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Kriegsgefangener

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Zug deutscher Kriegsgefangener durch die Ruinen der Stadt Aachen – Oktober 1944
Empfang eintreffender ausgetauschter verwundeter Kriegsgefangener aus Russland auf dem Hauptbahnhof Lübeck (Sedantag 1915)
Eine von den deutschen Truppen gefangene verwundete Russin, die an der Front mitgekämpft hatte (1915)

Ein Kriegsgefangener ist ein Kombattant (im Allgemeinen ein Soldat) oder ein bestimmter Nichtkombattant, der von einer gegnerischen Streitmacht während eines bewaffneten Konfliktes gefangen genommen wird.

Heutiges Völkerrecht

Wortgebrauch

Kriegsgefangene werden zum Beispiel im englischsprachigen Raum mit der Abkürzung POW für „Prisoner of war“, im russischsprachigen Raum mit ВП für „военнопленный“ (= WP – wojennoplennij) auf der Bekleidung gekennzeichnet. Im juristischen und im diplomatischen Sprachgebrauch ist der Begriff Hors de combat (französisch für „kampfunfähig“ oder „außer Gefecht gesetzt“) üblich, der neben Kriegsgefangenen auch verwundete Soldaten umfasst.

Definition

Für die Behandlung von Kriegsgefangenen gelten die völkerrechtlichen Regelungen der Haager Landkriegsordnung von 1907 (Artikel 4 bis 20) und das III. Genfer Abkommen von 1949 (eine der vier Genfer Konventionen). Um als Kriegsgefangener zu gelten, muss die betroffene Person laut den Genfer Konventionen ein offizieller Beteiligter an einem Konflikt sein oder Mitglied einer militärischen Befehlsstruktur und als solches erkennbar sein. Dazu zählen auch Personen, die keine Militärpersonen, aber für die Streitkräfte tätig sind (siehe auch Militärdienstleister). Polizei und paramilitärische Organisationen werden in den meisten Fällen nicht als Beteiligte gewertet, falls dies allerdings von dem betroffenen Staat gewünscht wird, muss er dies dem Kriegsgegner mitteilen.

Wichtig für Annahme des Kriegsgefangenenstatus ist das Tragen einer Uniform oder von Erkennungszeichen, welche die Person als Beteiligten zu erkennen geben. Wenn Beteiligte nicht unterscheidbar von Zivilisten sind, ihre Waffen verdeckt oder feindliche Uniformen tragen, verlieren sie diesen Status. Der Kriegsgefangenenstatus wird auch auf Rebellen angewandt, die in Uniformen und mit offen getragenen Waffen kämpfen sowie in Befehlsstrukturen eingebunden sind. Für Bombenleger und Mitglieder internationaler sowie nationaler Terrororganisationen wird der Kriegsgefangenenstatus nicht angewandt.[1]

Auch alle übrigen Personen, die kriegerische Handlungen vorgenommen haben, sind im Zweifelsfalle so lange als Kriegsgefangene zu behandeln, bis durch zuständige Gerichte über ihren Status entschieden ist. Die Kriegsgefangenen unterstehen der Gewalt des Gewahrsamsstaates. Sie unterstehen nicht den Personen und Truppenteilen, die sie gefangen genommen haben. Einzelpersonen dürfen nicht über Kriegsgefangene entscheiden, auch dann nicht, wenn diese offensichtlich gegen die Regeln der Kriegsführung verstoßen haben.

Sanitätspersonal, auch wenn zur Selbstverteidigung eine Handfeuerwaffe führend, sowie religiöses Personal zählt nicht zu den Kombattanten. Sie werden daher formal auch in Gefangenschaft keine Kriegsgefangenen, genießen aber den gleichen Schutz. Sie dürfen ihre Tätigkeit weiter ausüben und sind in dieser zu unterstützen. Sanitäter dürfen nur so lange vom Gewahrsamsstaat zurückgehalten werden, wie sie zur Versorgung ihrer verwundeten Landsleute benötigt werden.

Ein Spion, der heimlich und ohne Teilnahme an Kriegshandlungen im Gebiet des Kriegsgegners Informationen beschafft hat und in den Herrschaftsbereich seiner Kriegspartei zurückgekehrt ist, darf nach seiner Gefangennahme nicht bestraft werden und hat Anspruch auf Behandlung als Kriegsgefangener.[2]

Rechte und Pflichten Kriegsgefangener

Ludwig Zietz schreibt am 7. Dezember 1914 aus Ahmednagar

Kriegsgefangene sind keine Strafgefangenen, sondern Sicherungsgefangene, die dem Gewahrsamsstaat als Staatsgefangene unterstehen. Der Gewahrsamsstaat ist für die Behandlung verantwortlich. Unmenschliche und entwürdigende Behandlung sowie Repressalien sind verboten.

Kombattanten, welche die Waffen strecken, wehrlos oder sonst kampf- bzw. verteidigungsunfähig sind oder sich ergeben, dürfen nicht bekämpft werden. Sie dürfen entwaffnet und gefangen genommen werden.

Kriegsgefangene sind baldmöglichst außer Gefahr zu bringen. Wenn sie aufgrund der Kampfbedingungen nicht weggeschafft werden können, so sind sie freizulassen. Dabei sind umsetzbare Maßnahmen für ihre Sicherheit zu treffen.

Kriegsgefangene sind verpflichtet, Name, Vornamen, Geburtsdatum, Dienstgrad und Personenkennziffer zu nennen. Militärische Ausrüstung und Waffen sind ihnen abzunehmen. Persönliche Gegenstände einschließlich Helm, ABC-Schutzausrüstung, Verpflegung, Bekleidung, Dienstgrad- und Nationalitätskennzeichen sowie Auszeichnungen dürfen behalten werden. Nur auf Offiziersbefehl dürfen Geld und Wertgegenstände gegen Quittung abgenommen werden, welche allerdings bei Entlassung zurückzugeben sind.

Heuernte der Gefangenen, 1915

Mannschaftsdienstgrade kann der Gewahrsamsstaat zu nichtmilitärischen Arbeiten heranziehen. Offiziere dürfen nicht zu Arbeiten herangezogen, sondern müssen bevorzugt behandelt werden. Dabei unterscheidet das Abkommen selbst nur Mannschaften und Offiziere; Unteroffiziere unter einem gewissen Rang (Fähnrich, entsprechend den deutschen Rängen Feldwebel und Bootsmann) gelten als Mannschaften. Gesundheitsschädliche Arbeiten oder besonders gefährliche Arbeiten dürfen nur an Freiwillige vergeben werden.

Soweit ein flüchtender Kriegsgefangener (auch im Wiederholungsfall) keine Gewalt gegen Personen anwendet, dürfen Fluchtversuche nur disziplinarisch geahndet werden.

Die Verletzung dieser Rechte kommt in beinahe jedem Krieg vor und provoziert bei der Gegenseite meist ähnliche Übergriffe. Besonders schwere Rechtsbrüche, die nicht selten eine größere Anzahl gegnerischer Armeeangehöriger betreffen, können als Kriegsverbrechen gewertet werden.

Missachtung der Rechte von Kriegsgefangenen

Die meisten kriegsführenden Parteien halten sich in vielen Punkten nicht an die Genfer Konventionen zur Behandlung von Kriegsgefangenen. So werden neben oftmaliger Missachtung der Genfer Dokumente während eines Krieges oder eines Konflikts nach der Beendigung der Auseinandersetzung viele dieser Soldaten oft als „Kriegsbeute Mensch“ zurückbehalten. Sie werden dabei als Pfand in z. B. teils geheimen Verhandlungen eingesetzt, um den gegnerischen Parteien Zugeständnisse oder Zahlungen abzuringen.

Geschichte

Der Sieger in einer Schlacht verfügte nach Gutdünken über das Leben und den Besitz derer, die ihm ausgeliefert waren. Es gab keine Trennung zwischen Kombattanten und Zivilbevölkerung. Das Schicksal der Besiegten reichte von der Niedermachung auf dem Schlachtfeld über Verstümmelung bis zur Verschleppung oder dem Zwang zur Heeresfolge. Aber auch die einfache Freilassung blieb möglich. Ein weitverbreitetes Schicksal war die Versklavung. Bereits zu Beginn der schriftlichen Überlieferung wird von Kriegen berichtet, die eben zum Zweck der Sklavenbeschaffung geführt wurden. Assyrische Quellen aus der Zeit Hammurabis berichten vom Freikaufen versklavter Kriegsgefangener.[3]

Europäische Entwicklung bis 1907

Preussischer Husar mit Gefangenen. Gemälde von Emil Hünten, 1862

Auch im antiken Griechenland hatten Kriegsgefangene keinen besonderen Rechtsstatus. Die allgemeine Rechtsauffassung war, dass der Stärkere über den Schwächeren herrschen dürfe und solle. Das normale Verfahren war der Verkauf oder die Auslösung der gefangenen gegnerischen Krieger. Thukydides berichtet an mehreren Stellen über Kriegsgefangene im Peloponnesischen Krieg. 421 v. Chr. bot Sparta den Frieden auf Vorkriegsbasis an, um die 120 Spartiaten (Vollbürger) zurückzuerhalten, welche sich in der Schlacht von Sphakteria ergeben hatten. Die Überlebenden der Sizilischen Expedition wurden 413 v. Chr. in die Steinbrüche von Syrakus gesperrt, wo sie elend zugrunde gingen. Nach der Schlacht bei Aigospotamoi wurden etwa 3000 Gefangene gemacht. Lysandros ließ nach einem Strafgericht alle athenischen Vollbürger hinrichten, weil sie „den Anfang mit ungesetzlichen Handlungen unter den Hellenen gemacht hatten.“[4]

In der römischen Kultur wurde ähnlich verfahren. Die „Kriegsbeute Mensch“ war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auf den Triumphzügen der siegreichen Feldherren bildeten die zur Schau gestellten Kriegsgefangenen ein wesentliches Element. In den Bürgerkriegen wurden die Legionäre der unterlegenen Partei oft begnadigt oder in die eigenen Reihen eingegliedert. Andererseits wurden z. B. 71 v. Chr. sämtliche ca. 6000 Gefangene des Spartacus-Aufstandes entlang der Via Appia gekreuzigt.

Eine Änderung des Status der Kriegsgefangenen erfolgte, als das Dritte Laterankonzil im Jahre 1179 den Verkauf von Christen in die Versklavung verbot. Dadurch war es nicht mehr rentabel, viele Gefangene zu machen: Gefangenes Fußvolk wurde auf dem Schlachtfeld niedergemacht oder einfach laufengelassen. Um das Lösegeld von höhergestellten Kriegsgefangenen bildete sich ein lukratives Gewerbe. Ein berühmtes Beispiel ist die Gefangennahme von Richard Löwenherz 1192.

Zu Zeiten der großen Söldnerheere im ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden oft bereits auf dem Schlachtfeld Gefangene gegenseitig ausgetauscht. Für Offiziere oder Generale gab es dabei bestimmte Quoten im Verhältnis zu Fußsoldaten. Gängige Praxis war es auch, Kriegsgefangene zu entlassen, wenn sie schworen, nicht mehr in den Konflikt einzugreifen.

Die Massenaushebungen zum Kriegsdienst nach der Französischen Revolution führten dazu, dass nunmehr hunderttausende Kriegsgefangene anfielen und versorgt werden mussten. Gleichzeitig setzte sich die Auffassung durch, dass Kriege hauptsächlich Angelegenheiten der Staatswesen seien und den gefangenen Soldaten gewisse Rechte zuständen. Im Deutsch-Französischen Krieg standen den 8000 deutschen mehr als 400.000 französische Kriegsgefangene gegenüber, sodass ein Austausch nicht in Frage kam. Theodor Fontane schildert seine Erlebnisse als deutscher Kriegsgefangener in Kriegsgefangen. Erlebtes 1870. Die Probleme bei der Internierung und Versorgung dieser Massen waren ein wesentlicher Auslöser für die Schaffung der Haager Landkriegsordnung.

Die Völkerrechtlichen Gepflogenheiten Europas wurden jedoch in Kolonialkriegen nicht unbedingt angewendet. Hier kam es weiterhin zu regelrechten Genoziden seitens der Imperial-Mächte.

Erster Weltkrieg

Österreichisch-Ungarische Kriegsgefangene in Russland
Deutsche Kriegsgefangene in Frankreich
Soldaten aus den französischen Kolonien in deutscher Kriegsgefangenschaft

Während des Ersten Weltkrieges ergaben sich etwa acht Millionen Soldaten gegnerischen Streitkräften und befanden sich bei Kriegsende in Kriegsgefangenschaft. Alle beteiligten Nationen am europäischen Kriegsschauplatz hielten sich in der Regel bezüglich des Abschnitts der Kriegsgefangenschaft an das Haager Abkommen. Für gewöhnlich hatten Kriegsgefangene eine größere Überlebenschance als ihre nicht gefangenen Kameraden.[5] Die Masse der Kriegsgefangenen fiel an, wenn größere Verbände die Waffen strecken mussten. Beispiele sind die 95.000 gefangenen russischen Soldaten nach der Schlacht bei Tannenberg (1914) oder die 325.000 Angehörigen der k.u.k Armee nach der Brussilow-Offensive 1916.

Deutschland hielt insgesamt 2,5 Millionen Soldaten gefangen, Russland 2,9 (darunter ca. 160.000 deutsche sowie 2,1 Mio. österreich-ungarische Soldaten)[6], Großbritannien, Frankreich und die USA 768.000. Die Zustände in den Kriegsgefangenenlagern während des Krieges waren teilweise deutlich besser als im Zweiten Weltkrieg. Dies wurde durch die Anstrengungen des Internationalen Roten Kreuzes und durch Beobachter aus neutralen Staaten erreicht.

In Russland war die Situation in den Kriegsgefangenenlagern, welche häufig in unwirtlichen Gegenden Sibiriens und Zentralasiens lagen, jedoch besonders schlecht. Von den etwa 2,2 Millionen Soldaten der Mittelmächte in russischer Gefangenschaft starben etwa 25 %.[7] Berüchtigt sind die großen Fleckfieber-Epidemien in den ersten Kriegswintern oder der Bau der Murmanbahn.

In den Lagern Deutschlands war die Versorgungslage schlecht, was mit der allgemeinen Nahrungsmittelknappheit während des Krieges zusammenhing, allerdings betrug die Sterblichkeit nur 5 %.[8]

Das Osmanische Reich behandelte seine Kriegsgefangenen oft schlecht. Im April 1916 ergaben sich beispielsweise 11.800 britische Soldaten, die meisten davon Inder, in der Schlacht um Kut. 4.250 von ihnen verhungerten innerhalb weniger Wochen.[9]

Kriegsgefangene wurden in der Landwirtschaft und Industrie eingesetzt und waren ein wichtiger Wirtschaftsfaktor während des Krieges.

Neben Soldaten wurden während des Ersten Weltkrieges auch in großem Ausmaß Zivilangehörige der Feindstaaten interniert oder in Russland nach Sibirien deportiert.

Zweiter Weltkrieg

Sowjetische Kriegsgefangene im Konzentrationslager Mauthausen.
Australische und niederländische Kriegsgefangene in Tarsau, Thailand 1943
Auf dem Weg nach Nisnij Postiolok, Kohleskizze, Bruno Bergner, 1948

Nach dem Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges erteilte Kaiser Hirohito in seiner Direktive vom 5. August 1937 explizit den Befehl, sich bei der Behandlung chinesischer Kriegsgefangener nicht an das Haager Abkommen zu halten.[10] Das Kaiserreich Japan, welches auch nie das Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen unterzeichnet hatte, machte in China grundsätzlich kaum Gefangene. Chinesische Soldaten, die versuchten, sich zu ergeben, wurden in der Regel erschossen oder nach der Gefangennahme getötet. Von den Millionen chinesischer Soldaten und Partisanen, die sich gegenüber der Kaiserlich Japanischen Armee zu ergeben versuchten, überlebten nur 56 Gefangene den Krieg.[11][12]

Chinesische, amerikanische, niederländische, britische, australische, indische, neuseeländische und kanadische Kriegsgefangene wurden häufig Opfer von Folter, tödlicher Zwangsarbeit, Todesmärschen und Menschenversuchen. Viele der Gefangenen verhungerten, und dem Internationalen Roten Kreuz wurde ein Zugang zu den Lagern verweigert.[13] Bekannte Beispiele sind der Death Railway und der Todesmarsch von Bataan. Die Todesrate bei alliierten Kriegsgefangenen lag bei 27,1 %.[14]

Sowjetische Kriegsgefangene wurden vom Deutschen Reich äußerst schlecht behandelt. Sie litten unter Hunger, Kälte, Zwangsarbeit und Misshandlungen. Gestapo-Kommandos durchsuchten die Reihen der Gefangenen nach Juden, staatlichen Offiziellen und anderen „untragbaren“ oder „gefährlichen“ Individuen sowie Sowjetkommissaren, welche den Kommissarbefehl überlebt hatten, und brachten sie in Vernichtungslager, wo sie in der Regel sofort getötet wurden (Kriegsverbrechen).[15] Insgesamt starben zwischen 140.000 und 500.000 sowjetische Kriegsgefangene in Konzentrationslagern, die meisten davon wurden erschossen oder vergast.[16] Von den 5,7 Millionen sowjetischen Soldaten, welche sich in deutscher Gefangenschaft befanden, überlebten 3,3 Millionen den Krieg nicht, was 57 % entspricht.[17] 500.000 sowjetische Gefangene wurden von der Roten Armee noch während des Krieges befreit. 930.000 wurden nach dem Krieg aus Lagern befreit. Zahlreiche sowjetische Friedhöfe (Kriegsgräber) in Deutschland dokumentieren die hohe Zahl der in Deutschland umgekommenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter.[18]

Die Behandlung west-alliierter Kriegsgefangener war in der Regel gut, und man hielt sich dabei an die Genfer Konvention. Von den 232.000 US-amerikanischen, britischen, kanadischen und weiteren Soldaten überlebten 8.348 den Krieg nicht, was 3,5 % entspricht.[19] Das OKW legte jedoch eine „rassische Trennung“ fest. Farbige Soldaten der Kolonialtruppen Großbritanniens, Frankreichs und Belgiens hatten oft unter Misshandlungen und unzureichender Versorgung zu leiden und willkürliche Tötungen zu befürchten. Während 1940 der Großteil der französischen Kolonialsoldaten entlassen oder nach Frankreich verbracht wurde, wurden im Stammlager III A in Luckenwalde rund 500 Mann für „tropenmedizinische Studienzwecke“ zurückbehalten, die teilweise auch als Statisten in Propagandafilmen der UFA wie Germanin – Die Geschichte einer kolonialen Tat verwendet wurden. Ihr weiteres Schicksal ist ungeklärt.[20]

Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Polen 1939 gerieten 240.000 polnische Soldaten in sowjetische Kriegsgefangenschaft, von denen nur 82.000 den Krieg überlebten, wodurch die Todesrate bei 66 % liegt. 20.000 Kriegsgefangene und Zivilisten wurden beim Massaker von Katyn getötet.[21][22]

Manchen Quellen zufolge nahm die Sowjetunion 3,5 Millionen Soldaten der Achsenmächte (inklusive japanischer Soldaten in der Mandschurei) gefangen, von denen etwa eine Million starben. Ein spezielles Beispiel ist die Schlacht um Stalingrad, in der sich 91.000 deutsche Soldaten ergaben. Nur 5000 überlebten die Gefangenschaft. Bei den italienischen Soldaten, die sich in Kriegsgefangenschaft befanden, war die Sterblichkeit ebenfalls sehr hoch. Von den 54.000 Gefangenen starben 84,5 %.[23][24]

Über 700.000 Kriegsgefangene stellten die USA den Franzosen zur Verfügung. Frankreich zwang etwa 50.000 zur hochriskanten Zwangsarbeit als Minenräumer.[25] Im Frühjahr 1946 wurde dem IKRK schließlich erlaubt, Besuche abzuhalten und den Kriegsgefangenen in der amerikanischen Zone begrenzte Mengen an Nahrungsmitteln zukommen zu lassen.[26] Aus westlicher Gefangenschaft kehrten fast alle ehemaligen deutschen Soldaten nach der Kapitulation bis 1948 nach Deutschland zurück. In der Sowjetunion dauerte die Gefangenschaft meist drei Jahre; sie konnte aber auch – zum Beispiel für Stalingradkämpfer – bis zu 10 und mehr Jahre währen.

Bundeskanzler Konrad Adenauer erzielte 1955 einen großen politischen Erfolg durch die Herbeiführung der Entlassung der letzten Gefangenen, die zum Teil aus den unterschiedlichsten Gründen durch sowjetische Gerichte zu Gefängnisstrafen bis zu 25 Jahren verurteilt worden waren.

Im Rahmen der Operation Keelhaul wurden sowjetische Kriegsgefangene – oft gegen ihren Willen – von den Briten und den US-Amerikanern in die Sowjetunion zurückgeschickt, da auf der Konferenz von Jalta im Januar 1945 die Repatriierung der jeweiligen Kriegsgefangenen beschlossen worden war. In dem 1992 erschienenen Buch Soldiers of Misfortune behaupten die Autoren, dass die Sowjetunion entgegen der Vereinbarung ca. 20.000 US- und ca. 30.000 Commonwealth-Soldaten zurückhielt und dass dies der US-Regierung bewusst gewesen sei.[27]

Filme

  • Dirk Pohlmann (Regie): Kriegsbeute Mensch – Wie Regierungen ihre Soldaten verraten. Dokumentation, Deutschland, 2006, 89 Min. (auch zur verzögerten oder zweifelhaften Repatriierung von US-POWs und anderer Westalliierter aus deutschen Lagern durch die Rote Armee nach Kriegsende (WK2, Odessa) und zur Situation im Vietnam-Krieg)

Einzelnachweise

  1. Karl Doehring: Völkerrecht. Heidelberg 1999, ISBN 3-8114-5499-4.
  2. Artikel 46, Zusatzprotokoll I zu den Genfer Konventionen von 1949.
  3. Erich Ebeling: Reallexikon der Assyriologie. Band 7, ISBN 978-3-11-010437-0.
  4. Xenophon: Hellenika
  5. Geo G. Phillimore, Hugh H. L. Bellot: Treatment of Prisoners of War. In: Transactions of the Grotius Society. Vol. 5, (1919), S. 47–64.
  6. http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/volltexte/2001/207/pdf/diss_wurzer.pdf, S. 22.
  7. Robert B. Kane, Peter Loewenberg: Disobedience and Conspiracy in the German Army, 1918–1945. McFarland, 2008, ISBN 978-0-7864-3744-3, S. 240.
  8. Richard B. Speed, III. Prisoners, Diplomats and the Great War: A Study in the Diplomacy of Captivity. (1990); Ferguson, The Pity of War. (1999) Ch 13; Desmond Morton, Silent Battle: Canadian Prisoners of War in Germany, 1914–1919. 1992.
  9. British National Archives: The Mesopotamia campaign.
  10. Akira Fujiwara: Nitchû Sensô ni Okeru Horyo Gyakusatsu. Kikan Sensô Sekinin Kenkyû 9, 1995, S. 22.
  11. Tanaka, ibid., Herbert Bix: Hirohito and the Making of Modern Japan. 2001, S. 360.
  12. Japanese Atrocities in the Philippines. Public Broadcasting Service (PBS)
  13. Gavin Dawes: Prisoners of the Japanese : POWs of World War II in the Pacific. ISBN 0-688-14370-9.
  14. Yuki Tanaka: Hidden Horrors. 1996, S. 2, 3.
  15. No Mercy: The German Army’s Treatment of Soviet Prisoners of War. (Memento vom 3. Juni 2008 im Internet Archive)
  16. The treatment of Soviet POWs: Starvation, disease, and shootings, June 1941 – January 1942. USHMM.
  17. Christian Streit: Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941–1945. DVA, Stuttgart 1978, S. 10.
  18. Soviet Prisoners of War: Forgotten Nazi Victims of World War II. (Memento vom 30. März 2008 im Internet Archive)
  19. Michael Burleigh: The Third Reich—A New History. Hill and Wang, New York 2000, ISBN 0-8090-9325-1, S. 512–513
  20. Uwe Mai, Uwe: Kriegsgefangen in Brandenburg: Stalag IIIA in Luckenwalde 1939–1945, Berlin 1999, S. 147–156.
  21. Michael Hope: Polish deportees in the Soviet Union. (Memento vom 16. Februar 2012 im Internet Archive)
  22. Stéphane Courtois, Mark Kramer: Livre noir du Communisme: crimes, terreur, répression. Harvard University Press, 1999, ISBN 0-674-07608-7, S. 209.
  23. German POWs and the Art of Survival. (Memento vom 19. Dezember 2007 im Internet Archive)
  24. German POWs in Allied Hands—World War II. (Memento vom 12. April 2012 im Internet Archive)
  25. Zwangsarbeit als Minenräumer – „Rudi war total durchlöchert“. In: einestages. 27. August 2008, Der Spiegel. 35/2008.
  26. Staff: ICRC in WW II: German prisoners of war in Allied hands. 2. Februar 2005.
  27. James D. Sanders, Mark A. Sauter, R. Cort Kirkwood: Soldiers Of Misfortune; Washington’s Secret Betrayal of American POWs in the Soviet Union. National Press Books, 1992.

Literatur

  • In der bibliographischen Datenbank RussGUS werden nachgewiesen:
87 Publikationen über die sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland (Formularsuche / Sachnotationen: 12.3.4.5.3.4.7.1)
137 Publikationen über die deutschen Kriegsgefangenen in der UdSSR (Formularsuche / Sachnotationen: 12.3.4.5.3.4.7.2)
  • Martin Albrecht, Helga Radau: Stalag Luft I in Barth. Britische und amerikanische Kriegsgefangene in Pommern 1940 bis 1945. Thomas Helms Verlag Schwerin 2012. ISBN 978-3-940207-70-8
  • Günter Bischof, Stefan Karner, Barbara Stelzl-Marx (Hrsg.): Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges. Gefangennahme, Lagerleben, Rückkehr. R. Oldenbourg-Verlag, Wien 2005, ISBN 3-7029-0537-5. (Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2005, ISBN 3-486-57818-9)
  • Roger Devaux: Treize Qu’ils Etaient – Das Leben der französischen Kriegsgefangenen bei den Bauern in Niederbayern während des Zweiten Weltkrieges. In: Treize Qu’ils Etaient. ISBN 2-916062-51-3.
  • Jörg Echternkamp (Hrsg.): Die deutsche Kriegsgesellschaft 1939–1945. Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Deutsche Verlags-Anstalt, Band 9 in zwei Halbbänden, München 2004/05, ISBN 3-421-06528-4. Darin insbes. in Bd. 2 die Kapitel von Mark Spoerer, Ela Hornung, Ernst Langthaler, Sabine Schweitzer, Oliver Rathkolb: Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge in der deutschen Industrie- und Landwirtschaft.
  • Edda Engelke: Niederösterreicher in sowjetischer Kriegsgefangenschaft während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Selbstverlag des Vereins zur Förderung der Forschung von Folgen nach Konflikten und Kriegen, Graz 1998, ISBN 3-901661-02-6.
  • Andreas Hilger: Deutsche Kriegsgefange in der Sowjetunion 1941–1956. Kriegsgefangenenpolitik, Lageralltag und Erinnerung. Klartext-Verlag, März 2000, ISBN 3-88474-857-2.
  • Andreas Hilger: Sowjetische Justiz und Kriegsverbrechen. Dokumente zu den Verurteilungen deutscher Kriegsgefangener, 1941–1949. Nachweis, Zusammenfassung. In: ifz. Heft 3/06.
  • Rolf Keller: Sowjetische Kriegsgefangene im Deutschen Reich 1941/42. Behandlung und Arbeitseinsatz zwischen Vernichtungspolitik und kriegswirtschaftlichen Erfordernissen, Göttingen 2011. ISBN 978-3-8353-0989-0. Rezensionen: H-Soz-u-Kult 9. Februar 2012, www.kulturthemen.de 9. Februar 2012
  • Guido Knopp: Die Gefangenen. C. Bertelsmann Verlag, 2003.
  • Reinhard Nachtigal: Russland und seine österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen (1914–1918). Greiner, Remshalden 2003, ISBN 3-935383-27-4.
  • Jobst von Nordheim: Verlorene Jahre. In: Erinnerungen eines Fahnenjunkers an die russische Kriegsgefangenschaft und Abrechnung mit dem National(sozial)ismus. Baltica Verlag, Flensburg 2000, ISBN 3-934097-09-X.
  • Jochen Oltmer (Hrsg.): Kriegsgefangene im Europa des Ersten Weltkrieges. Ferdinand Schöningh, Paderborn, u. a. 2006, ISBN 3-506-72927-6. (= Krieg in der Geschichte [KRiG], Bd. 24.)
  • Rüdiger Overmans: Die Kriegsgefangenenpolitik des Deutschen Reiches 1939 bis 1945. In: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 9/2. München 2005.
  • Rüdiger Overmans (Hrsg.): In der Hand des Feindes: Kriegsgefangenschaft von der Antike bis zum Zweiten Weltkrieg. Böhlau, Köln 1999, ISBN 3-412-14998-5.
  • Rüdiger Overmans: Soldaten hinter Stacheldraht. Deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs. Ullstein Tb., 2002.
  • Dankward Sidow: “Ruki werch!” (Deutsch: Hände hoch!) – Eigenes Erleben als Soldat und Kriegsgefangener in sowjetischem Gewahrsam von 1944–1949, mit sowjetischer Kriegsgefangenen-Personalakte, Lagerplänen, vollständiger Korrespondenz und sowjetamtlichen Berichten mit Fotos über das Lager 126 – Nikolajew an die zuständigen Ministerien in Kiew und Moskau. Selbstverlag Hamburg.
  • Christian Streit: Keine Kameraden. Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941–1945. DVA, Stuttgart 1978, ISBN 3-421-01883-9.
  • Philippe Sunou: Les Prisonniers de guerre allemands en Belgique et la Bataille du charbon 1945–1947. Musée Royal de l’Armée, Brüssel 1980. (frz.)
  • Wolfgang Stadler: Hoffnung – Heimkehr. Mit 17 an die Front – Mit 19 hinter Stacheldraht. Swing-Druck, Colditz 2000, ISBN 3-9807514-0-6.
  • Georg Wurzer: Die Kriegsgefangenen der Mittelmächte in Russland im Ersten Weltkrieg. V&R unipress Verlag, ISBN 3-89971-241-2. (online)
  • Yücel Yanıkdağ: “Ottoman Prisoners of War in Russia, 1914–22”, Journal of Contemporary History 34/1 (Jan. 1999), S. 69–85. (englisch)
  • Yücel Yanıkdağ: Healing the Nation: Prisoners of War, Medicine, and Nationalism in Turkey, 1914–1939. Edinburgh: Edinburgh University Press, 2013. ISBN 978-0-7486-6578-5 (englisch)

Weblinks

 Commons: Kriegsgefangener – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kriegsgefangener – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Kriegsgefangenschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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