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Wechselstube
Eine Wechselstube ist ein Unternehmen des Finanzdienstleistungssektors, in dessen Geschäftsraum Kunden Geld wechseln können. Mitgebrachte fremde Währung wird von den dortigen Beschäftigten gegen Banknoten und/oder Scheidemünzen einer anderen - in der Regel der inländischen - zu den angebotenen Wechselkursen umgetauscht. Gesetzliche Zahlungsmittel wechseln ihren Besitzer.
Wechselstuben sind auch an den weitverbreiteten Bezeichnungen Bureau de change (vom französischen „échanger“ = „umtauschen“) oder Exchange (aus dem Englischen) oder Cambio erkennbar. Es gibt Unternehmen, die neben der Haupttätigkeit des Geldwechselns außerdem Gold in Form von Münzen oder Barren an- oder verkaufen sowie das Finanztransfergeschäft betreiben. Die Dienstleistungen der Wechselstube können mit einem weiteren Entgelt außer dem Kursunterschied zwischen An- und Verkauf verbunden sein.
Wechselstuben-Service
Handel mit Sorten
Schwerpunkt der geschäftlichen Aktivitäten sind Sortengeschäfte, also An- und Verkauf einer fremden Währung (fast immer) gegen die landesübliche Währung. Hierzu zählt auch der Verkauf oder die Einlösung von Reiseschecks. Vorrätig gehalten werden gängige konvertible Fremdwährungen. Von Kunden benötigte Banknoten für exotischere Reiseländer kann die Wechselstube bei Bedarf für den Kunden besorgen. In der Umgangssprache hat sich das Sortengeschäft meist als Kauf oder Verkauf von „Devisen“ eingebürgert, was so nicht stimmt, weil damit bankfachlich nur die unbaren inländischen Guthaben auf Fremdwährungskonten oder auf Konten im Ausland bezeichnet sind.[1]
Es kann in besonderen Währungskonstellationen durchaus vorkommen, dass die Wechselstube auf bestimmte Geschäfte verzichtet. Kleine Amsterdamer Wechselstuben haben im Jahr 2008 beispielsweise den Geldtausch von US-Dollars wegen dessen Kursverlusten zeitweise abgelehnt.[2]
Handel mit Edelmetallen
Ein zweiter Bereich sind An- und Verkauf von Gold, seien es Goldmünzen oder Goldbarren. Der Handel in anderen Edelmetallen, etwa Silber, Silbermünzen oder Platin, kann im Einzelfall ergänzend Geschäftsgegenstand sein.
Finanztransfers
Wenn die Wechselstube das Finanztransfergeschäft betreibt, ist sie meist als Agentur für internationale Anbieter, etwa der Western Union, tätig. Ein Kunde kann hier im Inland beispielsweise gegen Entrichten eines Dienstleistungsentgelts einen Bargeldbetrag einzahlen, der dem Empfänger im Ausland ebenfalls in bar ausbezahlt wird.
Fachwissen
Die Mitarbeiter entwickeln im Laufe der Zeit ein Fingerspitzengefühl für mögliche Falsifikate sowohl bei Banknoten wie bei Münzen. Das Erkennen wird durch Vorhalten einschlägiger Literatur und Informationen sowie technischer Hilfsmittel wie Lampen mit Ultraviolettstrahlung unterstützt.
Auch über Ein- und Ausfuhrbestimmungen zu den Währungen häufig frequentierter Reiseländer werden sie den Kunden sachverständig Auskunft geben können.
Unternehmerische Aspekte
Räumliche Lage
Wechselstuben bedienen hauptsächlich Reisende. Sie sind daher fast immer in Orten mit einem Flughafen, einem Seehafen, einem größeren Bahnhof oder einem Grenzübergang vorhanden. Etabliert sind Wechselstuben ferner in Städten mit internationalen Ausstellungen oder Messen. Geldwechsel führen außer Wechselstuben Kreditinstitute, manche Reisebüros, größere Hotels oder von ausländischen Touristen häufig aufgesuchte Einkaufsstätten durch. Auf Kreuzfahrtschiffen oder Fähren auf See obliegt dem Zahlmeister oft auch der Betrieb der Wechselstube.
Verdienstquellen
Eine Wechselstube verdient an der Preisgestaltung des An- beziehungsweise Verkaufskurses der konvertiblen Währungen oder den Preisunterschieden bei Goldumsätzen. Daneben können für die Durchführung ihrer Finanzdienstleistungen Entgelte anfallen. Einzelheiten ergeben sich aus dem Preisaushang.
