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Wahlmann

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Wahlmann (Begriffsklärung) aufgeführt.

Als Wahlmann wird eine Person bezeichnet, die eine Stimme in einer einzelnen konkreten Wahl hat. Wahlsysteme mit Wahlmännern bzw. Wahlleuten werden als indirekte Wahl bezeichnet. Die Urwähler, also alle Wahlberechtigten, bestimmen in ihrem Wahlbezirk einen oder mehrere Wahlmänner, und diese wählen ihrerseits die eigentlich zu Wählenden. Im Gegensatz zu Abgeordneten werden die Wahlmänner lediglich für diesen einen Wahlakt bestimmt. Die Versammlung der Wahlleute wird als Wahlmännerkollegium bezeichnet.

Allgemeines

Wahlmänner können frei gewählt werden, jedoch können Wahlmänner auch aus Scheinwahlen hervorgehen, ernannt werden oder das Mandat qua Amt oder Geburt erhalten. So waren die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs qua Amt die Gruppe von Wahlmännern, die das alleinige Recht hatten, den Römischen König zu wählen. Wahlmänner können sowohl Einzelpersonen wählen als auch Gremien. So sind in den Vereinigten Staaten die Wahlmänner Delegierte der Bundesstaaten, die im Electoral College den Präsidenten und Vizepräsidenten wählen.

Genauso wie bei einer direkten Wahl kann auch die Wahl der Wahlmänner in gleicher Wahl erfolgen, oder die Wahlteilnahme ist an Bedingungen geknüpft (siehe Zensuswahlrecht).

Wahlmänner können seit Einführung des Frauenwahlrechtes auch Frauen sein, die analoge Begriffsbildung Wahlfrau oder Wahlperson ist jedoch wenig verbreitet. Innerhalb der Formel „Wahlmänner und -frauen“ bzw. „Wahlfrauen und -männer“ (auch in der jeweils ausgeschriebenen Form) findet erstere jedoch in den Medien inzwischen eine gewisse Anwendung. Die Formulierung Wahlleute setzt sich in letzter Zeit zunehmend durch.[1]

Wahlmänner wurden historisch vielfach vereidigt. Siehe hierzu Abgeordneteneid.

Die Gründe für die Einschaltung von Wahlmännern waren historisch vor allem pragmatischer Natur: Die schlechten Verkehrsanbindungen und das dezentrale Steuer- und Meldewesen erschwerte eine direkte Wahl. Da es noch keine klar strukturierten Parteien gab, waren die Wahlen Persönlichkeitswahlen. Diese setzten eine Bekanntheit der Kandidaten bei den jeweiligen Wählern voraus. Die indirekte Wahl wurde aber auch als eine Art Sicherheitsstufe angesehen. Den Urwählern wurde eventuell unterstellt, dass sie politisch unreif waren. Ein Wahlmann musste zuweilen höheren Anforderungen genügen, also beispielsweise ein höheres Mindestalter vorweisen oder eine höhere Steuerlast tragen als die Urwähler. Aus demokratischer Sicht ist ein solcher sozialer Filter naheliegenderweise kritikwürdig.

Wahlmänner in Deutschland

Die Abgeordneten der Landesparlamente der Staaten des Deutschen Bundes wurden durchgehend durch Wahlmänner in indirekter Wahl bestimmt, wie etwa im Königreich Preußen das preußische Abgeordnetenhaus von 1849 bis 1918, siehe Dreiklassenwahlrecht.

Es gab auch mehrstufige Wahlmannverfahren: Die Wahl der Abgeordneten der Zweiten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen war beispielsweise zweistufig. Erst wählten die Urwähler Bevollmächtigte (Wahlmänner der ersten Stufe), diese dann die eigentlichen Wahlmänner und diese letztendlich die Abgeordneten.

In der Bundesrepublik Deutschland werden die Mitglieder der Bundesversammlung, die alle fünf Jahre den Bundespräsidenten wählen, gelegentlich als Wahlmänner bezeichnet.

