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Weiße Folter
Unter dem Begriff Weiße Folter werden solche Foltermethoden zusammengefasst, die zwar in ihrer Anwendung und ihrer unmittelbaren Wirkung unsichtbar sind, jedoch die Psyche des betroffenen Menschen angreifen und mitunter dauerhaft erheblich schädigen oder sogar zerstören können. Synonym wird der Euphemismus Saubere Folter verwendet.
Weiße Folter arbeitet nicht mit physischer Gewaltanwendung (z. B. Schlägen, starke Elektroschocks, Verstümmelungen), die sichtbare Spuren hinterlässt, sondern mit Mitteln, die in erster Linie Wirkung auf die Psyche des Opfers haben. Übergänge zur Gewalt gegen den Körper der gefolterten Person sind dabei allerdings mitunter fließend.
Methoden
Die bekannteste Methode der Weißen Folter ist die sogenannte Isolationshaft, bei der das Opfer innerhalb eines Gefängnisses oder einer ähnlichen Einrichtung durch Methoden und Formen der sozialen Isolation und der sensorischen Deprivation weitgehend von sozialen Bedürfnissen (unter anderem zwischenmenschlicher Kommunikation, Information und emotionaler Zuwendung) und von substanziell notwendigen organisch-sensorischen Sinneseindrücken (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten) abgeschnitten (depriviert) wird. Sie bewirkt unter anderem erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des vegetativen Nervensystems sowie der Wahrnehmung und der kognitiven Leistungsfähigkeit und zielt auf die Zerstörung des psychischen Gleichgewichts ab, um den Gefangenen etwa zu einem Geständnis, zur Zusammenarbeit mit seinen Folterern zu zwingen oder ihn psychisch zu zerstören.
Weitere Methoden der Weißen Folter sind beispielsweise der strafend eingesetzte Schlafentzug, Reizentzug (etwa Dunkelhaft oder langer Aufenthalt in einer Camera silens), Scheinhinrichtungen, auch weniger geläufige Folterarten wie Sauerstoffmangel-Folter oder Waterboarding, langfristiges Stehenlassen in angespannter Haltung (bei welchem das Opfer Schmerz durch die unnatürliche Dauer der Muskelanspannung bzw. Belastung erleidet, den es als durch sich selbst verursacht erleben soll), Kitzeln, Erregen von Übelkeit bei Menschen mit Kinetose sowie allgemein entwürdigende und entmündigende Behandlung: Nacktheit, gezieltes Verwahrlosen-Lassen, Verlangen totaler Unterordnung, Behandlung als krank oder gestört, Verletzung des Schamgefühls als sogenannte Schamfolter und provozierte Desorientierung, z. B. durch Fixierung/Fesselung auf einem dreidimensional verstellbaren Drehsessel.
Im fließenden Übergang zur körperlich schädigenden Folter werden u. a. folgende Methoden angewandt: Schütteln (vgl. hierbei bereits beschriebene körperliche Schäden/Todesfolgen ähnlich denen des Schütteltraumas), bewusste Unterkühlung oder Überhitzung im Raum des Gefangenen (vgl. Dehydratationssyndrome), Beschallung der Gefangenen mit ohrenbetäubendem Lärm (vgl. Hörschäden wie bleibende Ohrgeräusche und objektivierbare Hörminderungen).
Kritik
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Schon der Begriff Weiße Folter relativiert die kriminellen, menschenrechtsverachtenden Methoden mit der im westlichen Kulturkreis positiv belegten Farbe Weiß (siehe Neusprech). Tatsächlich wird die massive Verletzung der psychischen Gesundheit willentlich in Kauf genommen. Nicht selten wird Suizid in Folge von dieser Form der Folter dokumentiert. Daher wären Begriffe wie psychologische Folter oder dunkle Folter, um die Unsichtbarkeit der Verletzungen zu betonen, geeigneter.
Dokumentationen
- 2007: Taxi zur Hölle (Taxi to the Dark Side)
- 2008: Standard Vorgehensweise (Standard Operating Procedure)
Siehe auch
Literatur
- Rainer Mausfeld: Foltern ohne Spuren. Psychologie im Dienste des »Kampfes gegen den Terrorismus«. (Volltext), In: Wissenschaft & Frieden, 2010, Heft 1: Intellektuelle und Krieg, Seite 16–19.
- Metin Başoğlu, Maria Livanou: Torture vs Other Cruel, Inhuman, and Degrading Treatment. Is the Distinction Real or Apparent? (Volltext), Archives of General Psychiatry, 2007; 64:277-285 (englisch)
- Horst Herrmann: Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens. Frankfurt a. M. 2004, ISBN 3-8218-3951-1.
- Alfred W. McCoy: Foltern und foltern lassen. 50 Jahre Folterforschung und -praxis von CIA und US-Militär. Zweitausendeins, Frankfurt 2005, ISBN 3-86150-729-3.
- Angelika Birck, Christian Pross, Johan Lansen (Hrsg.): Das Unsagbare – Die Arbeit mit Traumatisierten im Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin. Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-43856-4.
- Peter Nowak, Gülten Sesen, Martin Beckmann (Hrsg.): Bei lebendigem Leib – Von Stammheim zu den F-Typ-Zellen. Gefängnissystem und Gefangenenwiderstand in der Türkei. Unrast Verlag, Münster 2001, ISBN 3-89771-008-0.
- Margrit Schiller: Es war ein harter Kampf um meine Erinnerung – Ein Lebensbericht aus der RAF. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1999, ISBN 3-89458-181-6.
Weblinks
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Weiße Folter aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |