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Wurzel (Linguistik)
Unter Wurzel (eigentlich: Wortwurzel) versteht man in der Linguistik den morphologisch nicht weiter zerlegbaren Wortkern. Formal gesehen gilt dieser Wortkern traditionell als keiner bestimmten Wortart oder Wortklasse zugehörig. Häufig kann dieser Wortkern jedoch (zumindest semantisch) als verbaler Natur betrachtet werden, weshalb man in diesen Fällen genauer auch von Verb(al)wurzeln spricht; doch gibt es beispielsweise auch Nominalwurzeln und Pronominalwurzeln. So ist geh die Wortwurzel für die Wortformen gehst, begehbar, ausgehen etc., gold die Wortwurzel für die Wortformen Goldes, golden, vergoldete etc. Die Wurzel eines Wortes bildet somit die kleinste Einheit (morphologisches Atom) für die Wortbildung.
Im Unterschied zur Wurzel kann der Wortstamm unterteilt und einer bestimmten Wortart zugeordnet werden, und ist die Ausgangsform um neue Wörter zu bilden, z. B. durch Derivation, Konversion, Komposition (in der Wortbildung) bzw. durch Flexion (Wortbeugung). Die Wurzel unterliegt allenfalls der Ablautbildung. In der Linguistik wird eine Wurzel im Sinne eines morphologischen Atoms oft mit dem Symbol √ gekennzeichnet.
In der deutschen Sprache fallen Stamm und Wurzel in der Regel zusammen. Im Lateinischen oder auch im Sanskrit wird der Unterschied zwischen Stamm und Wurzel noch deutlich:
- Beispiel lateinisch
- Wurzel: √leg (Bedeutung: „sammeln, lesen, auswählen“)
- Stamm: lector (Nomen agentis: „der Leser“, gebildet durch Derivation)
- flektiertes Wort: lectoris (Stamm+Genitivendung)
- Beispiel Sanskrit
- Wurzel: √dhā (धा)
- Stamm: dadhā (दधा) (gebildet durch Reduplikation)
- flektiertes Wort: dadhāti (दधाति) („er legt“)
In der indogermanischen Grundsprache wird der Stamm von der Wurzel und einem oder mehreren Suffixen, die für die Stammbildung eingesetzt werden, gebildet. Suffix(e) und Endung zusammen bezeichnet man als Ausgang; diese sind häufig miteinander zu einer nicht mehr klar unterteilbaren Einheit verschmolzen. In bestimmten Fällen besteht der Stamm jedoch nur aus einer Wurzel ohne erkennbare Erweiterungen; dann spricht man von Wurzelflexion (z. B. Wurzelnomen, Wurzelpräsens, Wurzelaorist).
In der historischen Sprachwissenschaft wird der Begriff Wurzel manchmal ungenau auf einen durch historischen Vergleich erschlossenen Kern angewandt. Dieser kann aber ebenso gut aus einem Wortstamm oder sogar einer vollständigen Wortform bestehen.
In diesem Sinne des gemeinsamen Ursprungs wird eine Wurzel in der Linguistik oft mit dem Symbol * gekennzeichnet. Allerdings markiert das Sternchen nur Formen, die rekonstruktiv erschlossen, nicht direkt belegt sind. In manchen Fällen (z. B. im Falle der romanischen Sprachen) ist eine Vorform oder ein gemeinsamer Vorläufer direkt belegt, weshalb der Asterisk (das Stern-Symbol) dann nicht verwendet wird.
In den semitischen Sprachen beruhen die meisten Wörter auf einer dreikonsonantigen Wurzel. Siehe hierzu Radikal (semitische Sprachen).
Siehe auch
Literatur
- Helmut Glück (Hrsg): Metzler Lexikon Sprache. Unter Mitarb. von Friederike Schmöe. 3., neubearb. Aufl. Metzler, Stuttgart [u. a.] 2005. ISBN 3-476-02056-8.
Weblinks
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wurzel (Linguistik) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |