieden.[1]
Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt die Empfehlung ab, dass der Vitamin B6-Wert in Nahrungsergänzungsmitteln nicht 3,5 mg[3] pro Tag überschreiten soll.[1] Eine tägliche Einnahme von mehr als 25 mg gelten als nicht sicher, je nach Körpergewicht liegt dieser Grenzwert bei Jugendlichen zwischen 5 bis 10 mg pro Tag. In der EU sind Pyridoxinhydrochlorid, Pyridoxin-5′-phosphat sowie Pyridoxal-5′-phosphat als Vitamin B6-Verbindungen zugelassen.
Mangelerscheinungen (Hypovitaminose)
Weil in fast allen Nahrungsmitteln Vitamin B6 vorkommt, sind Mangelerscheinungen selten. Sie treten meistens gemeinsam mit einem Mangel eines anderen wasserlöslichen Vitamins auf und haben folgende Anzeichen:
- Appetitverlust, Durchfall und Erbrechen
- Dermatitis, Wachstumsstörungen und Anämien
- Degeneration der peripheren Nerven mit Paralyse und afferenter Ataxie, das heißt, Wahrnehmungen des Körpers werden nicht mehr an das Gehirn weitergeleitet, sodass dieses die notwendigen Bewegungsabläufe des Körpers nicht mehr richtig steuern kann
- Krampfzustände in unregelmäßigen Intervallen
- Mikrozytäre, hypochrome Anämie (Störung der Häm-Biosynthese)
- Seborrhoe-ähnliche Zerstörungen um Augen, Nase und Mund (T-Zone)
- Cheilosis und Glossitis
- Angststörungen
- Schlafstörungen (frühes Erwachen, Durchschlafstörungen)
- Missempfindungen, Muskelzuckungen
Bei Personen mit chronische Verdauungsstörungen, Alkoholabhängigkeit oder eine zu geringe Nahrungsaufnahme (z. B. durch häufige Diäten oder bei älteren Menschen), kann die Aufnahme des Vitamins durch die Nahrung erschwert oder stark verringert sein.[1]
Folgen einer Überdosierung (Hypervitaminose)
Die akute Aufnahme größerer Mengen von Vitamin B6 durch Supplemente ist wahrscheinlich ungiftig, durch den Urin werden überschüssige Mengen des wasserlöslichen Vitamins abgeführt.[1]
Chronische Hypervitaminose tritt durch tägliche Zufuhr von mehr als 50 mg[4] auf. Diese Dosis kann nicht durch natürliche Zufuhr erreicht werden, sondern nur durch Supplementation (z. B. Nahrungsergänzungsmittel). Sie führte bei einer geringen Anzahl von Fällen zu Neurotoxizität bzw. Nervenstörungen und Photosensitivität. Die Neurotoxizität hat eine periphere, sensorische Neuropathie mit ataktischen Gangstörungen, Reflexausfällen und Störungen des Tast-, Vibrations- und Temperaturempfindens zur Folge. Auch das Auftreten einer Dermatitis, wie die Acne medicamentosa, ist beschrieben.[5] Bei Säuglingen führt ein Gramm Pyridoxin pro Tag zu Tachykardie, peripheren Durchblutungsstörungen und Areflexie. Diese Beschwerden verschwinden nach Absetzen des Pyridoxins weitgehend, können bei besonders hohen Dosen jedoch auch permanent sein. Als sichere Dosierung für den Menschen gelten maximal 10 mg täglich.[4] Für das sogenannte Megavitamin-B6-Syndrom wird der ICD-Code E67.2 verwendet.[6]
Männer, die langfristig mehr als 20 mg Vitamin B6 pro Tag zu sich nahmen, hatten ein doppelt so hohes Lungenkrebsrisiko wie Männer einer Vergleichsgruppe. Bei Frauen trat dieser Effekt nicht auf.[7] Bei Rauchern erhöht sich dieses Risiko nochmals um den Faktor 3, vermutlich könnte das Wachstum der Krebsvorstufen durch die Vitamingabe angeregt werden.[8]
Hohe Dosen an Vitamin B6 beeinträchtigen die Wirkung mancher Medikamente wie Levodopa.[1]
Literatur
- Kleemann, Engel: Pharmaceutical Substances. 3rd Edition, Thieme Verlag 1999.
- Auterhoff, Knabe, Höltje: Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie. 14. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1999.
- Eger, Troschütz, Roth: Arzneistoffanalyse. 4. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 1999.
- Kleemann, Roth: Arzneistoffgewinnung. Thieme Verlag 1983.
Weblinks
- Swiss Forum For Sport Nutrition: Infoblatt Vitamin B6 (Memento vom 3. Juni 2013 im Internet Archive) (PDF; 21 kB).
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Vitamin B6 – Wirklich Power fürs Gehirn? In: Verbraucherzentrale. 22. März 2021, abgerufen am 10. Mai 2021.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Empfohlene Zufuhr von Vitamin B6. Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Abgerufen am 20. Mai 2019.
- ↑ Höchstmengenvorschläge für Vitamin B6 in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln. (PDF) In: BfR. Abgerufen am 10. Mai 2021.
- ↑ 4,0 4,1 COMMITTEE ON TOXICITY OF CHEMICALS IN FOOD, CONSUMER PRODUCTS AND THE ENVIRONMENT: STATEMENT ON VITAMIN B6 (PYRIDOXINE) TOXICITY. 1997-06 (https://cot.food.gov.uk/sites/default/files/cot/vitb6tox.pdf).
- ↑ O. Braun-Falco, H. Lincke: The problem of vitamin B6/B12 acne. A contribution on acne medicamentosa. In: Münchener medizinische Wochenschrift. Bd. 118, S. 155–160, 1976, PMID 130553.
- ↑ ICD-10-GM Version 2020. In: DIMDI. 20. September 2019, abgerufen am 11. Mai 2021.
- ↑ Theodore M. Brasky, Emily White, Chi-Ling Chen: Long-Term, Supplemental, One-Carbon Metabolism-Related Vitamin B Use in Relation to Lung Cancer Risk in the Vitamins and Lifestyle (VITAL) Cohort. In: Journal of Clinical Oncology: Official Journal of the American Society of Clinical Oncology. 35, Nr. 30, 2017-10-20 S. 3440–3448, doi:10.1200/JCO.2017.72.7735, PMID 28829668.
- ↑ Anja Garms: Schaden hochdosierte B-Vitamine mehr als sie nützen?. In: DAZ.online. 2017-08-23 (https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/08/23/schaden-hochdosierte-b-vitamine-mehr-als-sie-nuetzen).
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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Vitamin B6 aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |