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Chava Pressburger

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Chava Pressburger (* 21. Februar 1930 in Prag als Eva Ginz) ist eine tschechisch-israelische Malerin und Papierkünstlerin.

Leben

Kindheit

Am 21. Februar 1930 wurde Eva Ginz in Prag geboren. Erst später, als sie in Israel lebte, änderte die Künstlerin ihren Vornamen in die hebräische Schreibweise Chava. Gemeinsam mit ihrem älteren Bruder Petr Ginz wuchs sie in einem jüdischen Elternhaus auf, das vielseitig kulturell interessiert war. So spielte z. B. bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Esperanto-Bewegung für alle eine wichtige Rolle. Nicht selten hatten die Eltern Besuch aus der ganzen Welt, wodurch die Kinder schon früh mit verschiedenen Kulturen und Nationalitäten in Kontakt kamen.

Nach der deutschen Zerschlagung der Tschechoslowakei im März 1939 galten für die Familie Ginz schon bald alle antijüdischen Verbote und Vorschriften, ungeachtet der Tatsache, dass die Mutter keine Jüdin war.

Laut den Nürnberger Rassengesetzen war die Ehe der Eltern eine „privilegierte Mischehe“, wodurch der jüdische Vater bis kurz vor Kriegsende vor einer Deportation geschützt war. Doch dieser Schutz traf nicht auf Eva und ihren Bruder zu, die als „Mischlinge 1. Grades“ ab dem 14. Lebensjahr in ein Konzentrationslager geschickt werden konnten.

Im Jahre 1942 wurde Evas Bruder Petr nach Theresienstadt und später nach Auschwitz deportiert, wo er in den Gaskammern umkam. Zwei Jahre später, im Jahre 1944, musste Eva ihrem Bruder nach Theresienstadt folgen. Hier erlebte sie gemeinsam mit ihrem Vater, der die letzten drei Monate ebenfalls dort interniert wurde, die Befreiung im Mai 1945.

Chava und ihr Bruder Petr Ginz

Wenn sich die Künstlerin an ihre Kindheit erinnert, so sind es besonders die gemeinsamen Erlebnisse mit ihrem Bruder, die ihr unvergesslich im Gedächtnis geblieben sind[1]. Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht veränderten sich diese positiven Kindheitserinnerungen schlagartig, und Petr begann 1941 seine Eindrücke der von Not und Repressalien geprägten Zeit in einem Tagebuch[2] festzuhalten. Nach seiner Deportation wurde dieses Tagebuch von seinem Vater versteckt, und nach dem Krieg galt es als verschollen. Erst durch ein tragisches Unglück gelangte es wieder in Familienbesitz: Am 1. Februar 2003 explodierte das Spaceshuttle Columbia bei dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Unter den sieben Besatzungsmitgliedern war der israelische Astronaut Ilan Ramon (1954–2003). Mit in seinem Gepäck hatte der Sohn einer Auschwitzüberlebenden eine Kopie von Petrs Zeichnung „Mondlandschaft“, als Erinnerung an die Opfer der Shoah. Durch diesen tragischen Unfall wurde Petrs Name weltweit bekannt, und so erfuhr auch ein Immobilienbesitzer in Prag von seiner Lebensgeschichte. Er war derjenige, der einige Jahre zuvor Petrs Tagebuch auf dem Dachboden gefunden und nicht weggeworfen hatte. Er nahm Kontakt zu Pressburger auf, um dann nach zähen Verhandlungen das Tagebuch seinen ursprünglichen Besitzern sehr teuer verkaufen zu können.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Krieg kehrte sie gemeinsam mit ihrem Vater nach Prag zurück.

In den darauffolgenden Jahren besuchte Pressburger das Gymnasium und parallel dazu die Kunstschule für Angewandte Kunst in Prag. Über Paris – hier studierte sie an der École des Beaux-Arts – emigrierte sie gemeinsam mit ihrem zukünftigen Ehemann Jindrich Pressburger im Jahre 1949 nach Israel, wo sie bis heute lebt und arbeitet.

Werk

Die Entscheidung, Künstlerin[3] zu werden, fiel Chava Pressburger nicht schwer. In der Kunst fand sie die Kraft, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, bearbeitete Bruchstücke und schaffte eigene Formen. Inspiriert durch die Kunstströmungen der Nachkriegszeit in Prag und später auch in Paris, setzte sich Pressburger intensiv mit der abstrakten Kunst auseinander. Wichtige Inspirationsquellen in ihrer Kunst sind die Shoah und die problematische politische Lage in Israel, aber auch die Kabbala, eine mystische Tradition des Judentums.

Bilder in Mischtechnik

Trotz ihrer Faszination für das Abstrakte arbeitete Pressburger anfangs größtenteils mit gegenständlichen Stilelementen, erst im Laufe der Jahre reduzierte sie die Formen immer weiter. Ihr endgültiger Wandel zur Abstraktion kam erst Jahre später, in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts.

Papierarbeiten

Die Papierherstellung spielt eine zentrale Rolle in dem Œuvre der Künstlerin. Acht Jahre lang hatte sie die Leitung für die Abteilung Papierherstellung im Visual Art Center (Be’er Scheva) inne. Während dieser Zeit setzte sie sich intensiv mit der Geschichte der regional unterschiedlichen Traditionen der japanischen Papierherstellung auseinander und entwickelte hieraus ihre eigene Technik.

Der Beginn ihres künstlerischen Schaffens ist der Weg in die Natur. Hier sammelt sie geeignete Pflanzen oder andere unverarbeitete Materialien, kocht, wäscht und zerreibt sie in einzelne Fasern. Am Ende dieses Prozesses wird das feuchte – manchmal auch eingefärbte Papier – mit Hilfe einer hydraulischen Presse wieder zu einer Einheit zusammengefügt.

Papierskulpturen

Ihre Papierskulpturen sind ein neuer Schritt in der künstlerischen Laufbahn. Der Betrachter muss immer wieder seine Position verändern, und je nachdem wie hierbei das Licht auf das Objekt fällt, verändert sich die Wirkung. Sequenzen verschwinden in der Dunkelheit, andere treten weiter hervor im Licht, wobei dieser Eindruck durch die unregelmäßige Oberfläche des Papiers zusätzlich verstärkt wird. Das Papier, das Pressburger für ihre Skulpturen benötigt, stellt sie aus Altpapier her.

Ehrungen

  • 1992 Chava Pressburger erhält den Preis der Sussmann-Kunststiftung, Wien
  • 2010 Chava Pressburger erhält vom tschechischen Senat die Silbermedaille für die Verbreitung der tschechischen Kultur im Ausland

Filme

  • 1978 Dokumentarfilm über Chava Pressburger, Israelisches Archiv für Malerei und Skulptur
  • 2003 Dokumentarfilm über Chava Pressburger, Tschechisches Fernsehen
  • 2014 „The Last Flight of Petr Ginz“

Ausstellungskataloge

  • Chava Pressburger: The Road Through Theresienstadt, Ausstellungskatalog, Jerusalem 1984.
  • Chava Pressburger: Impressionen in Papier, Ausstellungskatalog, Jerusalem 1995.
  • Chava Pressburger: Beit Levitus – The Story of a House, Ausstellungskatalog, Prag 2000. ISBN 80-86159-27-2
  • Chava Pressburger: In the Garden of Memory, o. O. 2004. ISBN 0-9745909-3-2
  • Chava Pressburger: Silence and Solitude, Ausstellungskatalog, o. O.. 2012

Literatur

  • Ilka Wonschik: Chava Pressburger – Bilder, Papierarbeiten, Skulpturen, Hentrich und Hentrich Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-95565-166-4.
  • Ilka Wonschik: Es war wohl ein anderer Stern, auf dem wir lebten … – Künstlerinnen in Theresienstadt, 2. Aufl., Berlin 2014, ISBN 978-3-95565-026-1.
  • Hedwig Brenner: Jüdische Frauen in der bildenden Kunst – Ein biographisches Verzeichnis, Bd. II, Konstanz 2004, S. 272 ff. ISBN 3-89649-913-0
  • Petr Ginz : Prager Tagebuch 1941–1942, Prag 2004. ISBN 978-3-8270-5245-2
  • Leopold-Hoesch-Museum Düren: I. International Biennal of Paper Art – Handmade Paper, Ausstellungskatalog, Düren 1986. ISBN 3-925955-00-3
  • Pavla Neuner: Interview with Chava Pressburger, in: Jewish Witness to a European Century, Wien o. J.
  • Vera Schwarcz: Bridge Across Broken Time. Chinese and Jewish Cultural Memory, New Haven, London 1998. ISBN 978-0-300-20978-5
  • Alexandra Zapruder (Hrsg.): Salvaged Pages – Young Writers’ Diaries of the Holocaust, New Haven u. London 2004. ISBN 978-0-300-10307-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Chava Pressburger and Petr Ginz | centropa.org. In: www.centropa.org. Abgerufen am 24. September 2016.
  2. Chava Pressburger – The Diary of Petr Ginz, 1941–1942 – Book Review. Abgerufen am 24. September 2016.
  3. webdecker – www.webdecker.de, webdecker – www.webdecker.de: Chava Pressburger – Hentrich & Hentrich Berlin – Verlag für jüdische Kultur und Zeit-Geschichte. In: www.hentrichhentrich.de. Abgerufen am 24. September 2016.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Chava Pressburger aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.