Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Frieden von Tilsit

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Der Tilsiter Friedensvertrag im Geheimen Staatsarchiv

Der Frieden von Tilsit (französisch Traité de Tilsit; russisch Тильзитский мир, Tilsitski mir) vom 7. und 9. Juli 1807 war ein im ostpreußischen Tilsit verhandeltes und geschlossenes Vertragswerk, welches den Vierten Koalitionskrieg (1806–1807) zwischen Preußen zusammen mit dem Russischen Kaiserreich einerseits und dem Französischen Kaiserreich andererseits beendete. Der russisch-französische Friedensschluss teilte Europa in eine französische und eine russische Interessensphäre; das preußisch-französische Abkommen stufte Preußen auf den Status einer europäischen Mittelmacht zurück.

Vorgeschichte

Treffen der Monarchen auf der Memel bei Tilsit; Gemälde von Adolphe Roehn (1799–1864)

Nach den Niederlagen in den Schlachten von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 kam es zum Zusammenbruch der preußischen Armee. Truppen und Festungen kapitulierten vor den Franzosen unter Kaiser Napoleon I., der am 27. Oktober 1806 in Berlin einzog. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. entwich nach Ostpreußen. Als der russische Kaiser Alexander I., der sich seit 1805 mit Frankreich im Krieg befand, im Winter 1806/07 zugunsten Preußens in die Kämpfe eingriff, konnte die preußische Führung die Lage stabilisieren.

Am 28. Januar 1807 schlossen Preußen und Großbritannien den Frieden von Memel. Beide Nationen beendeten damit den zwischen ihnen herrschenden See- und Handelskrieg, der wegen der Besetzung des Kurfürstentums Hannover durch Preußen Anfang 1806 ausgebrochen war; Preußen garantierte in dem Vertragswerk die Rückgabe Kurhannovers. Im April 1807 verpflichteten sich Preußen und Russland im Bartensteiner Vertrag, nur im gegenseitigen Einverständnis die Waffen niederzulegen. Großbritannien und Schweden schlossen sich dem Bündnis an und stellten auf Rügen mit Preußen eine gemeinsame Armee auf.

Nachdem russische und preußische Truppen am 14. Juni 1807 in der Schlacht bei Friedland eine schwere Niederlage erlitten hatten, nahm Alexander I., ohne Preußen zu konsultieren, Verhandlungen mit der französischen Seite auf, die zunächst am 23. Juni zu einem Waffenstillstand führten. Am 25. Juni begannen die Friedensverhandlungen zwischen Napoleon und Zar Alexander I. auf zwei Pontonbooten, die in der Mitte der Memel, der Demarkationslinie zwischen den französischen und den russischen und preußischen Truppen in Ostpreußen, bei Tilsit verankert waren, während der König von Preußen am Ufer zurückbleiben musste.[1]

Das franko-russische Abkommen

Napoleon empfängt die preußische Königin in Tilsit; Gemälde von Nicolas Gosse (1787–1878)

Der russische Kaiser akzeptierte den Rheinbund und das neu gegründete Herzogtum Warschau, das der König von Sachsen in Personalunion regieren sollte, als napoleonische Vasallen und trat der Kontinentalsperre bei. Ferner stimmte Russland der territorialen Halbierung Preußens zu, verhinderte aber die von Napoleon favorisierte Auflösung des Gesamtstaates.

Die Ionischen Inseln und Cattaro, die von den russischen Admiralen Uschakow und Senjawin besetzt waren, kamen an Frankreich. Im Gegenzug garantierte Napoleon die Souveränität des Herzogtums Oldenburg und einiger anderer Kleinfürstentümer, die von deutschen Verwandten des Zaren regiert wurden. Das Gebiet um die Stadt Białystok (vormals ein Teil der Provinz Neuostpreußen) kam an Russland.

In einem geheimen Zusatzabkommen vereinbarten Kaiser Alexander und Napoleon, Dänemark-Norwegen, Schweden und Portugal zum Beitritt zur Kontinentalsperre zu zwingen. Das britische Vorgehen gegen das um Neutralität bemühte Dänemark, das in der Belagerung und Bombardierung Kopenhagens und der anschließenden Auslieferung der dänischen-norwegischen Flotte an Großbritannien gipfelte,[2] löste indes den Britisch-Russischen Krieg (1807–1812) aus.

Mit französischer Billigung konnte Russland nun gegen Schweden vorgehen und die zuvor begonnenen Kriege gegen Persien und das Osmanische Reich zu seinem Vorteil beenden: Im Russisch-Schwedischen Krieg (1808/1809) erzwang es die Abtretung Finnlands und den Beitritt Schwedens zur Kontinentalsperre. Im Russisch-Persischen Krieg (1804–1813) eroberte das Zarenreich Georgien und weite Gebiete des Kaukasus. Im Russisch-Türkischen Krieg (1806–1812) sicherte es sich große Teile der Fürstentümer Walachei und Moldawien sowie Bessarabien.

Seit 1810 unterlief Russland das Vertragswerk, indem es neutralen Schiffen erlaubte, britische Waren in seinen Häfen zu löschen. Die franko-russischen Beziehungen verschlechterten sich nun rapide. Im April 1812 unterzeichneten Russland, Großbritannien und Schweden ein gegen Napoleon gerichtetes Geheimabkommen. Nachdem am 24. Juni 1812 Napoleons Russlandfeldzug begonnen hatte, schlossen Russland und Großbritannien sowie Großbritannien und Schweden (zur Beendigung des Schwedisch-Britischen Krieges, 1810–1812) am 12. Juli 1812 in Örebro auch offiziell Frieden.

