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Boléro

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Dieser Artikel behandelt die Komposition von Maurice Ravel. Für weitere Bedeutungen siehe Bolero.

Boléro ist ein Orchesterstück des französischen Komponisten Maurice Ravel der gleichnamigen Tanzgattung. Ursprünglich als Ballett gedacht und für die Bühne konzipiert, gilt es heute als eines der meistgespielten Werke der Orchesterliteratur.

Entstehung und Uraufführung

Die Komposition entstand in der Zeit von Juli bis Oktober 1928 und ist Ida Rubinstein gewidmet. Die Tänzerin hatte 1927 Maurice Ravel gebeten, für sie ein Musikstück in Form eines spanischen Balletts zu entwerfen. Zunächst plante Ravel, einige Tänze aus dem Klavierwerk Ibéria von Isaac Albéniz für Orchester umzuschreiben. Da die Erben des spanischen Komponisten die Transkriptionsrechte bereits dem Dirigenten Enrique Fernández Arbós übertragen hatten, entschloss sich Ravel zu einer ganz einzigartigen Komposition: „Ein einsätziger Tanz, sehr langsam und ständig gleich bleibend, was die Melodie, die Harmonik und den ununterbrochen von einer Rührtrommel markierten Rhythmus betrifft. Das einzige Element der Abwechslung ist das Crescendo des Orchesters.“.

Die Ballett-Uraufführung erfolgte am 22. November 1928 in der Pariser Oper unter der Leitung von Walther Straram und in der Choreographie von Bronislava Nijinska mit der Tänzerin Ida Rubinstein. Die damals 43-jährige Ida Rubinstein tanzte als einzige Frau in einem Kreis von 20 jungen Tänzern. Mit ihren erotischen, lasziven Bewegungen schockierte und faszinierte sie gleichermaßen das Pariser Publikum. Auf den Ausruf einer Zuschauerin „Hilfe, ein Verrückter“, soll Ravel nur trocken erwidert haben: „Die hat's kapiert“.

Eine konzertante Aufführung mit dem Lamoureux Orchestra dirigierte Maurice Ravel am 11. Januar 1930. Zwei Tage zuvor hatte Polydor eine Aufnahme unter Ravels Dirigat erstellt. Am 8. Januar 1930 war Ravel bei der Aufnahme anwesend, die Polydor mit dem italienischen Dirigenten Piero Coppola (1888–1971) anfertigte. Der Komponist gab seine Zustimmung, dass Coppolas Interpretation als erste Aufnahme erscheinen konnte.[1]

Die schnelle Popularität seines Werkes blieb dem Komponisten jedoch zeitlebens fremd. Zu seinem Kollegen Arthur Honegger sagte Maurice Ravel: „Ich habe nur ein Meisterwerk gemacht, das ist der Bolero; leider enthält er keine Musik.“[2]

Aufbau

Rhythmusfigur der kleinen Trommel (169 mal wiederholt)

Die Musik ist auf einem Ostinato-Rhythmus im 3/4 -Takt aufgebaut, der von einer oder zwei Kleinen Trommeln gespielt und während des ganzen Stückes durchgehalten wird. Darüber werden zwei Themen A und B in insgesamt 18 Variationen gespielt, und zwar in diesen Kombinationen: AA, BB, AA, BB, AA, BB, AA, BB, A und B.

Spannung erhält die Komposition durch mit jeder neuen Variation wechselnde Instrumentierung und ein ständiges Crescendo. Während die Melodie laufend in C-Dur bzw. in a-Moll gespielt wird, wird sie etwa von der Mitte des Stückes an auch gedoppelt durch Instrumente, die in anderen Tonarten spielen: In der ersten Doppelung spielt ein Horn in C-Dur, die Celesta verdoppelt zwei und drei Oktaven höher, und zwei Pikkolos spielen die Melodie in G-Dur und E-Dur. Dadurch werden die ersten, zweiten, dritten und vierten Obertöne der Melodietöne verstärkt; es entsteht eine neue, ungewöhnliche Klangfarbe. Ein anderes Mal wird die C-Dur-Melodie in G-Dur gedoppelt. Abgesehen von diesen Stellen besteht die Begleitung lediglich aus diatonischen Akkorden.

Kurz vor Ende des Stückes wechselt die Tonart unvermittelt nach E-Dur, um nach nur acht Takten wieder nach C-Dur zurückzukehren. Sechs Takte vor Schluss treten Basstrommel, Becken und Tamtam erstmals dazu, die Posaunen spielen laute Glissandi, und das ganze Orchester übernimmt den Grundrhythmus des Stücks. Den Schluss bildet ein dissonanter Akkord, der sich nach C-Dur auflöst.

Die Instrumente werden wie folgt eingesetzt:

Rezeption

Seiner Popularität wegen gibt es entsprechend viele Einspielungen auf allen Arten von Tonträgern. Dass die Aufnahmen nicht immer gleich lange dauern, liegt in der unterschiedlichen Interpretation der Geschwindigkeit. Während Ravel selbst gesagt haben soll, dass der Bolero 17 Minuten lang dauert, ist die Dauer im Werkverzeichnis von Walter Labhart mit 16 Minuten angegeben. Einige Einspielungen dauern allerdings nur 14 Minuten, was der von Ravel überlieferten Metronomzahl (72 Schläge in der Minute) entspricht. So ist die Interpretation aus dem Jahr 1992 von Lorin Maazel mit den Wiener Philharmonikern tatsächlich nur 14:42 Minuten lang. Als herausragende Interpretationen gelten die von Herbert von Karajan, Pierre Boulez, Seiji Ozawa, Daniel Barenboim, Charles Dutoit und Stanisław Skrowaczewski, die zwischen 16 und 17 1/2 Minuten dauern. Sergiu Celibidache brachte es zusammen mit den Münchner Philharmonikern 1993 sogar auf 18:11 Minuten.

Überliefert ist, wie Ravel reagierte, als er eines Tages einer Aufführung des Bolero von Arturo Toscanini beiwohnte. Ravel war außer sich vor Wut über Toscanini. Er schrie immer wieder laut in den Saal: „Ich bin der Komponist!“ und schimpfte: „Das Schwein hat zu schnell gespielt, das ist unverzeihlich! Das ist unglaublich! Das Stück ist ruiniert!“

Auch das anschließende Gespräch Ravels mit Toscanini ist überliefert. Ravel: „Das entspricht nicht meiner Tempobezeichnung!“ Toscanini: „Wenn ich Ihr Tempo spiele, hat es überhaupt keine Wirkung!“ Ravel: „Gut, dann spielen Sie den Bolero eben nicht!“ Toscanini: „Sie haben keine Ahnung von Ihrer Musik. Das ist die einzige Möglichkeit, damit Ihre Musik überhaupt ankommt!“

Neben der Spielgeschwindigkeit zählen natürlich auch weitere Kriterien, insbesondere das Herausarbeiten der Struktur des Bolero und das Halten der Spannung bis zum Schluss. Ravel hatte ein einheitliches Grundtempo im Sinn. Dem entgegen nehmen sich manche Interpreten die Freiheit heraus, den Kulminationspunkt durch einen Tempowechsel dramatisch zu unterstreichen (so zieht etwa Claudio Abbado zum Schluss das Tempo an, Lorin Maazel wird für einen dynamischen Schlusseffekt breiter).

Der Bolero war für Ravel selbst eine Provokation. Auf die Frage, ob es ein Musikstück sei, antwortete er, dass der Bolero ein „reines Orchesterstück ohne Musik“ sei, nichts als ein „langes, progressives Crescendo“. Im Bolero wird ein archaisch einfaches Thema weder variiert noch entwickelt, sondern einfach 18 Mal wiederholt. Über den Sinn solcher Wiederholungen schreibt der Maler Wassily Kandinsky in Über das Geistige in der Kunst: „Die Wiederholung derselben Klänge, die Aufhebung derselben verdichtet die geistige Atmosphäre, die notwendig ist zum Reifen der Gefühle (auch der feinsten Substanz), so wie zum Reifen verschiedener Früchte die verdichtete Atmosphäre eines Treibhauses notwendig, eine absolute Bedingung zum Reifen ist. Ein leises Beispiel ist der Mensch, auf welchen Wiederholungen von Handlungen, Gedanken, Gefühlen einen schließlich gewaltigen Eindruck macht, wenn er auch wenig fähig ist, die einzelnen Handlungen usw. intensiv aufzusaugen, wie ein ziemlich dichter Stoff die ersten Regentropfen.“

An dem erotischen Element der Musik, der langsamen Steigerung der Intensität zu einem Höhepunkt, wurde die Fantasie von Dirigenten, Choreographen, Bearbeitern und Filmemachern immer wieder angefacht.

Einem Publikum außerhalb der Musiksäle wurde das Stück durch das britische Eistanzpaar Jayne Torvill und Christopher Dean nahegebracht. Ihre beeindruckende Kür zu den Klängen des Boléro brachte ihnen bei den Olympischen Winterspielen 1984 in Sarajevo Höchstnoten und die Goldmedaille ein.

Zusätzliche Popularität, auch bei einem ansonsten nicht klassisch interessierten Publikum, gewann der Bolero durch den US-Spielfilm Zehn – Die Traumfrau (1979) mit Bo Derek, in dem das Stück eine Rolle in einer erotischen Szene spielt und dort auch namentlich erwähnt wird. Bolero Flamenco ist ein Tanztheater des Ballet Teatro Español aus Spanien.

Zu den Popmusikern, die sich von dem Stück inspirieren ließen, gehören Frank Zappa, The Rolling Stones, Jeff Beck, Emerson, Lake and Palmer, Pink Martini, King Crimson und Godspeed You! Black Emperor. Auch die Rockgruppe Deep Purple verwendete Teile des Boleros in einer unterschiedlichen Taktart in ihrem Stück Child in Time. Die beninisch-französische Sängerin Angélique Kidjo spielte 2007 mit Lonlon (Ravel's Bolero) eine Interpretation ein, in der die ursprüngliche Instrumentierung weitgehend durch A cappella-Gesang ersetzt wurde. 2008 interpretierten die Musiker Moritz von Oswald und Carl Craig im Rahmen der ReComposed-Reihe Boléro und Mussorgskis Bilder einer Ausstellung neu.

In Bruno Bozzettos Animationsfilm Allegro non troppo untermalt der Bolero in voller Länge eine Episode, die die Evolution karikiert. Der italienische Filmmusik-Komponist Ennio Morricone hat den Rhythmus des Bolero für das Titellied des Italowesterns Il Mercenario (Die gefürchteten Zwei) verwendet.

Literatur

  • Gerd Sannemüller: Maurice Ravel: Boléro. In: Siegmund Helms, Helmuth Hopf (Hrsg.): Werkanalyse in Beispielen. Bosse, Regensburg 1986, S. 272–276
  • Hans Heinz Stuckenschmidt: Maurice Ravel. Variationen über Person und Werk. Im Anhang: Werkverzeichnis von Walter Labhart. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976 ISBN 3-518-06853-9
  • Arnold Werner Jensen: Boléro. In: Konzertführer für Junge Leute. Schott, Mainz 2006. ISBN 3-254-08386-5 (Hier sind die beiden Themen sowie der Rhythmus notiert: S. 381f.)

Tonträger

(Eine Auswahl renommierter Einspielungen)

Film

  • Leidenschaft Bolero, Maurice Ravel. Dokumentation, Frankreich, 2007, 59 Min., Buch: Christian Labrande, Michel Follin, Regie: Michel Follin, Produktion: arte, Inhaltsangabe von arte, u.a. mit Arthur Rubinstein und dem Ravel-Biographen Jean Echenoz

Weblinks

 Commons: Boléro – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lewis Foreman: Maurice Ravel conducts Boléro. Dutton 2009.
  2. Hans Heinz Stuckenschmidt: Maurice Ravel. Variationen über Person und Werk. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1976, S.282f.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Boléro aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.