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Curiohaus-Prozesse

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Die Curiohaus-Prozesse waren britische Militärgerichtsprozesse, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bis Dezember 1949 im Hamburger Curiohaus stattfanden. Mit dem Begriff Curiohaus-Prozess ist in der Regel der Neuengamme-Hauptprozess des britischen Militärgerichts gegen Täter und Verantwortliche des KZ Neuengamme gemeint, in dem auch die Ermordung von 20 Kindern im Nebenlager Bullenhuser Damm verhandelt wurde. Weitere britische Militärgerichtsprozesse, die im Curiohaus durchgeführt wurden, waren u. a. sieben Ravensbrück-Prozesse sowie der Prozess gegen einen Täter des KZ Bergen-Belsen.

Hauptprozess

Der Neuengamme-Hauptprozess fand vom 18. März bis zum 3. Mai 1946 im Hamburger Curiohaus statt. Dabei standen 14 leitende SS-Führer und Aufseher unter Anklage, darunter der Lagerkommandant Max Pauly, der SS-Standortarzt Alfred Trzebinski sowie der Schutzhaftlagerführer Anton Thumann. Elf Todesurteile wurden ausgesprochen, die am 8. Oktober 1946 im Zuchthaus Hameln durch Erhängen vollstreckt wurden.

In sieben Folgeprozessen mussten sich an diesem Ort weitere 15 Angeklagte wegen ihrer Verbrechen im Hauptlager Neuengamme verantworten. Es kam zu zwölf Todesurteilen, von denen acht bestätigt und vollstreckt wurden (darunter Albert Lütkemeyer). Neben Trzebinski wurden in einem Folgeprozess im Juli 1946 weitere unmittelbar am Kindermord Beteiligte zum Tode verurteilt und im Oktober 1946 hingerichtet: Ewald Jauch und Johann Frahm. Bezüglich der Ermordung von den 20 Kindern wurden auch SS-Arzt Dr. Kurt Heißmeyer, SS-Arzt Hans Klein und SS-Obersturmführer Arnold Strippel belastet, derer man aber noch nicht habhaft geworden war. Fast alle Prozesse, die wegen eines Verbrechens im KZ Fuhlsbüttel oder in einem der Außen- und Nebenlager durchgeführt wurden, fanden ebenfalls im Curiohaus statt.

Testa-Prozess

Weniger bekannt ist der erste Prozess im Curiohaus vom 1. bis 8. März 1946 gegen drei Personen der Firma Tesch & Stabenow (Testa), die Zyklon B auch an Konzentrationslager geliefert hatte. Ihnen wurde vorgeworfen, Giftgas zur Tötung alliierter Staatsangehöriger geliefert zu haben „mit vollem Bewußtsein, daß das erwähnte Gas so benutzt werden wird.“ Nach Zeugenaussage eines Buchhalters der Firma, der sich auf einen nicht aufgefundenen Reisebericht des Dr. Bruno Tesch bezog, hätte dieser sogar selbst vorgeschlagen, sein Zyklon B zur Tötung von Menschen einzusetzen.

Bruno Tesch und sein Prokurist Karl Weinbacher wurden zum Tode verurteilt; Joachim Drosihn wurde freigesprochen. Die von zahlreichen Personen unterzeichneten Gnadengesuche wurden abgelehnt und die beiden Verurteilten am 16. Mai 1946 im Zuchthaus Hameln gehängt.

Weitere Prozesse

Am 16. April 1948 stand der Führer des Wachbataillons vom KZ Bergen-Belsen, SS-Hauptsturmführer Kurt Meyer, im Saal des Curiohauses vor seinen Richtern. Er bestritt die Vorwürfe, alliierte Häftlinge und eine Polin in Bergen-Belsen misshandelt zu haben. Er erklärte zutreffend, er habe in seiner Funktion keinen freien Zutritt zum Schutzhaftlager gehabt. Die Zeugenaussagen widersprachen sich. Sein Verteidiger machte eine mögliche Personenverwechslung geltend.[1] Meyer wurde im hier verhandelten dritten Bergen-Belsen-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt, kam aber 1954 vorzeitig frei.

Auch die Angeklagten der sieben Ravensbrück-Prozesse standen an diesem Ort vor Gericht.

Vom 23. August 1949 bis zum 19. Dezember 1949 wurde hier gegen den Generalfeldmarschall Erich von Manstein verhandelt. Es war dies der letzte alliierte Kriegsverbrecherprozess.

Rechtsgrundlage

Grundlage für die britischen Militärgerichtsprozesse gegen deutsche Kriegsverbrecher bildete der sogenannte königliche Auftrag vom 14. Juni 1945. Der Rechtsgrundsatz nulla poena sine lege wurde hier nicht verletzt, weil nur das zur Tatzeit gültige Völkerrecht angewendet wurde. Das Gericht setzte sich aus drei hohen Militärs, einem Ersatz-Richter und einem juristischen Berater ohne Stimmrecht zusammen. Die Verhandlung war öffentlich. Berufung war nicht möglich; Gnadengesuche wurden vom Kriegsminister oder einem beauftragten Generalmajor entschieden.

In diesen Militärgerichtsverfahren wurden nur zwei Gruppen von Tätern unter Anklage gestellt: Erstens Personen, die zum Schaden von britischen Staatsbürgern gegen das Kriegsrecht verstoßen hatten, und zweitens Personen, die im Gebiet der britischen Besatzungszone an Alliierten Verbrechen begangen hatten. Für britische Militärgerichtsverfahren war der Rechtsbegriff Verbrechen gegen die Menschlichkeit noch unbekannt.

Literatur

  • Kurt Buck: Die frühen Nachkriegsprozesse (= Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland 3). Herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Edition Temmen, Bremen 1997, ISBN 3-86108-322-1.
  • Angelika Ebbinghaus: Der Prozeß gegen Tesch und Stabenow – Von der Schädlingsbekämpfung zum Holocaust. In: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. 13, 2, 1998, ISSN 0930-9977, S. 16–71.
  • Jürgen Kalthoff, Martin Werner: Die Händler des Zyklon B. Tesch & Stabenow. Eine Firmengeschichte zwischen Hamburg und Auschwitz. VSA-Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-87975-713-5.
  • Oliver von Wrochem: Die Auseinandersetzung mit Wehrmachtsverbrechen im Prozeß gegen den Generalfeldmarschall Erich von Manstein 1949. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 46, 4, 1998, ISSN 0044-2828, S. 329–353, (Anklagepunkte / Urteil / Haftentlassung / Öffentlichkeit).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alexandra-Eileen Wenck: Verbrechen als ‚Pflichterfüllung’? Die Strafverfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen am Beispiel des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. In: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.): Die frühen Nachkriegsprozesse. Bremen 1997, ISBN 3-86108-322-1, S. 44
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