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Rechavia

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Bejt ha-Mossadot ha-Le'umijjim, kurz ha-Sochnut in Rechavia

Rechavia (hebräisch רְחַבְיָה Rəchavjah, englisch Rehavia, arabisch رَحَفْيَا, DMG Raḥafyā) ist ein Stadtteil von Jerusalem zwischen der Innenstadt und dem Quartier Talpiot. Seit seiner Errichtung ist das Viertel für seine zahlreichen namhaften Bewohner, unter anderem Professoren der Hebräischen Universität Jerusalem, Regierungsangestellte und Diplomaten, aber auch Intellektuelle und Denker aus Wissenschaft und Kultur bekannt. Noch heute zählt das Quartier zu den wohlhabenderen Teilen der Stadt. Der Architekt Elīʿeser Jellīn benannte das Viertel nach Rechavjah,[1] einem Enkel Mosis seitens seines Sohnes Elieser.[2]

Seit seiner Errichtung in den 1920er Jahren war das Viertel traditionellerweise mit dem deutsch-jüdischen Bildungsbürgertum verbunden, was sich zum einen durch die vielen Einwanderer und Flüchtlinge aus Deutschland und zum anderen durch den Einfluss des Städtebaus nach deutschem Vorbild ergab, so wurde das Quartier etwa unter den aus Deutschland stammenden Architekten Erich Mendelsohn oder Richard Kauffmann in Charakter und Dimension mitunter stark von den grünen Stadtteilen Dahlem oder Grunewald in Berlin geprägt. Noch immer befindet sich mit der Schocken-Bibliothek (des deutsch-jüdischen Verlegers Salman Schocken) die größte deutschsprachige Büchersammlung Israels im Quartier.[3][4][5][6]

Geschichte

Das Bonem House, in dem für das Quartier typischen internationalen Stil aus dem Jahr 1935

Rechavia wurde 1921 auf einem Gelände der Griechisch-Orthodoxen Kirche gegründet, das von der Palestine Land Development Company (PLDC) erworben wurde. Der Jüdische Nationalfonds kaufte das Land und beauftragte den deutsch-jüdischen Architekten Richard Kauffmann mit der Gestaltung einer Gartensiedlung. Später gelangte Rechavia wieder in den Besitz der PLDC im Austausch gegen Land in der Jesreelebene, wiewohl der Jüdische Nationalfonds einige Grundstücke in seinem Besitz hielt. Das Gymnasium von Rechavia, die Yeshurun-Synagoge und der Bejt ha-Mossadot ha-Le'umijjim (בֵית הַמּוֹסָדוֹת הלְאוּמִיִּים Haus der Nationalen Institutionen, 1928–1936 erbaut), u. a. Sitz von ha-Sochnut ha-Jehudit le-Eretz Jisra'el (הַסּוֹכְנוּתִ היְּהוּדִית לְאֶרֶץ יִשְׂרָאֵל Jüdische Agentur für Israel) wurden auf diesem Land gebaut. Modell für Rechavia standen die Gartensiedlungen in Europa, architektonisch orientierte man sich am Internationalen Stil. Die erste Phase, genannt „Rechavia Alef“, mit zunächst 114 Privatparzellen für Einfamilienhäuser und Gärten, entstand ab 1922 unter der gestalterischen Verantwortung von Richard Kauffmann, des leitenden Architekten und Stadtplaners der Sochnut. Kauffmann entwarf zwanzig Privathäuser im Stadtviertel selbst – darunter „Beit Aghion“, die heutige Residenz des israelischen Premierministers.[7] Rechavia wurde begrenzt durch King George Street im Osten, Ramban Street im Süden, Ussishkin Street im Westen und Keren Kayemet Street im Norden. Um den ruhigen Charakter zu erhalten, erlaubte die Stadtteilverwaltung Geschäfte nur an den Ecken der beiden Hauptstraßen zu eröffnen. Die engen Nebenstraßen gestatteten nicht allzu viel Verkehr. Der von Bäumen gesäumte Boulevard inmitten der Nachbarschaft war eine Fußgängerzone. Nach weiterem Grunderwerb 1930 entstand unter Berücksichtigung von Kauffmanns Plänen in der zweiten Bauphase „Rechavia Bet“ in Richtung Süden hin zur Gaza Street.[8]

In seinen ersten Jahrzehnten galt das Viertel als „deutscher“ Stadtteil. Der Jerusalemer Architekturhistoriker David Kroyanker beschrieb Rechavia als „preußische Insel im Meer des Orients.“[9] Die zwischen 1934 und 1936 von Erich Mendelsohn für seinen langjährigen Mäzen Salman Schocken entworfene Bibliothek mit rund 60.000 Werken gehört zu den bedeutendsten Beispielen deutsch-jüdischen Kulturerbes in Israel.[10] Am 6. Mai 1947[11] wurde der 16-jährige Lechi-Plakataushänger Alexander Rubowitz bei einem Einsatz der Palestine Police in Rechavia gefasst und vermutlich von Roy Farran[11] durch Folter getötet.

