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Wiederaufarbeitung

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Wiederaufarbeitung in der Nuklear-Industrie

Die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen ist ein Teil des Brennstoffkreislaufs in der Kerntechnik. Sie dient der Trennung der in benutzten Brennelementen von Kernreaktoren enthaltenen, während des Betriebes entstandenen Stoffe in einerseits wiederverwertbare Anteile (ungenutzte Kernbrennstoffe und diverse Radionuklide) und anderseits hoch-, mittel- und schwachradioaktiven Abfall.

Die hierzu eingesetzten chemisch-physikalischen Verfahren dienten ursprünglich militärischen Zwecken. So sollte das bombentaugliche Plutonium gewonnen werden, das in der Natur nicht in nutzbarer Menge vorkommt. In Kernreaktoren wird ein Teil des nicht spaltbaren Uran-238 durch Neutroneneinfang in Plutonium-239 umgewandelt. Dieses ist spaltbar, hat eine relativ geringe kritische Masse und kann auf chemischem Wege abgetrennt werden. Eine solche Produktion von Plutonium in den ersten, mit Natururan betriebenen Kernreaktoren der Welt und seine Abtrennung aus deren Brennstoff war daher eine günstige Möglichkeit zur Gewinnung von bombentauglichem Material. Dagegen war die ausreichende Anreicherung des Isotops 235U bis zur Bombentauglichkeit nach dem damaligen Stand der Technik (Gasdiffusionsverfahren) extrem aufwendig und langwierig, da sich die Isotope eines Elementes chemisch nicht unterscheiden und nur auf physikalischem Wege trennen lassen.

Im Folgenden wird die Wiederaufarbeitung von abgebranntem Brennstoff aus Leichtwasserreaktoren und Schnellen Brütern (Brüten von Plutonium-239 aus Uran-238) mit dem PUREX-Prozess behandelt. Für Kernreaktoren, die Uran-233 aus Thorium-232 erbrüten, wurde der THOREX-Prozess entwickelt.[1]

Einzelheiten der Wiederaufarbeitung

Beim Abbrand eines Brennelementes (links) sinkt der Anteil an U235, dafür entstehen neue Elemente

Durch die Wiederaufarbeitung lässt sich spaltbares Material von den sonstigen Bestandteilen des abgebrannten Brennelements und diese auch voneinander trennen. Dadurch kann zum einen neuer Kernbrennstoff gewonnen werden; zum anderen kann das Volumen (nicht jedoch die Aktivität) des Abfalls, der für lange Zeiträume endgelagert werden muss, auf einen kleinen Bruchteil reduziert werden. Allerdings entstehen bei der Wiederaufarbeitung große Volumina an Sekundärabfällen (zum Beispiel kontaminiertes Wasser), deren geregelte Entsorgung sehr aufwändig ist. Abgebrannte Brennelemente aus zivilen Leistungsreaktoren enthalten rund 95 % Uran und 1 % Plutonium. Von dem Uran können durch erneute Anreicherung 10 % wiederverwendet werden. Dieser Anreicherungsprozess ist üblicherweise nicht Bestandteil der Wiederaufarbeitung. Der abgebrannte Kernbrennstoff wird derzeit in der Regel ohne Wiederaufarbeitung zwischengelagert. Bekannt ist hier das Lager Sewersk in Russland. Weitere Lager befinden sich in Paducah (Kentucky) sowie Portsmouth (Ohio).

Die restlichen 90 % des abgetrennten Materials sind (in Leichtwasserreaktoren) nicht verwendbares Uran, Spaltprodukte und die wie Plutonium durch Neutroneneinfang entstandenen höheren Actinoide. Daraus werden weitere verwertbare Stoffe gewonnen. Alles Übrige ist radioaktiver Abfall.[2] Deutlich kleinere Abfallmengen würden bei der Wiederverarbeitung von Brennmaterial für schnelle Brutreaktoren anfallen, da diese das U-238 zu spaltbarem Plutonium umwandeln können.

Im Rahmen der friedlichen Nutzung der Kernenergie wird der abgetrennte Kernbrennstoff, vor allem das Plutonium, zu neuen Brennelementen verarbeitet und im Sinne einer Rezyklierung wieder in den Reaktor zurückgeführt. Im militärischen Bereich dient die Abtrennung dazu, Plutonium für Kernwaffen zu erhalten. Auch einige höhere Actinoide können selektiv abgetrennt werden, um sie für spezielle Aufgaben zu verwenden.

Denkbar ist auch noch eine zusätzliche Abtrennung der bei der Kernspaltung entstehenden Edelmetalle Ruthenium, Rhodium und Palladium bei der Wiederaufarbeitung. Da aber das so gewonnene Palladium neben 4 stabilen auch ein radioaktives, langlebiges Isotop (107Pd) mit einer Halbwertszeit (HWZ) von 6,5 Millionen Jahren enthält, dürfte dieses Palladium nicht außerhalb von Sicherheitsbereichen verwendet werden. Bei Rhodium und Ruthenium sind die Sachverhalte günstiger, da von diesen Edelmetallen in den Spaltprodukten nur radioaktive Isotope mit Halbwertszeiten von höchstens einem Jahr vorhanden sind, sodass eine Verwendung außerhalb des Sicherheitsbereichs nach ein bis zwei Jahrzehnten möglich wäre (Abfall der Radioaktivität auf ein Millionstel). Bis heute wird die Abtrennung von Ruthenium, Rhodium und Palladium aus den Spaltprodukten nicht praktiziert.

Das bedeutet, in der Summe sind durch eine Wiederaufbereitung insgesamt 1 % bis 10 % des Materials wieder zu verwenden, 90 % bis 99 % sind radioaktiver Abfall. Dessen Hauptmenge besteht aus den Spaltprodukten der Kernspaltung und ihrer Zerfallsprodukte, das sind radioaktive Isotope aller Elemente mit Massenzahlen zwischen 77 und 158 (im PSE die Elemente vom Arsen bis zum Terbium). Von diesen künstlichen Radioisotopen werden bei der Wiederaufarbeitung diejenigen abgetrennt, die in Wissenschaft, Technik oder Medizin als Strahlenquelle oder zur Verfolgung von Stoffströmen einsetzbar sind. Die übrigen Spaltprodukte werden in solche mit hoher, mittlerer und schwacher Radioaktivität getrennt, weil ihre Lagerung unterschiedlich gehandhabt wird. Vom Gesamtvolumen dieser Abfälle entfallen 7,3 % auf die hochaktiven Abfälle, die jedoch 98,3 % der gesamten Radioaktivität enthalten.[3] Für die mittel- und schwach radioaktiven Abfälle verbleiben somit 1,7 % der Radioaktivität und knapp 92,7 % des Gesamtvolumens.

Bei der Wiederaufarbeitung fallen auch radioaktiv kontaminierte Abwässer an, die in der Regel in die Umwelt geleitet werden. Zum Beispiel werden in der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague jährlich ca. 0,5 Mrd. Liter radioaktiv kontaminiertes Abwasser in den Ärmelkanal geleitet. Auch radioaktiv kontaminierte Abluft wird freigesetzt.[4] Der Anteil an radioaktivem Krypton (85Kr; Betastrahler mit einer HWZ von rd. 10 Jahren) in dieser Abluft ist dabei mit ca. 90000 Bq pro Kubikmeter Luft besonders signifikant.[5]

Verfahren

In einer Wiederaufarbeitungsanlage werden die Brennelemente zunächst mechanisch zerschnitten und in heißer Salpetersäure gelöst. Zur Trennung der Bestandteile Uran, Plutonium, der höheren Actinoide und der Spaltprodukte voneinander setzt man die Extraktion mit dem PUREX-Prozess ein (PUREX = englisch Plutonium-Uranium Recovery by Extraction). Als Extraktionsmittel dient Tributylphosphat (C4H9O)3PO, das mit 70 Prozent C12–14-Alkanen (zum Beispiel Kerosin) verdünnt ist. Durch mehrfache Durchführung der Extraktionszyklen kann eine fast vollständige Trennung der Bestandteile erreicht werden.

Alternative Verfahren

Neben dem oben beschriebenen Verfahren wurden in den Vereinigten Staaten und Russland neuere Verfahren der Pyrometallurgie entwickelt.[6] Dabei wird im Prinzip die Elektrolyse eingesetzt, um die Metalle zu trennen. Der wesentliche Vorteil gegenüber dem PUREX-Prozess besteht darin, dass das Uran zusammen mit Plutonium und höheren Actinoiden als Gemisch abgetrennt und damit die Isolierung von waffenfähigem Plutonium erschwert wird. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die restlichen radioaktiven Abfälle nur circa 500 Jahre aufbewahrt werden müssen.

Ein im Konzeptstadium befindliches Verfahren ist der Laufwellen-Reaktor. Dieser Kernreaktortyp soll seinen eigenen verbrauchten Brennstoff im Betrieb zu einem großen Teil selbst „aufarbeiten“ und dadurch pro erzeugter Energieeinheit wesentlich weniger endzulagerndes Material zurücklassen. Bisher wurde noch kein Laufwellenreaktor gebaut.

Ebenfalls im Konzeptstadium ist der Dual-Fluid-Reaktor, bei dem die Spaltstoffe im Betrieb ständig abgeführt würden und der dazu die fraktionierte Destillation/Rektifikation nutzt[7] Theoretisch könnte man so in einem DFR auch abgebrannte Brennelemente aufbereiten und verwenden.

Anfang Januar 2011 wurden Meldungen chinesischer Wissenschaftler über eine angebliche Entwicklung einer neuen Wiederaufarbeitungsmethode bekannt, durch die die Urannutzung 60-mal effizienter wäre.[8]

Weiterverarbeitung der Produkte

Das abgetrennte Plutonium wird bei der zivilen Wiederaufarbeitung meist zu neuen Uran/Plutonium-Brennelementen (MOX-Brennelemente) verarbeitet, die in Leichtwasserreaktoren wieder eingesetzt werden. Dies ist beispielsweise in Frankreich, Deutschland und Japan der Fall. In Großbritannien wird das Plutonium mangels Recyclingmöglichkeiten lediglich gelagert. Eine im Vergleich zu Leichtwasserreaktoren wesentlich effizientere Nutzung wäre in Brutreaktoren möglich, die sich aber weltweit nicht durchgesetzt haben.

Das abgetrennte Uran wird bisher nur in relativ kleinem Umfang recycelt. Da es im Gegensatz zu Natururan noch geringe Spuren an unerwünschten Isotopen enthält, ist die Weiterverarbeitung aufwendiger und daher derzeit unwirtschaftlich.

Die radioaktiven Spaltprodukte und die höheren Actinoide liegen nach dem so genannten Partitioning zunächst als hochradioaktive Lösung vor, die in gekühlten Edelstahltanks gelagert wird. Im Hinblick auf eine längerfristige Zwischenlagerung und die spätere Endlagerung müssen diese Abfälle in eine feste und auslaufresistente Form gebracht werden. Hierzu hat sich die Verglasung als geeignetes Verfahren erwiesen. An allen bestehenden Wiederaufarbeitungsanlagen sind daher auch Verglasungsanlagen installiert. Die Lösung wird bei der Verglasung zunächst eingetrocknet und die aus der Lösung ausgefallenen Feststoffe mit glasbildenden Stoffen vermischt und daraus werden Glasblöcke geschmolzen. Das nicht radioaktive Lösungsmittel wird dabei frei und kann wieder verwendet werden.

Umweltauswirkungen

Bei der Wiederaufarbeitung fallen Abgase und Abwässer an, die gereinigt und anschließend in die Umgebung abgeleitet werden. Trotz der Reinigungsmaßnahmen enthalten diese Ableitungen noch radioaktive Bestandteile. Die maximalen Aktivitätsmengen, die mit der Fortluft und dem Abwasser in die Umgebung abgegeben werden dürfen, werden von den zuständigen Behörden in der Betriebsgenehmigung festgelegt. Grundlage dieser Grenzwerte ist die Berechnung der radiologischen Auswirkungen auf die Menschen in der Umgebung der Anlage. Daher sind die zulässigen Ableitungswerte stark von den geographischen Gegebenheiten des Standorts abhängig. Umweltschutzverbände, wie zum Beispiel Greenpeace, haben unter Berufung auf eigene Messungen den Betreibern der Wiederaufarbeitungsanlagen wiederholt vorgeworfen, die Umwelt in unzulässiger Weise zu belasten.

Wiederaufarbeitungsanlagen

Eine Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) ist eine großtechnische Anlage, in der abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken auf chemischem Wege wiederaufgearbeitet, d. h. in radioaktive Abfallstoffe (Atommüll) und wiederverwendbares spaltbares Material (insbesondere Uran, Plutonium) getrennt werden. Als Verfahren hat sich dabei das PUREX-Verfahren durchgesetzt. Die Wiederaufarbeitungsanlagen stellen somit den Versuch dar, einen atomaren Wiederverwertungs-Kreislauf aufzubauen. Die bei der Wiederaufarbeitung anfallenden radioaktiven Abfälle werden an Ort und Stelle weiterverarbeitet (konditioniert) und später an die jeweiligen Kunden zurückgeliefert.

Insgesamt steht im zivilen Bereich eine Wiederaufarbeitungskapazität von rund 5000 tSM/a (Tonnen Schwermetall pro Jahr) zur Verfügung (2900 tSM/a für Brennstoff aus Leichtwasserreaktoren, 2100 tSM/a für sonstigen Brennstoff).

Brennstoff Anlage Kapazität in jato
LWR-Brennstoff La Hague, FrankreichFrankreich Frankreich 1700
Sellafield, Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 600
Majak, RusslandRussland Russland 400
Rokkasho, JapanJapan Japan 700 (noch nicht fertiggestellt)
Andere Brennstoffe Sellafield, Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich (Magnox) 1500
IndienIndien Indien (PHWR) 330
Tōkai, JapanJapan Japan (MOX) 40

In Betrieb befindliche Anlagen

  • Großbritannien: In Sellafield, früher Windscale genannt, sind zwei Anlagen in Betrieb. Die ältere Anlage B205 dient dazu, abgebrannte metallische Brennelemente aus den britischen Magnox-Reaktoren aufzuarbeiten. Die neuere THORP-Anlage (Thermal Oxide Reprocessing Plant) ist für die Wiederaufarbeitung von oxidischen Brennstoffen ausgelegt, die sowohl aus den britischen Advanced Gas-cooled Reactors als auch aus Leichtwasserreaktoren im Ausland stammen.
  • Frankreich: In La Hague gibt es ebenfalls zwei Wiederaufarbeitungsanlagen. Die Anlage UP2-800/La Hague ist für französische Brennelemente vorgesehen. Die relativ ähnliche Anlage UP3/La Hague dient der Wiederaufarbeitung abgebrannter LWR-Brennelemente ausländischer Kunden.
  • Indien: In Indien wurde 1964 die erste kleine Anlage zur Wiederaufarbeitung von Forschungsreaktorbrennstoff in Betrieb genommen (Trombay). Eine größere Anlage für Brennelemente aus Leistungsreaktoren befindet sich in Tarapur. Mit der Inbetriebnahme einer weiteren Anlage bei Kalpakkam wurde Anfang 1997 begonnen.[9]
  • Japan: Seit 1977 ist eine Anlage im Dorf Tōkai in Betrieb. Nach einem Brand mit anschließender Explosion in der Abfallbituminierungsanlage im März 1997 wurde der Betrieb eingestellt und im November 2000 wieder aufgenommen.
  • Russland: Zwei Wiederaufarbeitungsanlagen sind in Betrieb (RT-1/Majak, Tomsk). Über weitere Anlagen in Tomsk oder in Schelesnogorsk (RT-2) liegen nur wenige Informationen vor.
  • USA: Die ursprünglich zu vornehmlich militärischen Zwecken errichtete Anlage Savannah River Site (South Carolina) dient heute noch der Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus Forschungsreaktoren, auch aus dem Ausland.
  • Nordkorea: In Nyŏngbyŏn betreibt Nordkorea neben einem Forschungsreaktor eine Wiederaufarbeitungsanlage. Sie dürfte derzeit wie der Reaktor entsiegelt und in Betrieb sein, um das Plutonium aus dem Reaktor zu gewinnen.

Geplante oder im Bau befindliche Anlagen

  • Japan: Wiederaufarbeitungsanlage Rokkasho: Eine größere Anlage in Rokkasho ist seit 1993 im Bau. Die Bauarbeiten verzögerten sich um mehrere Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan. Mit Sicherheitsüberprüfungen vor Inbetriebnahme wurde Ende 2014 begonnen, die im Mai 2020 von den Behörden abgenommen wurden.[10] Ein kommerzieller Regelbetrieb ist ungewiss, da Japans schneller Brüter zwischenzeitlich stillgelegt wurde.

Stillgelegte Anlagen

  • Frankreich: Die Anlage UP1 in Marcoule, die ursprünglich militärischen Zwecken diente und in der später Magnox-Brennelemente wiederaufgearbeitet wurden, wurde 1997 endgültig abgeschaltet, nachdem in Frankreich inzwischen keine Magnox-Reaktoren mehr in Betrieb sind.
  • Belgien: Von 1967 bis 1974 wurde in Mol die Wiederaufarbeitungsanlage Eurochemic, ein Gemeinschaftsprojekt von 13 Mitgliedsstaaten der OECD, betrieben. In dieser Anlage wurden insgesamt etwa 210 t Brennstoff aufgearbeitet. Mit der Zerlegung der Einrichtungen wurde 1991 begonnen.
  • USA: In den Nachkriegsjahren wurden mehrere Wiederaufarbeitungsanlagen für militärische Zwecke errichtet (Hanford, Savannah River Site, Idaho). Idaho (1992) und Hanford (1990) wurden vor einigen Jahren stillgelegt. Eine kommerzielle Anlage in West Valley war von 1966 bis 1971 in Betrieb. Zwei weitere Anlagen (Barnwell, Morris) wurden zwar fertiggestellt, aus unterschiedlichen Gründen aber nicht in Betrieb genommen.
  • Deutschland:

Fallengelassene Projekte

Argumente für die Wiederaufarbeitung

Durch die Wiederaufarbeitung wird der Raumbedarf für die Endlagerung verkleinert, weil dabei das hochradioaktive Material, welches dorthin gehört, abgetrennt wird. Dessen Volumen macht nur noch etwa 2 bis 3 % des Ursprungsvolumens aus: In den Brennelementen dient nur das Uran-235 als Brennmaterial, davon sind in angereichertem Uran 3 bis 4 % enthalten und in nicht angereichertem Uran nur 0,72 %. Über die Nutzungszeit eines Brennelementes werden von diesem Isotop ungefähr 0,9 % in Plutonium umgewandelt und ungefähr 60 bis 70 % gespalten. Nur ein Teil der Spaltprodukte sind zur Endlagerung bestimmte hochradioaktive Abfälle.

Voraussagen darüber, wie lange die natürlichen Uranvorkommen für die weltweite Stromversorgung ausreichen werden, sind schwierig. Schätzungen reichen von 25 Jahren[12] bis weit über 100 Jahre[13], die jeweils mit der effizienteren Nutzung des Urans in Brutreaktoren um etwa Faktor 50 erhöht werden könnten. Die Schätzung hängt neben vielen anderen Faktoren vor allem vom Uranpreis ab (der Kernbrennstoff macht bei Leichtwasserreaktoren nur etwa 20 % der Stromkosten aus) sowie davon, wie stark Kernenergie in Zukunft genutzt werden wird. Während Deutschland plant, aus der Kernenergienutzung auszusteigen, werden in anderen Ländern wie Finnland, Frankreich, Kanada, Russland, Indien und vor allem in China neue Kernkraftwerke gebaut. China wird auf diese Weise trotz des Bedarfsrückgangs in einigen anderen Ländern für eine weltweite Nettozunahme des Uranverbrauchs sorgen. Weltweit befinden sich Mitte 2012 63 Kraftwerksblöcke im Bau, 160 in Planung und weitere 329 sind langfristig angedacht.[14] Vor diesem Hintergrund könnte die Wiederaufarbeitung gebrauchter Brennelemente eines Tages notwendig werden, um danach aus dem verbleibenden Uran das restliche Uran-235 und Pu-239 gewinnen zu können.

Argumente gegen die Wiederaufarbeitung

Das Argument, das wiedergewonnene Spaltmaterial erneut einsetzen zu können, ist derzeit ökonomisch nicht sinnvoll, da bei den heutigen Uranpreisen Brennelemente aus wiederaufgearbeitetem Material deutlich teurer als Brennelemente aus „frischem“ Uran sind. So verursacht die Wiederaufarbeitung im Vergleich zu der direkten Endlagerung um 10 bis 18 Prozent höhere Brennstoffzykluskosten.[15] Bei steigender Nachfrage nach Uran, beispielsweise durch neue chinesische Kernkraftwerke und durch Abnahme der natürlichen Vorkommen, kann eine Wiederaufarbeitung in Zukunft ökonomisch immer interessanter werden. Um Uran zu einer späteren Zeit aufarbeiten zu können, dürfen Brennstäbe jedoch nicht endgelagert werden bzw. müssen rückholbar sein.

Siehe auch: Brutreaktor

Wiederaufarbeitungsanlagen können zur Gewinnung von waffenfähigem Plutonium verwendet werden und werden aus diesem Grund von allen Nationen mit eigenständigem Atomwaffenprogramm betrieben. Rein militärische Anlagen unterscheiden sich technisch in der Regel von zivilen Wiederaufarbeitungsanlagen, da militärische und zivile Nutzung unterschiedliche Ziele verfolgen: Für die militärische Nutzung werden Brennelemente mit sehr geringem Abbrand benötigt, d. h. mit kurzer Verweildauer im Reaktor und damit geringer Verunreinigung mit Spaltprodukten. Kommerzielle Stromversorger wollen hingegen die Brennelemente möglichst lange im Reaktor belassen, um das Material so bestmöglich auszunutzen. Diese höher abgebrannten Brennelemente erfordern wegen des erheblich größeren Anteils an Spaltprodukten einen höheren Aufwand bei der Wiederaufarbeitung. Plutonium aus den relativ hoch abgebrannten Brennelementen üblicher Leistungsreaktoren eignet sich nicht zur Herstellung militärisch interessanter Nuklearwaffen. Dennoch kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass auch bei der zivilen Wiederaufarbeitung Plutonium separiert und damit die Technik zur militärischen Aufbereitung leichter zugänglich gemacht wird. Durch Kontrolle den Missbrauch zu verhindern, ist eine der Aufgaben des internationalen Safeguards-Systems und Gegenstand internationaler Vereinbarungen, insbesondere des Atomwaffensperrvertrags, des Safeguards Agreement und des Additional Protocol.

Umstritten sind auch die radioaktiven Ableitungen ins Meer, insbesondere aus den europäischen Anlagen Sellafield und La Hague. Während nach Aussage von Umweltschützern wie beispielsweise Greenpeace die Ableitungen zu einer unzulässigen Verschmutzung der Meere und über die Nahrungskette zu einer Strahlenbelastung der Bevölkerung führen, verweisen die Betreiber auf die Einhaltung der Grenzwerte und die geringen radiologischen Auswirkungen für den Menschen.

Während durch einmalige Wiederaufbereitung das Volumen des hochradioaktiven Abfalls um 80 % abnimmt, steigt das Volumen des schwach- und mittelaktiven Abfalls auf das Fünffache.[16]

Für die Anlieferung der Brennelemente und den Rücktransport der Reststoffe und Abfälle sind zahlreiche Transporte von und zu den Wiederaufarbeitungsanlagen nötig. Die Castor-Transporte zwischen den Wiederaufarbeitungsanlagen und Deutschland wurden in der Vergangenheit immer wieder behindert. Seit 2005 werden aus Deutschland keine abgebrannten Brennelemente mehr in die Wiederaufarbeitung geliefert.[17] Die Schweiz lieferte de facto seit 2006 keine Brennelemente mehr in die WA; 2017 wurde das Verbot der Wiederaufarbeitung von Brennelementen im Schweizer Kernenergiegesetz (KEG) verankert.[18]

Der Historiker Joachim Radkau resümierte 2011:

