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Morisken

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La Expulsión de los Moriscos (Die Ausweisung der Morisken) von Vicente Carducho
Von den Morisken leitet sich in Europa historisch der Moriskentanz her. Erasmus Grasser schuf die berühmten Figuren der Tänzer für das Alte Rathaus in München.

Morisken, auch Moriscos genannt (spanisch: morisco ‚maurisch‘) sind zum Christentum zwangskonvertierte Mauren, die nach dem Abschluss der Reconquista in Spanien lebten.

Siedlungsgebiet

Nachdem Muslime aus Nordafrika und Arabien den Großteil der Iberischen Halbinsel im frühen 8. Jahrhundert unterworfen hatten, kamen mit dem Untergang der maurischen Herrschaft in Spanien viele Muslime unter die Herrschaft des christlichen Kastilien, als im Januar 1492 mit der Einnahme der letzten muslimischen Enklave Granada die Reconquista endete.

Trotz aller Garantien der Religionsfreiheit, die bei der Kapitulation von Granada gewährt wurden, begann bald (formell 1502) die Zwangsbekehrung der Mudéjares durch die Katholische Kirche und die Enteignung der muslimischen religiösen Institutionen.

Nach einem Aufstand in Granada um 1499 ordnete auch die Monarchie die Zwangsbekehrung der Muslime oder deren Deportation an. In der Folgezeit traten zwar viele Muslime zum Christentum über, übten den Islam aber im Geheimen weiter aus, was wiederum von der Inquisition verfolgt wurde.

Ein weiterer Aufstand der Morisken in den südlich von Granada gelegenen Alpujarras unter der Führung von Abén Humeya gegen die spanische Unterdrückung (1569–1571) führte dazu, dass viele Morisken in die Gebiete Kastiliens und Aragoniens umgesiedelt wurden.

Kultur

Die spanische Regierung erlegte den Morisken strenge Beschränkungen auf, um sicherzustellen, dass sie nicht weiterhin heimlich dem Islam anhingen, was tatsächlich der Fall war: Morisken hatten die Türen ihrer Häuser am Donnerstagabend und Freitagmorgen offen zu lassen, damit Soldaten ein- und ausgehen konnten, um sicherzustellen, dass sie nicht badeten, wie es unter Muslimen vor dem Gemeinschaftsgebet am Freitag üblich ist. Muslime, die beim Lesen des Korans oder bei der Wudu genannten rituellen Waschung angetroffen wurden, konnten sofort getötet werden.

Doch selbst unter diesen äußerst schwierigen Umständen hielten die Morisken größtenteils über Jahrzehnte an ihrem Glauben fest, auch wenn ihre Möglichkeiten zum Gemeinschaftsgebet oder die Pilgerfahrt nach Mekka eingeschränkt waren:

Morisken arbeiteten heimlich an den kirchlichen Feiertagen und zelebrierten die Freitage mehr als die Sonntage. Auch wenn ihre Kinder zum Schein getauft wurden, wischten sie symbolisch das Taufwasser ab und gaben ihnen maurische Namen, die im eingeweihten Kreis verwendet wurden. Auch wurden die Jungen heimlich beschnitten. Auch wenn Trauungen öffentlich nach christlichem Ritus durchgeführt wurden, folgte daheim oft eine Trauung im muslimischen Stil, in traditionell maurischer Kleidung und mit rituellen Tänzen.[1]

Sprache

Ein von König Philipp von Spanien im Jahre 1566 ausgestelltes Dekret wies die Morisken an, die spanische Sprache, Kleidung und Gewohnheiten anzunehmen. Die Morisken produzierten jedoch weiter sogenannte aljamiados, Bücher die auf Spanisch mit dem arabischen Alphabet geschrieben wurden und dazu dienten, heimliche Unterweisungen im Islam zu ermöglichen.

Die Ausweisung der Morisken

Durch Juan de Ribera, den Erzbischof von Valencia, wurde die Ausweisung der Morisken gutgeheißen.

Im Jahr 1609 unterzeichnete König Philipp III. von Spanien ein Edikt, das die Ausweisung aller Morisken aus Spanien anordnete. Ihnen wurden 3 Tage gelassen, um ihre Habseligkeiten zu ordnen und sich an Bord von Schiffen zu begeben, die sie nach Nordafrika und in das Osmanische Reich brachten.