Wahlmänner in den Vereinigten Staaten von Amerika

Hauptartikel: Electoral College

Wahl der Wahlmänner

In jedem US-Bundesstaat werden die Wahlmänner (electors) nach einzelstaatlichen Regeln gewählt. In fast allen Staaten gilt das „The winner takes it all“-Prinzip (korrekte englische Bezeichnung: Winner take all, im deutschsprachigen Raum weniger gebräuchlich) und die Partei, die in dem Bundesstaat die einfache Mehrheit erreicht, darf sämtliche diesem Staat zustehenden Wahlmänner entsenden. In Nebraska und Maine gilt dieses Prinzip nicht; die Wahlmänner können dort auch aufgeteilt werden. Dies geschah erstmals bei der Wahl 2008 – Nebraska teilte vier Wahlmänner John McCain und einen Barack Obama zu.

Wahl durch Wahlmänner

Das Electoral College wählt alle vier Jahre den US-amerikanischen Präsidenten. Sieger der Wahl ist jeweils der Kandidat, der die absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen auf sich vereint (Mehrheitswahlrecht). Sollte keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten zustande kommen, so wählt das Repräsentantenhaus als Kammer, die dem Volk am nächsten ist, den Präsidenten und der Senat den Vizepräsidenten.

Nach heutiger Zusammensetzung sind für einen Sieg eines Präsidentschaftskandidaten im Electoral College mindestens 270 der 538 Wahlmännerstimmen nötig. Diese Zahl steht nicht in der Verfassung der Vereinigten Staaten, sondern wird vom Kongress nach dem Zensus bestimmt. Die Anzahl der Wahlmänner in den einzelnen Bundesstaaten ist abhängig von der Anzahl der Einwohner und entspricht der Vertretung des Staates im Kongress, d.h. der Anzahl der Vertreter des Repräsentantenhauses und des Senats zusammen. Da jeder Bundesstaat genau zwei Vertreter im Senat und mindestens einen Vertreter im Repräsentantenhaus hat, stellen die bevölkerungsärmsten Staaten drei Wahlmänner.

Auch ein Kandidat, dem es gelänge, nur die Wahlmännerstimmen der elf bevölkerungsreichsten Bundesstaaten auf sich zu vereinen, würde so Präsident. Zwar haben diese Staaten zusammen mehr als 56 % der Wahlberechtigten der USA, da aber in jedem dieser Staaten etwas mehr als die Hälfte der Wählerstimmen ausreicht, um alle Wahlmännerstimmen zu erhalten, können schon weniger als 29 % der Wählerstimmen in der landesweiten Wahl eine absolute Mehrheit im Electoral College bringen. Erhält ein Kandidat von den 40 Staaten mit dem größten Stimmengewicht jeweils mehr als die Hälfte der Wählerstimmen (zur Vereinfachung 100 % in Maine und Nebraska), genügen auch weniger als 23 % der Wählerstimmen.

Dass sich im Electoral College eine Mehrheit für eine Partei bildet, die nicht den höchsten landesweiten Anteil an Wählerstimmen (Popular Vote) erreichte, ergab sich 1824 zu Gunsten der Demokratisch-Republikanischen Partei sowie in den Jahren 1876, 1888, 2000 und 2016 jeweils zu Gunsten der Republikaner.[2] 2016 erhielten die Republikaner mit Kandidat Donald Trump nach derzeitigem Auszählungsstand etwa 2,8 Millionen Stimmen weniger als die Demokraten mit Kandidatin Hillary Clinton, doch gemäß diesem komplexen Wahlrecht setzte sich das Electoral College für die Wahl am 19. Dezember 2016 aus 306 republikanischen und nur 232 demokratischen Wahlmännern zusammen.

Ungebundenheit an Wählerwillen

In den Anfangszeiten der USA wurden die Wahlmänner einem Kandidaten jeweils fest zugeordnet. Heute sind sie in 24 Bundesstaaten frei in ihrer Entscheidung. In 26 Bundesstaaten sowie in Washington gibt es Gesetze, die von den Wahlmännern verlangen, nur für einen bestimmten Kandidaten abzustimmen.[3][4] Es gibt (Stand 2016) kein Bundesgesetz,[5] das den Wahlmännern die Abstimmung für einen bestimmten Präsidentschaftskandidaten vorschreibt, selbst dann nicht, wenn der den Wählern vorliegende Wahlzettel diese Verbundenheit suggeriert.

Idee

Die Institution des Electoral College entstand nach dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg in Anlehnung an die Wahl des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation durch die Kurfürsten. Sie ist ein Teil der Checks and Balances des amerikanischen Systems und sollte eine weitere Ebene der Kontrolle einführen. Sie wurde und wird aber in der Demokratietheorie und in der öffentlichen Meinung (besonders außerhalb der USA) wegen ihrer tendenziell undemokratischen Implikationen kritisiert.

Eine grundlegende Änderung dieses Wahlsystems erscheint jedoch in naher Zukunft als unwahrscheinlich, weil sie eine Änderung der Verfassung der Vereinigten Staaten voraussetzen würde: Neben einer Zweidrittelmehrheit im Kongress (das heißt im Senat und Repräsentantenhaus) müssen auch drei Viertel der 50 Einzelstaaten[6] zustimmen.

Bundesstaat Wahlmänner Einwohner pro Wahlmann
Alabama 9 531.082
Alaska 3 236.744
Arizona 11 581.092
Arkansas 6 485.986
Colorado 9 558.800
Connecticut 7 510.585
Delaware 3 299.311
Florida 29 648.321
Georgia 16 605.478
Hawaii 4 340.075
Idaho 4 391.896
Illinois 20 641.532
Indiana 11 589.437
Iowa 6 507.726
Kalifornien 55 677.345
Kansas 6 475.520
Kentucky 8 542.421
Louisiana 8 566.672
Maine 4 332.090
Maryland 10 577.355
Massachusetts 11 595.239
Michigan 16 617.728
Minnesota 10 530.393
Mississippi 6 494.550
Missouri 10 598.893
Montana 3 329.805
Nebraska 5 365.268
Nevada 6 450.092
New Hampshire 4 329.118
New Jersey 14 627.992
New Mexico 5 411.836
New York 29 668.210
North Carolina 15 635.699
North Dakota 3 224.197
Ohio 18 640.917
Oklahoma 7 535.907
Oregon 7 547.296
Pennsylvania 20 635.119
Rhode Island 4 263.142
South Carolina 9 513.929
South Dakota 3 271.393
Tennessee 11 576.919
Texas 38 661.725
Utah 6 460.648
Vermont 3 208.580
Virginia 13 615.463
Washington 12 560.378
Washington, D.C. 3* 200.574
West Virginia 5 370.599
Wisconsin 10 568.699
Wyoming 3 187.875
Vereinigte Staaten 538 573.876
* Obwohl Washington, D.C., kein Bundesstaat ist, hat es auf Grund des 23. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten drei Wahlmänner.

Weblinks

Belege

  1. Dieses Ergebnis ist eine zweite Schmach für Hillary Clinton. In: zeit.de, abgerufen 21. Dezember 2016.
  2. US-Präsidentschaftswahlen: Zwölf kleine Überraschungen. In: Zeit Online. 10. November 2016, abgerufen am 11. November 2016.
  3. Welchen Spielraum haben die Wahlmänner? In: welt.de, 10. November 2016, abgerufen am 12. November 2016.
  4. About the Electors. U.S. National Archives and Records Administration, abgerufen 18. Oktober 2016 (engl.)
  5. Are there restrictions on who the Electors can vote for? U.S. National Archives and Records Administration, abgerufen am 9. November 2016 (englisch).
  6. Artikel V der Verfassung
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