„Die Wiederaufarbeitung hatte zunächst auch in Kreisen, die der Ökoszene nahe standen, eher einen guten Klang, es galt als ökologisch vorbildlicher Weg zur Resteverwertung. Rein aus der Ferne gesehen, schien es ganz vernünftig, aus dem Atommüll das stark strahlende Plutonium wieder herauszunehmen und wieder in Kernkraftwerken neu zu nutzen – ich habe genauso gedacht –, erst allmählich merkte man, dass die Wiederaufarbeitung mit eigenen tückischen Risiken verbunden ist, das Sprichwort vom Teufel im Detail trifft auf viele Bereiche der Kernkraft zu – dafür ist die Wiederaufarbeitung das beste Beispiel.“[19]

Einige Staaten, wie Deutschland und die USA, haben sich aus wirtschaftlichen und politischen Gründen gegen die Durchführung von Wiederaufarbeitung im eigenen Land entschieden.

Siehe auch

Quellen

  1. R. H. Rainey, J. G. Moore: Laboratory development of the acid THOREX PROCESS for recovery of consolidated Edison Thorium rector fuel. OAK RIDGE NATIONAL LABORATORY, ORNL-3155, 1962, Archivierte Kopie (Memento vom 14. Januar 2010 im Internet Archive)
  2. arte TV: "Albtraum Atommüll". Dokumentarfilm von Eric Guéret & Laure Noualhat (dt. Ausstrahlung 15. Oktober 2009)
  3. kernenergie.ch
  4. Wiederaufarbeitung in La Hague Greenpeace (Memento vom 5. November 2010 im Internet Archive)
  5. arte TV: "Albtraum Atommüll". Dokumentarfilm von Eric Guéret & Laure Noualhat (dt. Ausstrahlung 15. Oktober 2009)
  6. William H. Hannum, Gerald E. Marsh, George S. Stanford: Smarter Use of Nuclear Waste. In: Scientific American. December 2005, S. 64 ff.
  7. IFK: Wie beim Schnapsbrennen - die PPU. Abgerufen am 18. August 2018.
  8. Recycling von Uran: China meldet Durchbruch bei Atomtechnologie. Spiegel Online, 3. Januar 2011, abgerufen am 4. Januar 2011.
  9. P.K. Dey, N.K. Bansal: Spent fuel reprocessing: A vital link in Indian nuclear power program. In: Nuclear Engineering and Design. 236, Nr. 7-8, April 2006, S. 723, doi:10.1016/j.nucengdes.2005.09.029.
  10. Troubled nuclear fuel reprocessing plant in Japan clears safety screening. Kyodo News, 29. Juli 2020, abgerufen am 1. September 2020.
  11. HTR-Brennstoffkreislauf – Technik und Strategie. U. Tillessen, E. Merz, 9 Seiten. Undatiert, laut Fußnote 52 November 1974.
  12. Peter Diehl: Greenpeace Uranreport 2006. 01, 2006, S. 58.
  13. Uran als Kernbrennstoff: Vorkommen und Reichweite. 03, 2006, S. 5.
  14. World Nuclear Association: World Nuclear Power Reactors & Uranium Requirements Abgerufen im Mai 2012.
  15. ILK-Stellungnahme zur Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente (Memento vom 12. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF; 112 kB) Internationale Länderkommission Kerntechnik, November 2001, S. 6. Abgerufen am 9. Oktober 2012.
  16. Energiespiegel Nr. 7 (Memento vom 18. Januar 2012 im Internet Archive), Paul Scherrer Institut, 2002, S. 1.
  17. Greenpeace zur Wiederaufbereitung (Memento vom 12. Oktober 2007 im Internet Archive)
  18. SR 732.1 Kernenergiegesetz (KEG) vom 21. März 2003, Stand 2006 sowie 22. Mai 2017, Artikel 9 "Wiederaufarbeitung", im Portal der Schweizer Regierung
  19. Joachim Radkau: Die Ära der Ökologie. Beck Verlag, 2011, ISBN 978-3-406-61372-2. Zitiert nach Peter Leusch: Geschichte der Anti-AKW-Bewegung

Weblinks

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