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Staatsreligion

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Staatsreligion (auch offizielle Religion) ist eine von einem Staat gegenüber anderen Religionen bevorzugte Religion. In Europa galt nach Beginn der Reformation Anfang des 16. Jahrhunderts und Kriegen zwischen Protestanten und Katholiken im Augsburger Religionsfrieden das Prinzip Cuius regio, eius religio.

Typen der Staatsreligionen

Staatsreligionen (bzw. in Europa auch als Staatskirchen bezeichnet) sind in unterschiedlich starkem Ausmaß mit dem Staat verbunden oder von ihm abhängig. Der Staat identifiziert sich mit einer Religion und erkennt diese als „seine“ Religion an.

Die schwächste Ausprägung einer Staatsreligion ist die Nennung der religiösen Zugehörigkeit der Bevölkerung, wie etwa die französische Verfassung von 1830 mit ihrer Feststellung der überwiegend römisch-katholischen Glaubenszugehörigkeit der Franzosen. In Ländern mit christlich-orthodoxen Nationalkirchen besteht eine hohe, historisch gewachsene Identifikation der Gesellschaft mit den einheimischen Kirchen. Daraus ergeben sich faktisch mitunter enge Beziehungen und auch Unterstützung durch den Staat, ohne dass die Nationalkirchen eigens in den Verfassungen als Staatskirchen bezeichnet würden.

Eine geringe Ausprägung ist gegeben, wenn der Staat zwar eine Religion institutionell bevorzugt, gleichzeitig aber die individuelle Religionsfreiheit uneingeschränkt gewährleistet. Beispiele hierfür sind aktuell insbesondere England und Dänemark, bis 2000 auch Schweden sowie bis 2012 Norwegen. In diesen Staaten ist/war die anglikanische bzw. lutherische Kirche Teil des Staates und wurde auch vom Staat kontrolliert. Die Königin von Großbritannien ist zugleich Oberhaupt der anglikanischen Church of England („Fidei Defensor“), ebenso ist die Königin von Dänemark zugleich Oberhaupt der lutherischen Kirche von Dänemark. Innerkirchliche Entscheidungen ergehen in Form von staatlichen Gesetzen, die Kirchen sind als Teil des Staates zur Gewährung z. B. von Glaubensfreiheit verpflichtet. Aus diesen Beispielen lässt sich erkennen, dass mit einer Staatsreligion nicht zwangsläufig eine fehlende individuelle Religions- oder Weltanschauungsfreiheit verbunden ist.

Mit der Stellung als Staatsreligion geht zumeist auch eine finanzielle Bevorzugung der entsprechenden Religionsgemeinschaft einher.

In einigen islamischen Ländern ist die Verbindung zwischen Staatswesen und Religion umfangreicher, indem Grundlage des Gemeinwesens die religiösen Regeln einer Strömung des Islam sind. Die inhaltliche Identifikation mit einer Religion geht einher mit der Verfolgung Andersgläubiger und insbesondere den von der Staatsreligion Abgefallenen. Beispiele hierfür sind der Jemen und insbesondere Saudi-Arabien. Der Staat hat hier auch die Aufgabe, die „wahre“ Religion zu beschützen und zu bewahren, und sichert so den Zusammenhalt der Gesellschaft und die innenpolitische Stabilität.

Besonderheiten

  • Seit dem Ersten Vatikanischen Konzil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es explizite katholische Lehre, dass der römisch-katholische Glaube als einzig wahre Religion in katholisch dominierten Staaten auch in den Rang einer Staatsreligion zu erheben sei. Diese Konzeption wurde auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil aufgegeben, indem in der Erklärung Dignitatis humanae die Religionsfreiheit einschließlich der öffentlichen nichtkatholischen Religionsausübung und des Diskriminierungsverbotes positiv bewertet wurden. In mehreren südeuropäischen Staaten mit vorwiegend katholischer Bevölkerung wurden in der Folge entsprechende Verfassungsregelungen gestrichen, zuletzt in Italien 1984. In anderen Staaten, wie zum Beispiel auf Malta, ist der Katholizismus weiterhin Staatsreligion.
  • In Deutschland wurde mit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung in Art. 137 Abs. 1 jegliche Staatskirche verboten. Dieses Verbot hatte zuvorderst Auswirkungen auf die evangelischen Landeskirchen, die sich zwar bereits im 19. Jahrhundert weitgehend von der staatlichen Verwaltung gelöst hatten, jedoch weiterhin dem jeweiligen Landesherrn als ihrem „obersten Bischof“ unterstanden (sog. landesherrliches Kirchenregiment). Durch das Staatskirchenverbot wurde dieser staatlichen Leitung der Kirche die Grundlage entzogen. Der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde jedoch nach Art. 137 Abs. 5 WRV beibehalten und für andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften explizit geöffnet.
  • In der Schweiz gibt es weder auf Bundes- noch auf kantonaler Ebene eigentliche Staatsreligion(en). Die Zuständigkeit im Staatskirchenrecht ist auf der kantonalen Ebene angesiedelt, und entsprechend kann jeder Kanton verschiedene Konfessionen und Religionen (evangelisch-reformiert, römisch-katholisch, christkatholisch, jüdisch) öffentlich-rechtlich anerkennen (Landeskirchen). Die Verhältnisse entsprechen damit mehr oder weniger denjenigen in Deutschland, indem gewissen Religionsgemeinschaften eine formal herausgehobene Stellung zugesprochen werden kann, ohne dass damit andere eingeschränkt und folglich diskriminiert würden. Eine «strikte» Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften wurde in den Kantonen Genf und Neuenburg durchgeführt, wo nach dem Vorbild Frankreichs alle Religionsgemeinschaften dem Privatrecht unterstellt sind.
  • In Liechtenstein ist die römisch-katholische Kirche eine Landeskirche und genießt als hervorgehobene Religion den vollen Schutz des Staates. Im Juni 2011 wurde allerdings ein Gesetzesentwurf vorgestellt, der die Gleichberechtigung aller Religionsgemeinschaften und das Ende der Staatsreligion vorsieht[1].
  • In Norwegen gibt es seit 2012 insofern keine Staatsreligion mehr, als die evangelisch-lutherische Kirche (Den norske kirke) nun nicht mehr als „Staatskirche“, sondern als „Volkskirche“ figuriert. Faktisch bedeutet dies zwar eine institutionelle Trennung – so ist etwa der Monarch nicht mehr Oberhaupt der Kirche, und die Kirche ernennt ihre Bischöfe selbst –, aber anderseits bleibt die Kirche vom Staat finanziert, und ihre Mitarbeiter bleiben Beamte. Die Verselbständigung der schwedischen Kirche im Jahre 2000 ging weiter, indem sich diese durch Kirchensteuern selbst finanziert.
  • Auf Malta ist die römisch-katholische Kirche Staatsreligion. Neben einem bevorzugten Status sind z. B. auch Abtreibungen und „Baden oben ohne“ streng verboten und strafbar. Am 29. Mai 2011 stimmten die Malteser in einer Volksbefragung für das Scheidungsrecht.
  • Die russisch-orthodoxe Kirche genießt seit dem Ende der Sowjetunion 1991 eine bevorzugte Behandlung in Russland. Ihren bis zur Revolution 1917 innegehabten Status einer Staatsreligion hat sie allerdings nicht wieder erlangt.
  • Im Osmanischen Reich war die sunnitisch-islamische Rechtsschule der Hanafiten Staatsrechtsschule.
  • In den Vereinigten Staaten von Amerika bzw. in deren Vorläufern, den einstigen Kolonien, wurde bereits im 17. Jahrhundert die Trennung von Kirche und Staat garantiert. Jedoch hat das Christentum in der gesamten Geschichte der USA bis heute eine erhebliche Rolle gespielt. Menschen, die keiner christlichen Religionsgemeinschaft angehörten, hatten nicht die gleichen Rechte wie Christen. Heute kommt es nur noch selten zu Benachteiligungen. Die evangelikalen Freikirchen haben teilweise einen erheblichen Einfluss auf die Politik.
  • In Äthiopien wurden Kirche und Staat 1994 getrennt. Vor 1974 hatte die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche einen stark bevorzugten Status. Besonders die muslimische Minderheit war starker Verfolgung ausgesetzt.

Liste der Staaten mit Staatsreligion

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Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Staatsreligion aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.