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Allgemeine Zeitung
Die Allgemeine Zeitung war im 19. Jahrhundert neben der Frankfurter Zeitung und der Kölnischen Zeitung eine der ersten und wichtigsten politischen Tageszeitungen Deutschlands.
Gründung
Der Vorläufer der Allgemeinen Zeitung wurde am 1. Januar 1798 von Johann Friedrich Cotta in Tübingen unter dem Titel Neueste Weltkunde gegründet. Fünf zentrale Prinzipien wurden schon jetzt zum Grundsatz für die kommenden Jahrzehnte: Vollständigkeit, Unparteilichkeit, Wahrheit, eine intelligent-sachliche Darstellung von Zusammenhängen sowie eine „reine, männliche und ihres Stoffes würdige“ Sprache. Cotta hatte 1787 die Leitung der verschuldeten elterlichen Cotta’schen Verlagsbuchhandlung in Tübingen übernommen. In wenigen Jahren machte er sie zu einem der führenden Unternehmen in Deutschland und verlegte später unter anderem die Werke Schillers und Goethes.
Erster Chefredakteur der Neuesten Weltkunde sollte nach Cottas Wunsch Friedrich Schiller werden. Als dieser jedoch ablehnte, berief er den erfahrenen Journalisten Ernst Ludwig Posselt auf diesen Posten. Im September 1798 verlegte er den Erscheinungsort nach Stuttgart und benannte sie in Allgemeine Zeitung um, nachdem Josef Maria Graf Fugger als Vertreter des Wiener Kaiserhofs in Württemberg das Verbot der Neuesten Weltkunde erwirkt hatte.
Mit ihrem redaktionellen Profil vollzog die Allgemeine Zeitung unter dem neuen Chefredakteur Ludwig Ferdinand Huber schon bald die Wende zu einem moderneren Journalismus.
Entwicklung
Cottas Zeitung war „liberal, aber höchst gemäßigt in der Form, auf Wahrheit und allseitige Gerechtigkeit gerichtet, so zahm und gehalten, wie es mit der Unabhängigkeit und mit liberaler Gesinnung überhaupt verträglich war“.[1] Seit 1803 wurde die Allgemeine Zeitung wegen der Zensur durch Kurfürst Friedrich von Württemberg von ihm unter dem Titel Kaiserlich- und Kurpfalzbairisch privilegirte allgemeine Zeitung in Ulm herausgegeben.
Vom 16. Januar 1807 bis 30. September 1882 erschien die Allgemeine Zeitung schließlich in Augsburg, mit vier Druckseiten täglich und einer umfangreicheren „Außerordentlichen Beilage“, die etwa wöchentlich erschien. Die Zeitung stützte sich anfangs stark auf andere Zeitungen wie die Frankfurter Zeitung, benannte diese häufig als aktuelle Informationsquelle und zitierte sie über mehrere Spalten hinweg wörtlich.[2] Die Außerordentliche Beilage berichtete losgelöst von der direkten Aktualität von politischen und juristischen, selten von religiösen oder kulturellen Grundthemen der Zeit und druckte unkommentiert Gerichtsurteile und Gesetzestexte, vor allem aus Bayern, ab. In den ersten Jahren enthielt die Zeitung keine Werbung und Kleinanzeigen.
Im Jahr 1823 wurde die Pressefreiheit erneut sehr eingeschränkt, so dass die Allgemeine Zeitung nahezu auf das Niveau einer der damaligen Hofzeitungen sank. Erst nach dem Regierungsantritt König Ludwigs von Bayern im Jahre 1825 trat eine Lockerung der Zensur ein.
In der Aufbruchzeit zur Märzrevolution 1848 gewann die Allgemeine Zeitung an Umfang, Eigenständigkeit und Bedeutung weit über Süddeutschland hinaus.[3]
Vom 1. Oktober 1882 an wurde die Allgemeine Zeitung in München verlegt, die letzte Ausgabe unter diesem Titel erschien dort am 1. März 1925. Die Zeitung hieß dann ab März 1925 AZ am Abend bzw. AZ am Morgen. Das Erscheinen wurde am 29. Juli 1929 endgültig eingestellt.
Die in Augsburg erscheinende Augsburger Allgemeine (zunächst 1945 unter dem Titel Augsburger Anzeiger erschienen, 1945–1959 unter dem Titel Schwäbische Landeszeitung) sieht in der Allgemeinen Zeitung ihren Vorläufer.
