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KZ Börgermoor
Das KZ Börgermoor bei der heutigen Gemeinde Surwold, Ortsteil Börgermoor, war eines der ersten Konzentrationslager und wurde im Juni 1933 für 1.000 „Schutzhäftlinge“ fertiggestellt und belegt. Es ist eines der Emslandlager, die von den Nationalsozialisten errichtet wurden. Ab April 1934 war es ein Strafgefangenenlager des Reichsministeriums der Justiz.
1933/34
1933 wurden politische Häftlinge vor allem aus den Industriegebieten an Rhein und Ruhr nach Börgermoor verschleppt. Das Lager befand sich im Norden von Surwold, etwas oberhalb der heutigen Bundesstraße 401 und war das erste der späteren Emslandlager. Die Bewachung wurde in der ersten Zeit noch von Osnabrücker Schutzpolizisten durchgeführt, ab Juli 1933 wurden sie jedoch von Wachmannschaften der SS-Gruppe West abgelöst. Die SS führte im Lager ein striktes Regime durch, und Beschwerden aus der Bevölkerung bewirkten, dass die Bewachung ab Ende Oktober 1933 wieder durch die Polizei erfolgte, die die Wachmannschaften zum großen Teil aus SA-Angehörigen rekrutierte. Die Häftlinge bauten das Lager Börgermoor und KZ Esterwegen auf und waren bei der Moorkultivierung eingesetzt.
Das berühmte Lied Die Moorsoldaten entstand hier. Texter des Liedes waren der Bergmann Johann Esser und der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Langhoff, die Musik stammt von dem kaufmännischen Angestellten Rudi Goguel. Das Lied wurde am 27. August bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Zirkus Konzentrazani“ von 16 Häftlingen, ehemaligen Mitgliedern des Solinger Arbeitergesangvereins, aufgeführt und kurz danach von der SS-Lagerleitung verboten. Dennoch wurde das Lied von den Häftlingen im Geheimen weiterverbreitet; durch entlassene bzw. in andere Lager verlegte Gefangene wurde es über Börgermoor hinaus bekannt.
Kurz vor Weihnachten 1933 wurden viele Gefangene wieder entlassen, nachdem sie unterschreiben mussten, über das Leben im Lager Stillschweigen zu bewahren.
1934 bis 1945
Im Mai 1934 wurde Börgermoor als „Strafgefangenenlager“ dem Reichsminister der Justiz unterstellt.
Die Zusammensetzung der Häftlinge änderte sich; den Strafgefangenen wurden Delikte wie „schwerer Diebstahl“, „Unterschlagung“ und „Betrug“ vorgeworfen. Dazu gehörten auch Homosexuelle. Die politischen Häftlinge wurden ab 1937 auf das Lager II Aschendorfermoor konzentriert. Ab 1940 kamen zunehmend wehrmachtgerichtlich verurteilte Soldaten hinzu. Der Anteil der überwiegend militärgerichtlich Verurteilten lag spätestens nach 1942 deutlich über 50 %.
Im Mai 1937 erfolgte der Ausbau der Aufnahmekapazität auf 1.500 Gefangene. Mit Kriegsbeginn wurde Börgermoor außerdem Strafvollzugsort für „Militärstrafgefangene“, die wegen Fahnenflucht, „unerlaubter Entfernung“ oder „Wehrkraftzersetzung“ inhaftiert waren. Die Häftlinge wurden in der Landwirtschaft und Rüstungsindustrie eingesetzt und mussten Altmaterialien sortieren.
An Deportationen aus Börgermoor sind bekannt:
- 1941 überstellte das Lager Gefangene für Arbeitskommandos in Norwegen;
- im Oktober 1943 für das „Kdo X“ in Calais, Frankreich;
- im Januar und April 1944 ebenfalls für das „Kdo X“ in Samer, Frankreich.
An Deportationen nach Börgermoor sind bekannt:
- am 20. Mai 1944 1.300 überwiegend deutsche Häftlinge, davon waren fast 600 „Militärstrafgefangene“;
- im März/April 1944: vorübergehende Überstellung von 920 „NN“-Häftlingen aus dem Strafgefangenenlager Esterwegen (NN: „Nacht und Nebel“, Widerstandskämpfer aus Frankreich, Belgien und aus den Niederlanden, die Spionage- und Sabotagehandlungen, Streiks und andere Aktionen organisiert und durchgeführt hatten, siehe auch Nacht-und-Nebel-Erlass);
- ab Spätsommer 1944 einige luxemburgische „Kriegstäter“;
- seit Januar 1945 zusätzlich etwa 400 Untersuchungshäftlinge von Militärgerichten.
Am 10. April 1945 trieb die Lagerleitung die Gefangenen zusammen mit Häftlingen aus dem Lager Esterwegen auf einen Todesmarsch. Etwa 700 Häftlinge und 400 Untersuchungshäftlinge mussten nach Collinghorst marschieren. Nach einer Übernachtung in Völlenerkönigsfehn erreichten die Überlebenden am 11. April 1945 Aschendorfermoor. Über die Zahl der Todesopfer im Lager und während des Todesmarsches ist nur sehr wenig bekannt. Die standesamtlich registrierte Zahl der Todesfälle beläuft sich auf 237.
Nach 1945
Bis Mitte der 60er Jahre wurde das Lager unter der Bezeichnung „Strafanstalten Emsland, Abteilung Börgermoor“ als Gefängnis genutzt. Später wurde es abgerissen. Informationstafeln hängen heute an der Stelle.
Bekannte Häftlinge
- Julius Adler, 1928–1933 Reichstagsabgeordneter, KPD
- Adolf Bender, Maler
- Willi Dickhut, KPD-Mitglied, Mitbegründer der MLPD
- Friedrich Ebert junior, 1933
- Johann Esser
- Rudi Goguel
- Hans Hackmack
- Ernst Heilmann
- Heinrich Hirtsiefer, 1921–1933 preuß. Minister, Zentrum
- Heinz Junge
- Alfred Kantorowicz, Professor der Zahnmedizin der Universität Bonn
- Hanns Kralik, Maler und Grafiker
- August Landmesser, verurteilt wegen "Rassenschande"
- Wolfgang Langhoff
- Alfred Lemmnitz
- Wilhelm Leuschner
- Carlo Mierendorff
- Leonhard Oesterle
- Felix Plewa
- Karl Schröder
- Erwin Schulz letzter überlebender „Moorsoldat“ [1]
- Alexander Schwab
- Raimund Zimpernik
Literatur
- Kurt Buck: Auf der Suche nach den Moorsoldaten. Emslandlager 1933–1945 und die historischen Orte heute. 6. erweiterte Auflage. Dokumentations- und Informations-Zentrum (DIZ) Emslandlager, Papenburg 2008, ISBN 978-3-926277-16-9.
- Creutzenberg, Willi: Im Konzentrationslager Börgermoor : Erfahrungen des Herdecker Kommunalpolitikers Otto Stahl. In: DIZ-Nachrichten/ Aktionskomitee für ein Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager e.V. - Papenburg. 1999, Nr. 21, S. 42 - 44 : Ill.
- Henning Harpel: Die Emslandlager des Dritten Reichs. Formen und Probleme der aktiven Geschichtserinnerung im nördlichen Emsland 1955–1993. In: Emsländische Geschichte. 12, 2005, ISSN 0947-8582, S. 134–239.
- Erich Kosthorst, Bernd Walter: Konzentrations- und Strafgefangenenlager im Dritten Reich. Beispiel Emsland. Zusatzteil: Kriegsgefangenenlager. Dokumentation und Analyse zum Verhältnis von NS-Regime und Justiz. Mit historisch-kritischen Einführungstexten sowie statistisch-quantitativen Erhebungen und Auswertungen zum Strafvollzug in Arbeitslagern. 3 Bände. Droste, Düsseldorf 1983, ISBN 3-7700-0638-0.
- Erich Kosthorst: Die Lager im Emsland unter dem NS-Regime 1933–1945. Aufgabe und Sinn geschichtlicher Erinnerung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. 6, 1984, ISSN 0016-9056, S. 365–379, bes. S. 372–373.
- Wolfgang Langhoff: Die Moorsoldaten. 13 Monate Konzentrationslager. Unpolitischer Tatsachenbericht. Schweizer Spiegel Verlag, Zürich 1935 (Im Exil erschienen).
- Willy Perk: Hölle im Moor. Zur Geschichte der Emslandlager 1933–1945. 2. verbesserte Auflage. Röderberg-Verlag, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-87682-713-2.
- Reinhard Rolfes: Börger und der Zweite Weltkrieg. In: Reinhard Rolfes (Hrsg.): Börger. Geschichte des Hümmlingdorfes. Naturraum, Geschichte, Gegenwart. Gemeinde Börger, Börger 2005, ISBN 3-927099-94-5, S. 449–530.
- Reinhard Rolfes: Das Dritte Reich. Von der Machtübernahme bis zum Weltkrieg. In: Reinhard Rolfes (Hrsg.): Börger. Geschichte des Hümmlingdorfes. Naturraum, Geschichte, Gegenwart. Gemeinde Börger, Börger 2005, ISBN 3-927099-94-5, S. 377–403.
- Elke Suhr: Die Emslandlager. Die politische und wirtschaftliche Bedeutung der emsländischen Konzentrations- und Strafgefangenenlager 1933–1945. Donat und Temmen, Bremen 1985, ISBN 3-924444-07-2 (Zugleich: Oldenburg, Univ., Diss., 1984).
Ausstellungen
Einige Gegenstände aus Börgermoor befinden sich in der Ernst Thälmann-Gedenkstätte in Hamburg in der Vitrine 22.
Die Geschichte dieses und der anderen 14 Emslandlager wird im Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager in Papenburg dargestellt, u. a. in einer Dauerausstellung.
Weblinks
- Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager
- Ausführliche Bibliographie des Dokumentations- und Informationszentrums Emslandlager
- Gedenkstätte Esterwegen: Lager 1 / Börgermoor
Einzelnachweise
- ↑ Der Überlebende in Ver.di publik Oktober 2010 (PDF-Datei, 1,1 MB)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel KZ Börgermoor aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |