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Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München
Basisdaten | |
Gründungsdatum: | 21. Oktober 1989[1] |
Gründungsort: | München |
Vorsitzender: | Marcus Buschmüller |
Mitglieder: | ca. 40 Mitglieder[1] |
Website: | www.aida-archiv.de |
Die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) ist eine nichtstaatliche Organisation, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt. Der Verein sammelt und archiviert seit 1990 die Aktivitäten der extremen Rechten und aus der antifaschistischen Arbeit. Diese Informationen werden aufbereitet und als Hintergrundmaterial der Presse und Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Geschichte
Der 1989 gegründete Verein wurde 1990 in Vereinsregister eingetragen.[2] Das jahrelang nahezu unbeachtet arbeitende Archiv und ihre Mitarbeiter werden von der rechtsextremen Szene in Bayern angefeindet. Am 13. Juni 2008 fand ein Aufzug der neonazistischen[3] „Freien Nationalisten München“ um Philipp Hasselbach[4] statt unter dem Motto „Linksextreme Strukturen erkennen - a.i.d.a.-Archiv verbieten!“[5] Im Juli 2008 dokumentierte der a.i.d.a.-Mitarbeiter Robert Andreasch beim Begräbnis Friedhelm Busses die Niederlegung einer Hakenkreuzfahne und wurde daraufhin schwer verprügelt.[6] Größere mediale Aufmerksamkeit erfuhr a.i.d.a ab 2008. Auf Betreiben des bayerischen Innenministeriums erteilte das Kultusministerium die Weisung, a.i.d.a. ohne Begründung aus dem bayrischen Landesjugendring auszuschließen, der das Bundesprogramm Kompetent für Demokratie zentral koordiniert. Initiator des Ausschlusses war der bayerische Verfassungsschutz. Um dem Ausschluss der a.i.d.a. zu rechtfertigen, wurde es im März 2009 in den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2008 in der neu geschaffenen Kategorie „Sonstige Linksextremisten“[4] aufgenommen. In der Rede anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts Bayern 2008 meinte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann: „Namentlich die a.i.d.a. versucht verstärkt bei demokratisch initiierten Projekten gegen Rechtsextremismus Fuß zu fassen und hier Einfluss zu gewinnen."[7] Mit dem für seine Arbeit mehrfach ausgezeichneten Verein solidarisierten sich daraufhin der Bayerische Jugendring, die Jusos, der Lichterkette e.V., der Kreisjugendring München, der Ausländerbeirat und das Jugendamt in München. SPD und Grüne stellten im Landtag vergeblich Dringlichkeitsanträge auf Rücknahme der Einschätzung.[8] Hermann wehrte Kritik im Innenausschuss mit den Worten ab: „Das ist ein Bericht und kein Fantasieroman“.[9] Im Januar 2010 wurde a.i.d.a. wegen der Nennung im Verfassungsschutzbericht der Status der Gemeinnützigkeit entzogen. „Aida muss also weiter fast machtlos zuschauen, wie der Staat nach und nach nicht nur die Reputation der Organisation beschädigt, sondern auch ihren Bestand gefährdet“, schrieb die Süddeutsche Zeitung.[10] Am 23. September 2010 ordnete der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) die Schwärzung der Passagen im Bericht 2008 an, da die „etiketthafte[] Bezeichnung „linksextremistisch““ ein „nicht ansatzweise durch tatsächliche Anhaltspunkte nachvollziehbar belegtes Negativurteil“ ist und „[d]ie (beabsichtigte) Folge […] die politische und gesellschaftliche Isolierung“ ist.[11] Die Bundesregierung verwies im Dezember 2010 auf das Ermessen der Länder, ob nun die Archivstelle als linksextremistisch zu beurteilen sei.[12] Im März 2010 wurde a.i.d.a. wie in den Jahren zuvor im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2009 aufgeführt. Diese Passagen mussten im Mai 2011 auf Grund der Anordnung des Verwaltungsgerichts München (VG) geschwärzt werden[13] Dieselbe Anordnung erging am 28. Oktober 2011 für die Erwähnung im Bericht für das Jahr 2010.