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Gesellschaftsrecht (Deutschland)

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In der deutschen Rechtswissenschaft wird mit Gesellschaftsrecht das Rechtsgebiet bezeichnet, das sich mit den privatrechtlichen Personenvereinigungen, die zur Erreichung eines bestimmten Zweckes durch Rechtsgeschäft begründet werden, beschäftigt.

Daneben hat das gemeinsame Gesellschaftsrecht der EU-Mitgliedsstaaten in Deutschland Geltung.

Geschichte

Die Geschichte des Gesellschaftsrechts behandelt die historische Entwicklung der Normen über privatrechtliche Personenvereinigungen. Erstmals kodifiziert wurden Regelungen zum Gesellschaftsrecht im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794. Darin enthalten waren Regelungen zur vermögensmäßigen societas (der Vorläuferin der GbR), der moralischen Personen sowie zur OHG und zur Stillen Gesellschaft. Die weltweit erste gesetzliche Ausgestaltung der Aktiengesellschaft (société anonyme) geht auf den französischen Code de commerce von 1807 zurück. In Deutschland fand das Gesellschaftsrecht seine erste gesamtdeutsche Regelung durch das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch ADHGB von 1861; für die Aktiengesellschaft enthielt dieses noch ein Konzessionssystem, das allerdings schon 1870 wieder aufgehoben wurde. Juristisches Neuland betrat die deutsche Gesetzgebung 1892, als die international unbekannte Form der GmbH im GmbH-Gesetz von 1892 zum Entstehen kam. Die Systematik des deutschen Gesellschaftsrechtes geht in seiner heutigen Form auf das BGB von 1896 (in Kraft seit 1900) und das HGB von 1897 zurück. 1937 wurde aus diesem das Recht der Aktiengesellschaften ausgegliedert. Seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts finden wichtige Entwicklungen besonders im Gesellschaftsrecht der Europäischen Union statt.

Rechtsquellen

Einfachrechtliche Rechtsquellen des Gesellschaftsrechtes sind:

Daneben sind in verfassungsrechtlicher Hinsicht die Art. 9 und Art. 14 Grundgesetz (GG) von besonderer Relevanz.

Sachrecht

Nach § 705 BGB liegt eine Gesellschaft unter drei Voraussetzungen vor:

  1. Zusammenschluss mehrerer Personen durch Vertrag,
  2. der Zusammenschluss dient einem erlaubten Zweck,
  3. die Vertragsschließenden verpflichten sich, den gemeinsamen Zweck zu fördern.

Durch diese Merkmale wird die Gesellschaft im weiteren Sinne definiert. Innerhalb dieser unterscheidet man zwischen Gesellschaft im engeren Sinne (Personengesellschaften, beispielsweise die GbR, die OHG und die KG) und Körperschaften (beispielsweise Vereine bürgerlichen Rechts, die Aktiengesellschaft (AG) und die GmbH). Die Personengesellschaft unterscheidet sich vom Verein durch die Abhängigkeit ihres rechtlichen Bestandes von den Gesellschaftern und ihre Organisationsstruktur. Grundform der Personengesellschaften ist nach herrschender Meinung und Systematik des Gesetzes die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Grundform der Vereine der Verein bürgerlichen Rechts.

Personengesellschaften

Personengesellschaften sind keine juristischen Personen und besitzen deshalb nach dem Gesetz keine eigene Rechtspersönlichkeit, wenngleich sie in der Praxis – mit Ausnahme der Stillen Gesellschaft – von ihrem Mitgliederbestand unabhängige Träger von Rechten und Pflichten sind.

Körperschaften

Nichtkapitalistische Körperschaften

Der eingetragene Verein (e. V.) und die rechtsfähige Stiftung sind ebenfalls eigenständige juristische Personen, jedoch keine Kapitalgesellschaften. Der Verein hat Mitglieder, aber nicht notwendig ein Vermögen. Die rechtsfähige Stiftung hat ein dauerhaft dem Stiftungszweck gewidmetes Vermögen, aber keine Mitglieder, Gesellschafter oder Eigentümer.

Kapitalgesellschaften

Bei den Kapitalgesellschaften handelt es sich um juristische Personen.

  • AG Aktiengesellschaft
  • eG eingetragene Genossenschaft
  • GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
  • KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien
  • REIT-AG Aktiengesellschaft, ausschließliche Tätigkeit im Immobiliensektor
  • SCE Europäische Genossenschaft
  • SE Europäische Aktiengesellschaft
  • UG Unternehmergesellschaft
Aktiengesellschaft (AG)

Strukturmerkmale:

Die Aktiengesellschaft gehört zu den Korporationen; im engeren Sinne ist sie damit keine Kapitalgesellschaft, sondern Kapitalverein. Entsprechend ist sie nach den allgemeinen Regeln für Vereine auch nach § 31 BGB haftbar. Die Aktiengesellschaft wird mit Eintragung nach § 41 AktG zur juristischen Person. Sie ist aktiv und passiv parteifähig (§ 50 ZPO), grundbuch-, register- und insolvenzfähig (§ 11 i. V. m. § 19 InsO). Die Aktiengesellschaft haftet nur mir ihrem Gesellschaftsvermögen. Nach § 1 Abs. 2 AktG ist das Grundkapital der AG in Aktien zerlegt. Das Grundkapital ist nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG in der Satzung festgeschrieben und beträgt mindestens 50.000 € (§ 7 AktG). Das Grundkapital gibt die Mindesthöhe des Gesellschaftsvermögens an (und ist also mit diesem nicht identisch). Es dient dem Schutz der Gläubiger der AG und wird auf der Passivseite bilanziert (§ 266 Abs. 3 HGB). Für die AG gilt der Grundsatz der Kapitalaufbringung und -erhaltung (vgl. § 57 Abs. 3 AktG). Gleichermaßen verbietet § 57 Abs. 1 und 2 AktG die Einlagenrückgewähr und die §§ 71 ff. AktG den Erwerb eigener Aktien. Der Wert des Grundkapitales entspricht zugleich der Summe der Nennbeträge aller Aktien (soweit keine Stückaktien ausgegeben wurden, § 8 Abs. 4 AktG). Die Aktiengesellschaft ist nach § 3 AktG Formkaufmann.

Gründung:

In der Feststellung der Satzung durch die Mitglieder liegt der Abschluss des Gesellschaftsvertrages (§ 2, § 23, § 28 AktG). Möglich ist nach § 2 AktG auch die Einmann-AG. Der Mindestinhalt der Satzung wird durch § 23 Abs. 3 und 4 AktG vorgegeben. Die Vorschriften des Aktienrechts sind nach § 23 Abs. 5 AktG zwingendes Recht. Mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer (Simultangründung) ist die Gesellschaft errichtet und besteht als Vorgesellschaft. Handlungsfähig wird sie mit der Bestellung des Aufsichtsrates nach § 30 Abs. 1 AktG; dieser bestellt nach § 30 Abs. 4 AktG den Vorstand. Die Gründer haben einen Gründungsbericht zu erstellen (§ 32 AktG), der nach §§ 33 bis § 35 AktG zu prüfen ist. Ist für jede Aktie der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt (§ 36 Abs. 2 AktG), kann die Gesellschaft zur Eintragung für das Handelsregister angemeldet werden. Das Gericht überprüft Gründung und Anmeldung (§ 38 AktG). Mit der Eintragung ins Handelsregister nach § 41 Abs. 1 S. 1 AktG ist die Aktiengesellschaft gegründet. Die Gründung der AG folgt somit dem System der verschärften Normativbedingung. Ist die AG einmal ins Handelsregister eintragen, kann sie nie ex tunc nichtig sein (§ 275 bis § 277 AktG, § 397 FamFG), sondern wird nur abgewickelt, wie wenn sie nach § 262 AktG aufgelöst worden wäre. Die Gründerhaftung ist in den §§ 46 bis §§ 51 AktG beschrieben.

Organe:

Die Organe der AG sind zwingend der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Der Vorstand leitet nach § 76 AktG die Gesellschaft unter eigener Verantwortung; dies kann nach § 23 Abs. 5 AktG auch durch Satzung nicht geändert werden. Im Gegenzug haftet der Vorstand in umfassender rechtlicher Verantwortlichkeit durch die Schadensersatzpflicht des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Rechtmäßige unternehmerische Entscheidungen können jedoch nach der Business Judgement Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) nur ausnahmsweise Pflichtverletzung sein. Nach § 77 und § 78 AktG gilt der Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung. Durch Satzung kann der Vorstand jedoch einzelnen Mitgliedern die Einzelbefugnis für bestimmte Ressorts übertragen. Nach § 84 Abs. 2 AktG kann der Vorstand einen Vorstandsvorsitzenden wählen, dem die Rolle eines primus inter pares zukommt. Zulässig ist es jedoch, ihm im Rahmen des § 77 Abs. 1 S. 2 AktG ein Vetorecht zu geben und seine Stimme bei Stimmengleichheit doppelt zu gewichten. Der Vorstand wird durch den Aufsichtsrat bestellt (§ 84 Abs. 1 AktG) und amtiert für maximal fünf Jahre. Von der Bestellung unterscheiden ist der Dienstvertrag nach § 675 BGB.
Der Aufsichtsrat ist zwingend Kollegialorgan (§ 95 Abs. 1 AktG) aus mindestens 3, maximal 21 Mitgliedern. Er wird durch die Hauptversammlung gewählt (§ 101 Abs. 1 AktG i. V. m. § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG) und abberufen (§ 103 Abs. 1 AktG). Er hat zwingend einen Vorsitzenden (§ 107 Abs. 1 AktG). Aufgabe des Aufsichtsrates ist die Bestellung des Vorstandes (§ 84 Abs. 1 AktG), die Vertretung der AG gegenüber dem Vorstand (§ 112 AktG) und die Überwachung des Vorstandes (§ 111 Abs. 1 AktG). Zu diesem Zwecke hat der Vorstand nach § 90 Abs. 3 S. 2 AktG Bericht an den Aufsichtsrat zu erstatten; dieser ist im Gegenzug nach § 93 Abs. 1 S. 3 AktG i. V. m. § 116 AktG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluss (§ 108 Abs. 1 AktG); konkludente Entscheidung ist nicht möglich.
Die Hauptversammlung ist nach § 118 AktG der Ort zur Wahrnahme der Verwaltungsrechte der Aktionäre. Ihre Rechte sind in § 119 AktG beschrieben.

Corporate Governance und Mitbestimmung:

Der DCGK hat nach herrschender Meinung keinerlei Rechtsnormcharakter (vgl. Art. 2Vorlage:§§/Wartung/alt-URL EGBGB), sondern verpflichtet über § 161 AktG lediglich zur Offenlegung seiner Einhaltung. Die Unternehmensmitbestimmung ist durch das Montan-Mitbestimmungsgesetz, das Montanmitbestimmungsergänzungsgesetz und das Drittelbeteiligungsgesetz geregelt.

Aktionär:

Aktionär ist, wem bei Gründung, bei Kapitalerhöhung oder durch Einzelrechtsnachfolge Aktien eignen. Aktie bezeichnet in diesem Zusammenhang die Einzel- oder Globalurkunde, die die Mitgliedschaft in der AG ausweist. Daneben hat Aktie noch zwei weitere Bedeutungen: Ein Bruchteil des Grundkapitales (vgl. § 1 Abs. 2 AktG) und die Gesamtheit der Recht und Pflichten die mit der Aktie einhergehen, gleichsam als Synonym für die Mitgliedschaft selbst. Die Aktie ist Wertpapier im weiteren aber auch im engeren Sinne. Ist sie Inhaberpapier, wird sie nach sachenrechtlichen Grundsätzen übereignet (entsprechend § 929 BGB). In der Praxis wird dies durch das Depotgesetz vereinfacht, indem ein Auftrag (d. h. eine Effektenkommission nach § 383 HGB) erteilt wird. Aus der Mitgliedschaft in der AG folgen Verwaltungs- und Vermögensrechte. Die Verwaltungsrechte sind 1. Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 118 AktG), 2. Recht auf Stimmabgabe in der Hauptversammlung (§ 12 i. V. m. § 134 AktG), 3. Anfechtungsrecht nach § 243 AktG und 4. das Auskunftsrecht nach §§ 131 f. AktG. Daneben besteht als Vermögensrecht das Dividendenrecht, d. h. das mitgliedschaftliche Recht auf Erwirkung eines Beschlusses nach § 119 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 174 AktG. Durch ihn entsteht das Recht auf Auszahlung der Dividende nach § 58 Abs. 4 AktG. Der Dividendenanspruch wird verbrieft.

Societas Europaea (SE)
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Strukturmerkmale:

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine 1892 neu geschaffene Rechtsform, die eine Art vereinfachte Aktiengesellschaft sein sollte. In den Jahren 1980 und 2008 wurde das GmbH-Recht umfassend reformiert. Mit der AG stimmt die GmbH in vielen wichtigen Punkten überein: Sie ist korporativ verfasst und juristische Person (§ 13 GmbHG), sie betreibt ein Handelsgeschäft kraft Rechtsform (§ 13 Abs. 2 GmbHG) und ist Kapitalgesellschaft (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Das Stammkapital entspricht dabei dem Grundkapital der AG, die Stammeinlage der Aktie als Anteil am Grundkapital und der Geschäftsanteil der Aktie im Sinne der Gesamtheit der Rechte und Pflichten des Gesellschafters. Anders als dieses mangelt es ihr jedoch an der Kapitalsammelfunktion. Ihr freierer Aufbau ermöglicht auch Konstrukte, die personalistischen Rechtsformen wie der OHG oder der KG sehr ähnlich sind.

Gründung:

Um eine GmbH zu gründen, muss zunächst ein Gesellschaftsvertrag in notarieller Form geschlossen werden (§ 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Bis zur notariellen Beurkundung besteht die Gesellschaft nur als Vorgründungsgesellschaft. Gründer können auch eine OHG, eine KG oder eine GbR sein. § 3 GmbHG enthält die Mindestanforderungen des Gesellschaftsvertrages. Die GmbH muss ein Stammkapital von mindestens 25.000 € haben (§ 5 Abs. 1 GmbHG). Nach § 6 GmbHG muss mindestens ein Geschäftsführer bestellt werden. Vor der Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister muss mindestens ein Viertel des Nennbetrages der Stammeinlage, mindestens jedoch 12.500 € eingezahlt werden (§ 7 Abs. 2 GmbHG), Sacheinlagen müssen sofort erbracht werden (§ 7 Abs. 3 GmbHG). Die Eintragung kann aus den in § 9c GmbHG genannten Gründen versagt werden. Daneben besteht nach § 2 Abs. 1a GmbHG noch ein vereinfachtes Verfahren zur GmbH-Gründung durch zwei Muster-Gründungsprotokolle, die jedoch genauso notariell beurkundet werden müssen (jedoch mit Gebührenermäßigung nach § 41d KostO).

Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt):

Mit dem MoMiG wurde die Rechtsform Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), abgekürzt UG, neu geschaffen. Durch diese GmbH-Variante sollte der englischen limited ein für Existenzgründer attraktives deutsches Pendant entgegengestellt werden. Für die UG gelten, sofern § 5a GmbHG nichts Abweichendes vorschreibt, die Vorschriften des GmbHG. Die UG wird in der Regel im vereinfachten Verfahren nach § 2 Abs. 1a GmbHG gegründet und mit einem Stammkapital von 1 bis 24.999 € ausgestattet. Das Stammkapital ist vollständig vor Eintragung einzuzahlen; eine Sachgründung ist nicht möglich. Die UG wird bei einer Erhöhung des Stammkapitales auf über 25.000 € ipso iure zur GmbH. Wie bei der GmbH ist jedoch bereits eine hälftige Einzahlung des Stammkapitals von 12.500 € ausreichend.[1]

Rechtsformübergreifende Regelungsprobleme

Mischformen

Darüber hinaus gibt es Mischformen, die aus mehreren Gesellschaften (Kapital- und Personengesellschaften) zusammengesetzt sind. Dabei tritt eine Kapitalgesellschaft oder Stiftung als persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft oder KGaA auf.

Wechsel der Rechtsform

Zur Vereinfachung des Wechsels der Rechtsform hat der Gesetzgeber Erleichterungen durch das Umwandlungsrecht geschaffen.

Konzernrecht

Regelungen zum Konzernrecht finden sich in den §§ 15 bis § 19 AktG sowie im dritten Buch des AktG.

Kollisionsrecht

Das internationale Gesellschaftsrecht (Kollisionsrecht) ist ein Teil des internationalen Privatrechts. Bislang gibt es in Deutschland keine geschriebenen Regelungen dazu.

In der deutschen Rechtspraxis war bislang die Sitztheorie vorherrschend. Danach ist das Recht des Landes maßgeblich, in dem die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hat. Das Gegenmodell zur Sitztheorie ist die Gründungstheorie. Danach ist das Recht des Staates anwendbar, in dem die Gesellschaft gegründet und registriert wurde, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in ein anderes Land verlegt. Probleme ergeben sich hier allerdings bei den Briefkastengesellschaften; und es ist ein Race to the bottom möglich, also ein Zulauf in die Länder, die geringere Anforderungen an die Gründung haben (siehe auch Delaware-Effekt). In der Europäischen Union gilt seit den EuGH-Urteilen Daily Mail, Centros[2], Überseering[3] und Inspire Art[4] wegen der gebotenen Freizügigkeit auch für juristische Personen die Gründungstheorie – allerdings beschränkt auf Gesellschaften, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Staat der Europäische Freihandelsassoziation (mit Ausnahme der Schweiz[5], die das EWR-Abkommen nicht ratifiziert hat) gegründet wurden. Dies hat in Deutschland auch zu einer starken Zunahme von Limiteds geführt.

Am 7. Januar 2008 brachte das Bundesjustizministerium einen Gesetzesentwurf zum internationalen Gesellschaftsrecht auf den Weg[6], nach dem der Ort der Gründung maßgeblich sein soll, unabhängig davon, ob er sich in der Europäischen Union befindet oder nicht. Dieser Entwurf wird derzeit jedoch nicht mehr weiter verfolgt. In jüngerer Zeit gibt es – vor allem im Zuge der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung[7], wonach in der EU gegründete Gesellschaften aufgrund der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit in anderen EU-Mitgliedsstaaten auch dann anerkannt werden müssen, wenn diese Gesellschaften ihren effektiven Verwaltungssitz in ein anderes EU-Land verlegen – zunehmend auch Mischformen mit ausländischen Gesellschaftsformen (z. B. Limited & Co. KG).

Literatur

Gesetzessammlungen

Lehrbücher

Fallbücher

Kommentare

Zeitschriften/Aufsätze

Einzelnachweise

  1. OLG München, Urteil vom 7. November 2011 (PDF; 37 kB), Az. 31 Wx 475/11, Volltext.
  2. Europäischer Gerichtshof Urteil vom 9. März 1999 – C 212/97
  3. Europäischer Gerichtshof Urteil vom 5. November 2002 – C 208/00
  4. Europäischer Gerichtshof Urteil vom 30. September 2003 – C 167/01
  5. Bundesgerichtshof Urteil vom 27. Oktober 2008 – Az. II ZR 158/06 und Az. II ZR 290/07
  6. Referentenentwurf: Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (PDF; 47 kB)
  7. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. April 2008, Az. 20 W 425/07, Volltext.
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