Die Wechselkurse der Sorten orientieren sich an den amtlich festgesetzten Devisenkursen zuzüglich oder abzüglich einer Handelsspanne. Sie können sich täglich ändern. In der Regel werden nur Banknoten ge- oder verkauft. Scheidemünzen werden eher ausnahmsweise gehandelt, weil sie in den Preisen für den Kunden wie den Händler ungünstiger sind. Diese Differenzierung hat ihre Ursache in höherem Aufwand für Lagerung und gegebenenfalls Transport oder Versand der metallenen Reisezahlungsmittel in das Ursprungsland.
Ein einfaches Beispiel zur Handelsspanne:
- Angenommen, jemand möchte für eine geplante Reise in die USA 1000 Euro umtauschen. Bei einem Kurs von beispielsweise 1,27 USD für 1 Euro gibt ihm die Wechselstube dann 1.270 US-Dollar (USD) mit. Überlegt es sich der Kunde eine Woche später anders und bleibt im Lande, wird er bei einem Ankaufskurs von 1,35 USD für 1 Euro nur mehr (1.270:1,35) 940,74 Euro zurückbekommen. Der Kursunterschied sichert dem Unternehmen die Deckung seiner Personalkosten und sonstigen Aufwendungen sowie Nachteile durch Kursschwankungen.
Auswirkungen durch den modernen Zahlungsverkehr
Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts haben verschiedene Entwicklungen die Geschäftssituation der Wechselstuben tangiert. Die Verbreitung von Geldautomaten hat dazu geführt, dass es für den Kunden günstiger sein kann, mittels seiner Debitkarte oder Kreditkarte benötigtes Bargeld in Fremdwährung im anderen Land direkt aus einem dafür zugelassenen Geldautomaten zu besorgen. Der Betrag wird dann, umgerechnet zum Devisenkurs und abzüglich einer Bankgebühr für die Abhebung, von seinem heimischen Bankkonto abgebucht. Damit wird das Verlustrisiko beim Mitführen einer größeren Geldsumme auf Reisen, etwa durch Diebstahl, verringert.
Die Einführung der Gemeinschaftswährung Euro in verschiedenen Staaten der Europäischen Union hat zum Wegfall ihrer nationalen Währungen geführt und den Umsatz bei Geldwechselgeschäften reduziert. Im Startjahr 2002 verschwanden die Umtauschtransaktionen in Deutsche Mark, spanische Peseten, italienische Lire, belgische Francs und niederländische Gulden.
Es gibt inzwischen vereinzelt Wechselstuben, die Dienste über das Internet anbieten. Bestellte ausländische Währungen werden etwa dem Kunden nach Hause zugesandt, ihr Gegenwert über Kreditkarte oder im Lastschriftverfahren vom Konto des Kunden abgebucht.
Unternehmen (Auswahl)
In Deutschland ist die ReiseBank ein großer, stark auf das Wechselstubengeschäft spezialisierter Anbieter. Weltweit hebt sich das Unternehmen Travelex nach eigenen Angaben vor Mitbewerbern hervor.[3]
Rechtliche Regelungen
Erlaubnis
Eine Wechselstube wird sowohl von Kaufleuten als auch juristischen Personen, gegebenenfalls als staatliche Einrichtung, betrieben. Häufig wird das Geschäft in Banken und Sparkassen und deren Filialen abgewickelt. Der Geschäftsbetrieb erfordert im Allgemeinen eine kaufmännische Buchführung. Je nach nationaler Regelung kann vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit eine staatliche Erlaubnis erforderlich sein.
- Deutschland
In Deutschland erhält ein Einzelkaufmann keine Erlaubnis für den Betrieb einer Wechselstube. Das Sortengeschäft zählt gemäß (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 KWG) zu den Bankgeschäften. Wer es betreibt, ist folglich entweder Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut, sofern es sich nicht – wie etwa bei Kaufhäusern, Hotels oder Reisebüros – bei diesen Umsätzen um ein erlaubnisfreie Nebentätigkeit handelt (§ 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 12 KWG).
Vorkehrungen gegen Geldwäsche
Wechselstuben sind wegen ihrer Bargeldumsätze ein mögliches Ziel von Kriminellen, die illegal erlangtes Geld in legale Zahlungsmittel verwandeln wollen. Jeder Betreiber einer Wechselstube ist inzwischen in den der FATF angehörenden Staaten verpflichtet, Vorkehrungen gegen Geldwäsche zu treffen.