[14][2] Das VG fand aber, dass der Verfassungsschutz a.i.d.a. weiter als extremistisch bezeichnen dürfe. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2011 wurde a.i.d.a. erneut erwähnt. Im Oktober 2012 verglichen sich a.i.d.a. und das Innenministerium im Verfahren vor dem VGH, dass rückwirkend die Einstufung der a.i.d.a. als „linksextremistisch“ zurückgenommen und künftig nicht mehr im Verfassungsschutzbericht genannt wird. Das Gericht deutete in der mündlichen Verhandlung an, dass das Innenministerium mit seiner Argumentation keinen Erfolg gehabt hätte. Es „hatte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit“ der VG-Entscheidung.[15][16]
Profil
Ab 1990 sammelte das Archiv Material zu rechtsextremen, rassistischen oder nationalistischen Aktivitäten in Bayern. Durch Vorträge, Schulungen, einer eigenen Website und Pressemitteilungen wird das Archiv öffentlichkeitswirksam tätig. a.i.d.a. ist eines der bundesweit umfangreichsten Archive[15] und gilt als kompetenter und seriöser Informationsgeber zur rechtsextremen Szene in Bayern.[4] Unterlagen des Archivs können in der „Fachinformationsstelle gegen Rechtsextremismus München (FIRM)“[17] eingesehen werden.[18] Die gewonnenen Erkenntnisse werden häufig in Medien und politischer Bildung aufgegriffen. Auch Verfassungsschutzbehörden greifen auf die Dokumente zurück.[4][19]
Satzung
„Nach seiner Vereinssatzung verfolgt [a.i.d.a. e.V.] den Zweck der Förderung der politischen Bildung von Jugendlichen und Erwachsenen und die damit zusammenhängende Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere bezogen auf die gesellschaftlichen Problembereiche Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Dieser Vereinszweck wird nach der Vereinssatzung insbesondere verwirklicht durch Erarbeitung von Bildungsmaterialien und themenbezogenen Publikationen, durch Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen (z.B. in Form von Seminaren, Vorträgen und Informations-veranstaltungen) sowie durch Durchführung von Veranstaltungen und Seminaren, vorrangig für die Zielgruppe Multiplikatoren (PädagogInnen, Jugendgruppen-leiterInnen etc.), ferner durch Unterstützung oder Initiierung von Projekten und Aktivitäten, die mit dem Zweck des Vereins korrespondieren, durch gemeinsam erarbeitete und getragene Veranstaltungen und Publikationen, durch Bereitstellung von Informationsmaterial für die Medienarbeit sowie durch Bereitstellung von Informationen im Rahmen eines Internetauftritts.“
Finanzierung
Der Verein finanziert sich durch Spenden.[20]
Auszeichnungen
- 2005 und 2006 Preis Aktiv für Demokratie und Toleranz des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
- 2008 Förderpreis „Münchner Lichtblicke“ der Stadt München
- 2011 Josef-Felder-Preis
- 2012 Alternativer Medienpreis, Laudatio Gabriele Hooffacker[21]
- 2013 Sepp-Daxenberger-Preis
Literatur
- Fred König: „Das Netzwerk der geköpften Frösche - Der Kampf gegen Rechtsextremismus in Bayern (PDF; 140 kB)“, Hinterland, Zeitschrift des bayrischen Flüchtlingsrats, Heft 18.
- Fred König: „Herrschaft des Verdachts - Bayern gegen „Extremismus“ (PDF; 58 kB)“, Hinterland, Zeitschrift des bayrischen Flüchtlingsrats, Heft 11.
Siehe auch
Weblinks
- Homepage der a.i.d.a.
- Radio Z: Interview mit Robert Andreasch vom 4. Februar 2009 (mp3).
- Tim Aßmann: „Aida und der Verfassungsschutz – Linksextrem, aber eine prima Quelle“ (Memento vom 18. Mai 2012 im Internet Archive), Bayern2, Radiowelt, 6. Dezember 2011.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 VG München, Beschluss vom 28. Juni 2010 - Az. M 22 E 09.3373. openjur.de. Abgerufen am 14. Mai 2014.
- ↑ 2,0 2,1 VG München, Beschluss vom 28. Oktober 2011, Az. M 22 E 11.3568. gesetze-bayern.de. Abgerufen am 14. Mai 2014.
- ↑ BTDrs. 16/10125 (PDF; 137 kB): Antwort der Bundesregierung vom 15. August 2008 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE u.a., BTDrs. 16/10054
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 „Racheaktion gegen Recherche-Projekt?“, redok vom 14. April 2009.
- ↑ Verfassungsschutzbericht Bayern 2008, S. 206.
- ↑ "Antifaschistischer Verein Der Fall a.i.d.a." (Memento vom 7. Dezember 2011 im Internet Archive), Bayerischer Rundfunk von 6. Dezember 2011
- ↑ zit. nach „Diffamierungskampagne des bayr. Innenministeriums gegen a.i.d.a.“, Pressemitteilung der a.i.d.a. vom 14. April 2009.
- ↑ Protokollauszug (PDF; 214 kB) des 20. Plenums des Bayerischen Landtags in der 16. Wahlperiode vom 7. Mai 2009 mit namentlicher Abstimmung.
- ↑ Malte Gebert: „a.i.d.a und der Bayrische Verfassungsschutz“, Mut gegen rechte Gewalt, Kommentar vom 25. Januar 2010; „Innenausschuss: Herrmann wegen Verfassungsschutzbericht unter Beschuss (Memento vom 29. April 2014 im Webarchiv archive.is)“, dpa-mitteilung vom 13. Mai 2009.
- ↑ Bernd Kastner: Umstrittene Einschätzung - Angst vor Aida, Süddeutsche Zeitung vom 17. Mai 2010.
- ↑ BayVGH, Beschluss vom 23. September 2010, Az. 10 CE 10.1830 (PDF).
- ↑ BTDrs. 17/4269 (PDF; 92 kB): Antwort der Bundesregierung vom 16. Dezember 2010 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE u.a., BTDrs. 17/3985.
- ↑ a.i.d.a.: „Juristischer Teilerfolg für a.i.d.a.“, Pressemitteilung vom 26. Mai 2011.
- ↑ Bernd Kastner: „Gericht rüffelt Verfassungsschützer“, Süddeutsche Zeitung vom 16. November 2011
- ↑ 15,0 15,1 Bernd Kastner: „Erfolg für Anti-Neonazi-Initiative Aida - Schwere Niederlage für Verfassungsschutz“, Süddeutsche Zeitung vom 19. Oktober 2012.
- ↑ „Wer schützt uns vor solchen Verfassungsschützern?“ („Vergleich […] nur dem Zweck diente, eine erneute krachende Niederlage vor dem VGH abzuwenden.“), internet-law, Blog von RA Thomas Stadler vom 21. Oktober 2012.
- ↑ 089 gegen rechts
- ↑ Bernd Kastner: „Archiv über Rechtsextreme Aida bietet künftig Einsicht“, SZ vom 18. März 2013.
- ↑ Bernd Kastner: „Staat und Zivilcourage - Neonazi-Gegner im Visier“, Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2011; Bernd Kastner: „Nazi-Gegner im Visier der Verfassungsschützer“, Süddeutsche Zeitung vom 31. März 2009, zit nach Maxmodul, „Wohl keine Courage, Herr Innenminister? (Memento vom 30. November 2012 im Webarchiv archive.is)“ vom 2. April 2009.
- ↑ Simone Rafael: „a.i.d.a.-Archiv München: Vom Verfassungsschutz beobachtet wegen Website-Links“, Netz gegen Nazis vom 8. Juli 2010.
- ↑ Alternativer Medienpreis 2012 – Laudatio auf das A.I.D.A-Archiv, Sparte Online (PDF) alternativer-medienpreis.de. Abgerufen am 13. Mai 2014.
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