Das franko-preußische Abkommen

Preußen (braun) nach dem Frieden von Tilsit (Gebietsverluste: blau); aus den östlichen Territorien entstanden das Herzogtum Warschau und der russische Bezirk um Białystok, die Stadt Danzig wurde unabhängig

War das franko-russische Abkommen vom 7. Juli 1807 noch ein Abkommen unter Gleichen, hatte der mit Preußen zwei Tage später geschlossene Vertrag den Charakter eines Diktatfriedens. Der Gebietsbestand Preußens und die Zahl seiner Untertanen wurden um mehr als die Hälfte reduziert: von vormals rund 323.408 km² Fläche belief sich das preußische Territorium auf nur noch 158.867, in dem nach Friedensschluss nur noch rund 4,5 Mio. Einwohner – von zuvor 9,75 Mio. – lebten. Die nicht von Frankreich eroberten Festungen Kolberg, Graudenz, Neiße, Cosel, Pillau, Glatz und Silberberg blieben weiterhin von französischen Besatzungen frei. Ferner musste Preußen der Kontinentalsperre gegen Großbritannien beitreten.

Die westelbischen Territorien wurden dem neu gegründeten Königreich Westphalen einverleibt, an Sachsen fiel der Kreis Cottbus. Berühmt geworden ist der Bittgang der Königin Luise zu Napoleon, in dem sie ihn vergeblich um eine Milderung dieser Gebietsverluste anflehte. Aus den von Preußen bei der Zweiten und Dritten Teilung Polens annektierten Gebieten formte Napoleon das Herzogtum Warschau, wobei Danzig mit Oliva und Hela zur „Freien Stadt“ wurde und Russland den Bezirk Białystok erhielt. Durch die 2. Elbinger Konvention vom 10. November 1807 verlor Preußen zusätzlich zu dem bereits im Juli verlorenen Kreis Kulm auch den Kreis Michelau (Art. 2 der Konvention) sowie den 1795 bei der dritten Teilung Polens erworbenen Teil „Kleinpolens“, der als Kreis Tschenstochau oder „Neuschlesien“ bezeichnet wurde, an das Herzogtum (Art. 7 der Konvention).

Im Königsberger Folgeabkommen vom 12. Juli 1807 verpflichtete sich Frankreich, seine Truppen aus Preußen Zug um Zug entsprechend der Abgeltung der noch festzusetzenden Kriegskontribution zurückzuziehen. Deren Höhe wurde von Napoleon erst am 8. September 1808 in der Pariser Konvention festgelegt. Preußen hatte danach eine Kriegskontribution von 120 Mio. Francs (über 32 Mio. Preußische Reichstaler) zu leisten,[3] bis zur Zahlung sollten in den Oder-Festungen französische Garnisonen von insgesamt 10.000 Mann verbleiben. Das preußische Heer, bei Kriegsbeginn 1806 etwa 235.000 Mann stark,[4] war auf 42.000 Mann zu reduzieren. Die Aufstellung oder Ausbildung jeder Art von Miliz oder militärischer Reserve wurde verboten. Frankreich verpflichtete sich, Preußen, mit Ausnahme der Festungen, innerhalb von 40 Tagen zu räumen. Damit endete im Dezember 1808 die Anwesenheit französischer Truppen in Städten und Dörfern Preußens, nicht aber in den Festungen Stettin, Küstrin und Glogau.

Der Frieden von Tilsit war ein Auslöser für grundlegende Reformen im Preußischen Staat.

Literatur

Weblinks

 Commons: Frieden von Tilsit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Thomas Stamm-Kuhlmann: König in Preußens großer Zeit. Friedrich Wilhelm III. Der Melancholiker auf dem Thron. Siedler, Berlin 1992, ISBN 3-88680-327-9, S. 252 ff.
  2. Rasmus Glenthøj: En moderne nations fødsel. Norsk national identifikation hos embedsmænd og borgere 1807–1820. Syddansk Universitetsforlag, 2008, S. 19–21.
  3. Zum Vergleich: Die preußischen Staatsausgaben hatten im Friedensjahr 1805 knapp 27 Mio. Reichstaler betragen (davon über 17 Mio. für das Militär und fast 7 Mio. für Hof- und Ziviletat). Der angesparte Staatsschatz zählte bis dahin fast 3 Mio. Reichstaler. Siehe: Adelheid Simsch: Die Wirtschaftspolitik des preußischen Staates in der Provinz Südpreußen 1793–1806/07. Duncker & Humblot, Berlin 1983, S. 45 ff. (Google Books).
  4. Vgl. Klaus von Bredow, Ernst von Wedel: Historische Rang- und Stammliste des deutschen Heeres. Scherl, Berlin 1905, S. 25 ff. (online (Memento vom 20. Januar 2015 im Internet Archive)) Die Angaben v. Bredows und v. Wedels umfassen den reinen Mannschaftsbestand von 228.000 Köpfen. Hinzu müssen noch etwa 7.000 Offiziere gezählt werden.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Frieden von Tilsit aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.