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Zivilprozessordnung (Deutschland)
Basisdaten | |
---|---|
Titel: | Zivilprozessordnung |
Abkürzung: | ZPO |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Zivilprozessrecht, Verfahrensrecht |
Fundstellennachweis: | 310-4 |
Ursprüngliche Fassung vom: | 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83) |
Inkrafttreten am: | 1. Oktober 1879 |
Neubekanntmachung vom: | 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202, ber. 2006 I S. 431, ber. 2007 I S. 1781) |
Letzte Änderung durch: | Art. 1 G vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: |
17. Oktober 2013 – 1. Januar 2022 (Art. 26 Abs. 1–5, 7 G vom 10. Oktober 2013) |
GESTA: | C151 |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Die deutsche Zivilprozessordnung (abgekürzt ZPO; bei Rechtsvergleichung: dZPO) regelt das gerichtliche Verfahren in Zivilprozessen und trat als Gesetz am 1. Oktober 1879 als Teil der Reichsjustizgesetze in Kraft. Sie umfasst grundsätzlich alle für die Fragen des Zivilprozesses relevanten Vorschriften. Nur wenige sind in anderen Gesetzen geregelt. Daneben sind für die Zuständigkeit und den inneren Aufbau der Gerichte das Gerichtsverfassungsgesetz und für die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen das Zwangsversteigerungsgesetz zu nennen. Für die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten die Vorschriften der ZPO nur, wenn die Vorschriften des FamFG dies vorschreiben oder nichts weiter vorsehen. Die ZPO kommt daher vor allem bei den bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten zum Zuge. Als „Mutter aller Prozessordnungen“ wird jedoch in Vorschriften zu den Verfahren in anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit häufig auf Teile der ZPO verwiesen, so beispielsweise im Arbeitsgerichtsgesetz, im Sozialgerichtsgesetz und in der Verwaltungsgerichtsordnung.
Über die wesentlichen Prozessmaximen erscheint in der ZPO nur wenig.
Das Verfahren gliedert sich in zwei Abschnitte: das Erkenntnisverfahren und das Zwangsvollstreckungsverfahren. Im Erkenntnisverfahren wird über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch entschieden. Im Zwangsvollstreckungsverfahren wird das Urteil oder ein sonstiger Vollstreckungstitel vollstreckt.
Im Erkenntnisverfahren ist das normale Urteilsverfahren (§§ 253 – 510b ZPO) der Regelfall. Daneben gibt es als besondere Prozessart den Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozess (§§ 592 – 605a) und als Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes das Verfahren auf Erlass eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung (§§ 916 – 945 ZPO), das sich ebenfalls in ein Erkenntnisverfahren und die Zwangsvollstreckung gliedert, aber von der ZPO systematisch unrichtig insgesamt im 8. Buch über die Zwangsvollstreckung geregelt ist. Daneben gibt es das Mahnverfahren (§ 688 – 703d ZPO), das bei Ansprüchen auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme die Möglichkeit bietet, auf schnelle und einfache Weise einen Vollstreckungstitel zu schaffen, das aber in den Fällen, in denen der Antragsgegner Widerspruch einlegt, lediglich eine besondere Einleitungsform des Urteilsverfahrens darstellt. Weiter trifft die ZPO Regelungen über das schiedsgerichtliche Verfahren (§§ 1025 – 1066), in dem nur zum Teil staatliche Gerichte tätig werden.
Neben den Vorschriften über das Verfahren erster Instanz enthält die ZPO Regelungen über die Rechtsmittel der Berufung, Revision, Beschwerde und Rechtsbeschwerde (§§ 511 – 577 ZPO) und über die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 578 – 591 ZPO).
An Klagearten sieht das Zivilprozessrecht in der ZPO die Leistungsklage, die Feststellungsklage, die Zwischenfeststellungsklage und die Gestaltungsklage vor.
Das Zwangsvollstreckungsrecht ist im 8. Buch der ZPO geregelt. Die ZPO befasst sich mit der Vollstreckung durch den einzelnen Gläubiger. Die Gesamtvollstreckung durch die Gesamtheit der Gläubiger regelt hingegen nicht die ZPO, sondern die Insolvenzordnung. Das Zwangsvollstreckungsrecht der ZPO gliedert sich in Allgemeine Vorschriften, einen Abschnitt über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen und einen Abschnitt über die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen. Die Vollstreckung wegen Geldforderungen unterscheidet die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, nämlich einerseits in körperliche Sachen und andererseits in Forderungen und andere Vermögensrechte, und die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wobei im letztgenannten Fall die ZPO nur eine teilweise Regelung trifft und durch das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ergänzt wird.
Das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) enthält neben einigen Randvorschriften vor allem Übergangsvorschriften, die insbesondere durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 und die Euro-Umstellung bedingt waren.
Gliederung
Aus der Inhaltsübersicht der ZPO ergibt sich folgende Aufstellung:
Buch 1 – Allgemeine Vorschriften
- Gerichte
- Parteien
- Verfahren
Buch 2 – Verfahren im ersten Rechtszug
- Verfahren vor den Landgerichten
- Verfahren vor den Amtsgerichten
Buch 3 – Rechtsmittel
Buch 4 – Wiederaufnahme des Verfahrens
Buch 5 – Urkunden- und Wechselprozess
Buch 6 – Verfahren in Familiensachen fiel zum 1. September 2009 weg und gilt nur für Altverfahren fort[1]; ist nun im FamFG geregelt
- Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Ehesachen
- Allgemeine Vorschriften für Verfahren in anderen Familiensachen
- Verfahren in Scheidungs- und Folgesachen
- Verfahren auf Aufhebung und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe
- Verfahren in Kindschaftssachen
- Verfahren über den Unterhalt
- Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen
Buch 7 – Mahnverfahren
Buch 8 – Zwangsvollstreckung
- Allgemeine Vorschriften
- Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
- Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen
- Eidesstattliche Versicherung und Haft (entfällt mit Wirkung ab 1. Januar 2013; siehe dann §§ 802a – 802l; § 882b – 882h)
- Arrest und einstweilige Verfügung
Buch 9 – Aufgebotsverfahren fällt zum 1. September 2009 weg und ist dann im FamFG geregelt.
Buch 10 – Schiedsrichterliches Verfahren
- Allgemeine Vorschriften
- Schiedsvereinbarung
- Bildung des Schiedsgerichts
- Zuständigkeit des Schiedsgerichts
- Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens
- Schiedsspruch und Beendigung des Verfahrens
- Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch
- Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
- Gerichtliches Verfahren
- Außervertragliche Schiedsgerichte
Buch 11 – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
- Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
- Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001
- Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG
- Europäische Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004
- Europäische Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006
- Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007
Europa
Das Zivilprozessrecht ist traditionell autonomes (nationales) Recht.
Jedoch spielt das wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Vernetzung aufgrund der Rechtsgrundlage der Art. 61 lit. c) iVm Art. 65 EGV ergangene europäische Sekundärrecht der EG (vgl. Internationales Zivilverfahrensrecht (EG)) im Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen eine immer erheblichere Rolle.[2] So sind u. a. folgende Verordnungen im Bereich des Zivilprozessrechts ergangen:
- Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (auch EuGVO, EuGVVO und Brüssel-I-Verordnung genannt)[3]
- Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (auch EheVO-II und Brüssel-IIa-Verordnung genannt, ersetzt die EG-Verordnung Nr. 1347/2000)[4]
- Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (auch EuZVO genannt)[5]
- Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen[6]
- Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen[7]
- Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens[8]
- Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen[9]
Siehe auch
- Zivilprozessordnung (Österreich)
- Zivilprozessordnung (Schweiz)
- Zivilprozessordnung (Liechtenstein)
- Zivilprozessgesetzbuch (Litauen)
- Ordentliche Gerichtsbarkeit (Deutschland)
- Bürgerliches Gesetzbuch
Literatur
- Adolf Baumbach, Wolfgang Lauterbach, Jan Albers & Peter Hartmann: Zivilprozessordnung. 70. Auflage. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-62411-7.
- Jan Kropholler: Europäisches Zivilprozessrecht - Kommentar zu EuGVO, Lugano-Übereinkommen und Europäischem Vollstreckungstitel. 9. Auflage. Verlag Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-8005-1508-0. (angekündigte Neuauflage)
- Hans-Joachim Musielak: Zivilprozessordnung. 9. Auflage. Vahlen, München 2012, ISBN 978-3-8006-4236-6. [auch über Beck-online verfügbar]
- Thomas Rauscher (Hrsg.): Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht. 3. Auflage. Sellier European Law Publisher, 2010-2011. (bis 2.Aufl.: Europäisches Zivilprozessrecht)
- Leo Rosenberg, Karl-Heinz Schwab, Peter Gottwald: Zivilprozessrecht. 17. Auflage. C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-59514-1.
- Ingo Saenger (Hrsg.): Zivilprozessordnung Handkommentar. 4. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2010, ISBN 978-3-8329-5869-5.
- Heinz Thomas, Hans Putzo: Zivilprozessordnung. 33. Auflage. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-62410-0.
- Richard Zöller (Begründer): Zivilprozessordnung. 29. Auflage. Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2012, ISBN 978-3-504-47018-0.
- Bernhard Wieczorek/Rolf A. Schütze: ZPO. Großkommentar. 14 Bände. 4. Auflage. De Gruyter, Berlin 2012 ff.
Weblinks
- Civilprozeßordnung. Reimer, Berlin 1877. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
- Gesetzestext der ZPO von Juris
- Gesetzestext der ZPO bei Buzer.de
- Europäischer Gerichtsatlas in Zivilsachen
Einzelnachweise
- ↑ Art. 111 FGG-RG
- ↑ Peter-Andreas Brand, Aktuelle Probleme bei Zivilrechtsstreiten mit Auslandsbezug – Zuständigkeit, Zustellung und Vollstreckung. In: Humboldt Forum Recht (HFR), 22–2007, online.
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (PDF, 188,6 kB).
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (PDF, 231,2 kB).
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (PDF, 15,5 MB).
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (PDF, 100 kB).
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (PDF, 180 kB).
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (PDF, 35,4 MB).
- ↑ Text der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (PDF, 7,6 MB).
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