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Die Moorsoldaten

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Liederblatt von Hanns Kralik, Häftling im KZ Börgermoor 1933–1934

Die Moorsoldaten, auch als Moorsoldatenlied, Börgermoorlied oder kurz Moorlied bezeichnet, ist ein Lied, das 1933 von Häftlingen des Konzentrationslagers Börgermoor bei Papenburg im Emsland geschrieben worden ist. In diesem Lager wurden vorwiegend politische Gegner des NS-Regimes gefangen gehalten. Mit einfachen Werkzeugen wie dem Spaten mussten sie dort das Moor kultivieren.

Geschichte

Entstehung

Texter des Liedes waren der Bergmann Johann Esser und der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Langhoff, die Musik stammt vom kaufmännischen Angestellten Rudi Goguel. Das Lied wurde am 27. August 1933 bei einer Veranstaltung namens Zirkus Konzentrazani von 16 Häftlingen, überwiegend ehemaligen Mitgliedern des Solinger Arbeitergesangvereins, aufgeführt.

Rudi Goguel erinnerte sich später:

„Die sechzehn Sänger, vorwiegend Mitglieder des Solinger Arbeitergesangsvereins, marschierten in ihren grünen Polizeiuniformen (unsere damalige Häftlingskleidung) mit geschulterten Spaten in die Arena, ich selbst an der Spitze in blauem Trainingsanzug mit einem abgebrochenen Spatenstiel als Taktstock. Wir sangen, und bereits bei der zweiten Strophe begannen die fast 1000 Gefangenen den Refrain mitzusummen. […]
Von Strophe zu Strophe steigerte sich der Refrain, und bei der letzten Strophe sangen auch die SS-Leute, die mit ihren Kommandanten erschienen waren, einträchtig mit uns mit, offenbar, weil sie sich selbst als ‚Moorsoldaten‘ angesprochen fühlten. […]
Bei den Worten ‚… Dann ziehn die Moorsoldaten nicht mehr mit den Spaten ins Moor‘ stießen die sechzehn Sänger die Spaten in den Sand und marschierten aus der Arena, die Spaten zurücklassend, die nun, in der Moorerde steckend, als Grabkreuze wirkten.“

Zwei Tage nach der ersten Aufführung wurde das Lied von der Lagerleitung verboten. Trotzdem war es das Wachpersonal des Lagers, das wiederholt verlangte, dass das Lied von den Häftlingen auf ihren Märschen zum Arbeitsplatz gesungen wurde.[1]

Verbreitung

Erinnerungstafel im KZ Börgermoor

Durch entlassene oder in andere Lager verlegte Gefangene wurde das Lied über Börgermoor hinaus bekannt. Im September 1933 haben etwa 20 Frauen ihre im Lager Börgermoor inhaftierten Ehemänner/Partner besucht. Hanns Kralik hat dabei den Text des Moorsoldatenliedes in einer Bastschale versteckt an seine Frau Lya Kralik übergeben. So wurde das Lied erstmals bekannt.[2] 1935 lernte es der Komponist Hanns Eisler in London kennen. Er überarbeitete die Melodie für den Sänger Ernst Busch. Dieser schloss sich während des Spanischen Bürgerkrieges (1936–1939) den Brigadas Internacionales an, den Internationalen Brigaden, die die Spanische Republik gegen den Putschisten Franco verteidigten. Dadurch wurde das Lied verstärkt international bekannt. Doch der originale Anfang der Melodie von Rudi Goguel mit drei gleichen Tönen klingt weniger zuversichtlich als die Version von Eisler. Goguel hatte mit drei gleichen Tönen die hoffnungslose Stimmung, aus der heraus das Lied entstand, besser eingefangen als die von Eisler abgeänderte Melodie.[3]

Heute existieren weltweit mindestens 500 Versionen des Liedes in mehreren Sprachen;[4] im Englischen ist es als The Peat Bog Soldiers bekannt,[5] französisch als Chant des Marais, spanisch als Los soldados del pantano. Zu den bekanntesten Interpreten gehören Ernst Busch, Peter Rohland, Hein und Oss Kröher, Paul Robeson, Pete Seeger, Perry Friedman, The Dubliners und Hannes Wader. Neuere Bearbeitungen stammen von der Kölner Saxophon Mafia, Welle: Erdball, Liederjan, Die Toten Hosen, Die Schnitter, Michael von der Heide und Helium Vola.

Das Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager in Papenburg gab 2002 eine Doppel-CD Das Lied der Moorsoldaten heraus, auf der mehr als 30 verschiedene Versionen des Liedes und Wortbeiträge, unter anderem von Rudi Goguel, enthalten sind. Aus Anlass des 75-jährigen Bestehens des Liedes wurde am 27. August 2008 eine zweite Auflage herausgegeben.

Im DIZ in Papenburg (bis 2011) und in der Gedenkstätte Esterwegen ist auch die Geschichte der Moorsoldaten, wie sich die politischen Häftlinge der frühen Konzentrationslager Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum selbst bezeichneten, und die der anderen Häftlinge der Emslandlager 1933 bis 1945 unter anderem in Ausstellungen dokumentiert. Die Geschichte des Liedes, einschließlich seiner Wirkungsgeschichte, wurde vor allem von Fietje Ausländer erforscht.[6] Anlässlich des 90. Jahrestages der Uraufführung im August 2023 beantragte die Stiftung Gedenkstätte Esterwegen die Aufnahme des Liedes in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes.

Siehe auch

Literatur

  • Fietje Ausländer: 75 Jahre „Lied der Moorsoldaten“: Ein Streifzug durch seine Geschichte. In: DIZ-Nachrichten. Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e. V., Papenburg 2008, Nr. 28, S. 6–9.
  • Wer sang das Lied zuerst? Spurensuche zu den „Moorsoldaten“ aus Solingen. Fragen von Fietje Ausländer an Hans Joachim Schneider. In: DIZ-Nachrichten. Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e. V., Papenburg 2008, Nr. 28, S. 10–13. (Anmerkung: Komponist: Rudi Goguel, 1933 inhaftiert im KZ Börgermoor)
  • Fietje Ausländer: Das Lied der Moorsoldaten. Vor 90 Jahren im KZ Börgermoor uraufgeführt. In: Informationen. Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand 1933–1945, Jg. 47 (2023), Heft 98.
  • Hanns Eisler: Bericht über die Entstehung eines Arbeiterliedes. In: Hanns Eisler: Schriften und Dokumente. Textkritische Ausgabe von Günter Mayer. Band 1: Musik und Politik. Schriften 1924–1948. Rogner & Bernhard, München 1973, ISBN 3-8077-0014-5, S. 274–280 (Reihe Passagen).
  • Wilhelm Henze: „Hochverräter raus!“ Geschichten, Gedichte und Zeichnungen eines Moorsoldaten. Herausgegeben von Habbo Knoch. Ed. Temmen, Bremen 1992 (= DIZ-Schriften, Band 5).
  • Wolfgang Langhoff: Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager. Unpolitischer Tatsachenbericht. Schweizer Spiegel Verlag, Zürich 1935 (7. Auflage, Lizenzausgabe: Verlag Neuer Weg, Stuttgart 1995, ISBN 3-88021-226-0).
  • Eugen Kogon: Der SS-Staat. Heyne, München 1977, ISBN 3-453-00671-2.
  • Tassilo Rinecker: „Doch zur Heimat steht der Sinn!“. In: Träumen von der Freiheit. Lieder von Verfolgten. Herausgegeben von Jonas Höltig und Tassilo Rinecker, Norderstedt/Münster 2018, ISBN 978-3-7528-5913-3, S. 18 ff.
  • Gisela Probst-Effah: Das Moorsoldatenlied. Zur Geschichte eines Liedes von säkularer Bedeutung, in: Barbara Stambolis, Jürgen Reulecke (Hrsg.): Good-Bye Memories? Lieder im Generationengedächtnis des 20. Jahrhunderts. Essen: Klartext, 2007, S. 155–174
  • Klara Schabrod: Wie das Lied der Moorsoldaten aus dem Lager geschmuggelt wurde, in: Karl Schabrod (Hg.): Widerstand gegen Flick und Florian. Düsseldorfer Antifaschisten über ihren Widerstand 1933–1945, Frankfurt am Main 1978, S. 88–89; Nachdruck in: Demokratische Fraueninitiative Düsseldorf: Trotz alledem. Frauen im Düsseldorfer Widerstand. Berichte – Dokumente – Interviews, Düsseldorf 1979, S. 9–10.

Aufnahmen und Tonträger

  • Das Lied der Moorsoldaten: „1933 bis 2000“; Bearbeitungen, Nutzungen, Nachwirkungen. [hrsg. vom Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager (Papenburg), in Kooperation mit der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main – Potsdam-Babelsberg. Texte: Fietje Ausländer, Susanne Brandt, Guido Fackler]. – Papenburg: Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager, 2. Auflage 2008. – 2 CDs, ISBN 978-3-926277-17-6.
  • Weiß ich, was ein Mensch ist? Lieder gegen das Vergessen. DIZ Emslandlager, Papenburg 1997. 2 CDs, DNB 356127737.
  • Die Moorsoldaten. EP-CD mit vier Liedern. HOFA GmbH, Karlsdorf-Neuthard 2015.[7]

Weblinks

 Commons: Die Moorsoldaten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Langhoff: Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager. Unpolitischer Tatsachenbericht. 5. Auflage. Verlag Neuer Weg, Stuttgart 1982, ISBN 3-88021-093-4, S. 194 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. Klara Schabrod: Wie das Lied der Moorsoldaten aus dem Lager geschmuggelt wurde. In: Widerstand gegen Flick und Florian. Düsseldorfer Antifaschisten über ihren Widerstand 1933–1945. Frankfurt am Main 1978, ISBN 3876820316, S. 89.
  3. Historische Lieder aus acht Jahrhunderten. Gemeinsam herausgegeben von den Landeszentralen für politische Bildung Hamburg und Schleswig-Holstein. Redaktion: Wolfgang Hubrich, Helga Kutz-Brauer, Rüdiger Wenzel. Hamburg 1989, S. 108.
  4. Regina Kusch: Vor 85 Jahren: KZ-Häftlinge setzen mit dem Lied „Die Moorsoldaten“ ein Zeichen. In: Deutschlandfunk. 27. August 2018, abgerufen am 27. August 2018.
  5. Concentration Camp Songs: The Soldiers of the Moor (Die Moorsoldaten). United States Holocaust Memorial Museum, abgerufen am 27. August 2018 (english).
  6. Das Lied der Moorsoldaten. In: DIZ News, Jg. 2024, Nr. 2, S. 8.
  7. Neue CD aus heimischen Gefilden: Die Moorsoldaten. (Memento vom 24. Dezember 2015 im Internet Archive) CelleHeute.de, 6. Dezember 2015.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Die Moorsoldaten aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.