Das Gymnasia Rechavia

Das Gymnasia Rechavia, die zweitälteste hebräischsprachige Sekundarschule Israels

Das Gymnasia Rechavia war das zweite moderne, hebräische Gymnasium des späteren Staates Israel, nachdem in Tel Aviv im Jahr 1905 bereits das Hebräische Herzlia-Gymnasium eröffnet worden war. Das Gymnasium wurde im Jahr 1909 in Jerusalem errichtet, zog 1928 in seine heutige Heimstätte an der HaKeren HaKayemet Le-Israel-Straße, und wurde auch als Lehrstätte des späteren israelischen Präsidenten Yitzhak Ben-Zvi und seiner Frau Rachel Yanait berühmt. Zu den namhaften Absolventen des Gymnasiums zählen unter anderem die Schriftsteller Abraham B. Jehoshua und Amos Oz sowie die Bibelgelehrte Trude Dothan, und die spätere Präsidentin des Obersten Gerichtshof Israels Miriam Naor.[12]

Straßennamen

Die meisten Straßennamen Rechavias sind nach Philosophen und Gelehrten des Goldenen jüdischen Zeitalters auf der iberischen Halbinsel des 14. und 15. Jahrhunderts benannt. Unter anderem also nach Isaak Abrabenel, Moses Maimonides (Rambam), Abraham ibn Esra, Rabbi Moses ben Nachman (Ramban) und David Kimchi (Radak).[13] Zu den Ausnahmen gehört berüchtigerweise die nach dem Zionistenführer Menachem Ussishkin benannte Straße, welche vormals nach Jehuda Halevy benannt war, allerdings zum 70. Geburtstag des zionistischen Politikers von diesem eigenhändig nach ihm umbenannt wurde.

In der Literatur

Im Rahmen der Literatur wurde das Quartier mitunter in Gedichten und Aufsätzen während der Nachkriegszeit von Mascha Kaléko, in Amos Oz' Roman Eine Geschichte von Liebe und Finsternis (2002) oder Yoram Kaniuks Tagebuch-Roman Der letzte Berliner (2002) besprochen und skizziert. Hierbei wurde immer auch besonders auf das kulturelle und historische Erbe des deutschen Judentums im noch jungen jüdischen Staat nach 1948 eingegangen.

Berühmte Bewohner

Literatur

  • Ines Sonder: Deutsch-jüdisches Kulturerbe in Architektur und Stadtplanung Israels. In Elke-Vera Kotowski (Hg.): Das Kulturerbe deutschsprachiger Juden: Eine Spurensuche in den Ursprungs-, Transit- und Emigrationsländern., S. 349–358, De Gruyter, Berlin u. a. 2015, ISBN 978-3-11-030479-4.
  • Thomas Sparr: Grunewald im Orient: Das deutsch-jüdische Jerusalem. Berenberg Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-946334-32-3.

Weblinks

 Commons: Rehavia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rechavjahs Name lautet in biblischem Hebräisch רְחַבְיָה Rəchavjah, weshalb der Name auch in dieser Form ins Deutsche transliteriert wird, wie im 1. Buch der Chronik (23,17 LUT, 24,21 LUT und 26,25 LUT). Eine Variante des Namens ist רְחַבְיָהוּ Rəchavjahū. Im Arabischen lautete sein Name رَحَبْيَا, DMG Raḥabyā, womit in dieser Sprache der Name des Enkels vom Namen des Viertels, Raḥafyā, abweicht.
  2. Aviva Bar-Am und Shmuel Bar-Am: How Ramban's ‘desolate’ Jerusalem area transformed into Yekkes’ Rehavia: 90 years ago, with its first street named after the medieval Spanish scholar, German Jews established a tony garden neighborhood over wasteland owned by Greek Orthodox Church. In: The Times of Israel, 15. August 2015, abgerufen am 1. April 2019.
  3. Alan Posener: Jerusalems Stadtteil Rechavia: Grunewald im Orient. 2018-01-02 (https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article172093765/Jerusalems-Stadtteil-Rechavia-Grunewald-im-Orient.html).
  4. Jakob Hessing: Jerusalem: Die schönen Westviertel. In: Die Zeit. Hamburg 2018-06-03, ISSN 0044-2070 (https://www.zeit.de/kultur/2018-05/jerusalem-berlin-gartenstadt-rechavia-deutsch-juedische-geschichte).
  5. Aviva and Shmuel Bar-Am: How Ramban’s ‘desolate’ Jerusalem area transformed into yekkes’ Rehavia. Abgerufen am 16. Dezember 2019 (en-US).
  6. Ghosts of Rehavia's Zeitgeist. In: Haaretz. 2004-04-30 (https://www.haaretz.com/1.4828323).
  7. Sonder, S. 353f.
  8. Sonder, S. 354
  9. Alan Posener: Rechavia: Als Jerusalem einen deutschen Stadtteil hatte, in: Welt.de vom 2. Januar 2018.
  10. Ines Sonder: Deutsch-jüdisches Kulturerbe in Architektur und Stadtplanung Israels. In: Elke-Vera Kotowski (Hrsg.): Das Kulturerbe deutschsprachiger Juden: Eine Spurensuche in den Ursprungs-, Transit- und Emigrationsländern. De Gruyter, Berlin u. a. 2015, S. 349–358, hier: S. 351 f.
  11. 11,0 11,1 James Barr: Une ligne dans le sable – Le conflit franco-britannique qui façonna le Moyen-Orient. In: Collection Tempus. 2 Auflage. Nr. 783, Éditions Perrin, Paris 2019, ISBN 978-2-262-08165-2, S. 508 ff. (Originalausgabe: A Line in the Sand: the Anglo-French struggle for the Middle East 1914–1948. New York 2011; übersetzt von Johan Frederik Hel-Guedj).
  12. Jerusalem Architecture in the British Mandate Period. Abgerufen am 5. Juni 2017 (english).
  13. Danny Rubinstein: A walk across Jerusalem history. Haaretz, 26. November 2006, abgerufen am 4. Januar 2018 (english).
  14. Steve Jourdin, préface de Élie Barnavi: Israël : autopsie d'une gauche (1905–1995). In: Collection « Documents ». Éditions le bord de l’eau, Lormont (Gironde) 2021, ISBN 978-2-35687-802-1, S. 198.
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