- Deutschland
In Deutschland geschah dies im Jahre 1998. Bei Sortengeschäften ab 5.000 Euro werden nähere Aufzeichnungen über die Kundentransaktion einschließlich einer Identifizierung stets notwendig. Dazu sah sich der Gesetzgeber durch polizeiliche Ermittlungsfälle und Erkenntnissen aus internationaler Zusammenarbeit der Behörden zur Geldwäschethematik veranlasst. Unter anderem war durch die Polizei Geldwäscherei in größerem Stil mit Hilfe von Inhabern zweier Wechselstuben in München ermittelt worden, die sich mit Kriminellen im Drogenmilieu einließen. Insgesamt etwa 60 Millionen D-Mark sollen hier zwischen den Junimonaten 1993 und 1994 in den regulären Geldkreislauf eingeschleust worden sein.[4]
Weitere staatliche Bestimmungen
Die Geschäftsabwicklung in Wechselstuben wurde oder wird auch von sonstigen staatlichen Regelungen berührt. Als Beispiele seien genannt:
- Staaten mit nicht konvertiblen Währungen untersagen häufig die Ausfuhr der inländischen Währung und verlangen oder begrenzen den Umtausch ausländischer Währung. In Zollbestimmungen kann angewiesen sein, dass der Reisende den Besitz ausländischer Valuta deklarieren muss und den Umtausch in Landeswährung anhand von Belegen der Wechselstuben dokumentieren soll. So hat die frühere DDR von westlichen Besuchern einen Mindestumtausch in DDR-Mark erzwungen, der in Wechselstuben an den Grenzübergängen in der DDR abgewickelt wurde.
- Nach der Währungsreform galt in der viergeteilten Stadt Berlin eine Doppelwährungsphase, bis schließlich die Westalliierten durch das Zulassen von Wechselstuben und der Entscheidung für die Deutsche Mark als alleinigem gesetzlichen Zahlungsmittel in den Westsektoren der Gemengelage ein Ende bereiteten. In diesen Umtauschstellen konnten Ost-Mark in West-Mark oder umgekehrt zu einem an Angebot und Nachfrage orientierten Kurs umgewechselt werden. Zwischen Preisamt und Wechselstubenbesitzern gab es hierzu gerichtlich ausgetragene Meinungsverschiedenheiten. [5]
Die Geschäftstätigkeit von Wechselstuben wird in vielen Staaten von Aufsichtsbehörden überwacht. Beispielsweise ist in Deutschland die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in Frankreich die Banque de France dafür zuständig.
Geschichte
Wechselstuben sind das moderne Pendant zum jahrhundertelang der Bevölkerung vertrauten Geldwechsler. Das Bedürfnis, fremde Währungen in orts- oder landesübliche Zahlungsmittel zu wechseln, ist bereits seit der Zeit des Hellenismus vorhanden. Aus der Geschichte Bremens ist etwa bekannt, dass Erzbischof Adaldag im Jahr 966 eine Wechselstube errichtete.[6]
Mit einer anderen Aufgabe waren die von König Georg von Podiebrad in den ihm gehörenden Städten Böhmens geschaffenen Wechselstuben konzipiert: Sie sollten eine am 5. Juni 1469 von ihm festgelegte Münzreform umsetzen und altes Geld gegen neues umtauschen.[7] Aus den Geldwechslern gingen in der Neuzeit die Banken hervor.
Einzelnachweise
- ↑ Deutsche Bundesbank: Glossar Definition: "An ausländischen Plätzen zahlbare Zahlungsanweisungen in fremder Währung sowie über fremde Währungen lautende, im Ausland zahlbare Wechsel und Schecks.
- ↑ Spiegel-Online vom 19. März 2008: Amsterdamer Wechselstuben nehmen keine Dollar, abgefragt am 8. Mai 2009
- ↑ na-Presseportal vom 1. März 2005, abgefragt am 8. Mai 2009
- ↑ Kai Bongard: Wirtschaftsfaktor Geldwäsche, Seite 114. ISBN 3824406225, abgefragt am 6. Mai 2009
- ↑ Michael W. Wolff: Die Währungsreform in Berlin: 1948/49, Seite 120 ff. ISBN 3110123053, abgefragt am 6. Mai 2009
- ↑ Johann Hermann Duntze: Geschichte der freien Stadt Bremen, Seite 335. 1851, abgefragt am 6. Mai 2009
- ↑ Franz Palacky: Geschichte von Böhmen, Vierter Band, Seite 594. Prag 1860, abgefragt am 6. Mai 2009
Weblinks
- BaFin-Hinweise zum Angebot von Banknoten und Münzen im Internet
- BaFin-Merkblatt zum Finanztransfergeschäft
- einestages.spiegel.de: Andrang bei einer Berliner Wechselstube am 2. August 1948
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