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Amy Coney Barrett
Amy Vivian Coney Barrett (* 28. Januar 1972 in New Orleans, Louisiana[1]) ist eine US-amerikanische Bundesrichterin. Sie wurde am 26. September 2020 von Donald Trump als Nachfolgerin der am 18. September 2020 verstorbenen langjährigen Richterin am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Ruth Bader Ginsburg, nominiert.
Werdegang
Barrett wurde 1972 als ältestes von sieben Kindern von Mike und Linda Coney geboren.[2] Ihr Vater arbeitete als Anwalt für die Shell Oil Company, ihre Mutter Linda war Hausfrau. Sie wuchs in Metairie auf und besuchte die dortige St. Catherine of Siena Catholic School.[2] Nach ihrem Abschluss 1990 an der St. Mary’s Dominican High School[2] studierte sie Englischsprachige Literatur am Rhodes College, einem privaten Liberal Arts College in Memphis, Tennessee und erhielt dort 1994[1] einen Bachelor of Arts magna cum laude. Danach studierte sie an der Law School der University of Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana und erhielt dort 1997 als Klassenerste einen Juris Doctor mit der Auszeichnung summa cum laude.[3][1]
Anschließend war sie von 1997 bis 1998[1] als law clerk für Laurence H. Silberman, Bundesrichter am für den District of Columbia zuständigen Bundesberufungsgericht, sowie von 1998 bis 1999[1] für Antonin Scalia, Beigeordneter Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, tätig. Von 1999 bis 2001[1] praktizierte sie in der Rechtsanwaltskanzlei Miller, Cassidy, Larroca & Lewin in Washington, D.C., 2002 wurde sie an die University of Notre Dame berufen.[1] Barrett lehrte dort bis 2017,[1] zuletzt als Professorin mit den Schwerpunkten Zivilprozessrecht und Verfassungsrecht. 2017 erfolgte ihre Ernennung zur Richterin am Bundesberufungsgericht für den siebten Gerichtskreis (Illinois, Indiana, Wisconsin), wo sie auf John Daniel Tinder folgte.[1] Barrett ist Mitglied des American Law Institute und der konservativ-libertären Federalist Society, der auch die fünf anderen als konservativ eingeordneten Oberrichter angehören.[4]
Juristische Positionen
Amy Coney Barrett wird der Schule des Originalismus bzw. Textualismus zugerechnet,[5][6][7] der zufolge die US-amerikanische Verfassung auch heute noch so ausgelegt werden solle, wie sie von den damaligen Zeitgenossen bei ihrer Entstehung mutmaßlich verstanden wurde. Diese Richtung vertrat auch ihr 2016 verstorbener Mentor Antonin Scalia, der, wie Barrett, der Federalist Society angehörte. Aus Sicht der konservativen Juristenvereinigung mit fast 70.000 Mitgliedern sollten Richter keinesfalls im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung neue Rechte schaffen, die dem Wortlaut der geschriebenen Verfassung ursprünglich nicht zu entnehmen waren.[4]
Insbesondere in den umstrittenen Rechtsgebieten Waffenrecht, Abtreibungsrecht und Einwanderungsrecht vertrat Barrett als Bundesrichterin dezidiert konservative Positionen.[8]
Waffenrecht
In einem Einwand zum Waffenrecht erklärte sie 2019, das Verbot für verurteilte Straftäter Waffen zu tragen, dürfe sich nicht auf solche beziehen, die keine Gewalttaten begangen haben. Straftäter verlören nicht ihre Rechte der Zweiten Verfassungsänderung, nur weil sie den Status eines Straftäters hätten. Der Staat dürfe nur solchen Personen das Recht nehmen Waffen zu tragen, die er als gefährlich betrachte.[9]
Abtreibung
Barrett gilt als strikte Gegnerin der Abtreibung, die sie unter Bezugnahme auf die Lehre der römisch-katholischen Kirche als „immer unmoralisch“ bezeichnet hat und als Bundesrichterin zweimal einzuschränken versuchte.[4][10] In einem Vortrag an der University of Notre Dame im Januar 2013 anlässlich des 40-jährigen Jahrestags der Entscheidung des Supreme Courts im Fall Roe v. Wade schätzte sie die Wahrscheinlichkeit, dass der Supreme Court diese maßgebliche Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch revidieren werde, als sehr gering ein. Die Debatte müsse sich deshalb darauf fokussieren, ob Abtreibungen mit öffentlichen Geldern finanziert werden sollten.[11]
Einwanderung
In einem Einwand vom Juni 2020 im Fall Cook Cnty. v. Wolf wandte sie sich gegen das Urteil eines Berufungsgerichts in Illinois, das Trumps Gesetzesvorlage blockiert hatte, welche es Beamten der Einwanderungsbehörde erlaubt hätte, Immigranten die Aufenthaltserlaubnis zu verweigern, die voraussichtlich Sozialhilfe beanspruchen müssten.[12]
Todesstrafe
Ihre auf der Haltung der römisch-katholischen Kirche zur Todesstrafe beruhende, ablehnende Position zur Todesstrafe steht im Gegensatz zur Absicht Präsident Trumps, auf Bundesebene nach einem 20-jährigen Moratorium wieder Hinrichtungen vornehmen zu lassen.[13] In einem 1998 mit einem Kollegen verfassten Aufsatz erklärte sie, lehramtstreue katholische Richter müssten sich für befangen erklären, wenn es um die Durchsetzung der Todesstrafe gehe.[10]
Nominierung für den obersten Gerichtshof
Amy Coney Barrett ist nach Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh die dritte Person, deren Richterkandidatur auf die Vorschlagsliste der Federalist Society zurückgeht, die Präsident Trump im Jahr 2016 von deren Ko-Vorsitzenden Leonard Leo vorgelegt worden war.[4] Barrett gelangte kurz nach ihrer Bestätigung als Berufungsrichterin 2017 auf Trumps Liste potenzieller Kandidaten für den Obersten Gerichtshof. Nach Anthony Kennedys Rücktritt wurde im Juli 2018 bekannt gegeben, dass Barrett neben den Richtern Raymond Kethledge und Brett Kavanaugh, der schließlich gewählt wurde, einer der drei vom Präsidenten in Betracht gezogenen Finalisten war.[14][15] Obwohl Trump Barrett angeblich schätzte, war er über ihren Mangel an Erfahrung im wirtschaftlichen Bereich besorgt.[16] Innerhalb der Republikanischen Partei genoss Barrett bei den Sozialkonservativen ein hohes Ansehen, während sie in der Demokratischen Partei mit großer Skepsis betrachtet wurde.[16]
Nach Kavanaughs Ernennung wurde Barrett weiterhin als eine von Trumps Kandidatinnen für einen künftigen freien Sitz am Obersten Gerichtshof betrachtet.[17] Laut internationalen Medienberichten sagte Trump, er habe den Sitz der Richterin Ruth Bader Ginsburg für Barrett „reserviert“, falls Ginsburg in den Ruhestand treten oder während seiner Präsidentschaft sterben sollte.[18][19] Nach Ginsburgs Tod am 18. September 2020 wurde Barrett sogleich als eine Favoritin für deren Nachfolge am Gerichtshof vorgestellt.[20][21][22][23]
Am 26. September 2020, wenige Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen 2020, nominierte der Präsident Amy Barrett als Nachfolgerin Ginsburgs für den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten.[24][25]
Amy Coney Barrett wird als brillante Juristin und ausgeglichene Persönlichkeit beschrieben, die für eine Position im amerikanischen Höchstgericht fachlich und persönlich hervorragend qualifiziert ist, was auch juristische Beobachter bestätigen, die ihr ideologisch und politisch fernstehen.[26] Gegner ihrer Nominierung aus der Frauenbewegung warnen vor allem vor ihren „gefährlich antiquierten Ansichten in reproduktiven Fragen“ und der Möglichkeit, dass Barrett einer höchstgerichtlichen Revision des amerikanischen Abtreibungsrechts zustimmen könnte.[27]
Familie und Konfession
Barrett ist seit 1999 mit dem Rechtsanwalt Jesse M. Barrett verheiratet, der ebenfalls Absolvent der Notre Dame Law School ist. Ihr Ehemann war Prosecutor (Bezirksanwaltsstellvertreter) in South Bend (Indiana), wo das Ehepaar lebt, und ist heute als Partner bei einer privaten Anwaltskanzlei tätig.[28] Das Ehepaar hat sieben Kinder, darunter zwei ursprünglich aus Haiti stammende Adoptivkinder. Eines ihrer leiblichen Kinder hat das Down-Syndrom.
Amy Barrett ist römisch-katholischen Glaubens[29] und wird der religiösen Rechten zugerechnet.[4] Gemeinsam mit ihrem Ehemann gehört sie einer wenig bekannten charismatischen Splittergruppe an, der neuen geistlichen Gemeinschaft „People of Praise“ (etwa: „Volk der Lobpreisungen“). Die Gruppe besteht mehrheitlich aus Katholiken, praktiziert aber auch Zungenrede und Geisttaufen.[28] Die 1800 erwachsenen Mitglieder leben in den USA und in der Karibik und legen Gehorsamsversprechen gegenüber geistlichen Anleitern ab. Die Führungsgruppe ist männlich geprägt und der Mann wird als Oberhaupt der Familie betrachtet.[30][31][32] Vorehelicher Geschlechtsverkehr, gleichgeschlechtliche Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaften werden als unbiblisch abgelehnt.[33] Auskünfte über ihre Mitglieder gibt die Gemeinschaft nicht.[28]
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz – University of Notre Dame Law School
- Veröffentlichungen von Amy Coney Barrett im Social Science Research Network
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 Snapshots of top contenders for Supreme Court vacancy. In: APNews, 9. Juli 2018, abgerufen am 26. September 2020 (englisch).
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Amy Coney Barrett: Mother of 7, Metairie native, solid conservative ... next Supreme Court justice?, nola.com
- ↑ Hon. Amy Coney Barrett. In: University of Notre Dame Law School. 2020, abgerufen am 28. September 2020 (english).
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Torsten Riecke: Nominierung von Ginsburg-Nachfolgerin: Das steckt hinter Trumps Umbau der amerikanischen Justiz. In: Handelsblatt, 26. September 2020, abgerufen am gleichen Tag.
- ↑ Richterin Barrett Trumps Frau für den Supreme Court, von Alexander Sarovic, Der Spiegel, 26. September 2020
- ↑ Nachfolge von Ginsburg Die beiden Richterinnen, die auf Trumps Liste ganz oben stehen, von Oliver Kühn, FAZ 21. September 2020
- ↑ Trump nominiert Richterin Amy Coney Barrett für den Supreme Court (Audio), von Thilo Kößler, Deutschlandfunk 27. September 2020
- ↑ Jan Wolfe: Notable opinions of U.S. Supreme Court contender Amy Coney Barrett. Reuters, 20. September 2020, abgerufen am 26. September 2020 (englisch).
- ↑ Barrett’s Record: A Conservative Who Would Push the Supreme Court to the Right – Gun Rights nytimes.com, 26. September 2020, abgerufen am 27. September 2020 (englisch)
- ↑ 10,0 10,1 Thorsten Denkler: Im Eiltempo zum Supreme Court. In: Süddeutsche Zeitung, 27. September 2020, abgerufen am 30. September 2020.
- ↑ John Nagy: Students, faculty mark 40 years of Roe. 25. Januar 2013, abgerufen am 27. September 2020 (english).
- ↑ Barrett’s Record: A Conservative Who Would Push the Supreme Court to the Right – Discrimination nytimes.com, 26. September 2020, abgerufen am 27. September 2020 (englisch)
- ↑ Jack Jenkins: Amy Coney Barrett, controversial Catholic, re-emerges as potential Supreme Court pick. religionnews.com, 20. September 2020, abgerufen am 26. September 2020 (english).
- ↑ Indiana's Amy Coney Barrett on list of 25 likely Supreme Court candidates. Indianapolis Star, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Brett Kavanaugh Is Trump’s Pick for Supreme Court. The New York Times, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ 16,0 16,1 Trump's Top 2 Supreme Court Picks Reflect Warring Republican Factions. NPR, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Chicago Judge Amy Barrett, passed over for Supreme Court, will stay in spotlight. Chicago Sun Times, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Rosie Perper: Trump is reportedly 'saving' a seat on the Supreme Court for conservative Amy Barrett in place of Ruth Bader Ginsburg. In: Business Insider. 1. April 2019, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Amy Coney Barrett, la jueza que Trump "estaba guardando" para sustituir a Ginsburg en el Supremo. In: eldiario.es. 21. September 2020, abgerufen am 23. September 2020 (español).
- ↑ Amy Coney Barrett emerging as a front-runner to fill Ginsburg's Supreme Court seat. NBC News, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Sources: Trump Considers Barrett, Lagoa, Rushing For Supreme Court Spot. NPR, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Revisiting reported SCOTUS frontrunner Amy Coney Barrett's battle with Dianne Feinstein. San Francisco Chronicle, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Barrett Has Supreme Court Edge as List Widens to Lagoa, Thapar. Bloomberg News, abgerufen am 23. September 2020 (english).
- ↑ Trump nominiert konservative Juristin Barrett für den Obersten Gerichtshof der USA. In: Tagesschau (ARD). 26. September 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020.
- ↑ Steve Holland, Lawrence Hurley, Andrew Chung: Trump picks Barrett as he moves to tilt U.S. Supreme Court rightward. reuters.com, 27. September 2020, abgerufen am 27. September 2020 (english).
- ↑ Noah Feldman: Amy Coney Barrett Deserves to Be on the Supreme Court. In: Bloomberg News, 26. September 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020 (englisch).
- ↑ Bridget Kelly: Replacing RBG with a Woman like Amy Coney Barrett Is Beyond Tokenism. It's an Affront. In: Newsweek, 24. September 2020, abgerufen am 4. Oktober 2020 (englisch).
- ↑ 28,0 28,1 28,2 Jessica McBride: Amy Barrett Children: 5 Fast Facts You Need to Know. In: heavy. 26. September 2020, abgerufen am 27. September 2020 (englisch).
- ↑ Catholic Amy Coney Barrett front-runner as Trump signals Supreme Court nomination plans. In: CNA, 19. September 2020, abgerufen am 26. September 2020 (englisch).
- ↑ Stephanie Mencimer: It’s Not Anti-Catholic to Ask Amy Coney Barrett About Her Religious Group “People of Praise”. In: Mother Jones, 24. September 2020, abgerufen am 26. September 2020 (englisch).
- ↑ Tim Vincent Dicke, Teresa Toth: Nachfolge von Ruth Bader Ginsburg: Donald Trumps Favoritin ist Mitglied einer radikalen Sekte. In: Frankfurter Rundschau, 26. September 2020, abgerufen am 27. September 2020.
- ↑ Frauke Steffens: Sie ist Trumps neuer Trumpf. In: FAZ, 27. September 2020, abgerufen am gleichen Tag.
- ↑ A Culture of Learning and a Culture of Christian Life. Trinity School at River Ridge, abgerufen am 27. September 2020 (english).
Personendaten | |
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NAME | Barrett, Amy Coney |
ALTERNATIVNAMEN | Barrett, Amy Vivian Coney (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanische Bundesrichterin |
GEBURTSDATUM | 28. Januar 1972 |
GEBURTSORT | New Orleans, Louisiana |
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