Während die Juden vornehmlich wegen ihres Glaubens aus Spanien vertrieben wurden, verstand man die Morisken als Fünfte Kolonne während eines intensiven Kampfes gegen das muslimische Osmanische Reich, vor allem da sie sich zweimal gewaltsam aufgelehnt hatten.

Zwischen 1609 und 1611 wurden die letzten 275.000 Morisken aus Spanien ausgewiesen. Viele siedelten sich in Marokko und Tunesien und Algerien an und beeinflussten die Kultur dieser Länder durch ihre andalusischen Traditionen erheblich.

Einigen Morisken gelang es jedoch, ihre wahre Herkunft zu verbergen und großen Reichtum durch den Seidenhandel zu erlangen. Diese sogenannten Krypto-Muslime wurden von der Inquisition erst 1727 aufgespürt.[2]

Einfluss auf die europäische Kultur

Populär war in jenen Zeiten in Süddeutschland der Moriskentanz. Die berühmten Moriskentänzer, die für das Alte Rathaus in München von Erasmus Grasser 1480 geschaffen wurden, sind heute im dortigen Stadtmuseum ausgestellt. Auch Orlando di Lasso schrieb Musik für Moriskentänze.

Seit dem 15. Jahrhundert bis heute wird auf der kroatischen Insel Korčula der Moriskentanz (kroatisch „moreška“) am 29. Juli, dem Gedenktag des Theodor Martyr, aufgeführt, ebenso in England („morris dance“).

Populationsgenetik

Genetische Tests bestätigten anhand der Verteilung gewisser Marker im Genom von heutigen Bewohnern der Iberischen Halbinsel, dass Nordafrikaner die Iberische Halbinsel von Süden her besiedelten, und sich nach einer schnellen Expansion nach Norden wieder nach Süden zurückzogen, bis sie schließlich, mehr als 700 Jahre nach ihrer Ankunft, wieder aus Andalusien ausgewiesen wurden und ihre Gene nicht weiter verbreiten konnten.[3]

Obwohl die Muslime die geringste Zeitspanne im Norden der Iberischen Halbinsel anwesend waren, ergaben Tests kein Süd-Nord-Gefälle der nordafrikanischen Genmarker. Vielmehr kann der höchsten Anteile von Menschen mit nordafrikanischer Abstammung (> 20 %) in Galicien und dem Norden Kastiliens gefunden werden, während der Anteil in Andalusien wesentlich geringer ist.[4][5]

Der Anteil an Menschen mit nordafrikanischer Abstammung ist in der westlichen Hälfte der Halbinsel relativ hoch, während er in der östlichen Hälfte relativ niedrig ist. Diese Verteilung könnte die erzwungenen Umsiedlungen der Morisken widerspiegeln und legt den Schluss nahe, dass die Ausweisung der Morisken ab 1609 sehr effektiv in Valencia und West-Andalusien umgesetzt worden ist, während sich in Galizien und Extremadura Menschen mit arabischen Vorfahren halten konnten, wohl da die Bevölkerung dort zerstreuter verteilt ist.[6]

Literatur

  • Stephan Ronart, Nandy Ronart: Lexikon der Arabischen Welt. Artemis, Zürich (u.a.) 1972, ISBN 3-7608-0138-2.
  • Xavier Casassas Canals: Los Siete Alhaicales y otras plegarias de mudéjares y moriscos. Almuzara, Córdoba 2007, ISBN 978-84-96710-83-2.
  • Thomas Kuster: Die Moreskentänze(r): Eine Form der fürstlich Kurzweil. In: Maximilian I. – Triumph eines Kaisers: Herrscher mit europäischen Visionen. Hrsg. v. Tiroler Kunstkataster (u.a.), Tiroler Landesregierung, Innsbruck 2005–2006, ISBN 3-902112-03-4, S. 42–48.
  • Katharina Kuffner: Die letzten Mauren. Geschichte der Moriscos in vier Sätzen. Turia + Kant, Wien 2009, ISBN 978-3-85132-575-1.
  • Mercedes Gárcia-Arenal, Gerard Wiegers (Hrsg.): The Expulsion of the Moriscos from Spain: A Mediterranean Diaspora. Brill, Leiden & Boston 2014. ISBN 978-90-04-25920-1 (Print); ISBN 978-90-04-27935-3 (eBook)

Einzelnachweise

Weblinks

 Commons: Morisken – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Morisken aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.