Bedeutende Autoren
Einer der bedeutendsten Autoren der Allgemeinen Zeitung war Heinrich Heine. Er schrieb seit 1821 Berichte über Musik und Malerei und wurde im Jahr 1832 deren Pariser Korrespondent. Heine verfasste kritische Berichte über das politische und kulturelle Leben in Frankreich und schrieb provozierende Artikel gegen die Politik Louis Philippes, aber auch gegen die deutschen Verhältnisse. Seine Zeitungsartikel für die Allgemeine Zeitung veröffentlichte Heine 1833 als Buch unter dem Titel Französische Zustände. 61 journalistische Korrespondenzen aus den Jahren 1840 bis 1843 hat er in einer überarbeiteten Fassung unter dem Titel Lutecia. Berichte über Politik, Kunst und Volksleben vereinigt.
Friedrich Engels führte zwischen 1838 und 1843 für die Allgemeine Zeitung Korrespondenz aus Bremen und verfasste zum Beispiel Berichte zur Auswanderungsfrage oder über die „Schraubendampfschiffahrt“. Er nannte diese Zeitung „die deutsche Times“ – ein Titel, den auch die Kölnische Zeitung für sich in Anspruch nahm.
Friedrich Hebbel schrieb Berichte aus dem Wien des europäischen Revolutionsjahrs 1848.
Weitere bedeutende Dichter, Schriftsteller und Gelehrte der Zeit schrieben ebenfalls für das renommierte Blatt: Ludwig Börne, Carl Ludwig Fernow, Karl Gutzkow, Jakob Philipp Fallmerayer, Friedrich List, Alfred von Reumont, August Schleicher, Friedrich Johann Lorenz Meyer, das Ehepaar Fritz Anneke und Mathilde Franziska Anneke und viele andere.
Chefredakteure
- Ernst Ludwig Posselt (1798)
- Ludwig Ferdinand Huber (9. September 1798 bis 1804)
- Karl Joseph Stegmann (1804–1837)
- Gustav Kolb (1828–1865)
Literatur
- Michaela Breil: Die Allgemeine Zeitung. In: Helmut Gier, Johannes Janota (Hrsg.): Augsburger Buchdruck und Verlagswesen: von den Anfängen bis zur Gegenwart Verlag Harrassowitz, Wiesbaden 1997, ISBN 3-447-03624-9
- Volkmar Hansen: Heinrich Heines politische Journalistik in der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“. Katalog zur Ausstellung: „Heines Artikel in der ‚Allgemeinen Zeitung‘“, Stadt Augsburg, 1994
- Eduard Heyck: Die Allgemeine Zeitung 1798-1898. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Presse. München 1898, S. 15–81.
- Arnulf Kutsch, Johannes Weber: 350 Jahre Tageszeitung, Forschungen und Dokumente. Bremen 2002, ISBN 3-934686-06-0, 220 Seiten
- Hans-Joachim Lang: Im Foyer der Revolution. Als Schiller in Tübingen Chefredakteur werden sollte: die Gründerzeit von Cottas „Allgemeiner Zeitung“. Tübingen 1998, ISBN 3-928011-28-6
- Günter Müchler: Wie ein treuer Spiegel: die Geschichte der Cotta’schen Allgemeinen Zeitung. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13911-9
- Karl Schottenloher: Flugblatt und Zeitung. Ein Wegweiser durch das gedruckte Tagesschrifttum, Band 1: Von den Anfängen bis 1848. Schmidt, Berlin 1922. Neu herausgegeben, eingeleitet und ergänzt von J. Binkowski. Klinkhardt und Biermann, München 1985, ISBN 3-7814-0228-2
- Der Redakteur in Flammen. In: Die Zeit, Nr. 25/2004; über Ernst Ludwig Posselt, den ersten Chefredakteur der Zeitung
Weblinks
- Wikisource: Nachweis von Digitalisaten – Quellen und Volltexte
- Mikrofiche-Ausgabe bei DeGruyter
- Einträge im Bibliotheksverzeichnis GVK
Einzelnachweise
- ↑ Albert Schäffle: Geisteshelden: Cotta. 18. Band. Berlin 1895, S. 174
- ↑ Zum Beispiel heißt es in der Ausgabe vom 2. Januar 1814: „Die Frankfurter Zeitung meldet unterm 26 Dec.: ‚Eingegangenen Nachrichten zufolge ist die Stadt Erfurt von den Franzosen geräumt. Die französische Besazung hat sich in die Citadelle zurükgezogen. Die russischen Armeen erhalten täglich beträchtliche Verstärkungen, sowol an gekleideten und exerzirten Rekruten, als an Rekonvaleszenten.‘“
- ↑ Siehe auch Vormärz: „Sie stützte sich auf ein erstklassiges und dichtes Korrespondentennetz, verfügte über Informationen aus höchsten Kreisen und wurde somit zum Blatt der Elite, der Meinungsführer und der Entscheidungsträger.“
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